Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Endlich erschien Christian Thomasius, ein
zweyter Luther in der Vernunft, und durchdrang
die Vorurtheile. Er fieng an die Oekonomie zu
Halle öffentlich zu lehren, f) und erfüllete dadurch
selbst seinen Wunsch, den er in seinen Cautelen
der Rechtsgelahrheit im 17ten Kap. §. 1. geäu-
ßert. Er wählte zu seinen Vorlesungen des wür-
digen und großen Ministers von Seckendorfs Für-
stenstaat, welchen derselbige schon in der ersten
Hälfte des siebenzehnten Jahrhunderts zum Un-
terricht für einen Herzogl. Gothaischen Prinzen
geschrieben. Ihm folgte Ludwich über eben die-
ses Buch nach, und zu Leipzig auch Frankenstein.
Alles waren nur Privatbemühungen denkender
Gelehrten, die sich über die Vorurtheile hinweg-
setzten. Thomasius aber war nicht blos zufrieden,
durch Privatbemühungen die Oekonomie zu erhe-
ben; er führte sie bis zu dem Throne seines Kö-
nigs, der, ob er gleich nicht der größte Staats-
wirth war, doch hierinnen für die allgemeine
Staatswirthschaft sehr weislich sorgte, und em-
pfahl sie seinem Schutze. Dieser große König

errich-
in ein System zu bringen, und auf Universitäten
zu lehren
f) Thomasius scheint der erste zu seyn, der auf Uni-
versitäten die Cameralwissenschaften vorgetragen,
also doch noch nicht die eigentliche Oekonomie be-
sonders, sondern nur bey Gelegenheit die Cameral-
wissenschaften. Der Hr. von Ludwich erwähnt
diese Thomasiusischen Vorlesungen in der Nach-
richt von der neuerrichteten Cameralprofeßion zu
Halle S. 156.
C 2

Endlich erſchien Chriſtian Thomaſius, ein
zweyter Luther in der Vernunft, und durchdrang
die Vorurtheile. Er fieng an die Oekonomie zu
Halle oͤffentlich zu lehren, f) und erfuͤllete dadurch
ſelbſt ſeinen Wunſch, den er in ſeinen Cautelen
der Rechtsgelahrheit im 17ten Kap. §. 1. geaͤu-
ßert. Er waͤhlte zu ſeinen Vorleſungen des wuͤr-
digen und großen Miniſters von Seckendorfs Fuͤr-
ſtenſtaat, welchen derſelbige ſchon in der erſten
Haͤlfte des ſiebenzehnten Jahrhunderts zum Un-
terricht fuͤr einen Herzogl. Gothaiſchen Prinzen
geſchrieben. Ihm folgte Ludwich uͤber eben die-
ſes Buch nach, und zu Leipzig auch Frankenſtein.
Alles waren nur Privatbemuͤhungen denkender
Gelehrten, die ſich uͤber die Vorurtheile hinweg-
ſetzten. Thomaſius aber war nicht blos zufrieden,
durch Privatbemuͤhungen die Oekonomie zu erhe-
ben; er fuͤhrte ſie bis zu dem Throne ſeines Koͤ-
nigs, der, ob er gleich nicht der groͤßte Staats-
wirth war, doch hierinnen fuͤr die allgemeine
Staatswirthſchaft ſehr weislich ſorgte, und em-
pfahl ſie ſeinem Schutze. Dieſer große Koͤnig

