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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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I. Theil. III. Capitul.
langte Gelehrsamkeit durch öffentliche Specimina
an den Tag zu legen, auch sich selbst und seinen
Nächsten auf mancherley Weise damit Nutzen zu
schaffen, ohne daß er ein öffentlicher Lehrer und
Prediger wird, oder advocirt, oder als ein Medici-
nae Practicus
in der Welt herum ziehet. Will er
erweisen, daß er in der Gelehrsamkeit denen, wel-
chen man Academische Gradus, zur öffentlichen
Belohnung ihres Fleisses, auszutheilen pflegt, gleich
gekommen, so kan er sich ja eben so wohl, als wie
sie, dem Examini rigoroso unterwerffen, ohne daß
er nöthig hat, mit der angenommenen Doctor-
Würde zu prahlen, und in der Adelichen Bedienung
GOtt und dem Lande so gute, und wohl noch bes-
sere Dienste leisten, als bey dem Bürgerlichen
Employ.

§. 34. Gleichwie sich aber die Menschen nicht in
einerley Umständen befinden, also können auch nicht
einerley Regeln allen zu einer Vorschrifft dienen,
sondern die verschiedene Fälle bringen mancherley
Ausnahmen bey den Regeln zuwege. Jn dem vo-
rigen § habe ich denen Cavalieren, die GOtt mit
zeitlichen Gütern gesegnet, angerathen, daß sie
nichts erwehlen sollen, so nach der heutigen Welt
vor bürgerlich und ihnen vor unanständig geachtet
wird; wiewohl auch bey diesem Satz die allge-
meine Ausnahme noch statt findet, sie müsten denn
in ihrer Seele völlig überzeuget seyn, daß dieser oder
jener Entschluß von dem dirigirenden Willen GOt-
tes herrühre, welchem kein menschlicher Wille Ziel

und

I. Theil. III. Capitul.
langte Gelehrſamkeit durch oͤffentliche Specimina
an den Tag zu legen, auch ſich ſelbſt und ſeinen
Naͤchſten auf mancherley Weiſe damit Nutzen zu
ſchaffen, ohne daß er ein oͤffentlicher Lehrer und
Prediger wird, oder advocirt, oder als ein Medici-
næ Practicus
in der Welt herum ziehet. Will er
erweiſen, daß er in der Gelehrſamkeit denen, wel-
chen man Academiſche Gradus, zur oͤffentlichen
Belohnung ihres Fleiſſes, auszutheilen pflegt, gleich
gekommen, ſo kan er ſich ja eben ſo wohl, als wie
ſie, dem Examini rigoroſo unterwerffen, ohne daß
er noͤthig hat, mit der angenommenen Doctor-
Wuͤrde zu prahlen, und in der Adelichen Bedienung
GOtt und dem Lande ſo gute, und wohl noch beſ-
ſere Dienſte leiſten, als bey dem Buͤrgerlichen
Employ.

§. 34. Gleichwie ſich aber die Menſchen nicht in
einerley Umſtaͤnden befinden, alſo koͤnnen auch nicht
einerley Regeln allen zu einer Vorſchrifft dienen,
ſondern die verſchiedene Faͤlle bringen mancherley
Ausnahmen bey den Regeln zuwege. Jn dem vo-
rigen § habe ich denen Cavalieren, die GOtt mit
zeitlichen Guͤtern geſegnet, angerathen, daß ſie
nichts erwehlen ſollen, ſo nach der heutigen Welt
vor buͤrgerlich und ihnen vor unanſtaͤndig geachtet
wird; wiewohl auch bey dieſem Satz die allge-
meine Ausnahme noch ſtatt findet, ſie muͤſten denn
in ihrer Seele voͤllig uͤberzeuget ſeyn, daß dieſer oder
jener Entſchluß von dem dirigirenden Willen GOt-
tes herruͤhre, welchem kein menſchlicher Wille Ziel

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[92/0112] I. Theil. III. Capitul. langte Gelehrſamkeit durch oͤffentliche Specimina an den Tag zu legen, auch ſich ſelbſt und ſeinen Naͤchſten auf mancherley Weiſe damit Nutzen zu ſchaffen, ohne daß er ein oͤffentlicher Lehrer und Prediger wird, oder advocirt, oder als ein Medici- næ Practicus in der Welt herum ziehet. Will er erweiſen, daß er in der Gelehrſamkeit denen, wel- chen man Academiſche Gradus, zur oͤffentlichen Belohnung ihres Fleiſſes, auszutheilen pflegt, gleich gekommen, ſo kan er ſich ja eben ſo wohl, als wie ſie, dem Examini rigoroſo unterwerffen, ohne daß er noͤthig hat, mit der angenommenen Doctor- Wuͤrde zu prahlen, und in der Adelichen Bedienung GOtt und dem Lande ſo gute, und wohl noch beſ- ſere Dienſte leiſten, als bey dem Buͤrgerlichen Employ. §. 34. Gleichwie ſich aber die Menſchen nicht in einerley Umſtaͤnden befinden, alſo koͤnnen auch nicht einerley Regeln allen zu einer Vorſchrifft dienen, ſondern die verſchiedene Faͤlle bringen mancherley Ausnahmen bey den Regeln zuwege. Jn dem vo- rigen § habe ich denen Cavalieren, die GOtt mit zeitlichen Guͤtern geſegnet, angerathen, daß ſie nichts erwehlen ſollen, ſo nach der heutigen Welt vor buͤrgerlich und ihnen vor unanſtaͤndig geachtet wird; wiewohl auch bey dieſem Satz die allge- meine Ausnahme noch ſtatt findet, ſie muͤſten denn in ihrer Seele voͤllig uͤberzeuget ſeyn, daß dieſer oder jener Entſchluß von dem dirigirenden Willen GOt- tes herruͤhre, welchem kein menſchlicher Wille Ziel und

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/112>, abgerufen am 24.11.2024.