merkte dabey, daß die Einimpfung bey einigen mit mehr Gefahr, als bey andern geschahe. Un- ter die letztern gehören vornehmlich trächtige Stücken und Kälber, die noch unter einem hal- ben Jahre sind. Die erstern bringen gemeini- glich nach der Seuche eine unreife Frucht, fal- len aber meist durch die Krankheit geschwächt bey dem Kalben, wenn sie gleich die Seuche überstanden haben. Daher man die Kühe am sichersten bald nach dem Abkalben inoculirt; die Einimpfung der Ochsen aber von jeglichem Alter, und der Kälber von einem Jahre gieng allezeit glücklich von statten. Man bemerkte ferner, daß es bey einem ganz gesundem Stücke gesche- hen müsse, weil sonst, wenn es schon von der Seuche befallen ist, die Giftmaterie nur ver- mehrt wird. Man darf daher nicht warten, bis schon krankes Vieh unter der Heerde ist; weil dieses sonst zu befürchten ist. Man nahm die Einimpfungsmaterie von einer gutartigen Seuche, vornemlich wenn der Fluß noch klar ist. Man wählte dazu den Ort einer guten Handbreit von dem Rückgrad bis dahin, wo die Rippen aufstehen und sichtbar werden, weil hier die Knochen ziemlich mit Fleisch bedeckt sind. Nur darf es weder zu hoch am Rückgra- de, noch zu niedrig an den Rippen, weder zu weit nach dem Kreuzknochen und der holen Sei- te, noch zu weit vorkommen. Man schor hier- auf das Haar einer Hand breit ab, machte ei- nen Schnitt in die Haut, der durch dieselbe ge-
he,
R 5
merkte dabey, daß die Einimpfung bey einigen mit mehr Gefahr, als bey andern geſchahe. Un- ter die letztern gehoͤren vornehmlich traͤchtige Stuͤcken und Kaͤlber, die noch unter einem hal- ben Jahre ſind. Die erſtern bringen gemeini- glich nach der Seuche eine unreife Frucht, fal- len aber meiſt durch die Krankheit geſchwaͤcht bey dem Kalben, wenn ſie gleich die Seuche uͤberſtanden haben. Daher man die Kuͤhe am ſicherſten bald nach dem Abkalben inoculirt; die Einimpfung der Ochſen aber von jeglichem Alter, und der Kaͤlber von einem Jahre gieng allezeit gluͤcklich von ſtatten. Man bemerkte ferner, daß es bey einem ganz geſundem Stuͤcke geſche- hen muͤſſe, weil ſonſt, wenn es ſchon von der Seuche befallen iſt, die Giftmaterie nur ver- mehrt wird. Man darf daher nicht warten, bis ſchon krankes Vieh unter der Heerde iſt; weil dieſes ſonſt zu befuͤrchten iſt. Man nahm die Einimpfungsmaterie von einer gutartigen Seuche, vornemlich wenn der Fluß noch klar iſt. Man waͤhlte dazu den Ort einer guten Handbreit von dem Ruͤckgrad bis dahin, wo die Rippen aufſtehen und ſichtbar werden, weil hier die Knochen ziemlich mit Fleiſch bedeckt ſind. Nur darf es weder zu hoch am Ruͤckgra- de, noch zu niedrig an den Rippen, weder zu weit nach dem Kreuzknochen und der holen Sei- te, noch zu weit vorkommen. Man ſchor hier- auf das Haar einer Hand breit ab, machte ei- nen Schnitt in die Haut, der durch dieſelbe ge-
he,
R 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0291"n="265"/>
merkte dabey, daß die Einimpfung bey einigen<lb/>
mit mehr Gefahr, als bey andern geſchahe. Un-<lb/>
ter die letztern gehoͤren vornehmlich traͤchtige<lb/>
Stuͤcken und Kaͤlber, die noch unter einem hal-<lb/>
