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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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dass auch die Reinigungsmittel, mit denen im Privatleben der
Einzelne und sein Haus von den Ansprüchen unsichtbarer
Mächte gelöst werden sollte, als Opfer für diese Mächte ge-
dacht wurden, lässt deutlich genug die Sitte erkennen, diese
Mittel, nachdem sie der "Reinigung" gedient hatten, auf die
Dreiwege zu tragen, und den unheimlichen Geistern, die dort
ihr Wesen treiben, zu überlassen. So verwendete Reinigungs-
mittel sind geradezu identisch mit Seelenopfern, oder auch mit
den "Hekatemahlzeiten" 1). Hieran ganz besonders lässt sich

Hermes 22, 86 ff., aber gegen die bestimmten Zeugnisse können Erwä-
gungen allgemeiner Art nichts ausrichten. Es war zudem nur eine eigene
Art der Hinrichtung ohnehin Verurtheilter (zweier Männer nach Harpo-
crat. 180, 19; eines Mannes und einer Frau nach Hesych. s. pharmakoi;
der Irrthum erklärt sich aus Hellad. bei Phot. bibl. p. 534 a, 3 ff.). Die
pharmakoi dienen der Stadt als katharsia (Harpocr. 180, 19): s. Hipponax
fr. 4; Hellad. a. O. Schol. Arist. Eq. 1136. pharmakos = katharma: Phot.
lex. 640, 8. Die pharmakoi wurden entweder (getödtet und) verbrannt
(wie rechte Sühneopferthiere): so Tzetzes Chil. 5, 736 ff., wohl nach Hip-
ponax (für Athen scheint Verbrennung der ph. anzudeuten Eupolis, Demoi
fr. 20; II 469 Mein.); oder gesteinigt: diese Todesart setzt (für Athen)
voraus die Legende des Istros bei Harpocr. 180, 23. Analoge Gebräuche
(verglichen von Müller, Dorier 1, 330) zu Abdera (Ovid, Ib. 465 f; nach
Schol. aus Kallimachos, der offenbar auf Apollonios die frommen Wünsche,
die Hipponax dem Bupalos gewidmet hatte, übertrug), zu Massilia (Petron.
fr. 1 Buech.: der pharmakos wurde dort entweder vom Felsen gestürzt
oder saxis occidebatur a populo [so Lact. ad Stat.]). Offenbar altem
Brauche folgend, lässt Apollonius von Tyana bei Philostrat. V. Ap. 4,
10 zu Ephesus einen alten Bettler, der nichts als der Pestdämon selbst
war, vom Volke steinigen, zur "Reinigung" der Stadt (katheras tous Ephe-
sious tes nosou -- c. 11).
1) Unter den Bestandtheilen eines Ekates deipnon en te triodo auch
oon ek katharsiou: Lucian. dial. mort. 1, 1; oder die Hoden der zum
Reinigungsopfer gebrauchten Ferkel: Demosth. g. Konon 39. Die oxu-
thumia, Opfer für Hekate und die Seelen (s. oben p. 252) sind identisch
mit den katharmata kai apolumata, die bei den Ekataia auf die Dreiwege
geworfen werden: Didymus bei Harpocr. s. oxuthumia (vgl. Etymol. M. 626,
44. katharsia sollen die Reinigungsopfer heissen, katharmata dieselben so-
weit sie weggeworfen werden: Ammon. p. 79 Valck.). Hunde, deren
Leichname bei der "Reinigung" gedient haben, werden nachher te Ekate
hingeworfen meta ton allon katharsion. Plut. Quaest. Rom. 68. Auch
das Blut und Wasser der Reinigungsopfer, aponimma, ist zugleich ein
