hätten, und bat, indem er sich zu allem erbot, was sich mit den wohlerworbnen Rechten seines Sohnes nur irgend ver- einigen ließe, um die "großmüthigen Absichten" der Kaiserin gegen die Familie Biron zu fördern, es möchte seinem väter- lichen Herzen jene Zumuthung erspart werden. Die Kaiserin erklärte, sie könne die Erhebung des Prinzen Karl nicht für rechtmäßig anerkennen, weil sie nur auf das Gutachten eines Senatconsiliums und nicht in Folge eines Beschlusses des Reichstages stattgefunden habe. Ihr Gesandter berief sich dabei wiederum auf die Mediationsacte von 1716, nach welcher Ruß- land nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht habe, die Rechte und Freiheiten der Republik, die durch jene Erhebung verletzt wären, zu schützen. In der That fehlte es auf beiden Seiten an Rechtsgründen nicht, die sich für die eine und die andre Auffassung geltend machen ließen. Das Entscheidende aber war wie immer die Macht. Was konnten König August und sein Sohn den in Kurland einrückenden russischen Truppen entgegenstellen? Wie einmal die Lage der Dinge in Polen war, konnte niemand auch nur entfernt den Gedanken hegen, einen Beschluß des Reichstags für eine Kriegserklärung gegen Rußland zu Stande zu bringen.
Zu dieser Bedrängniß von auswärts gesellte sich für Brühl gleichzeitig eine innere. Er hatte es nachgerade mit allen Par- theien verdorben; die Czartoryski hatte er von sich gestoßen, die "Patrioten" dann wieder durch seine Verbindung mit Rußland sich entfremdet; die Masse des Adels war durch all' die Kalamitäten, unter welchen, mit oder ohne seine Schuld, das Land während des Kriegs gelitten hatte, verstimmt und gereizt. Auf den Landtagen ging es bei der Wahl der Land- boten in gewohnter tumultuarischer Weise zu. Sehr viele wurden, ohne daß es zu einer Wahl kam, zerrissen, wobei es an Verwundungen und Todschlägen, namentlich in Plock und Zakroczyn, nicht fehlte 1); wo aber die Wahlen zustandekamen, unterlag die Parthei des Hofes fast überall. Brühl gestand
1)Stolterfoth a. a. O., S. 804.
hätten, und bat, indem er ſich zu allem erbot, was ſich mit den wohlerworbnen Rechten ſeines Sohnes nur irgend ver- einigen ließe, um die „großmüthigen Abſichten“ der Kaiſerin gegen die Familie Biron zu fördern, es möchte ſeinem väter- lichen Herzen jene Zumuthung erſpart werden. Die Kaiſerin erklärte, ſie könne die Erhebung des Prinzen Karl nicht für rechtmäßig anerkennen, weil ſie nur auf das Gutachten eines Senatconſiliums und nicht in Folge eines Beſchluſſes des Reichstages ſtattgefunden habe. Ihr Geſandter berief ſich dabei wiederum auf die Mediationsacte von 1716, nach welcher Ruß- land nicht nur das Recht, ſondern auch die Pflicht habe, die Rechte und Freiheiten der Republik, die durch jene Erhebung verletzt wären, zu ſchützen. In der That fehlte es auf beiden Seiten an Rechtsgründen nicht, die ſich für die eine und die andre Auffaſſung geltend machen ließen. Das Entſcheidende aber war wie immer die Macht. Was konnten König Auguſt und ſein Sohn den in Kurland einrückenden ruſſiſchen Truppen entgegenſtellen? Wie einmal die Lage der Dinge in Polen war, konnte niemand auch nur entfernt den Gedanken hegen, einen Beſchluß des Reichstags für eine Kriegserklärung gegen Rußland zu Stande zu bringen.
Zu dieſer Bedrängniß von auswärts geſellte ſich für Brühl gleichzeitig eine innere. Er hatte es nachgerade mit allen Par- theien verdorben; die Czartoryski hatte er von ſich geſtoßen, die „Patrioten“ dann wieder durch ſeine Verbindung mit Rußland ſich entfremdet; die Maſſe des Adels war durch all’ die Kalamitäten, unter welchen, mit oder ohne ſeine Schuld, das Land während des Kriegs gelitten hatte, verſtimmt und gereizt. Auf den Landtagen ging es bei der Wahl der Land- boten in gewohnter tumultuariſcher Weiſe zu. Sehr viele wurden, ohne daß es zu einer Wahl kam, zerriſſen, wobei es an Verwundungen und Todſchlägen, namentlich in Plock und Zakroczyn, nicht fehlte 1); wo aber die Wahlen zuſtandekamen, unterlag die Parthei des Hofes faſt überall. Brühl geſtand
1)Stolterfoth a. a. O., S. 804.
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hätten, und bat, indem er ſich zu allem erbot, was ſich mit
den wohlerworbnen Rechten ſeines Sohnes nur irgend ver-
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gegen die Familie Biron zu fördern, es möchte ſeinem väter-
lichen Herzen jene Zumuthung erſpart werden. Die Kaiſerin
erklärte, ſie könne die Erhebung des Prinzen Karl nicht für
rechtmäßig anerkennen, weil ſie nur auf das Gutachten eines
Senatconſiliums und nicht in Folge eines Beſchluſſes des
Reichstages ſtattgefunden habe. Ihr Geſandter berief ſich dabei
wiederum auf die Mediationsacte von 1716, nach welcher Ruß-
land nicht nur das Recht, ſondern auch die Pflicht habe, die
Rechte und Freiheiten der Republik, die durch jene Erhebung
verletzt wären, zu ſchützen. In der That fehlte es auf beiden
Seiten an Rechtsgründen nicht, die ſich für die eine und die
andre Auffaſſung geltend machen ließen. Das Entſcheidende
aber war wie immer die Macht. Was konnten König Auguſt
und ſein Sohn den in Kurland einrückenden ruſſiſchen Truppen
entgegenſtellen? Wie einmal die Lage der Dinge in Polen
war, konnte niemand auch nur entfernt den Gedanken hegen,
einen Beſchluß des Reichstags für eine Kriegserklärung gegen
Rußland zu Stande zu bringen.
Zu dieſer Bedrängniß von auswärts geſellte ſich für Brühl
gleichzeitig eine innere. Er hatte es nachgerade mit allen Par-
theien verdorben; die Czartoryski hatte er von ſich geſtoßen,
die „Patrioten“ dann wieder durch ſeine Verbindung mit
Rußland ſich entfremdet; die Maſſe des Adels war durch all’
die Kalamitäten, unter welchen, mit oder ohne ſeine Schuld,
das Land während des Kriegs gelitten hatte, verſtimmt und
gereizt. Auf den Landtagen ging es bei der Wahl der Land-
boten in gewohnter tumultuariſcher Weiſe zu. Sehr viele
wurden, ohne daß es zu einer Wahl kam, zerriſſen, wobei es
an Verwundungen und Todſchlägen, namentlich in Plock und
Zakroczyn, nicht fehlte 1); wo aber die Wahlen zuſtandekamen,
unterlag die Parthei des Hofes faſt überall. Brühl geſtand
1) Stolterfoth a. a. O., S. 804.
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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/170>, abgerufen am 23.07.2024.
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