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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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-- bei seiner Rückkehr nach Polen war er etwa 42 Jahre
alt -- von vielseitiger Lebenserfahrung, im Kriegswesen und
den großen Geschäften überhaupt geübt, dazu redlich, offen, zu-
verläßig, thätig und heiter, stieg er rasch auf der Stufenleiter
der Ämter empor. Bereits 1724 ward er Schatzmeister von
Lithauen und General der Krongarde; vier Jahre später wollte
ihn der König zum Großfeldherrn der Krone erheben, stand
aber hievon in Folge des Widerspruchs der Sapieha, Radzivil,
Lubomirski und Potocki ab, welche letzteren, da fast immer einer
ihrer Familie Großfeldherr gewesen war, den Feldherrnstab
(bulawa) gewissermaßen als einen Familienbesitz zu betrachten
sich gewöhnt hatten und wie alle anderen mit Stolz auf den
Emporkömmling herabsahen 1). Der König ließ damals das
Amt unbesetzt, ernannte aber Poniatowski zum General-Regi-
mentarius der Armee, und erhob ihn im Jahre 1731 zum
Woiwoden von Masowien und als solchen zum Mitgliede des
Senats 2). Wie viel er bei seinem Emporsteigen seiner Heirath

faisant la guerre me demanda au seigneur a qui j'etais attache: de
puis ce temps ma fortune fut de lui plaire, mon devoir de le servir:
aujourd'hui que sa mort me rend a moi meme je ne reconnais plus
d'autre maitre que votre Majeste.' Le Roi le pressant entre ses
bras, lui repondit: ,C'est un grand bonheur d'etre servi par un homme
tel que vous' et depuis ce moment, il le combla constamment de
bienfaits."
1) Vgl. Szujski IV, p. 284--287.
2) Die Characteristik ist den Denkwürdigkeiten des Sohnes, des Königs
(p. 67) entnommen. In Betreff der Ämter s. Lengnich, Geschichte des
poln. Preußens IX, S. 349--370; und Bartoszewicz a. a. O. --
Der General war in der That ein homo novus, der durch seine eigne
Tüchtigkeit emporgestiegen war. Über seine Vorfahren haben wir nur Ge-
rüchte und Sagen. Rulhiere I, p. 196 erzählt, sein Vater sei ein
Bastard eines Sapieha und Verwalter auf einem der vielen Güter dieser
Familie gewesen, welche den Sohn erziehen ließ, ihn als Pagen mit auf
Reisen ins Ausland nahm und ihn schließlich mit einer Sendung an
Karl XII. betraute, durch welche Poniatowski zuerst mit ersterem in per-
sönliche Berührung gekommen sei. Fast dieselbe Erzählung, nur mit dem
Unterschiede, daß die Sapieha nicht mit Namen genannt sind, und von
dem Makel der Geburt keine Rede ist, finden wir noch in Adam
Mickiewicz
, Vorlesungen über slawische Literatur und Zustände. Leipzig
3*

— bei ſeiner Rückkehr nach Polen war er etwa 42 Jahre
alt — von vielſeitiger Lebenserfahrung, im Kriegsweſen und
den großen Geſchäften überhaupt geübt, dazu redlich, offen, zu-
verläßig, thätig und heiter, ſtieg er raſch auf der Stufenleiter
der Ämter empor. Bereits 1724 ward er Schatzmeiſter von
Lithauen und General der Krongarde; vier Jahre ſpäter wollte
ihn der König zum Großfeldherrn der Krone erheben, ſtand
aber hievon in Folge des Widerſpruchs der Sapieha, Radzivil,
Lubomirski und Potocki ab, welche letzteren, da faſt immer einer
ihrer Familie Großfeldherr geweſen war, den Feldherrnſtab
(bulawa) gewiſſermaßen als einen Familienbeſitz zu betrachten
ſich gewöhnt hatten und wie alle anderen mit Stolz auf den
Emporkömmling herabſahen 1). Der König ließ damals das
Amt unbeſetzt, ernannte aber Poniatowski zum General-Regi-
mentarius der Armee, und erhob ihn im Jahre 1731 zum
Woiwoden von Maſowien und als ſolchen zum Mitgliede des
Senats 2). Wie viel er bei ſeinem Emporſteigen ſeiner Heirath

