andere Schriftsteller dieser Zeiten gedenken der Wiesencultur. Allein in Ansehung der Aus- übung im gemeinen Leben gilt nur das, was ich vorhin erinnert habe; man überließ ihn meist der Natur, bis ihn die Fürsten zu einem Ge- genstande der Policey machten, und dadurch den guten Vorschlägen ein nachdrücklicheres An- sehen gaben, und die Hindernisse zu heben an- fiengen, welche seine Verbesserung und glückli- chern Fortgang hemmten. In den ältern Zei- ten finden sich hiervon nur wenige und seltene Spuren. Vaterlandsliebe, noch mehr die Wahrheit, ruft mich in Deutschland zuerst in die sächsischen Staaten. Der große Churfürst Au- gust suchte einen vorzüglichen Vortheil der Land- wirthschaft in dem gehörigen Verhältnisse des Viehstandes gegen die Fütterung, und mußte also hierbey alle Aufmerksamkeit auf die Wie- sen wenden. Wir finden hiervon genugsame Beweise in der Geschichte seiner Bemühungen für den sächsischen Oekonomiezustand.
So ließ er, z. B. da die Bürger in Weis- sensee Mangel an Viehweide hatten, den Ober- see daselbst durch Gräben abziehen, und densel- ben auf bloßen Wiesewachs einrichten, um der Bürgerschaft daselbst und den Amtsuntertha- nen selbigen zur Beförderung der Viehzucht fürs Geld auszuthun. Es bezeugt dieses die Pachtverschreibung über dem Obersehn dem Rathe zu Weissensee eingeandtwort. Freytag nach Invocavit im J. 1561. welche sich in D.
Schre-
andere Schriftſteller dieſer Zeiten gedenken der Wieſencultur. Allein in Anſehung der Aus- uͤbung im gemeinen Leben gilt nur das, was ich vorhin erinnert habe; man uͤberließ ihn meiſt der Natur, bis ihn die Fuͤrſten zu einem Ge- genſtande der Policey machten, und dadurch den guten Vorſchlaͤgen ein nachdruͤcklicheres An- ſehen gaben, und die Hinderniſſe zu heben an- fiengen, welche ſeine Verbeſſerung und gluͤckli- chern Fortgang hemmten. In den aͤltern Zei- ten finden ſich hiervon nur wenige und ſeltene Spuren. Vaterlandsliebe, noch mehr die Wahrheit, ruft mich in Deutſchland zuerſt in die ſaͤchſiſchen Staaten. Der große Churfuͤrſt Au- guſt ſuchte einen vorzuͤglichen Vortheil der Land- wirthſchaft in dem gehoͤrigen Verhaͤltniſſe des Viehſtandes gegen die Fuͤtterung, und mußte alſo hierbey alle Aufmerkſamkeit auf die Wie- ſen wenden. Wir finden hiervon genugſame Beweiſe in der Geſchichte ſeiner Bemuͤhungen fuͤr den ſaͤchſiſchen Oekonomiezuſtand.
So ließ er, z. B. da die Buͤrger in Weiſ- ſenſee Mangel an Viehweide hatten, den Ober- ſee daſelbſt durch Graͤben abziehen, und denſel- ben auf bloßen Wieſewachs einrichten, um der Buͤrgerſchaft daſelbſt und den Amtsuntertha- nen ſelbigen zur Befoͤrderung der Viehzucht fuͤrs Geld auszuthun. Es bezeugt dieſes die Pachtverſchreibung uͤber dem Oberſehn dem Rathe zu Weiſſenſee eingeandtwort. Freytag nach Invocavit im J. 1561. welche ſich in D.