Todtenopfer: Athen. 9, 409 E ff. Dass den unsichtbar anwesenden Geistern

dass auch die Reinigungsmittel, mit denen im Privatleben der
Einzelne und sein Haus von den Ansprüchen unsichtbarer
Mächte gelöst werden sollte, als Opfer für diese Mächte ge-
dacht wurden, lässt deutlich genug die Sitte erkennen, diese
Mittel, nachdem sie der „Reinigung“ gedient hatten, auf die
Dreiwege zu tragen, und den unheimlichen Geistern, die dort
ihr Wesen treiben, zu überlassen. So verwendete Reinigungs-
mittel sind geradezu identisch mit Seelenopfern, oder auch mit
den „Hekatemahlzeiten“ 1). Hieran ganz besonders lässt sich

Hermes 22, 86 ff., aber gegen die bestimmten Zeugnisse können Erwä-
gungen allgemeiner Art nichts ausrichten. Es war zudem nur eine eigene
Art der Hinrichtung ohnehin Verurtheilter (zweier Männer nach Harpo-
crat. 180, 19; eines Mannes und einer Frau nach Hesych. s. φαρμακοί;
der Irrthum erklärt sich aus Hellad. bei Phot. bibl. p. 534 a, 3 ff.). Die
φαρμακοί dienen der Stadt als καϑάρσια (Harpocr. 180, 19): s. Hipponax
fr. 4; Hellad. a. O. Schol. Arist. Eq. 1136. φαρμακός = κάϑαρμα: Phot.
lex. 640, 8. Die φαρμακοί wurden entweder (getödtet und) verbrannt
(wie rechte Sühneopferthiere): so Tzetzes Chil. 5, 736 ff., wohl nach Hip-
ponax (für Athen scheint Verbrennung der φ. anzudeuten Eupolis, Δῆμοι
fr. 20; II 469 Mein.); oder gesteinigt: diese Todesart setzt (für Athen)
voraus die Legende des Istros bei Harpocr. 180, 23. Analoge Gebräuche
(verglichen von Müller, Dorier 1, 330) zu Abdera (Ovid, Ib. 465 f; nach
Schol. aus Kallimachos, der offenbar auf Apollonios die frommen Wünsche,
die Hipponax dem Bupalos gewidmet hatte, übertrug), zu Massilia (Petron.
fr. 1 Buech.: der φαρμακός wurde dort entweder vom Felsen gestürzt
oder saxis occidebatur a populo [so Lact. ad Stat.]). Offenbar altem
Brauche folgend, lässt Apollonius von Tyana bei Philostrat. V. Ap. 4,
10 zu Ephesus einen alten Bettler, der nichts als der Pestdämon selbst
war, vom Volke steinigen, zur „Reinigung“ der Stadt (καϑήρας τοὺς Ἐφε-
σίους τῆς νόσου — c. 11).
1) Unter den Bestandtheilen eines Ἑκάτης δεῖπνον ἐν τῇ τριόδῳ auch
ὠὸν ἐκ καϑαρσίου: Lucian. dial. mort. 1, 1; oder die Hoden der zum
Reinigungsopfer gebrauchten Ferkel: Demosth. g. Konon 39. Die ὀξυ-
ϑύμια, Opfer für Hekate und die Seelen (s. oben p. 252) sind identisch
mit den καϑάρματα καὶ ἀπολύματα, die bei den Ἑκαταῖα auf die Dreiwege
geworfen werden: Didymus bei Harpocr. s. όξυϑύμια (vgl. Etymol. M. 626,
44. καϑάρσια sollen die Reinigungsopfer heissen, καϑάρματα dieselben so-
weit sie weggeworfen werden: Ammon. p. 79 Valck.). Hunde, deren
Leichname bei der „Reinigung“ gedient haben, werden nachher τῇ Ἑκάτῃ
hingeworfen μετὰ τῶν ἄλλων καϑαρσίων. Plut. Quaest. Rom. 68. Auch
das Blut und Wasser der Reinigungsopfer, ἀπόνιμμα, ist zugleich ein
Todtenopfer: Athen. 9, 409 E ff. Dass den unsichtbar anwesenden Geistern
