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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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verbunden, der Form nach ganz für sich, die Erzählung
von den fünf Menschengeschlechtern
(v. 109--201).

Im Anfang, heisst es da, schufen die Götter des Olymps
das goldene Geschlecht, dessen Angehörige wie die Götter
lebten, ohne Sorge, Krankheit und Altersmühe, im Genuss
reichen Besitzes. Nach ihrem Tode, der ihnen nahete wie
der Schlaf dem Müden, sind sie nach Zeus' Willen zu Dä-
monen und Wächtern der Menschen geworden. Es folgte das
silberne Geschlecht, viel geringer als das erste, diesem weder
leiblich noch geistig gleich. Nach langer, hundert Jahre
währenden Kindheit folgte bei den Menschen dieses Ge-
schlechts eine kurze Jugend, in der sie durch Uebermuth gegen
einander und gegen die Götter sich viel Leiden schufen. Weil
sie den Göttern die schuldige Verehrung versagten, vertilgte
sie Zeus; nun sind sie unterirdische Dämonen, geehrt, wenn
auch weniger als die Dämonen des goldenen Geschlechts.
Zeus schuf ein drittes Geschlecht, das eherne, harten Sinnes
und von gewaltiger Kraft; der Krieg war ihre Lust; durch
ihre eigenen Hände bezwungen gingen sie unter, ruhmlos ge-
langten sie in das dumpfige Haus des Hades. Darnach er-
schuf Zeus ein viertes Geschlecht, das gerechter und besser
war, das Geschlecht der Heroen, die da "Halbgötter" genannt
werden. Sie kämpften um Theben und Troja, einige starben,
andere siedelte Zeus an den Enden der Erde, auf den Inseln
der Seligen am Okeanos an, wo ihnen dreimal im Jahre die
Erde Frucht bringt. "Möchte ich doch nicht gehören zum
fünften Geschlecht; wäre ich lieber vorher gestorben oder später
erst geboren" sagt der Dichter. "Denn jetzt ist das eiserne
Zeitalter", wo Mühe und Sorge den Menschen nicht los lassen,
Feindschaft aller gegen alle herrscht, Gewalt das Recht beugt,
schadenfroher, übelredender, hässlich blickender Wettbewerb alle
antreibt. Nun entschweben Scham und die Göttin der Ver-
geltung, Nemesis, zu den Göttern, alle Uebel verbleiben den
Menschen, und es giebt keine Abwehr des Unheils. --

Es sind die Ergebnisse trüben Nachsinnens über Werden

verbunden, der Form nach ganz für sich, die Erzählung
von den fünf Menschengeschlechtern
(v. 109—201).

Im Anfang, heisst es da, schufen die Götter des Olymps
das goldene Geschlecht, dessen Angehörige wie die Götter
lebten, ohne Sorge, Krankheit und Altersmühe, im Genuss
reichen Besitzes. Nach ihrem Tode, der ihnen nahete wie
der Schlaf dem Müden, sind sie nach Zeus’ Willen zu Dä-
monen und Wächtern der Menschen geworden. Es folgte das
silberne Geschlecht, viel geringer als das erste, diesem weder
leiblich noch geistig gleich. Nach langer, hundert Jahre
währenden Kindheit folgte bei den Menschen dieses Ge-
schlechts eine kurze Jugend, in der sie durch Uebermuth gegen
einander und gegen die Götter sich viel Leiden schufen. Weil
sie den Göttern die schuldige Verehrung versagten, vertilgte
sie Zeus; nun sind sie unterirdische Dämonen, geehrt, wenn
auch weniger als die Dämonen des goldenen Geschlechts.
Zeus schuf ein drittes Geschlecht, das eherne, harten Sinnes
und von gewaltiger Kraft; der Krieg war ihre Lust; durch
ihre eigenen Hände bezwungen gingen sie unter, ruhmlos ge-
langten sie in das dumpfige Haus des Hades. Darnach er-
schuf Zeus ein viertes Geschlecht, das gerechter und besser
war, das Geschlecht der Heroen, die da „Halbgötter“ genannt
werden. Sie kämpften um Theben und Troja, einige starben,
andere siedelte Zeus an den Enden der Erde, auf den Inseln
der Seligen am Okeanos an, wo ihnen dreimal im Jahre die
Erde Frucht bringt. „Möchte ich doch nicht gehören zum
fünften Geschlecht; wäre ich lieber vorher gestorben oder später
erst geboren“ sagt der Dichter. „Denn jetzt ist das eiserne
Zeitalter“, wo Mühe und Sorge den Menschen nicht los lassen,
Feindschaft aller gegen alle herrscht, Gewalt das Recht beugt,
schadenfroher, übelredender, hässlich blickender Wettbewerb alle
antreibt. Nun entschweben Scham und die Göttin der Ver-
geltung, Nemesis, zu den Göttern, alle Uebel verbleiben den
Menschen, und es giebt keine Abwehr des Unheils. —

Es sind die Ergebnisse trüben Nachsinnens über Werden

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[85/0101] verbunden, der Form nach ganz für sich, die Erzählung von den fünf Menschengeschlechtern (v. 109—201). Im Anfang, heisst es da, schufen die Götter des Olymps das goldene Geschlecht, dessen Angehörige wie die Götter lebten, ohne Sorge, Krankheit und Altersmühe, im Genuss reichen Besitzes. Nach ihrem Tode, der ihnen nahete wie der Schlaf dem Müden, sind sie nach Zeus’ Willen zu Dä- monen und Wächtern der Menschen geworden. Es folgte das silberne Geschlecht, viel geringer als das erste, diesem weder leiblich noch geistig gleich. Nach langer, hundert Jahre währenden Kindheit folgte bei den Menschen dieses Ge- schlechts eine kurze Jugend, in der sie durch Uebermuth gegen einander und gegen die Götter sich viel Leiden schufen. Weil sie den Göttern die schuldige Verehrung versagten, vertilgte sie Zeus; nun sind sie unterirdische Dämonen, geehrt, wenn auch weniger als die Dämonen des goldenen Geschlechts. Zeus schuf ein drittes Geschlecht, das eherne, harten Sinnes und von gewaltiger Kraft; der Krieg war ihre Lust; durch ihre eigenen Hände bezwungen gingen sie unter, ruhmlos ge- langten sie in das dumpfige Haus des Hades. Darnach er- schuf Zeus ein viertes Geschlecht, das gerechter und besser war, das Geschlecht der Heroen, die da „Halbgötter“ genannt werden. Sie kämpften um Theben und Troja, einige starben, andere siedelte Zeus an den Enden der Erde, auf den Inseln der Seligen am Okeanos an, wo ihnen dreimal im Jahre die Erde Frucht bringt. „Möchte ich doch nicht gehören zum fünften Geschlecht; wäre ich lieber vorher gestorben oder später erst geboren“ sagt der Dichter. „Denn jetzt ist das eiserne Zeitalter“, wo Mühe und Sorge den Menschen nicht los lassen, Feindschaft aller gegen alle herrscht, Gewalt das Recht beugt, schadenfroher, übelredender, hässlich blickender Wettbewerb alle antreibt. Nun entschweben Scham und die Göttin der Ver- geltung, Nemesis, zu den Göttern, alle Uebel verbleiben den Menschen, und es giebt keine Abwehr des Unheils. — Es sind die Ergebnisse trüben Nachsinnens über Werden

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/101>, abgerufen am 23.11.2024.