errich-
in ein Syſtem zu bringen, und auf Univerſitaͤten
zu lehren
f) Thomaſius ſcheint der erſte zu ſeyn, der auf Uni-
verſitaͤten die Cameralwiſſenſchaften vorgetragen,
alſo doch noch nicht die eigentliche Oekonomie be-
ſonders, ſondern nur bey Gelegenheit die Cameral-
wiſſenſchaften. Der Hr. von Ludwich erwaͤhnt
dieſe Thomaſiuſiſchen Vorleſungen in der Nach-
richt von der neuerrichteten Cameralprofeßion zu
Halle S. 156.
C 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0061" n="35"/>
        <p>Endlich er&#x017F;chien Chri&#x017F;tian Thoma&#x017F;ius, ein<lb/>
zweyter Luther in der Vernunft, und durchdrang<lb/>
die Vorurtheile. Er fieng an die Oekonomie zu<lb/>
Halle o&#x0364;ffentlich zu lehren, <note place="foot" n="f)">Thoma&#x017F;ius &#x017F;cheint der er&#x017F;te zu &#x017F;eyn, der auf Uni-<lb/>
ver&#x017F;ita&#x0364;ten die Cameralwi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften vorgetragen,<lb/>
al&#x017F;o doch noch nicht die eigentliche Oekonomie be-<lb/>
&#x017F;onders, &#x017F;ondern nur bey Gelegenheit die Cameral-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften. Der Hr. von Ludwich erwa&#x0364;hnt<lb/>
die&#x017F;e Thoma&#x017F;iu&#x017F;i&#x017F;chen Vorle&#x017F;ungen in der Nach-<lb/>
richt von der neuerrichteten Cameralprofeßion zu<lb/>
Halle S. 156.</note> und erfu&#x0364;llete dadurch<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;einen Wun&#x017F;ch, den er in &#x017F;einen Cautelen<lb/>
der Rechtsgelahrheit im 17ten Kap. §. 1. gea&#x0364;u-<lb/>
ßert. Er wa&#x0364;hlte zu &#x017F;einen Vorle&#x017F;ungen des wu&#x0364;r-<lb/>
digen und großen Mini&#x017F;ters von Seckendorfs Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten&#x017F;taat, welchen der&#x017F;elbige &#x017F;chon in der er&#x017F;ten<lb/>
Ha&#x0364;lfte des &#x017F;iebenzehnten Jahrhunderts zum Un-<lb/>
terricht fu&#x0364;r einen Herzogl. Gothai&#x017F;chen Prinzen<lb/>
ge&#x017F;chrieben. Ihm folgte Ludwich u&#x0364;ber eben die-<lb/>
&#x017F;es Buch nach, und zu Leipzig auch Franken&#x017F;tein.<lb/>
Alles waren nur Privatbemu&#x0364;hungen denkender<lb/>
Gelehrten, die &#x017F;ich u&#x0364;ber die Vorurtheile hinweg-<lb/>
&#x017F;etzten. Thoma&#x017F;ius aber war nicht blos zufrieden,<lb/>
durch Privatbemu&#x0364;hungen die Oekonomie zu erhe-<lb/>
ben; er fu&#x0364;hrte &#x017F;ie bis zu dem Throne &#x017F;eines Ko&#x0364;-<lb/>
nigs, der, ob er gleich nicht der gro&#x0364;ßte Staats-<lb/>
wirth war, doch hierinnen fu&#x0364;r die allgemeine<lb/>
Staatswirth&#x017F;chaft &#x017F;ehr weislich &#x017F;orgte, und em-<lb/>
pfahl &#x017F;ie &#x017F;einem Schutze. Die&#x017F;er große Ko&#x0364;nig<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 2</fw><fw place="bottom" type="catch">errich-</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_9_2" prev="#seg2pn_9_1" place="foot" n="e)">in ein Sy&#x017F;tem zu bringen, und auf Univer&#x017F;ita&#x0364;ten<lb/>
zu lehren</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0061] Endlich erſchien Chriſtian Thomaſius, ein zweyter Luther in der Vernunft, und durchdrang die Vorurtheile. Er fieng an die Oekonomie zu Halle oͤffentlich zu lehren, f) und erfuͤllete dadurch ſelbſt ſeinen Wunſch, den er in ſeinen Cautelen der Rechtsgelahrheit im 17ten Kap. §. 1. geaͤu- ßert. Er waͤhlte zu ſeinen Vorleſungen des wuͤr- digen und großen Miniſters von Seckendorfs Fuͤr- ſtenſtaat, welchen derſelbige ſchon in der erſten Haͤlfte des ſiebenzehnten Jahrhunderts zum Un- terricht fuͤr einen Herzogl. Gothaiſchen Prinzen geſchrieben. Ihm folgte Ludwich uͤber eben die- ſes Buch nach, und zu Leipzig auch Frankenſtein. Alles waren nur Privatbemuͤhungen denkender Gelehrten, die ſich uͤber die Vorurtheile hinweg- ſetzten. Thomaſius aber war nicht blos zufrieden, durch Privatbemuͤhungen die Oekonomie zu erhe- ben; er fuͤhrte ſie bis zu dem Throne ſeines Koͤ- nigs, der, ob er gleich nicht der groͤßte Staats- wirth war, doch hierinnen fuͤr die allgemeine Staatswirthſchaft ſehr weislich ſorgte, und em- pfahl ſie ſeinem Schutze. Dieſer große Koͤnig errich- e) f) Thomaſius ſcheint der erſte zu ſeyn, der auf Uni- verſitaͤten die Cameralwiſſenſchaften vorgetragen, alſo doch noch nicht die eigentliche Oekonomie be- ſonders, ſondern nur bey Gelegenheit die Cameral- wiſſenſchaften. Der Hr. von Ludwich erwaͤhnt dieſe Thomaſiuſiſchen Vorleſungen in der Nach- richt von der neuerrichteten Cameralprofeßion zu Halle S. 156. e) in ein Syſtem zu bringen, und auf Univerſitaͤten zu lehren C 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/61
Zitationshilfe: Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/61>, abgerufen am 25.11.2024.