ben Jahre ſind. Die erſtern bringen gemeini-<lb/>
glich nach der Seuche eine unreife Frucht, fal-<lb/>
len aber meiſt durch die Krankheit geſchwaͤcht<lb/>
bey dem Kalben, wenn ſie gleich die Seuche<lb/>
uͤberſtanden haben. Daher man die Kuͤhe am<lb/>ſicherſten bald nach dem Abkalben inoculirt; die<lb/>
Einimpfung der Ochſen aber von jeglichem Alter,<lb/>
und der Kaͤlber von einem Jahre gieng allezeit<lb/>
gluͤcklich von ſtatten. Man bemerkte ferner,<lb/>
daß es bey einem ganz geſundem Stuͤcke geſche-<lb/>
hen muͤſſe, weil ſonſt, wenn es ſchon von der<lb/>
Seuche befallen iſt, die Giftmaterie nur ver-<lb/>
mehrt wird. Man darf daher nicht warten,<lb/>
bis ſchon krankes Vieh unter der Heerde iſt;<lb/>
weil dieſes ſonſt zu befuͤrchten iſt. Man nahm<lb/>
die Einimpfungsmaterie von einer gutartigen<lb/>
Seuche, vornemlich wenn der Fluß noch klar<lb/>
iſt. Man waͤhlte dazu den Ort einer guten<lb/>
Handbreit von dem Ruͤckgrad bis dahin, wo<lb/>
die Rippen aufſtehen und ſichtbar werden, weil<lb/>
hier die Knochen ziemlich mit Fleiſch bedeckt<lb/>ſind. Nur darf es weder zu hoch am Ruͤckgra-<lb/>
de, noch zu niedrig an den Rippen, weder zu<lb/>
weit nach dem Kreuzknochen und der holen Sei-<lb/>
te, noch zu weit vorkommen. Man ſchor hier-<lb/>
auf das Haar einer Hand breit ab, machte ei-<lb/>
nen Schnitt in die Haut, der durch dieſelbe ge-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">R 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">he,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[265/0291]
merkte dabey, daß die Einimpfung bey einigen
mit mehr Gefahr, als bey andern geſchahe. Un-
ter die letztern gehoͤren vornehmlich traͤchtige
Stuͤcken und Kaͤlber, die noch unter einem hal-
ben Jahre ſind. Die erſtern bringen gemeini-
glich nach der Seuche eine unreife Frucht, fal-
len aber meiſt durch die Krankheit geſchwaͤcht
bey dem Kalben, wenn ſie gleich die Seuche
uͤberſtanden haben. Daher man die Kuͤhe am
ſicherſten bald nach dem Abkalben inoculirt; die
Einimpfung der Ochſen aber von jeglichem Alter,
und der Kaͤlber von einem Jahre gieng allezeit
gluͤcklich von ſtatten. Man bemerkte ferner,
daß es bey einem ganz geſundem Stuͤcke geſche-
hen muͤſſe, weil ſonſt, wenn es ſchon von der
Seuche befallen iſt, die Giftmaterie nur ver-
mehrt wird. Man darf daher nicht warten,
bis ſchon krankes Vieh unter der Heerde iſt;
weil dieſes ſonſt zu befuͤrchten iſt. Man nahm
die Einimpfungsmaterie von einer gutartigen
Seuche, vornemlich wenn der Fluß noch klar
iſt. Man waͤhlte dazu den Ort einer guten
Handbreit von dem Ruͤckgrad bis dahin, wo
die Rippen aufſtehen und ſichtbar werden, weil
hier die Knochen ziemlich mit Fleiſch bedeckt
ſind. Nur darf es weder zu hoch am Ruͤckgra-
de, noch zu niedrig an den Rippen, weder zu
weit nach dem Kreuzknochen und der holen Sei-
te, noch zu weit vorkommen. Man ſchor hier-
auf das Haar einer Hand breit ab, machte ei-
nen Schnitt in die Haut, der durch dieſelbe ge-
he,
R 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/291>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.