Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782.

Bild:
<< vorherige Seite

scher Weine aus einen Lande ins andere. So
bauete man den Umstätter, Traminer, als
vorzügliche Weine, neuerlich in dem Schwä-
bischen. Den Silvaner brachte man aus dem
Oestreichischen in das Schwäbische und Frän-
kische. Der Rulander wurde von Speyer aus
an den Rhein hin, und ins Würtenbergische
verpflanzt. Der Gutedel kam aus Ungarn und
Oestreich ins Schwäbische, und wurde daher
daselbst Muskateller genannt, weil man in
Ungarn und Oestreich die Gutedelsorten Mus-
kateller, die Muskateller aber Weihrauch
nennt. Der Petersilienwein kam aus Oestreich
ins Würtenbergische. Viele kamen aus Val-
telin, und sind daher daselbst unter dem allge-
meinen Namen Valteliner bekannt. In Herbste
1778 machte man sonderlich einen wichtigen
Versuch in Schwaben und im Badenschen mit
einer Art Wein aus dem Oberelsaß, wovon
die Schnittlinge zu Reichenweiher sehr theuer
verkauft werden, weil sie bald große und wein-
reiche weiße Trauben tragen, und in jedem
Boden gedeihen. Der Markgraf zu Baden
legte einen Morgen von dergleichen an, und
an einem andern Orte setzte man neunzig
Schnittlinge; im zweyten Jahre trugen die
Bodenhölzer schon Trauben. Als im Jahre
1777, wegen der übeln Witterung, die andern
Trauben abfielen, und ein vier Tage vor der
Weinlese einfallender Frost ein Drittheil Trau-
ben verderbte, so litten doch diese Trauben

nichts.

ſcher Weine aus einen Lande ins andere. So
bauete man den Umſtaͤtter, Traminer, als
vorzuͤgliche Weine, neuerlich in dem Schwaͤ-
biſchen. Den Silvaner brachte man aus dem
Oeſtreichiſchen in das Schwaͤbiſche und Fraͤn-
kiſche. Der Rulander wurde von Speyer aus
an den Rhein hin, und ins Wuͤrtenbergiſche
verpflanzt. Der Gutedel kam aus Ungarn und
Oeſtreich ins Schwaͤbiſche, und wurde daher
daſelbſt Muskateller genannt, weil man in
Ungarn und Oeſtreich die Gutedelſorten Mus-
kateller, die Muskateller aber Weihrauch
nennt. Der Peterſilienwein kam aus Oeſtreich
ins Wuͤrtenbergiſche. Viele kamen aus Val-
telin, und ſind daher daſelbſt unter dem allge-
meinen Namen Valteliner bekannt. In Herbſte
1778 machte man ſonderlich einen wichtigen
Verſuch in Schwaben und im Badenſchen mit
einer Art Wein aus dem Oberelſaß, wovon
die Schnittlinge zu Reichenweiher ſehr theuer
verkauft werden, weil ſie bald große und wein-
reiche weiße Trauben tragen, und in jedem
Boden gedeihen. Der Markgraf zu Baden
legte einen Morgen von dergleichen an, und
an einem andern Orte ſetzte man neunzig
Schnittlinge; im zweyten Jahre trugen die
Bodenhoͤlzer ſchon Trauben. Als im Jahre
1777, wegen der uͤbeln Witterung, die andern
Trauben abfielen, und ein vier Tage vor der
Weinleſe einfallender Froſt ein Drittheil Trau-
ben verderbte, ſo litten doch dieſe Trauben

nichts.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0202" n="192"/>
&#x017F;cher Weine aus einen Lande ins andere. So<lb/>
bauete man den Um&#x017F;ta&#x0364;tter, Traminer, als<lb/>
vorzu&#x0364;gliche Weine, neuerlich in dem Schwa&#x0364;-<lb/>
bi&#x017F;chen. Den Silvaner brachte man aus dem<lb/>
Oe&#x017F;treichi&#x017F;chen in das Schwa&#x0364;bi&#x017F;che und Fra&#x0364;n-<lb/>
ki&#x017F;che. Der Rulander wurde von Speyer aus<lb/>
an den Rhein hin, und ins Wu&#x0364;rtenbergi&#x017F;che<lb/>
verpflanzt. Der Gutedel kam aus Ungarn und<lb/>
Oe&#x017F;treich ins Schwa&#x0364;bi&#x017F;che, und wurde daher<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t Muskateller genannt, weil man in<lb/>
Ungarn und Oe&#x017F;treich die Gutedel&#x017F;orten Mus-<lb/>
kateller, die Muskateller aber Weihrauch<lb/>
nennt. Der Peter&#x017F;ilienwein kam aus Oe&#x017F;treich<lb/>
ins Wu&#x0364;rtenbergi&#x017F;che. Viele kamen aus Val-<lb/>
telin, und &#x017F;ind daher da&#x017F;elb&#x017F;t unter dem allge-<lb/>
meinen Namen Valteliner bekannt. In Herb&#x017F;te<lb/>
1778 machte man &#x017F;onderlich einen wichtigen<lb/>
Ver&#x017F;uch in Schwaben und im Baden&#x017F;chen mit<lb/>
einer Art Wein aus dem Oberel&#x017F;aß, wovon<lb/>
die Schnittlinge zu Reichenweiher &#x017F;ehr theuer<lb/>
verkauft werden, weil &#x017F;ie bald große und wein-<lb/>
reiche weiße Trauben tragen, und in jedem<lb/>
Boden gedeihen. Der Markgraf zu Baden<lb/>
legte einen Morgen von dergleichen an, und<lb/>
an einem andern Orte &#x017F;etzte man neunzig<lb/>
Schnittlinge; im zweyten Jahre trugen die<lb/>
Bodenho&#x0364;lzer &#x017F;chon Trauben. Als im Jahre<lb/>
1777, wegen der u&#x0364;beln Witterung, die andern<lb/>
Trauben abfielen, und ein vier Tage vor der<lb/>
Weinle&#x017F;e einfallender Fro&#x017F;t ein Drittheil Trau-<lb/>
ben verderbte, &#x017F;o litten doch die&#x017F;e Trauben<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nichts.</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0202] ſcher Weine aus einen Lande ins andere. So bauete man den Umſtaͤtter, Traminer, als vorzuͤgliche Weine, neuerlich in dem Schwaͤ- biſchen. Den Silvaner brachte man aus dem Oeſtreichiſchen in das Schwaͤbiſche und Fraͤn- kiſche. Der Rulander wurde von Speyer aus an den Rhein hin, und ins Wuͤrtenbergiſche verpflanzt. Der Gutedel kam aus Ungarn und Oeſtreich ins Schwaͤbiſche, und wurde daher daſelbſt Muskateller genannt, weil man in Ungarn und Oeſtreich die Gutedelſorten Mus- kateller, die Muskateller aber Weihrauch nennt. Der Peterſilienwein kam aus Oeſtreich ins Wuͤrtenbergiſche. Viele kamen aus Val- telin, und ſind daher daſelbſt unter dem allge- meinen Namen Valteliner bekannt. In Herbſte 1778 machte man ſonderlich einen wichtigen Verſuch in Schwaben und im Badenſchen mit einer Art Wein aus dem Oberelſaß, wovon die Schnittlinge zu Reichenweiher ſehr theuer verkauft werden, weil ſie bald große und wein- reiche weiße Trauben tragen, und in jedem Boden gedeihen. Der Markgraf zu Baden legte einen Morgen von dergleichen an, und an einem andern Orte ſetzte man neunzig Schnittlinge; im zweyten Jahre trugen die Bodenhoͤlzer ſchon Trauben. Als im Jahre 1777, wegen der uͤbeln Witterung, die andern Trauben abfielen, und ein vier Tage vor der Weinleſe einfallender Froſt ein Drittheil Trau- ben verderbte, ſo litten doch dieſe Trauben nichts.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/202
Zitationshilfe: Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/202>, abgerufen am 02.05.2024.