Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Röntgen, Wilhelm Conrad: Ueber eine neue Art von Strahlen. Vorläufige Mittheilung. 2. Aufl. Würzburg, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

ist auch ganz in Uebereinstimmung mit der oben erwähnten
Beobachtung, dass das Fluorescenzlicht noch in 2 m Distanz
vom Entladungsapparat wahrzunehmen ist.

Aehnlich wie Luft verhalten sich im Allgemeinen die
anderen Körper: sie sind für die X-Strahlen durchlässiger als
für die Kathodenstrahlen.

11. Eine weitere sehr bemerkenswerthe Verschiedenheit in
dem Verhalten der Kathodenstrahlen und der X-Strahlen liegt
in der Thatsache, dass es mir trotz vieler Bemühungen nicht
gelungen ist, auch in sehr kräftigen magnetischen Feldern eine
Ablenkung der X-Strahlen durch den Magnet zu erhalten.

Die Ablenkbarkeit durch den Magnet gilt aber bis jetzt
als ein characteristisches Merkmal der Kathodenstrahlen; wohl
ward von Hertz und Lenard beobachtet, dass es verschiedene
Arten von Kathodenstrahlen gibt, die sich durch "ihre Phos-
phorescenzerzeugung, Absorbirbarkeit und Ablenkbarkeit durch
den Magnet von einander unterscheiden", aber eine beträchtliche
Ablenkung wurde doch in allen von ihnen untersuchten Fällen
wahrgenommen, und ich glaube nicht, dass man dieses Charac-
teristicum ohne zwingenden Grund aufgeben wird.

12. Nach besonders zu diesem Zweck angestellten Versuchen
ist es sicher, dass die Stelle der Wand des Entladungsapparates,
die am stärksten fluorescirt, als Hauptausgangspunkt der nach allen
Richtungen sich ausbreitenden X-Strahlen zu betrachten ist. Die
X-Strahlen gehen somit von der Stelle aus, wo nach den An-
gaben verschiedener Forscher die Kathodenstrahlen die Glas-
wand treffen. Lenkt man die Kathodenstrahlen innerhalb des
Entladungsapparates durch einen Magnet ab, so sieht man, dass
auch die X-Strahlen von einer anderen Stelle, d. h. wieder von
dem Endpunkte der Kathodenstrahlen ausgehen.

Auch aus diesem Grund können die X-Strahlen, die nicht
ablenkbar sind, nicht einfach unverändert von der Glaswand
hindurchgelassene resp. reflectirte Kathodenstrahlen sein. Die
grössere Dichte des Glases ausserhalb des Entladungsgefässes
kann ja nach Lenard für die grosse Verschiedenheit der Ablenk-
barkeit nicht verantwortlich gemacht werden.

Ich komme deshalb zu dem Resultat, dass die X-Strahlen
nicht identisch sind mit den Kathodenstrahlen, dass sie aber
von den Kathodenstrahlen in der Glaswand des Entladungs-
apparates erzeugt werden.

ist auch ganz in Uebereinstimmung mit der oben erwähnten
Beobachtung, dass das Fluorescenzlicht noch in 2 m Distanz
vom Entladungsapparat wahrzunehmen ist.

Aehnlich wie Luft verhalten sich im Allgemeinen die
anderen Körper: sie sind für die X-Strahlen durchlässiger als
für die Kathodenstrahlen.

11. Eine weitere sehr bemerkenswerthe Verschiedenheit in
dem Verhalten der Kathodenstrahlen und der X-Strahlen liegt
in der Thatsache, dass es mir trotz vieler Bemühungen nicht
gelungen ist, auch in sehr kräftigen magnetischen Feldern eine
Ablenkung der X-Strahlen durch den Magnet zu erhalten.

Die Ablenkbarkeit durch den Magnet gilt aber bis jetzt
als ein characteristisches Merkmal der Kathodenstrahlen; wohl
ward von Hertz und Lenard beobachtet, dass es verschiedene
Arten von Kathodenstrahlen gibt, die sich durch „ihre Phos-
phorescenzerzeugung, Absorbirbarkeit und Ablenkbarkeit durch
den Magnet von einander unterscheiden“, aber eine beträchtliche
Ablenkung wurde doch in allen von ihnen untersuchten Fällen
wahrgenommen, und ich glaube nicht, dass man dieses Charac-
teristicum ohne zwingenden Grund aufgeben wird.

