Nicht haltbarer ist die Vorstellung, dass die dramatische Vergegenwärtigung des Raubes und der Wiederkehr der Kore (diese als göttliche Person, nicht als personificirtes Samenkorn gefasst) in den Mysterien die Hoffnung auf analoges Schicksal der menschlichen Seele erweckt habe, vermöge einer mystischen Ineinssetzung des Lebens des Menschen mit dem Leben der Gottheit der er huldigt 1). Diese Art mystischer Empfindung ist allerdings dem Culte des Dionysos, und somit griechischer Religionsweise nicht fremd; damit sie wirksam werde, ist aber eine ekstatische Erregung und Ueberspannung des Gefühls nöthig, wie sie dem dionysischen Cultus eigenthümlich, der eleusinischen Feier aber ganz fremd war. Und auch hier würde die durch die vorbildlichen Schicksale der Kore genährte Hoffnung nur auf Palingenesie des Menschen, nicht (was doch der eleusinische Glaube war und blieb) auf ein bevorzugtes Loos im unterirdischen Bereiche haben führen können.
4.
Man ist auf falscher Fährte, wenn man dem tieferen Sinne nachspürt, welchen die mimische Darstellung der Göttersage zu Eleusis gehabt haben müsse, damit aus ihr die Hoffnung auf Unsterblichkeit der menschlichen Seele gewonnen werden konnte. Ueberzeugung von der Unsterblichkeit der menschlichen Seele als solcher, ihrer eigensten Natur nach, wurde in Eleusis gar nicht gewonnen: schon darum ist es nichts mit jenen Analogie- spielen zwischen Saatkorn oder Göttin des Erdelebens und menschlicher Seele, aus denen, wenn irgend etwas, doch höchstens die in allem Wechsel erhaltene Unvergänglichkeit des Lebens der Menschenseelen, aller Menschenseelen erschlossen werden konnte.
1) Andeutung einer solchen Auslegung bei Salust. de dis et mundo c. 4, p. 16 Or.: kata ten enantian isemerian (nämlich die herbstliche) e tes Kores arpage muthologeitai genesthai ; o de kathodos esti ton psukhon. (Auf dem Standpunkte dieses Neoplatonikers liess sich die Analogie wenigstens durchführen.) Auch Sopater diair. zetem. bei Walz, Rhet. gr. 8, 115, 3 redet davon, dass to tes psukhes pros to theion suggenes in den (eleusinischen) Mysterien bekräftigt werde.
Nicht haltbarer ist die Vorstellung, dass die dramatische Vergegenwärtigung des Raubes und der Wiederkehr der Kore (diese als göttliche Person, nicht als personificirtes Samenkorn gefasst) in den Mysterien die Hoffnung auf analoges Schicksal der menschlichen Seele erweckt habe, vermöge einer mystischen Ineinssetzung des Lebens des Menschen mit dem Leben der Gottheit der er huldigt 1). Diese Art mystischer Empfindung ist allerdings dem Culte des Dionysos, und somit griechischer Religionsweise nicht fremd; damit sie wirksam werde, ist aber eine ekstatische Erregung und Ueberspannung des Gefühls nöthig, wie sie dem dionysischen Cultus eigenthümlich, der eleusinischen Feier aber ganz fremd war. Und auch hier würde die durch die vorbildlichen Schicksale der Kore genährte Hoffnung nur auf Palingenesie des Menschen, nicht (was doch der eleusinische Glaube war und blieb) auf ein bevorzugtes Loos im unterirdischen Bereiche haben führen können.
4.
