Röntgen, Wilhelm Conrad: Weitere Beobachtungen über die Eigenschaften der X-Strahlen. In: Sitzungsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Erster Halbband. Berlin, 1897, S. 576–592.der optischen und der X-Strahlen besteht, zu folgenden Vorstellungen: a. Die von einem Entladungsapparate ausgehende Strahlung besteht aus einem Gemisch von Strahlen verschiedener Absorbirbarkeit und Intensität. b. Die Zusammensetzung dieses Gemisches ist wesentlich von dem zeitlichen Verlauf des Entladungsstromes abhängig. c. Die bei der Absorption von den Körpern bevorzugten Strahlen sind für die verschiedenen Körper verschieden. d. Da die X-Strahlen durch die Kathodenstrahlen entstehen, und beide gemeinsame Eigenschaften haben - Fluorescenzerzeugung, photographische und elektrische Wirkungen, eine Absorbirbarkeit, deren Grösse wesentlich durch die Dichte der durchstrahlten Medien bedingt ist u. s. w. -, so liegt die Vermuthung nahe, dass beide Erscheinungen Vorgänge derselben Natur sind. Ohne mich zu dieser Ansicht bedingungslos bekennen zu wollen, möchte ich doch bemerken, dass die Resultate der letzten Paragraphen geeignet sind, eine Schwierigkeit, die sich jener Vermuthung bis jetzt entgegenstellte, zu heben. Diese Schwierigkeit besteht einmal in der grossen Verschiedenheit zwischen der Absorbirbarkeit der von Hrn. Lenard untersuchten Kathodenstrahlen und der der X-Strahlen, und zweitens darin, dass die Durchlässigkeit der Körper für jene Kathodenstrahlen nach einem andern Gesetz von der Dichte der Körper abhängig ist als die Durchlässigkeit für die X-Strahlen. Was zunächst den ersten Punkt anbetrifft, so ist zweierlei zu erwägen. 1. Wir haben in § 7 gesehen, dass es X-Strahlen von sehr verschiedener Absorbirbarkeit gibt, und wissen durch die Untersuchungen von Hertz und Lenard, dass auch die verschiedenen Kathodenstrahlen sich durch ihre Absorbirbarkeit von einander unterscheiden: wenn somit auch die auf S. 584 erwähnte "weichste Röhre" X-Strahlen lieferte, deren Absorbirbarkeit noch bei weitem nicht an die der von Hrn. Lenard untersuchten Kathodenstrahlen heranreicht, so gibt es doch ohne Zweifel X-Strahlen von noch grösserer und andererseits Kathodenstrahlen von noch kleinerer Absorbirbarkeit. Es erscheint deshalb wohl möglich, dass bei späteren Versuchen Strahlen gefunden werden, die, was ihre Absorbirbarkeit anbetrifft, den Übergang von der einen Strahlenart zur anderen bilden. 2. Wir fanden in § 4, dass die specifische Durchlässigkeit eines Körpers desto kleiner ist, je dünner die durchstrahlte Platte ist. Hätten wir folglich zu unseren Versuchen so dünne Platten genommen wie Hr. Lenard, so würden wir für die Absorbirbarkeit der X-Strahlen Werthe gefunden haben, die den Lenard'schen näher gelegen wären. der optischen und der X-Strahlen besteht, zu folgenden Vorstellungen: a. Die von einem Entladungsapparate ausgehende Strahlung besteht aus einem Gemisch von Strahlen verschiedener Absorbirbarkeit und Intensität. b. Die Zusammensetzung dieses Gemisches ist wesentlich von dem zeitlichen Verlauf des Entladungsstromes abhängig. c. Die bei der Absorption von den Körpern bevorzugten Strahlen sind für die verschiedenen Körper verschieden. d. Da die X-Strahlen durch die Kathodenstrahlen entstehen, und beide gemeinsame Eigenschaften haben – Fluorescenzerzeugung, photographische und elektrische Wirkungen, eine Absorbirbarkeit, deren Grösse wesentlich durch die Dichte der durchstrahlten Medien bedingt ist u. s. w. –, so liegt die Vermuthung nahe, dass beide Erscheinungen Vorgänge derselben Natur sind. Ohne mich zu dieser Ansicht bedingungslos bekennen zu wollen, möchte ich doch bemerken, dass die Resultate der letzten Paragraphen geeignet sind, eine Schwierigkeit, die sich jener Vermuthung bis jetzt entgegenstellte, zu heben. Diese Schwierigkeit besteht einmal in der grossen Verschiedenheit zwischen der Absorbirbarkeit der von Hrn. Lenard untersuchten Kathodenstrahlen und der der X-Strahlen, und zweitens darin, dass die Durchlässigkeit der Körper für jene Kathodenstrahlen nach einem andern Gesetz von der Dichte der Körper abhängig ist als die Durchlässigkeit für die X-Strahlen. Was zunächst den ersten Punkt anbetrifft, so ist zweierlei zu erwägen. 