Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.den hat eine Anweisung auf ein besseres Jenseits nicht getroster 3. Die Ausmalung des Jenseits, so ängstlich sie die An- 1) Sext. Emp. adv. math. 9, 53. Suidas s. Diagoras. 2) Hadesfahrten kamen vor in des Pherekrates Krapataloi; Aristo- phanes Batrakhoi, Gerutades; Pseudopherekrates Metalleis; wohl auch in des Kratinos Trophonios u. s. w. 3) Schlaraffenland im Hades: s. namentlich Pseudopherekrates Me- talleis fr. I, II. p. 299 ff. Mein. Anlass zu solchen Scherzen gab ver- muthlich die Orphische Verheissung eines ewigen Rausches für die Ge- weiheten, bei dem sumposion ton dsion im Hades (Plato, Rep. 2, 363 C. makaron euokhia Arist. Ran. 85), die Farben boten die auch in der Komödie längst üblichen Ausmalungen des Wonnelebens unter Kronos im goldenen Zeitalter (vgl. Pöschel, Das Märchen vom Schlaraffenland 7 ff.). Das goldene Zeitalter in der Vergangenheit, das Elysium in der Zukunft hatten von jeher gleiche Farbe und Gestalt. S. oben S. 99, 2. Aus diesen alten Ausmalungen eines längst verschwundenen oder nur im Jenseits anzutreffenden Geisterreiches zieht die ganze griechische Litteratur der Wunschländer (s. meinen Griech. Roman II § 2. 3) ihre Nahrung. Sie macht im Grunde nur den Versuch, jene alten Phantasmen vom Seelenlande in das Leben und auf die bewohnte Erde herüberzuziehen. 4) esti g eudaimon polis para ten eruthran thalattan. Aristoph. Av. 144 f. (Vgl. Griech. Roman. 201 ff.). Rohde, Seelencult. 19
den hat eine Anweisung auf ein besseres Jenseits nicht getroster 3. Die Ausmalung des Jenseits, so ängstlich sie die An- 1) Sext. Emp. adv. math. 9, 53. Suidas s. Διαγόρας. 2) Hadesfahrten kamen vor in des Pherekrates Κραπάταλοι; Aristo- phanes Βάτραχοι, Γηρυτάδης; Pseudopherekrates Μεταλλεῖς; wohl auch in des Kratinos Τροφώνιος u. s. w. 3) Schlaraffenland im Hades: s. namentlich Pseudopherekrates Με- ταλλεῖς fr. I, II. p. 299 ff. Mein. Anlass zu solchen Scherzen gab ver- muthlich die Orphische Verheissung eines ewigen Rausches für die Ge- weiheten, bei dem συμπόσιον τῶν δσίων im Hades (Plato, Rep. 2, 363 C. μακάρων εὐωχία Arist. Ran. 85), die Farben boten die auch in der Komödie längst üblichen Ausmalungen des Wonnelebens unter Kronos im goldenen Zeitalter (vgl. Pöschel, Das Märchen vom Schlaraffenland 7 ff.). Das goldene Zeitalter in der Vergangenheit, das Elysium in der Zukunft hatten von jeher gleiche Farbe und Gestalt. S. oben S. 99, 2. Aus diesen alten Ausmalungen eines längst verschwundenen oder nur im Jenseits anzutreffenden Geisterreiches zieht die ganze griechische Litteratur der Wunschländer (s. meinen Griech. Roman II § 2. 3) ihre Nahrung. Sie macht im Grunde nur den Versuch, jene alten Phantasmen vom Seelenlande in das Leben und auf die bewohnte Erde herüberzuziehen. 4) ἔστι γ̕ εὐδαίμων πόλις παρὰ τὴν ἐρυϑρὰν ϑάλατταν. Aristoph. Av. 144 f. (Vgl. Griech. Roman. 201 ff.). Rohde, Seelencult. 19
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0305" n="289"/> den hat eine Anweisung auf ein besseres Jenseits nicht getroster<lb/> gemacht. Man kennt ja den typischen Fall des Diagoras des<lb/> „Gottesläugners“ <note place="foot" n="1)">Sext. Emp. <hi rendition="#i">adv. math.</hi> 9, 53. Suidas s. Διαγόρας.</note>.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head>3.</head><lb/> <p>Die Ausmalung des Jenseits, so ängstlich sie die An-<lb/> hänger gewisser mystischer Secten betreiben mochten, blieb<lb/> für Dichter und Publicum von Athen im fünften Jahrhundert<lb/> doch wenig mehr als eine Beschäftigung spielender Phantasie,<lb/> an der man sich mit aller Freiheit des Geistes ergötzen konnte.<lb/> Als Einrahmung einer burlesken Handlung schien den Komödien-<lb/> dichtern, von Pherekrates an, eine Fahrt in das unbekannte<lb/> Land eben recht <note place="foot" n="2)">Hadesfahrten kamen vor in des Pherekrates Κραπάταλοι; Aristo-<lb/> phanes Βάτραχοι, Γηρυτάδης; Pseudopherekrates Μεταλλεῖς; wohl auch in<lb/> des Kratinos Τροφώνιος u. s. w.</note>. Ein Schlaraffenland, fabelten sie, wie es<lb/> einst, als Kronos noch, im goldenen Zeitalter, regierte, auf<lb/> Erden war, erwartet die „Seligen“ da unten <note place="foot" n="3)">Schlaraffenland im Hades: s. namentlich Pseudopherekrates Με-<lb/> ταλλεῖς <hi rendition="#i">fr.