12. Nach besonders zu diesem Zweck angestellten Versuchen
ist es sicher, dass die Stelle der Wand des Entladungsapparates,
die am stärksten fluorescirt, als Hauptausgangspunkt der nach allen
Richtungen sich ausbreitenden X-Strahlen zu betrachten ist. Die
X-Strahlen gehen somit von der Stelle aus, wo nach den An-
gaben verschiedener Forscher die Kathodenstrahlen die Glas-
wand treffen. Lenkt man die Kathodenstrahlen innerhalb des
Entladungsapparates durch einen Magnet ab, so sieht man, dass
auch die X-Strahlen von einer anderen Stelle, d. h. wieder von
dem Endpunkte der Kathodenstrahlen ausgehen.

Auch aus diesem Grund können die X-Strahlen, die nicht
ablenkbar sind, nicht einfach unverändert von der Glaswand
hindurchgelassene resp. reflectirte Kathodenstrahlen sein. Die
grössere Dichte des Glases ausserhalb des Entladungsgefässes
kann ja nach Lenard für die grosse Verschiedenheit der Ablenk-
barkeit nicht verantwortlich gemacht werden.

Ich komme deshalb zu dem Resultat, dass die X-Strahlen
nicht identisch sind mit den Kathodenstrahlen, dass sie aber
von den Kathodenstrahlen in der Glaswand des Entladungs-
apparates erzeugt werden.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0017" n="10"/>
ist auch ganz in Uebereinstimmung mit der oben erwähnten<lb/>
Beobachtung, dass das Fluorescenzlicht noch in 2 m Distanz<lb/>
vom Entladungsapparat wahrzunehmen ist.</p><lb/>
        <p>Aehnlich wie Luft verhalten sich im Allgemeinen die<lb/>
anderen Körper: sie sind für die X-Strahlen durchlässiger als<lb/>
für die Kathodenstrahlen.</p><lb/>
        <p>11. Eine weitere sehr bemerkenswerthe Verschiedenheit in<lb/>
dem Verhalten der Kathodenstrahlen und der X-Strahlen liegt<lb/>
in der Thatsache, dass es mir trotz vieler Bemühungen nicht<lb/>
gelungen ist, auch in sehr kräftigen magnetischen Feldern eine<lb/>
Ablenkung der X-Strahlen durch den Magnet zu erhalten.</p><lb/>
        <p>Die Ablenkbarkeit durch den Magnet gilt aber bis jetzt<lb/>
als ein characteristisches Merkmal der Kathodenstrahlen; wohl<lb/>
ward von <hi rendition="#i">Hertz</hi> und <hi rendition="#i">Lenard</hi> beobachtet, dass es verschiedene<lb/>
Arten von Kathodenstrahlen gibt, die sich durch &#x201E;ihre Phos-<lb/>
phorescenzerzeugung, Absorbirbarkeit und Ablenkbarkeit durch<lb/>
den Magnet von einander unterscheiden&#x201C;, aber eine beträchtliche<lb/>
Ablenkung wurde doch in allen von ihnen untersuchten Fällen<lb/>
wahrgenommen, und ich glaube nicht, dass man dieses Charac-<lb/>
teristicum ohne zwingenden Grund aufgeben wird.</p><lb/>
        <p>12. Nach besonders zu diesem Zweck angestellten Versuchen<lb/>
ist es sicher, dass die Stelle der Wand des Entladungsapparates,<lb/>
die am stärksten fluorescirt, als Hauptausgangspunkt der nach allen<lb/>
Richtungen sich ausbreitenden X-Strahlen zu betrachten ist. Die<lb/>
X-Strahlen gehen somit von der Stelle aus, wo nach den An-<lb/>
gaben verschiedener Forscher die Kathodenstrahlen die Glas-<lb/>
wand treffen. Lenkt man die Kathodenstrahlen innerhalb des<lb/>
Entladungsapparates durch einen Magnet ab, so sieht man, dass<lb/>
auch die X-Strahlen von einer anderen Stelle, d. h. wieder von<lb/>
dem Endpunkte der Kathodenstrahlen ausgehen.</p><lb/>
        <p>Auch aus diesem Grund können die X-Strahlen, die nicht<lb/>
ablenkbar sind, nicht einfach unverändert von der Glaswand<lb/>