Schre-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0197"n="171"/>
andere Schriftſteller dieſer Zeiten gedenken der<lb/>
Wieſencultur. Allein in Anſehung der Aus-<lb/>
uͤbung im gemeinen Leben gilt nur das, was<lb/>
ich vorhin erinnert habe; man uͤberließ ihn meiſt<lb/>
der Natur, bis ihn die Fuͤrſten zu einem Ge-<lb/>
genſtande der Policey machten, und dadurch<lb/>
den guten Vorſchlaͤgen ein nachdruͤcklicheres An-<lb/>ſehen gaben, und die Hinderniſſe zu heben an-<lb/>
fiengen, welche ſeine Verbeſſerung und gluͤckli-<lb/>
chern Fortgang hemmten. In den aͤltern Zei-<lb/>
ten finden ſich hiervon nur wenige und ſeltene<lb/>
Spuren. Vaterlandsliebe, noch mehr die<lb/>
Wahrheit, ruft mich in Deutſchland zuerſt in die<lb/>ſaͤchſiſchen Staaten. Der große Churfuͤrſt Au-<lb/>
guſt ſuchte einen vorzuͤglichen Vortheil der Land-<lb/>
wirthſchaft in dem gehoͤrigen Verhaͤltniſſe des<lb/>
Viehſtandes gegen die Fuͤtterung, und mußte<lb/>
alſo hierbey alle Aufmerkſamkeit auf die Wie-<lb/>ſen wenden. Wir finden hiervon genugſame<lb/>
Beweiſe in der Geſchichte ſeiner Bemuͤhungen<lb/>
fuͤr den ſaͤchſiſchen Oekonomiezuſtand.</p><lb/><p>So ließ er, z. B. da die Buͤrger in Weiſ-<lb/>ſenſee Mangel an Viehweide hatten, den Ober-<lb/>ſee daſelbſt durch Graͤben abziehen, und denſel-<lb/>
ben auf bloßen Wieſewachs einrichten, um der<lb/>
Buͤrgerſchaft daſelbſt und den Amtsuntertha-<lb/>
nen ſelbigen zur Befoͤrderung der Viehzucht<lb/>
fuͤrs Geld auszuthun. Es bezeugt dieſes die<lb/>
Pachtverſchreibung uͤber dem Oberſehn dem<lb/>
Rathe zu Weiſſenſee eingeandtwort. Freytag<lb/>
nach Invocavit im J. 1561. welche ſich in D.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Schre-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[171/0197]
andere Schriftſteller dieſer Zeiten gedenken der
Wieſencultur. Allein in Anſehung der Aus-
uͤbung im gemeinen Leben gilt nur das, was
ich vorhin erinnert habe; man uͤberließ ihn meiſt
der Natur, bis ihn die Fuͤrſten zu einem Ge-
genſtande der Policey machten, und dadurch
den guten Vorſchlaͤgen ein nachdruͤcklicheres An-
ſehen gaben, und die Hinderniſſe zu heben an-
fiengen, welche ſeine Verbeſſerung und gluͤckli-
chern Fortgang hemmten. In den aͤltern Zei-
ten finden ſich hiervon nur wenige und ſeltene
Spuren. Vaterlandsliebe, noch mehr die
Wahrheit, ruft mich in Deutſchland zuerſt in die
ſaͤchſiſchen Staaten. Der große Churfuͤrſt Au-
guſt ſuchte einen vorzuͤglichen Vortheil der Land-
wirthſchaft in dem gehoͤrigen Verhaͤltniſſe des
Viehſtandes gegen die Fuͤtterung, und mußte
alſo hierbey alle Aufmerkſamkeit auf die Wie-
ſen wenden. Wir finden hiervon genugſame
Beweiſe in der Geſchichte ſeiner Bemuͤhungen
fuͤr den ſaͤchſiſchen Oekonomiezuſtand.
So ließ er, z. B. da die Buͤrger in Weiſ-
ſenſee Mangel an Viehweide hatten, den Ober-
ſee daſelbſt durch Graͤben abziehen, und denſel-
ben auf bloßen Wieſewachs einrichten, um der
Buͤrgerſchaft daſelbſt und den Amtsuntertha-
nen ſelbigen zur Befoͤrderung der Viehzucht
fuͤrs Geld auszuthun. Es bezeugt dieſes die
Pachtverſchreibung uͤber dem Oberſehn dem
Rathe zu Weiſſenſee eingeandtwort. Freytag
nach Invocavit im J. 1561. welche ſich in D.
Schre-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/197>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.