Mark genau auf einander paßten. Man ver- suchte es mit zwey Reißern in einen Spalt; aber weiter darf man nicht gehen. Man über- strich hierauf den Spalt mit dem gewöhnli- chen Pfropfwachs oder Leimen, worunter Let- ten oder Unrat von Kühen ist, und band es zu. Man gab dem Reiße einigen Schatten. Nach dem Verbinden deckte man die Stange wieder mit wilder Erde oder besser, fettem und feuchtem Sande, einen guten halben Schuh, zu, und schnitt das Reiß ab, bis auf zwey oder drey Augen. Damit der überflüßige Saft ihm nicht nachtheilig sey, machte man mit der Spitze der Hape unter dem Verbande zu beyden Seiten eine leichte Verwundung, und besprengte in warmen Tagen des Abends das Verband mit ein wenig Wasser. So bald es trieb, wurde das Band etwas locker gemacht, und, nachdem es etwas gewachsen, behutsam an einen Pfahl gebunden. Hierbey ist noch zu merken, daß, wenn es einen Schuh hoch gewachsen, man es oft ausbreche, und ohne Schaden des Reißes die übrigen Schösse des Stocks abschneide. Im Ende des Julii felgt man wieder leicht, und so auch zu Ende des Septembers bricht man wieder aus, schnei- det die Wurzelschösse ab, räumt im Herbste, läßt dem Reiß ein bis zwey Ruthen stehen, und macht das Band über dem Spalt völlig los.
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Mark genau auf einander paßten. Man ver- ſuchte es mit zwey Reißern in einen Spalt; aber weiter darf man nicht gehen. Man uͤber- ſtrich hierauf den Spalt mit dem gewoͤhnli- chen Pfropfwachs oder Leimen, worunter Let- ten oder Unrat von Kuͤhen iſt, und band es zu. Man gab dem Reiße einigen Schatten. Nach dem Verbinden deckte man die Stange wieder mit wilder Erde oder beſſer, fettem und feuchtem Sande, einen guten halben Schuh, zu, und ſchnitt das Reiß ab, bis auf zwey oder drey Augen. Damit der uͤberfluͤßige Saft ihm nicht nachtheilig ſey, machte man mit der Spitze der Hape unter dem Verbande zu beyden Seiten eine leichte Verwundung, und beſprengte in warmen Tagen des Abends das Verband mit ein wenig Waſſer. So bald es trieb, wurde das Band etwas locker gemacht, und, nachdem es etwas gewachſen, behutſam an einen Pfahl gebunden. Hierbey iſt noch zu merken, daß, wenn es einen Schuh hoch gewachſen, man es oft ausbreche, und ohne Schaden des Reißes die uͤbrigen Schoͤſſe des Stocks abſchneide. Im Ende des Julii felgt man wieder leicht, und ſo auch zu Ende des Septembers bricht man wieder aus, ſchnei- det die Wurzelſchoͤſſe ab, raͤumt im Herbſte, laͤßt dem Reiß ein bis zwey Ruthen ſtehen, und macht das Band uͤber dem Spalt voͤllig los.
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Mark genau auf einander paßten. Man ver-
ſuchte es mit zwey Reißern in einen Spalt;
aber weiter darf man nicht gehen. Man uͤber-
ſtrich hierauf den Spalt mit dem gewoͤhnli-
chen Pfropfwachs oder Leimen, worunter Let-
ten oder Unrat von Kuͤhen iſt, und band es
zu. Man gab dem Reiße einigen Schatten.
Nach dem Verbinden deckte man die Stange
wieder mit wilder Erde oder beſſer, fettem und
feuchtem Sande, einen guten halben Schuh,
zu, und ſchnitt das Reiß ab, bis auf zwey
oder drey Augen. Damit der uͤberfluͤßige
Saft ihm nicht nachtheilig ſey, machte man
mit der Spitze der Hape unter dem Verbande
zu beyden Seiten eine leichte Verwundung,
und beſprengte in warmen Tagen des Abends
das Verband mit ein wenig Waſſer. So
bald es trieb, wurde das Band etwas locker
gemacht, und, nachdem es etwas gewachſen,
behutſam an einen Pfahl gebunden. Hierbey
iſt noch zu merken, daß, wenn es einen Schuh
hoch gewachſen, man es oft ausbreche, und
ohne Schaden des Reißes die uͤbrigen Schoͤſſe
des Stocks abſchneide. Im Ende des Julii
felgt man wieder leicht, und ſo auch zu Ende
des Septembers bricht man wieder aus, ſchnei-
det die Wurzelſchoͤſſe ab, raͤumt im Herbſte,
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und macht das Band uͤber dem Spalt voͤllig
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/189>, abgerufen am 27.11.2024.
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