hindurchgelassene resp. reflectirte Kathodenstrahlen sein. Die<lb/>
grössere Dichte des Glases ausserhalb des Entladungsgefässes<lb/>
kann ja nach <hi rendition="#i">Lenard</hi> für die grosse Verschiedenheit der Ablenk-<lb/>
barkeit nicht verantwortlich gemacht werden.</p><lb/>
        <p>Ich komme deshalb zu dem Resultat, dass die X-Strahlen<lb/>
nicht identisch sind mit den Kathodenstrahlen, dass sie aber<lb/>
von den Kathodenstrahlen in der Glaswand des Entladungs-<lb/>
apparates erzeugt werden.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0017] ist auch ganz in Uebereinstimmung mit der oben erwähnten Beobachtung, dass das Fluorescenzlicht noch in 2 m Distanz vom Entladungsapparat wahrzunehmen ist. Aehnlich wie Luft verhalten sich im Allgemeinen die anderen Körper: sie sind für die X-Strahlen durchlässiger als für die Kathodenstrahlen. 11. Eine weitere sehr bemerkenswerthe Verschiedenheit in dem Verhalten der Kathodenstrahlen und der X-Strahlen liegt in der Thatsache, dass es mir trotz vieler Bemühungen nicht gelungen ist, auch in sehr kräftigen magnetischen Feldern eine Ablenkung der X-Strahlen durch den Magnet zu erhalten. Die Ablenkbarkeit durch den Magnet gilt aber bis jetzt als ein characteristisches Merkmal der Kathodenstrahlen; wohl ward von Hertz und Lenard beobachtet, dass es verschiedene Arten von Kathodenstrahlen gibt, die sich durch „ihre Phos- phorescenzerzeugung, Absorbirbarkeit und Ablenkbarkeit durch den Magnet von einander unterscheiden“, aber eine beträchtliche Ablenkung wurde doch in allen von ihnen untersuchten Fällen wahrgenommen, und ich glaube nicht, dass man dieses Charac- teristicum ohne zwingenden Grund aufgeben wird. 12. Nach besonders zu diesem Zweck angestellten Versuchen ist es sicher, dass die Stelle der Wand des Entladungsapparates, die am stärksten fluorescirt, als Hauptausgangspunkt der nach allen Richtungen sich ausbreitenden X-Strahlen zu betrachten ist. Die X-Strahlen gehen somit von der Stelle aus, wo nach den An- gaben verschiedener Forscher die Kathodenstrahlen die Glas- wand treffen. Lenkt man die Kathodenstrahlen innerhalb des Entladungsapparates durch einen Magnet ab, so sieht man, dass auch die X-Strahlen von einer anderen Stelle, d. h. wieder von dem Endpunkte der Kathodenstrahlen ausgehen. Auch aus diesem Grund können die X-Strahlen, die nicht ablenkbar sind, nicht einfach unverändert von der Glaswand hindurchgelassene resp. reflectirte Kathodenstrahlen sein. Die grössere Dichte des Glases ausserhalb des Entladungsgefässes kann ja nach Lenard für die grosse Verschiedenheit der Ablenk- barkeit nicht verantwortlich gemacht werden. Ich komme deshalb zu dem Resultat, dass die X-Strahlen nicht identisch sind mit den Kathodenstrahlen, dass sie aber von den Kathodenstrahlen in der Glaswand des Entladungs- apparates erzeugt werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Teil von Konrad Röntgens Aufsatz "Über … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roentgen_strahlen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roentgen_strahlen_1896/17
Zitationshilfe: Röntgen, Wilhelm Conrad: Ueber eine neue Art von Strahlen. Vorläufige Mittheilung. 2. Aufl. Würzburg, 1896, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roentgen_strahlen_1896/17>, abgerufen am 28.04.2024.