Rußland konnte daher durch keine Rivalität einer anderen Macht dort gestört, über ein Menschenalter hindurch seinen Einfluß stätig zur Geltung bringen, tiefer begründen, weiter ausbreiten. Der König August III., geistig gering begabt, von schwachem, fast indolentem Character, bot selbst hiezu willig die Hand. Wie er Rußland und Östreich seine Krone ver- dankte, so blieb er auch mit ihnen in enger Verbindung. Von seinen sächsischen Interessen bestimmt, ward auch er ein Gegner Friedrichs II., schloß sich dem großen Bunde gegen diesen an, und nahm als Kurfürst von Sachsen an dem siebenjährigen Kriege Theil, während die Republik selbst mit Preußen im Frieden blieb. Aber sie litt es, daß die russischen Heere zur Bekämpfung des großen Königs nicht nur durch ihr Gebiet zogen, sondern auch auf diesem ihre Standquartiere hatten, Lieferungen ausschrieben, Magazine errichteten, mit einem Wort sich im Einverständniß mit dem Könige als Herren des Landes benahmen, während August, durch Friedrich aus seinem Erb- lande vertrieben, seiner sächsischen Einkünfte und Armee be- raubt, nur unter dem Schutz der Russen sicher in Warschau saß.
Und nicht allein seine auswärtige Politik hielt ihn in der Abhängigkeit von Rußland fest: auch in seiner ganzen Lage und Stellung zur inneren Regierung Polens konnte er kaum einer auswärtigen Hilfe und Stütze entbehren. Die Ohnmacht der polnischen Krone in diesen Zeiten ist weltbekannt. Zwar war der König noch immer, wie man sich auszudrücken liebte, "der Quell aller Gnaden", d.h. er vergab noch immer nach seinem Ermessen und Belieben nicht nur die großen Kronämter, welche wie Kanzler, Schatzmeister, Feldherren an der Spitze der Justiz, der Finanzen und der Armee standen; nicht nur die Erzbis- thümer, Bisthümer und größeren Abteien, sondern auch die Palatinate, die Kastellaneien, Starosteien und eine Masse ge- ringerer Ämter und Würden. Ihre Inhaber waren die Träger, die Organe der öffentlichen Gewalt; sie gaben, da sie in der Regel mit Landgütern reich ausgestattet waren, dem, der sie davontrug, je nach dem Verhältniß ihrer Rangord- nung Einkommen und Ansehen, Einfluß und Macht im Lande,
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Rußland konnte daher durch keine Rivalität einer anderen Macht dort geſtört, über ein Menſchenalter hindurch ſeinen Einfluß ſtätig zur Geltung bringen, tiefer begründen, weiter ausbreiten. Der König Auguſt III., geiſtig gering begabt, von ſchwachem, faſt indolentem Character, bot ſelbſt hiezu willig die Hand. Wie er Rußland und Öſtreich ſeine Krone ver- dankte, ſo blieb er auch mit ihnen in enger Verbindung. Von ſeinen ſächſiſchen Intereſſen beſtimmt, ward auch er ein Gegner Friedrichs II., ſchloß ſich dem großen Bunde gegen dieſen an, und nahm als Kurfürſt von Sachſen an dem ſiebenjährigen Kriege Theil, während die Republik ſelbſt mit Preußen im Frieden blieb. Aber ſie litt es, daß die ruſſiſchen Heere zur Bekämpfung des großen Königs nicht nur durch ihr Gebiet zogen, ſondern auch auf dieſem ihre Standquartiere hatten, Lieferungen ausſchrieben, Magazine errichteten, mit einem Wort ſich im Einverſtändniß mit dem Könige als Herren des Landes benahmen, während Auguſt, durch Friedrich aus ſeinem Erb- lande vertrieben, ſeiner ſächſiſchen Einkünfte und Armee be- raubt, nur unter dem Schutz der Ruſſen ſicher in Warſchau ſaß.
Und nicht allein ſeine auswärtige Politik hielt ihn in der Abhängigkeit von Rußland feſt: auch in ſeiner ganzen Lage und Stellung zur inneren Regierung Polens konnte er kaum einer auswärtigen Hilfe und Stütze entbehren. Die Ohnmacht der polniſchen Krone in dieſen Zeiten iſt weltbekannt. Zwar war der König noch immer, wie man ſich auszudrücken liebte, „der Quell aller Gnaden“, d.h. er vergab noch immer nach ſeinem Ermeſſen und Belieben nicht nur die großen Kronämter, welche wie Kanzler, Schatzmeiſter, Feldherren an der Spitze der Juſtiz, der Finanzen und der Armee ſtanden; nicht nur die Erzbis- thümer, Bisthümer und größeren Abteien, ſondern auch die Palatinate, die Kaſtellaneien, Staroſteien und eine Maſſe ge- ringerer Ämter und Würden. Ihre Inhaber waren die Träger, die Organe der öffentlichen Gewalt; ſie gaben, da ſie in der Regel mit Landgütern reich ausgeſtattet waren, dem, der ſie davontrug, je nach dem Verhältniß ihrer Rangord- nung Einkommen und Anſehen, Einfluß und Macht im Lande,
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Rußland konnte daher durch keine Rivalität einer anderen
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ſchwachem, faſt indolentem Character, bot ſelbſt hiezu willig
die Hand. Wie er Rußland und Öſtreich ſeine Krone ver-
dankte, ſo blieb er auch mit ihnen in enger Verbindung. Von
ſeinen ſächſiſchen Intereſſen beſtimmt, ward auch er ein Gegner
Friedrichs II., ſchloß ſich dem großen Bunde gegen dieſen an,
und nahm als Kurfürſt von Sachſen an dem ſiebenjährigen
Kriege Theil, während die Republik ſelbſt mit Preußen im
Frieden blieb. Aber ſie litt es, daß die ruſſiſchen Heere zur
Bekämpfung des großen Königs nicht nur durch ihr Gebiet
zogen, ſondern auch auf dieſem ihre Standquartiere hatten,
Lieferungen ausſchrieben, Magazine errichteten, mit einem Wort
ſich im Einverſtändniß mit dem Könige als Herren des Landes
benahmen, während Auguſt, durch Friedrich aus ſeinem Erb-
lande vertrieben, ſeiner ſächſiſchen Einkünfte und Armee be-
raubt, nur unter dem Schutz der Ruſſen ſicher in Warſchau ſaß.
Und nicht allein ſeine auswärtige Politik hielt ihn in der
Abhängigkeit von Rußland feſt: auch in ſeiner ganzen Lage
und Stellung zur inneren Regierung Polens konnte er kaum
einer auswärtigen Hilfe und Stütze entbehren. Die Ohnmacht
der polniſchen Krone in dieſen Zeiten iſt weltbekannt. Zwar
war der König noch immer, wie man ſich auszudrücken liebte,
„der Quell aller Gnaden“, d.h. er vergab noch immer nach ſeinem
Ermeſſen und Belieben nicht nur die großen Kronämter, welche
wie Kanzler, Schatzmeiſter, Feldherren an der Spitze der Juſtiz,
der Finanzen und der Armee ſtanden; nicht nur die Erzbis-
thümer, Bisthümer und größeren Abteien, ſondern auch die
Palatinate, die Kaſtellaneien, Staroſteien und eine Maſſe ge-
ringerer Ämter und Würden. Ihre Inhaber waren die
Träger, die Organe der öffentlichen Gewalt; ſie gaben, da ſie
in der Regel mit Landgütern reich ausgeſtattet waren, dem,
der ſie davontrug, je nach dem Verhältniß ihrer Rangord-
nung Einkommen und Anſehen, Einfluß und Macht im Lande,
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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/17>, abgerufen am 16.07.2024.
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