tigten sich meist blos mit der Sprache, oft unbe- kannt mit den Dingen, von welchen die Alten re- deten. Es herrschte das Vorurtheil zu sehr, wel- ches der Oekonomie sehr lange schadete, als ob die Landwirthschaft einem Gelehrten unanständig sey, weil die niedrigste Klasse von Menschen, welche sich oft nicht einmal der Freyheit rühmen konnte, sich damit beschäfftigte. Indessen mußten sich doch die Gelehrten mit den Sachen näher bekannt machen, um die Sprache und das Reich der Lit- teratur zu erweitern.
Eben so wenig erhielt die Oekonomie ihre Rechte und die Stelle, die sie unter den Wissen- schaften verdient, noch daß sie wissenschaftlich von den Gelehrten wäre bearbeitet, und von den Hö- fen als eine Grundsäule des Staats angesehen und unterstützet worden.
Zwar hatte man sie, in so fern man sie eini- germaßen als Kunst oder Wissenschaft angenom- men, unter die praktische und mechanische Phi- losophie verwiesen, aber die Gelehrten dachten an nichts weniger, als daran, sie zu lehren oder zu bearbeiten. Die Verachtung drückte sie in den Augen derer, die sie hätten erheben sollen.c)
Bisher hatte die Geistlichkeit, hauptsächlich ihr Ansehen zu erheben, und dieses, so wie an-
dere
c) S. Schrebers Geschichte der Cameralwissensch. S. 10. wo er zeigt aus dem Mosheim und andern, wie die Oekonomie unter die praktische, der Acker- bau und die Jagd unter die mechanische Philoso- phie gerechnet worden.
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tigten ſich meiſt blos mit der Sprache, oft unbe- kannt mit den Dingen, von welchen die Alten re- deten. Es herrſchte das Vorurtheil zu ſehr, wel- ches der Oekonomie ſehr lange ſchadete, als ob die Landwirthſchaft einem Gelehrten unanſtaͤndig ſey, weil die niedrigſte Klaſſe von Menſchen, welche ſich oft nicht einmal der Freyheit ruͤhmen konnte, ſich damit beſchaͤfftigte. Indeſſen mußten ſich doch die Gelehrten mit den Sachen naͤher bekannt machen, um die Sprache und das Reich der Lit- teratur zu erweitern.
Eben ſo wenig erhielt die Oekonomie ihre Rechte und die Stelle, die ſie unter den Wiſſen- ſchaften verdient, noch daß ſie wiſſenſchaftlich von den Gelehrten waͤre bearbeitet, und von den Hoͤ- fen als eine Grundſaͤule des Staats angeſehen und unterſtuͤtzet worden.
Zwar hatte man ſie, in ſo fern man ſie eini- germaßen als Kunſt oder Wiſſenſchaft angenom- men, unter die praktiſche und mechaniſche Phi- loſophie verwieſen, aber die Gelehrten dachten an nichts weniger, als daran, ſie zu lehren oder zu bearbeiten. Die Verachtung druͤckte ſie in den Augen derer, die ſie haͤtten erheben ſollen.c)
Bisher hatte die Geiſtlichkeit, hauptſaͤchlich ihr Anſehen zu erheben, und dieſes, ſo wie an-
dere
c) S. Schrebers Geſchichte der Cameralwiſſenſch. S. 10. wo er zeigt aus dem Mosheim und andern, wie die Oekonomie unter die praktiſche, der Acker- bau und die Jagd unter die mechaniſche Philoſo- phie gerechnet worden.
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tigten ſich meiſt blos mit der Sprache, oft unbe-
kannt mit den Dingen, von welchen die Alten re-
deten. Es herrſchte das Vorurtheil zu ſehr, wel-
ches der Oekonomie ſehr lange ſchadete, als ob die
Landwirthſchaft einem Gelehrten unanſtaͤndig ſey,
weil die niedrigſte Klaſſe von Menſchen, welche
ſich oft nicht einmal der Freyheit ruͤhmen konnte,
ſich damit beſchaͤfftigte. Indeſſen mußten ſich
doch die Gelehrten mit den Sachen naͤher bekannt
machen, um die Sprache und das Reich der Lit-
teratur zu erweitern.
Eben ſo wenig erhielt die Oekonomie ihre
Rechte und die Stelle, die ſie unter den Wiſſen-
ſchaften verdient, noch daß ſie wiſſenſchaftlich von
den Gelehrten waͤre bearbeitet, und von den Hoͤ-
fen als eine Grundſaͤule des Staats angeſehen
und unterſtuͤtzet worden.
Zwar hatte man ſie, in ſo fern man ſie eini-
germaßen als Kunſt oder Wiſſenſchaft angenom-
men, unter die praktiſche und mechaniſche Phi-
loſophie verwieſen, aber die Gelehrten dachten an
nichts weniger, als daran, ſie zu lehren oder zu
bearbeiten. Die Verachtung druͤckte ſie in den
Augen derer, die ſie haͤtten erheben ſollen. c)
Bisher hatte die Geiſtlichkeit, hauptſaͤchlich
ihr Anſehen zu erheben, und dieſes, ſo wie an-
dere
c) S. Schrebers Geſchichte der Cameralwiſſenſch.
S. 10. wo er zeigt aus dem Mosheim und andern,
wie die Oekonomie unter die praktiſche, der Acker-
bau und die Jagd unter die mechaniſche Philoſo-
phie gerechnet worden.
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/29>, abgerufen am 22.11.2024.
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