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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Enthusiasmus 1). Den Weg, der hinaufführt von den Niede-
rungen des Werdenden zum Sein, weist die Dialektik, welche
die zerfahrene, rastlos fliessende Vielheit der Erscheinung "zu-
sammenschaut" 2) zum ewig Bleibenden, Einheitlichen der Idee,
die jene abbildet, von der einzelnen Idee zur stufenweise sich
übereinander erhebenden Gesammtheit der Ideen, zur letzten,
allgemeinsten der Ideen aufsteigt, in strenger logischer Arbeit
den ganzen Aufbau der höchsten Begriffe aufsteigend durch-
misst 3). Plato ist der scharfsinnigste, ja spitzfindigste, eifrig
allen Verschlingungen der Logik, auch des Paralogismus nach-
spürende Dialektiker. Aber, wie sich in seiner Natur die Be-
sonnenheit und Kälte des Logikers in einer unvergleichlichen
Art mit dem enthusiastischen Aufschwung des Sehers und
Propheten verbindet, so reisst auch seine Dialektik selbst sich
über das mühselige, stufenweis fortschreitende Aufwärtsstreben
von Begriff zu Begriff zuletzt empor an ihr Ziel in einem
einzigen mächtigen Schwunge, der das sehnsüchtig erstrebte
Ideenreich auf einmal und unmittelbar vor ihr aufleuchten
lässt. So wird in der Ekstasis dem Bakchen die Gottheit in
plötzlicher Vision offenbar, so in den Mysteriennächten dem
Epopten das Bild der hohen Göttinnen im Fackelglanz von
Eleusis 4).

1) Der Philosoph, existamenos ton anthropinon spoudasmaton kai pros
to theio gignomenos, enthousiazon lelethe tous pollous. Phaedr. 249 D.
2) o gar sunoptikos dialektikos Rep. 7, 537 C. eis mian idean suno-
ronta agein ta pollakhe diesparmena (und wiederum das Einheitliche
kat eide temnein) ist Sache des dialektikos Phaedr. 265 D. ek pollon
aistheseon eis en logismo xunairoumenon (ienai): Phaedr. 249 B.
3) Stufengang der Dialektik bis hinauf zum auto o estin agathon:
Rep. 7, 532 A f.; 6, 511 B/C; 7, 534 B ff. Zum auto to kalon, Symp.
cap. 28. 29. Ziel: epanagoge tou beltistou en psukhe pros tou aristou en
tois ousi thean. Rep. 7, 532 C.
4) Der philosophische Erotiker, am Schluss des dialektischen Auf-
stiegs, exaiphnes katopsetai ti thaumaston ten phusin kalon ktl. Symp.
210 E. Wie in den telea kai epoptika musteria: 210 A. dloklera kai
apla kai eudaimona phasmata muoumenoi te kai epopteuontes en auge kathara --
Phaedr. 250 C. -- Ein visionäres, plötzlich und nicht in discursivem
Denken erlangtes Erfassen des Weltzusammenhangs. Man sehe, wie, in

Enthusiasmus 1). Den Weg, der hinaufführt von den Niede-
rungen des Werdenden zum Sein, weist die Dialektik, welche
die zerfahrene, rastlos fliessende Vielheit der Erscheinung „zu-
sammenschaut“ 2) zum ewig Bleibenden, Einheitlichen der Idee,
die jene abbildet, von der einzelnen Idee zur stufenweise sich
übereinander erhebenden Gesammtheit der Ideen, zur letzten,
allgemeinsten der Ideen aufsteigt, in strenger logischer Arbeit
den ganzen Aufbau der höchsten Begriffe aufsteigend durch-
misst 3). Plato ist der scharfsinnigste, ja spitzfindigste, eifrig
allen Verschlingungen der Logik, auch des Paralogismus nach-
spürende Dialektiker. Aber, wie sich in seiner Natur die Be-
sonnenheit und Kälte des Logikers in einer unvergleichlichen
Art mit dem enthusiastischen Aufschwung des Sehers und
Propheten verbindet, so reisst auch seine Dialektik selbst sich
über das mühselige, stufenweis fortschreitende Aufwärtsstreben
von Begriff zu Begriff zuletzt empor an ihr Ziel in einem
einzigen mächtigen Schwunge, der das sehnsüchtig erstrebte
Ideenreich auf einmal und unmittelbar vor ihr aufleuchten
lässt. So wird in der Ekstasis dem Bakchen die Gottheit in
plötzlicher Vision offenbar, so in den Mysteriennächten dem
Epopten das Bild der hohen Göttinnen im Fackelglanz von
Eleusis 4).

1) Der Philosoph, ἐξιστάμενος τῶν ἀνϑρωπίνων σπουδασμάτων καὶ πρὸς
τῷ ϑείῳ γιγνόμενος, ἐνϑουσιάζων λέληϑε τοὺς πολλούς. Phaedr. 249 D.
2) ὁ γὰρ συνοπτικὸς διαλεκτικός Rep. 7, 537 C. εἰς μίαν ἰδέαν συνο-
ρῶντα ἄγειν τὰ πολλαχῇ διεσπαρμένα (und wiederum das Einheitliche
κατ̕ εἴδη τέμνειν) ist Sache des διαλεκτικός Phaedr. 265 D. ἐκ πολλῶν
αἰσϑήσεων εἰς ἓν λογισμῷ ξυναιρούμενον (ἰέναι): Phaedr. 249 B.
3) Stufengang der Dialektik bis hinauf zum αὐτὸ ὃ ἔστιν ἀγαϑόν:
Rep. 7, 532 A f.; 6, 511 B/C; 7, 534 B ff. Zum αὐτὸ τὸ καλόν, Symp.
cap. 28. 29. Ziel: ἐπαναγωγὴ τοῦ βελτίστου ἐν ψυχῇ πρὸς τοῦ ἀρίστου ἐν
τοῖς οὖσι ϑέαν. Rep. 7, 532 C.
4) Der philosophische Erotiker, am Schluss des dialektischen Auf-
stiegs, ἐξαίφνης κατόψεταί τι ϑαυμαστὸν τὴν φύσιν καλόν κτλ. Symp.
210 E. Wie in den τέλεα καὶ ἐποπτικὰ μυστήρια: 210 A. δλόκληρα καὶ
ἁπλᾶ καὶ εὐδαίμονα φάσματα μυούμενοί τε καὶ ἐποπτεύοντες ἐν αὐγῇ καϑαρᾷ —
Phaedr. 250 C. — Ein visionäres, plötzlich und nicht in discursivem
Denken erlangtes Erfassen des Weltzusammenhangs. Man sehe, wie, in
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[575/0591] Enthusiasmus 1). Den Weg, der hinaufführt von den Niede- rungen des Werdenden zum Sein, weist die Dialektik, welche die zerfahrene, rastlos fliessende Vielheit der Erscheinung „zu- sammenschaut“ 2) zum ewig Bleibenden, Einheitlichen der Idee, die jene abbildet, von der einzelnen Idee zur stufenweise sich übereinander erhebenden Gesammtheit der Ideen, zur letzten, allgemeinsten der Ideen aufsteigt, in strenger logischer Arbeit den ganzen Aufbau der höchsten Begriffe aufsteigend durch- misst 3). Plato ist der scharfsinnigste, ja spitzfindigste, eifrig allen Verschlingungen der Logik, auch des Paralogismus nach- spürende Dialektiker. Aber, wie sich in seiner Natur die Be- sonnenheit und Kälte des Logikers in einer unvergleichlichen Art mit dem enthusiastischen Aufschwung des Sehers und Propheten verbindet, so reisst auch seine Dialektik selbst sich über das mühselige, stufenweis fortschreitende Aufwärtsstreben von Begriff zu Begriff zuletzt empor an ihr Ziel in einem einzigen mächtigen Schwunge, der das sehnsüchtig erstrebte Ideenreich auf einmal und unmittelbar vor ihr aufleuchten lässt. So wird in der Ekstasis dem Bakchen die Gottheit in plötzlicher Vision offenbar, so in den Mysteriennächten dem Epopten das Bild der hohen Göttinnen im Fackelglanz von Eleusis 4). 1) Der Philosoph, ἐξιστάμενος τῶν ἀνϑρωπίνων σπουδασμάτων καὶ πρὸς τῷ ϑείῳ γιγνόμενος, ἐνϑουσιάζων λέληϑε τοὺς πολλούς. Phaedr. 249 D. 2) ὁ γὰρ συνοπτικὸς διαλεκτικός Rep. 7, 537 C. εἰς μίαν ἰδέαν συνο- ρῶντα ἄγειν τὰ πολλαχῇ διεσπαρμένα (und wiederum das Einheitliche κατ̕ εἴδη τέμνειν) ist Sache des διαλεκτικός Phaedr. 265 D. ἐκ πολλῶν αἰσϑήσεων εἰς ἓν λογισμῷ ξυναιρούμενον (ἰέναι): Phaedr. 249 B. 3) Stufengang der Dialektik bis hinauf zum αὐτὸ ὃ ἔστιν ἀγαϑόν: Rep. 7, 532 A f.; 6, 511 B/C; 7, 534 B ff. Zum αὐτὸ τὸ καλόν, Symp. cap. 28. 29. Ziel: ἐπαναγωγὴ τοῦ βελτίστου ἐν ψυχῇ πρὸς τοῦ ἀρίστου ἐν τοῖς οὖσι ϑέαν. Rep. 7, 532 C. 4) Der philosophische Erotiker, am Schluss des dialektischen Auf- stiegs, ἐξαίφνης κατόψεταί τι ϑαυμαστὸν τὴν φύσιν καλόν κτλ. Symp. 210 E. Wie in den τέλεα καὶ ἐποπτικὰ μυστήρια: 210 A. δλόκληρα καὶ ἁπλᾶ καὶ εὐδαίμονα φάσματα μυούμενοί τε καὶ ἐποπτεύοντες ἐν αὐγῇ καϑαρᾷ — Phaedr. 250 C. — Ein visionäres, plötzlich und nicht in discursivem Denken erlangtes Erfassen des Weltzusammenhangs. Man sehe, wie, in

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 575. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/591>, abgerufen am 19.05.2024.