1. Wir haben in § 7 gesehen, dass es X-Strahlen von sehr verschiedener Absorbirbarkeit gibt, und wissen durch die Untersuchungen von Hertz und Lenard, dass auch die verschiedenen Kathodenstrahlen sich durch ihre Absorbirbarkeit von einander unterscheiden: wenn somit auch die auf S. 584 erwähnte »weichste Röhre« X-Strahlen lieferte, deren Absorbirbarkeit noch bei weitem nicht an die der von Hrn. Lenard untersuchten Kathodenstrahlen heranreicht, so gibt es doch ohne Zweifel X-Strahlen von noch grösserer und andererseits Kathodenstrahlen von noch kleinerer Absorbirbarkeit. Es erscheint deshalb wohl möglich, dass bei späteren Versuchen Strahlen gefunden werden, die, was ihre Absorbirbarkeit anbetrifft, den Übergang von der einen Strahlenart zur anderen bilden. 2. Wir fanden in § 4, dass die specifische Durchlässigkeit eines Körpers desto kleiner ist, je dünner die durchstrahlte Platte ist. 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der optischen und der X-Strahlen besteht, zu folgenden Vorstellungen:
a. Die von einem Entladungsapparate ausgehende Strahlung besteht aus einem Gemisch von Strahlen verschiedener Absorbirbarkeit und Intensität.
b. Die Zusammensetzung dieses Gemisches ist wesentlich von dem zeitlichen Verlauf des Entladungsstromes abhängig.
c. Die bei der Absorption von den Körpern bevorzugten Strahlen sind für die verschiedenen Körper verschieden.
d. Da die X-Strahlen durch die Kathodenstrahlen entstehen, und beide gemeinsame Eigenschaften haben – Fluorescenzerzeugung, photographische und elektrische Wirkungen, eine Absorbirbarkeit, deren Grösse wesentlich durch die Dichte der durchstrahlten Medien bedingt ist u. s. w. –, so liegt die Vermuthung nahe, dass beide Erscheinungen Vorgänge derselben Natur sind. Ohne mich zu dieser Ansicht bedingungslos bekennen zu wollen, möchte ich doch bemerken, dass die Resultate der letzten Paragraphen geeignet sind, eine Schwierigkeit, die sich jener Vermuthung bis jetzt entgegenstellte, zu heben. Diese Schwierigkeit besteht einmal in der grossen Verschiedenheit zwischen der Absorbirbarkeit der von Hrn. Lenard untersuchten Kathodenstrahlen und der der X-Strahlen, und zweitens darin, dass die Durchlässigkeit der Körper für jene Kathodenstrahlen nach einem andern Gesetz von der Dichte der Körper abhängig ist als die Durchlässigkeit für die X-Strahlen.
Was zunächst den ersten Punkt anbetrifft, so ist zweierlei zu erwägen. 1. Wir haben in § 7 gesehen, dass es X-Strahlen von sehr verschiedener Absorbirbarkeit gibt, und wissen durch die Untersuchungen von Hertz und Lenard, dass auch die verschiedenen Kathodenstrahlen sich durch ihre Absorbirbarkeit von einander unterscheiden: wenn somit auch die auf S. 584 erwähnte »weichste Röhre« X-Strahlen lieferte, deren Absorbirbarkeit noch bei weitem nicht an die der von Hrn. Lenard untersuchten Kathodenstrahlen heranreicht, so gibt es doch ohne Zweifel X-Strahlen von noch grösserer und andererseits Kathodenstrahlen von noch kleinerer Absorbirbarkeit. Es erscheint deshalb wohl möglich, dass bei späteren Versuchen Strahlen gefunden werden, die, was ihre Absorbirbarkeit anbetrifft, den Übergang von der einen Strahlenart zur anderen bilden. 2. Wir fanden in § 4, dass die specifische Durchlässigkeit eines Körpers desto kleiner ist, je dünner die durchstrahlte Platte ist. Hätten wir folglich zu unseren Versuchen so dünne Platten genommen wie Hr. Lenard, so würden wir für die Absorbirbarkeit der X-Strahlen Werthe gefunden haben, die den Lenard'schen näher gelegen wären.
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