</hi> I, II. p. 299 ff. Mein. Anlass zu solchen Scherzen gab ver-<lb/> muthlich die Orphische Verheissung eines ewigen Rausches für die Ge-<lb/> weiheten, bei dem συμπόσιον τῶν δσίων im Hades (Plato, <hi rendition="#i">Rep.</hi> 2, 363 C.<lb/> μακάρων εὐωχία Arist. <hi rendition="#i">Ran.</hi> 85), die Farben boten die auch in der<lb/> Komödie längst üblichen Ausmalungen des Wonnelebens unter Kronos<lb/> im goldenen Zeitalter (vgl. Pöschel, <hi rendition="#i">Das Märchen vom Schlaraffenland</hi><lb/> 7 ff.). Das goldene Zeitalter in der Vergangenheit, das Elysium in der<lb/> Zukunft hatten von jeher gleiche Farbe und Gestalt. S. oben S. 99, 2.<lb/> Aus diesen alten Ausmalungen eines längst verschwundenen oder nur im<lb/> Jenseits anzutreffenden Geisterreiches zieht die ganze griechische Litteratur<lb/> der Wunschländer (s. meinen <hi rendition="#i">Griech. Roman</hi> II § 2. 3) ihre Nahrung.<lb/> Sie macht im Grunde nur den Versuch, jene alten Phantasmen vom<lb/> Seelenlande in das Leben und auf die bewohnte Erde herüberzuziehen.</note>, eine „Stadt der<lb/> Glückseligkeit“ <note place="foot" n="4)">ἔστι γ̕ εὐδαίμων πόλις παρὰ τὴν ἐρυϑρὰν ϑάλατταν. Aristoph. <hi rendition="#i">Av.</hi><lb/> 144 f. (Vgl. <hi rendition="#i">Griech. Roman.</hi> 201 ff.).</note>, wie man sie sonst wohl am Ende der Welt<lb/> und noch auf dieser Oberwelt anzutreffen hoffte. Eine Komödie<lb/> ist es, die „Frösche“ des Aristophanes, in der wir, bei Gelegen-<lb/> heit der Hadesfahrt des athenischen Spiessbürgers, der diesmal<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Rohde,</hi> Seelencult. 19</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [289/0305]
den hat eine Anweisung auf ein besseres Jenseits nicht getroster
gemacht. Man kennt ja den typischen Fall des Diagoras des
„Gottesläugners“ 1).
3.
Die Ausmalung des Jenseits, so ängstlich sie die An-
hänger gewisser mystischer Secten betreiben mochten, blieb
für Dichter und Publicum von Athen im fünften Jahrhundert
doch wenig mehr als eine Beschäftigung spielender Phantasie,
an der man sich mit aller Freiheit des Geistes ergötzen konnte.
Als Einrahmung einer burlesken Handlung schien den Komödien-
dichtern, von Pherekrates an, eine Fahrt in das unbekannte
Land eben recht 2). Ein Schlaraffenland, fabelten sie, wie es
einst, als Kronos noch, im goldenen Zeitalter, regierte, auf
Erden war, erwartet die „Seligen“ da unten 3), eine „Stadt der
Glückseligkeit“ 4), wie man sie sonst wohl am Ende der Welt
und noch auf dieser Oberwelt anzutreffen hoffte. Eine Komödie
ist es, die „Frösche“ des Aristophanes, in der wir, bei Gelegen-
heit der Hadesfahrt des athenischen Spiessbürgers, der diesmal
1) Sext. Emp. adv. math. 9, 53. Suidas s. Διαγόρας.
2) Hadesfahrten kamen vor in des Pherekrates Κραπάταλοι; Aristo-
phanes Βάτραχοι, Γηρυτάδης; Pseudopherekrates Μεταλλεῖς; wohl auch in
des Kratinos Τροφώνιος u. s. w.
3) Schlaraffenland im Hades: s. namentlich Pseudopherekrates Με-
ταλλεῖς fr. I, II. p. 299 ff. Mein. Anlass zu solchen Scherzen gab ver-
muthlich die Orphische Verheissung eines ewigen Rausches für die Ge-
weiheten, bei dem συμπόσιον τῶν δσίων im Hades (Plato, Rep. 2, 363 C.
μακάρων εὐωχία Arist. Ran. 85), die Farben boten die auch in der
Komödie längst üblichen Ausmalungen des Wonnelebens unter Kronos
im goldenen Zeitalter (vgl. Pöschel, Das Märchen vom Schlaraffenland
7 ff.). Das goldene Zeitalter in der Vergangenheit, das Elysium in der
Zukunft hatten von jeher gleiche Farbe und Gestalt. S. oben S. 99, 2.
Aus diesen alten Ausmalungen eines längst verschwundenen oder nur im
Jenseits anzutreffenden Geisterreiches zieht die ganze griechische Litteratur
der Wunschländer (s. meinen Griech. Roman II § 2. 3) ihre Nahrung.
Sie macht im Grunde nur den Versuch, jene alten Phantasmen vom
Seelenlande in das Leben und auf die bewohnte Erde herüberzuziehen.
4) ἔστι γ̕ εὐδαίμων πόλις παρὰ τὴν ἐρυϑρὰν ϑάλατταν. Aristoph. Av.
144 f. (Vgl. Griech. Roman. 201 ff.).
Rohde, Seelencult. 19
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |