Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.den Ein- und Durchmarsch seiner Truppen. Noch vor Aus- 1) Szczebalski nach Weymarns Bericht vom 5. August 1756.
den Ein- und Durchmarſch ſeiner Truppen. Noch vor Aus- 1) Szczebalski nach Weymarns Bericht vom 5. Auguſt 1756.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0128" n="114"/> den Ein- und Durchmarſch ſeiner Truppen. Noch vor Aus-<lb/> bruch des Krieges, im Juni 1756, kam der General von<lb/> Weimarn nach Polen. Er hatte den Auftrag, den Führern<lb/> der ruſſiſchen Parthei perſönlich Mittheilung über die Abſichten<lb/> Rußlands zu machen, andern einflußreichen Perſönlichkeiten<lb/> Briefe zu ſenden, welche theils die Unterſchrift der Kaiſerin<lb/> ſelbſt, theils die des Großkanzlers Beſtucheff trugen; noch<lb/> andre Schreiben, welche ihm ohne Adreſſe mitgegeben wurden,<lb/> ſollte er denjenigen zukommen laſſen, welche ihm die Czartoryski<lb/> bezeichnen würden. Der General, deſſen Inſtruction ihn unter<lb/> andern auch anwies, auf eine gegenſeitige Annäherung und Ver-<lb/> ſtändigung der Partheien in Polen zu wirken, beſuchte zuerſt die<lb/> Wittwe des Woiwoden von Nowogrodeck, Fürſtin Radzivil.<lb/> Eine Ausſöhnung ihrer Familie mit den Czartoryski erklärte<lb/> ſie für außerordentlich ſchwer, wohl aber das Bündniß Polens<lb/> mit Rußland für die Grundlage des Wohles der Republik <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Szczebalski</hi> nach Weymarns Bericht vom 5. Auguſt 1756.</note>.<lb/> Von hier reiſte Weymarn nach Warſchau, um ſich mit dem<lb/> Kronkanzler Malachowski zu beſprechen, und fuhr dann nach<lb/> Pulawy, wo er beide Brüder Czartoryski traf. Sie nahmen<lb/> die Briefe der Kaiſerin mit der größten Ehrerbietung und<lb/> Dankbarkeit auf. „Dieſes Zeichen der höchſten Gunſt und des<lb/> Wohlwollens einer ſo großen, über Alle erhabnen Kaiſerin“, ſagte<lb/> Auguſt Czartoryski, „werde in ihrer Familie durch alle Jahr-<lb/> hunderte heilig bewahrt werden.“ Die Beſprechungen, über welche<lb/> der General in einer ſehr umfangreichen Depeſche vom 18. Sep-<lb/> tember berichtete, dauerten mehrere Tage. Gleich nach den<lb/> erſten Eröffnungen ſeinerſeits machten ihm die Czartoryski den<lb/> Vorſchlag, ihm einen Bericht über die Lage Polens an die<lb/> Kaiſerin in die Feder zu dictiren, welchen er durch einen ſichern<lb/> Courier abſenden ſolle. Jedes Wort, ſagten ſie, müſſe dabei<lb/> genau erwogen und das größte Geheimniß beobachtet werden.<lb/> Weymarn ging hierauf ein. Im Eingange zu dieſem Bericht,<lb/> welcher der Depeſche vom 18. September beiliegt, wird aus-<lb/> geführt, daß der Einfluß Rußlands in Polen zum Schaden<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [114/0128]
den Ein- und Durchmarſch ſeiner Truppen. Noch vor Aus-
bruch des Krieges, im Juni 1756, kam der General von
Weimarn nach Polen. Er hatte den Auftrag, den Führern
der ruſſiſchen Parthei perſönlich Mittheilung über die Abſichten
Rußlands zu machen, andern einflußreichen Perſönlichkeiten
Briefe zu ſenden, welche theils die Unterſchrift der Kaiſerin
ſelbſt, theils die des Großkanzlers Beſtucheff trugen; noch
andre Schreiben, welche ihm ohne Adreſſe mitgegeben wurden,
ſollte er denjenigen zukommen laſſen, welche ihm die Czartoryski
bezeichnen würden. Der General, deſſen Inſtruction ihn unter
andern auch anwies, auf eine gegenſeitige Annäherung und Ver-
ſtändigung der Partheien in Polen zu wirken, beſuchte zuerſt die
Wittwe des Woiwoden von Nowogrodeck, Fürſtin Radzivil.
Eine Ausſöhnung ihrer Familie mit den Czartoryski erklärte
ſie für außerordentlich ſchwer, wohl aber das Bündniß Polens
mit Rußland für die Grundlage des Wohles der Republik 1).
Von hier reiſte Weymarn nach Warſchau, um ſich mit dem
Kronkanzler Malachowski zu beſprechen, und fuhr dann nach
Pulawy, wo er beide Brüder Czartoryski traf. Sie nahmen
die Briefe der Kaiſerin mit der größten Ehrerbietung und
Dankbarkeit auf. „Dieſes Zeichen der höchſten Gunſt und des
Wohlwollens einer ſo großen, über Alle erhabnen Kaiſerin“, ſagte
Auguſt Czartoryski, „werde in ihrer Familie durch alle Jahr-
hunderte heilig bewahrt werden.“ Die Beſprechungen, über welche
der General in einer ſehr umfangreichen Depeſche vom 18. Sep-
tember berichtete, dauerten mehrere Tage. Gleich nach den
erſten Eröffnungen ſeinerſeits machten ihm die Czartoryski den
Vorſchlag, ihm einen Bericht über die Lage Polens an die
Kaiſerin in die Feder zu dictiren, welchen er durch einen ſichern
Courier abſenden ſolle. Jedes Wort, ſagten ſie, müſſe dabei
genau erwogen und das größte Geheimniß beobachtet werden.
Weymarn ging hierauf ein. Im Eingange zu dieſem Bericht,
welcher der Depeſche vom 18. September beiliegt, wird aus-
geführt, daß der Einfluß Rußlands in Polen zum Schaden
1) Szczebalski nach Weymarns Bericht vom 5. Auguſt 1756.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |