Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.da alle Welt wußte, wie groß sein Einfluß bei Flemming war, 1) Rulhiere II, 292: "Cet homme a qui il etait indifferent
de plaire, ou plutot qui se faisait un plaisir malin de l'ironie et de l'injure, devenu le dispensateur de tous les bienfaits, choquait ceux memes, qu'il obligeait." da alle Welt wußte, wie groß ſein Einfluß bei Flemming war, 1) Rulhiere II, 292: „Cet homme à qui il était indifferent
de plaire, ou plutot qui se faisait un plaisir malin de l’ironie et de l’injure, devenu le dispensateur de tous les bienfaits, choquait ceux mêmes, qu’il obligeait.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0066" n="52"/> da alle Welt wußte, wie groß ſein Einfluß bei Flemming war,<lb/> ließen gar viele ſich dieſen Ton von ihm gefallen. Selbſt-<lb/> ſtändig geworden, behielt er ihn bei. Er betrachtete es faſt<lb/> als ſein Recht, jedermann, ſelbſt denen, welchen er wohl-<lb/> wollte und wohlthat, rückſichtslos die Wahrheit, ſei es un-<lb/> geſchminkt, ſei es ironiſch oder ſarcaſtiſch zu ſagen <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Rulhiere</hi> II, 292: „Cet homme à qui il était indifferent<lb/> de plaire, ou plutot qui se faisait un plaisir malin de l’ironie et de<lb/> l’injure, devenu le dispensateur de tous les bienfaits, choquait ceux<lb/> mêmes, qu’il obligeait.“</hi></note>. Begreif-<lb/> lich verletzte er dadurch viele aufs tiefſte; aber im ganzen<lb/> und großen ließ man ihm ſeine Art und Weiſe durchgehen,<lb/> und zuletzt ſahen er und viele andere in ihr eine catoniſche<lb/> Tugend, zumal er für ſein Amt und ſeine Stellung in der<lb/> That die größte Begabung beſaß. In der Kenntniß des pol-<lb/> niſchen Staats- und Civilrechtes übertraf ihn kein Anderer;<lb/> mit großer Geduld hörte er die Partheien, und ſein Urtheil<lb/> war raſch und treffend. Bei der Beſetzung der Tribunale,<lb/> Ämter und Staroſteien wußte er die fähigſten und geeignetſten<lb/> Männer herauszufinden und ſo weit ſein Einfluß reichte wählen<lb/> zu laſſen. Er nahm dabei wenig Rückſicht, aus welchen Fa-<lb/> milien, vornehmern oder geringern, die Leute ſtammten, und<lb/> wählte mitunter auch ſolche aus, welche durch Geburt oder<lb/> Verhältniſſe zu der Parthei ſeiner politiſchen Gegner gerechnet<lb/> wurden. Freilich war er dabei ſo vorſichtig, daß ſolche nicht<lb/> durch ihre Zahl ſeinen Plänen hinderlich werden konnten;<lb/> immer aber gewann er hiedurch den Ruhm der Unpartheilich-<lb/> keit und vermehrte zugleich ſeiner Anhänger Zahl. Zum Par-<lb/> theiführer war er überhaupt wie geboren. Er ſcheute keine<lb/> körperliche und geiſtige Anſtrengung, und verfolgte mit der<lb/> zäheſten Ausdauer ſeine Pläne und Ziele. Bevor ihn Alter<lb/> und Mißgeſchick nicht in ſeiner Kraft geſchwächt, verlor er nie<lb/> die Hoffnung des Gelingens; auch wenn es nicht gut ging,<lb/> ſah er immer die beſſere Seite der Dinge und hielt ſich an<lb/> ſie. Niemand verſtand es beſſer wie er, auf den Landtagen<lb/> mit dem Adel umzugehen. Mit ſeiner Heiterkeit und ſeinem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [52/0066]
da alle Welt wußte, wie groß ſein Einfluß bei Flemming war,
ließen gar viele ſich dieſen Ton von ihm gefallen. Selbſt-
ſtändig geworden, behielt er ihn bei. Er betrachtete es faſt
als ſein Recht, jedermann, ſelbſt denen, welchen er wohl-
wollte und wohlthat, rückſichtslos die Wahrheit, ſei es un-
geſchminkt, ſei es ironiſch oder ſarcaſtiſch zu ſagen 1). Begreif-
lich verletzte er dadurch viele aufs tiefſte; aber im ganzen
und großen ließ man ihm ſeine Art und Weiſe durchgehen,
und zuletzt ſahen er und viele andere in ihr eine catoniſche
Tugend, zumal er für ſein Amt und ſeine Stellung in der
That die größte Begabung beſaß. In der Kenntniß des pol-
niſchen Staats- und Civilrechtes übertraf ihn kein Anderer;
mit großer Geduld hörte er die Partheien, und ſein Urtheil
war raſch und treffend. Bei der Beſetzung der Tribunale,
Ämter und Staroſteien wußte er die fähigſten und geeignetſten
Männer herauszufinden und ſo weit ſein Einfluß reichte wählen
zu laſſen. Er nahm dabei wenig Rückſicht, aus welchen Fa-
milien, vornehmern oder geringern, die Leute ſtammten, und
wählte mitunter auch ſolche aus, welche durch Geburt oder
Verhältniſſe zu der Parthei ſeiner politiſchen Gegner gerechnet
wurden. Freilich war er dabei ſo vorſichtig, daß ſolche nicht
durch ihre Zahl ſeinen Plänen hinderlich werden konnten;
immer aber gewann er hiedurch den Ruhm der Unpartheilich-
keit und vermehrte zugleich ſeiner Anhänger Zahl. Zum Par-
theiführer war er überhaupt wie geboren. Er ſcheute keine
körperliche und geiſtige Anſtrengung, und verfolgte mit der
zäheſten Ausdauer ſeine Pläne und Ziele. Bevor ihn Alter
und Mißgeſchick nicht in ſeiner Kraft geſchwächt, verlor er nie
die Hoffnung des Gelingens; auch wenn es nicht gut ging,
ſah er immer die beſſere Seite der Dinge und hielt ſich an
ſie. Niemand verſtand es beſſer wie er, auf den Landtagen
mit dem Adel umzugehen. Mit ſeiner Heiterkeit und ſeinem
1) Rulhiere II, 292: „Cet homme à qui il était indifferent
de plaire, ou plutot qui se faisait un plaisir malin de l’ironie et de
l’injure, devenu le dispensateur de tous les bienfaits, choquait ceux
mêmes, qu’il obligeait.“
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