faisant la guerre me demanda au seigneur à qui j’étais attaché: de
puis ce temps ma fortune fut de lui plaire, mon devoir de le servir:
aujourd’hui que sa mort me rend à moi même je ne reconnais plus
d’autre maitre que votre Majesté.‘ Le Roi le pressant entre ses
bras, lui repondit: ‚C’est un grand bonheur d’être servi par un homme
tel que vous‘ et depuis ce moment, il le combla constamment de
bienfaits.“
1) Vgl. Szujski IV, p. 284—287.
2) Die Characteriſtik iſt den Denkwürdigkeiten des Sohnes, des Königs
(p. 67) entnommen. In Betreff der Ämter ſ. Lengnich, Geſchichte des
poln. Preußens IX, S. 349—370; und Bartoszewicz a. a. O. —
Der General war in der That ein homo novus, der durch ſeine eigne
Tüchtigkeit emporgeſtiegen war. Über ſeine Vorfahren haben wir nur Ge-
rüchte und Sagen. Rulhiere I, p. 196 erzählt, ſein Vater ſei ein
Baſtard eines Sapieha und Verwalter auf einem der vielen Güter dieſer
Familie geweſen, welche den Sohn erziehen ließ, ihn als Pagen mit auf
Reiſen ins Ausland nahm und ihn ſchließlich mit einer Sendung an
Karl XII. betraute, durch welche Poniatowski zuerſt mit erſterem in per-
ſönliche Berührung gekommen ſei. Faſt dieſelbe Erzählung, nur mit dem
Unterſchiede, daß die Sapieha nicht mit Namen genannt ſind, und von
dem Makel der Geburt keine Rede iſt, finden wir noch in Adam
Mickiewicz
, Vorleſungen über ſlawiſche Literatur und Zuſtände. Leipzig
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[35/0049] — bei ſeiner Rückkehr nach Polen war er etwa 42 Jahre alt — von vielſeitiger Lebenserfahrung, im Kriegsweſen und den großen Geſchäften überhaupt geübt, dazu redlich, offen, zu- verläßig, thätig und heiter, ſtieg er raſch auf der Stufenleiter der Ämter empor. Bereits 1724 ward er Schatzmeiſter von Lithauen und General der Krongarde; vier Jahre ſpäter wollte ihn der König zum Großfeldherrn der Krone erheben, ſtand aber hievon in Folge des Widerſpruchs der Sapieha, Radzivil, Lubomirski und Potocki ab, welche letzteren, da faſt immer einer ihrer Familie Großfeldherr geweſen war, den Feldherrnſtab (bulawa) gewiſſermaßen als einen Familienbeſitz zu betrachten ſich gewöhnt hatten und wie alle anderen mit Stolz auf den Emporkömmling herabſahen 1). Der König ließ damals das Amt unbeſetzt, ernannte aber Poniatowski zum General-Regi- mentarius der Armee, und erhob ihn im Jahre 1731 zum Woiwoden von Maſowien und als ſolchen zum Mitgliede des Senats 2). Wie viel er bei ſeinem Emporſteigen ſeiner Heirath 3) 1) Vgl. Szujski IV, p. 284—287. 2) Die Characteriſtik iſt den Denkwürdigkeiten des Sohnes, des Königs (p. 67) entnommen. In Betreff der Ämter ſ. Lengnich, Geſchichte des poln. Preußens IX, S. 349—370; und Bartoszewicz a. a. O. — Der General war in der That ein homo novus, der durch ſeine eigne Tüchtigkeit emporgeſtiegen war. Über ſeine Vorfahren haben wir nur Ge- rüchte und Sagen. Rulhiere I, p. 196 erzählt, ſein Vater ſei ein Baſtard eines Sapieha und Verwalter auf einem der vielen Güter dieſer Familie geweſen, welche den Sohn erziehen ließ, ihn als Pagen mit auf Reiſen ins Ausland nahm und ihn ſchließlich mit einer Sendung an Karl XII. betraute, durch welche Poniatowski zuerſt mit erſterem in per- ſönliche Berührung gekommen ſei. Faſt dieſelbe Erzählung, nur mit dem Unterſchiede, daß die Sapieha nicht mit Namen genannt ſind, und von dem Makel der Geburt keine Rede iſt, finden wir noch in Adam Mickiewicz, Vorleſungen über ſlawiſche Literatur und Zuſtände. Leipzig 3) faisant la guerre me demanda au seigneur à qui j’étais attaché: de puis ce temps ma fortune fut de lui plaire, mon devoir de le servir: aujourd’hui que sa mort me rend à moi même je ne reconnais plus d’autre maitre que votre Majesté.‘ Le Roi le pressant entre ses bras, lui repondit: ‚C’est un grand bonheur d’être servi par un homme tel que vous‘ et depuis ce moment, il le combla constamment de bienfaits.“ 3*

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/49>, abgerufen am 23.04.2024.