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[367/0383] dass auch die Reinigungsmittel, mit denen im Privatleben der Einzelne und sein Haus von den Ansprüchen unsichtbarer Mächte gelöst werden sollte, als Opfer für diese Mächte ge- dacht wurden, lässt deutlich genug die Sitte erkennen, diese Mittel, nachdem sie der „Reinigung“ gedient hatten, auf die Dreiwege zu tragen, und den unheimlichen Geistern, die dort ihr Wesen treiben, zu überlassen. So verwendete Reinigungs- mittel sind geradezu identisch mit Seelenopfern, oder auch mit den „Hekatemahlzeiten“ 1). Hieran ganz besonders lässt sich 4) 1) Unter den Bestandtheilen eines Ἑκάτης δεῖπνον ἐν τῇ τριόδῳ auch ὠὸν ἐκ καϑαρσίου: Lucian. dial. mort. 1, 1; oder die Hoden der zum Reinigungsopfer gebrauchten Ferkel: Demosth. g. Konon 39. Die ὀξυ- ϑύμια, Opfer für Hekate und die Seelen (s. oben p. 252) sind identisch mit den καϑάρματα καὶ ἀπολύματα, die bei den Ἑκαταῖα auf die Dreiwege geworfen werden: Didymus bei Harpocr. s. όξυϑύμια (vgl. Etymol. M. 626, 44. καϑάρσια sollen die Reinigungsopfer heissen, καϑάρματα dieselben so- weit sie weggeworfen werden: Ammon. p. 79 Valck.). Hunde, deren Leichname bei der „Reinigung“ gedient haben, werden nachher τῇ Ἑκάτῃ hingeworfen μετὰ τῶν ἄλλων καϑαρσίων. Plut. Quaest. Rom. 68. Auch das Blut und Wasser der Reinigungsopfer, ἀπόνιμμα, ist zugleich ein Todtenopfer: Athen. 9, 409 E ff. Dass den unsichtbar anwesenden Geistern 4) Hermes 22, 86 ff., aber gegen die bestimmten Zeugnisse können Erwä- gungen allgemeiner Art nichts ausrichten. Es war zudem nur eine eigene Art der Hinrichtung ohnehin Verurtheilter (zweier Männer nach Harpo- crat. 180, 19; eines Mannes und einer Frau nach Hesych. s. φαρμακοί; der Irrthum erklärt sich aus Hellad. bei Phot. bibl. p. 534 a, 3 ff.). Die φαρμακοί dienen der Stadt als καϑάρσια (Harpocr. 180, 19): s. Hipponax fr. 4; Hellad. a. O. Schol. Arist. Eq. 1136. φαρμακός = κάϑαρμα: Phot. lex. 640, 8. Die φαρμακοί wurden entweder (getödtet und) verbrannt (wie rechte Sühneopferthiere): so Tzetzes Chil. 5, 736 ff., wohl nach Hip- ponax (für Athen scheint Verbrennung der φ. anzudeuten Eupolis, Δῆμοι fr. 20; II 469 Mein.); oder gesteinigt: diese Todesart setzt (für Athen) voraus die Legende des Istros bei Harpocr. 180, 23. Analoge Gebräuche (verglichen von Müller, Dorier 1, 330) zu Abdera (Ovid, Ib. 465 f; nach Schol. aus Kallimachos, der offenbar auf Apollonios die frommen Wünsche, die Hipponax dem Bupalos gewidmet hatte, übertrug), zu Massilia (Petron. fr. 1 Buech.: der φαρμακός wurde dort entweder vom Felsen gestürzt oder saxis occidebatur a populo [so Lact. ad Stat.]). Offenbar altem Brauche folgend, lässt Apollonius von Tyana bei Philostrat. V. Ap. 4, 10 zu Ephesus einen alten Bettler, der nichts als der Pestdämon selbst war, vom Volke steinigen, zur „Reinigung“ der Stadt (καϑήρας τοὺς Ἐφε- σίους τῆς νόσου — c. 11).

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/383>, abgerufen am 23.11.2024.