Man ist auf falscher Fährte, wenn man dem tieferen Sinne nachspürt, welchen die mimische Darstellung der Göttersage zu Eleusis gehabt haben müsse, damit aus ihr die Hoffnung auf Unsterblichkeit der menschlichen Seele gewonnen werden konnte. Ueberzeugung von der Unsterblichkeit der menschlichen Seele als solcher, ihrer eigensten Natur nach, wurde in Eleusis gar nicht gewonnen: schon darum ist es nichts mit jenen Analogie- spielen zwischen Saatkorn oder Göttin des Erdelebens und menschlicher Seele, aus denen, wenn irgend etwas, doch höchstens die in allem Wechsel erhaltene Unvergänglichkeit des Lebens der Menschenseelen, aller Menschenseelen erschlossen werden konnte.
1) Andeutung einer solchen Auslegung bei Salust. de dis et mundo c. 4, p. 16 Or.: κατὰ τὴν ἐναντίαν ἰσημερίαν (nämlich die herbstliche) ἡ τῆς Κόρης ἁρπαγὴ μυϑολογεῖται γενέσϑαι · ὃ δὴ κάϑοδός ἐστι τῶν ψυχῶν. (Auf dem Standpunkte dieses Neoplatonikers liess sich die Analogie wenigstens durchführen.) Auch Sopater διαίρ. ζητημ. bei Walz, Rhet. gr. 8, 115, 3 redet davon, dass τὸ τῆς ψυχῆς πρὸς τὸ ϑεῖον συγγενές in den (eleusinischen) Mysterien bekräftigt werde.
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Nicht haltbarer ist die Vorstellung, dass die dramatische
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(diese als göttliche Person, nicht als personificirtes Samenkorn
gefasst) in den Mysterien die Hoffnung auf analoges Schicksal
der menschlichen Seele erweckt habe, vermöge einer mystischen
Ineinssetzung des Lebens des Menschen mit dem Leben der
Gottheit der er huldigt 1). Diese Art mystischer Empfindung
ist allerdings dem Culte des Dionysos, und somit griechischer
Religionsweise nicht fremd; damit sie wirksam werde, ist aber
eine ekstatische Erregung und Ueberspannung des Gefühls
nöthig, wie sie dem dionysischen Cultus eigenthümlich, der
eleusinischen Feier aber ganz fremd war. Und auch hier
würde die durch die vorbildlichen Schicksale der Kore genährte
Hoffnung nur auf Palingenesie des Menschen, nicht (was doch
der eleusinische Glaube war und blieb) auf ein bevorzugtes
Loos im unterirdischen Bereiche haben führen können.
4.
Man ist auf falscher Fährte, wenn man dem tieferen Sinne
nachspürt, welchen die mimische Darstellung der Göttersage zu
Eleusis gehabt haben müsse, damit aus ihr die Hoffnung auf
Unsterblichkeit der menschlichen Seele gewonnen werden konnte.
Ueberzeugung von der Unsterblichkeit der menschlichen Seele
als solcher, ihrer eigensten Natur nach, wurde in Eleusis gar
nicht gewonnen: schon darum ist es nichts mit jenen Analogie-
spielen zwischen Saatkorn oder Göttin des Erdelebens und
menschlicher Seele, aus denen, wenn irgend etwas, doch höchstens
die in allem Wechsel erhaltene Unvergänglichkeit des Lebens der
Menschenseelen, aller Menschenseelen erschlossen werden konnte.
1) Andeutung einer solchen Auslegung bei Salust. de dis et mundo
c. 4, p. 16 Or.: κατὰ τὴν ἐναντίαν ἰσημερίαν (nämlich die herbstliche)
ἡ τῆς Κόρης ἁρπαγὴ μυϑολογεῖται γενέσϑαι · ὃ δὴ κάϑοδός ἐστι τῶν ψυχῶν.
(Auf dem Standpunkte dieses Neoplatonikers liess sich die Analogie
wenigstens durchführen.) Auch Sopater διαίρ. ζητημ. bei Walz, Rhet. gr.
8, 115, 3 redet davon, dass τὸ τῆς ψυχῆς πρὸς τὸ ϑεῖον συγγενές in den
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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/286>, abgerufen am 21.11.2024.
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