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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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Die Frage, ob vorwiegend Dammschüttung oder Viaduktbau zur Anwendung kommen soll, spielt natürlich schon bei den Vorarbeiten einer Bahnanlage eine wichtige Rolle, da sich hiernach auch die Zahl und Lage der Einschnittsstrecken wegen des anzustrebenden Massenausgleichs richtet. Für die eine und für die andere Bauweise finden sich in Österreich Beispiele in der Brenner- und in der Semmeringbahn, wogegen die neueren Bahnbauten im Hoch- und Mittelgebirge zu gunsten der Bauökonomie diese grundsätzliche Wahl vermeiden und die Entscheidung, ob Damm oder V., nur nach den örtlichen Verhältnissen treffen. In dieser Hinsicht ist zu bemerken, daß man es jetzt in vielen Fällen vorzieht, an Stelle eines langen, schlauchartigen Durchlasses oder einer Brücke mit beiderseits anschließenden Erddämmen einen V. zur Ausführung zu bringen, wodurch meist eine Ersparnis, immer aber eine größere Sicherheit in der Anlage erzielt wird.

Die V. werden aus Holz, Stein oder Eisen erbaut, doch kommen hölzerne V. nur für


Abb. 65.
provisorische Anlagen in Betracht. Auf den Bahnen der nordamerikanischen Weststaaten bestehen in den hölzernen Gerüstbrücken (Trestleworks) aber noch heute zahlreiche, aus der Zeit des Baues dieser Bahnen stammende Holzviadukte. Diese haben nahe (4-8 m weit) gestellte, einfache Joche mit durchgehendem Längsverband und darüber gelegten Tragbalken (s. Holzbrücken, Bd. VI, S. 229). Eines der bedeutendsten Bauwerke dieser Art war der 260 m lange und 62 m hohe Portageviadukt, der 1875 durch Brand zerstört und durch einen eisernen V. ersetzt wurde.

Hinsichtlich der baulichen Durchbildung der gewölbten und der eisernen V. wird auf die Art. Betonbrücken (Bd. II, S. 271), Eisenbetonbrücken (Bd. IV, S. 158), eiserne Brücken (Bd. IV, S. 176) und Steinbrücken (Bd. IX, S. 153) verwiesen. Hier soll nur deren Anordnung im allgemeinen besprochen werden.

I. Hat man zunächst hinsichtlich des Baustoffs, in dem ein V. zur Ausführung kommen soll, ob in Mauerwerk, Beton oder Eisen, eine Entscheidung getroffen, wobei, wenn nicht ungewöhnliche Verhältnisse bezüglich Baustoffbeschaffung, Größe der Öffnungsweiten u. s. w. vorliegen, dem Massivbau in der Regel der Vorzug zu geben ist, so kommt bei Anordnung einer gewölbten Talbrücke vor allem die Frage der Zahl und Weite der Einzelöffnungen und dann der Form und Höhe der Bogen zu beantworten. Die Stellung der Pfeiler ist hier in der Regel an keine oder nur in beschränktem Maß an äußere Bedingungen gebunden und es kommt für die verschiedenen möglichen Lösungen hauptsächlich nur der Kostenvergleich in Frage. Bei breiter Talsohle wird eine Anzahl gleicher Öffnungen am Platz sein, deren Weite sich nach der Höhe bzw. nach den Kosten der Pfeiler richtet. Eine allgemein verwendbare Regel für die günstigste Öffnungsweite läßt sich aber nicht angeben, da die Abhängigkeit der Kosten der Gewölbekonstruktion von der Spannweite je nach ihrer Ausführungsart verschieden und auch nicht einfach darzustellen ist. Für die gewöhnliche Type der gewölbten Eisenbahnviadukte mit Halbkreisbogen in Bruchsteinmauerwerk (s. die Abb. 1 zum Art. Steinbrücken in Bd. IX, S. 153 und beistehende Abb. 65) kann man bei der Viadukthöhe h für die zu wählende Öffnungsweite etwa setzen l = 6 + 0·4 h (m), doch gibt diese Regel nur eine beiläufige Richtschnur. So werden leichte Gewölbekonstruktionen in Eisenbeton meist eine größere Spannweite als zweckmäßig erscheinen lassen als schwere Steingewölbe; desgleichen können hohe Pfeilerkosten infolge ungünstiger Gründungsverhältnisse zur Anwendung größerer lichter Weiten führen. Anderseits kommen aber auch die Kosten der Gerüstungen mit in Frage, die mit zunehmender Lichtweite sehr anwachsen. Für Weiten bis zu 20 m läßt sich der Holzaufwand im Lehrgerüst mit etwa 1/3 m3 für 1 m3 Gewölbemauerwerk veranschlagen. Es ist dabei ein freitragendes Lehrgerüst (Bd. VII, S. 75 u. 76, Abb. 116 u. 117) vorausgesetzt. Größere Spannweiten erfordern aber beträchtlich mehr Holz. So enthielt das Lehrgerüst der 55 m weiten Öffnung des Wiesener V. (Bd. IX, S. 156, Abb. 152) 0·66 m3 Holz auf 1 m3 Gewölbemauerwerk.

Auch die Frage der zweckmäßigsten Bogenhöhe und Bogenform läßt sich nicht ohneweiters beantworten. Durch Wahl eines hohen Bogens wird das Pfeilervolumen vermindert, jenes der Übermauerung jedoch vergrößert. Gewöhnlich findet man bei gemauerten Talbrücken den Halbkreisbogen angewendet, was wegen der Vereinfachung im Lehrgerüst und in der Ausführung bei nicht allzu großen Spannweiten (bis etwa 25 m) wirtschaftlich ist,

Die Frage, ob vorwiegend Dammschüttung oder Viaduktbau zur Anwendung kommen soll, spielt natürlich schon bei den Vorarbeiten einer Bahnanlage eine wichtige Rolle, da sich hiernach auch die Zahl und Lage der Einschnittsstrecken wegen des anzustrebenden Massenausgleichs richtet. Für die eine und für die andere Bauweise finden sich in Österreich Beispiele in der Brenner- und in der Semmeringbahn, wogegen die neueren Bahnbauten im Hoch- und Mittelgebirge zu gunsten der Bauökonomie diese grundsätzliche Wahl vermeiden und die Entscheidung, ob Damm oder V., nur nach den örtlichen Verhältnissen treffen. In dieser Hinsicht ist zu bemerken, daß man es jetzt in vielen Fällen vorzieht, an Stelle eines langen, schlauchartigen Durchlasses oder einer Brücke mit beiderseits anschließenden Erddämmen einen V. zur Ausführung zu bringen, wodurch meist eine Ersparnis, immer aber eine größere Sicherheit in der Anlage erzielt wird.

Die V. werden aus Holz, Stein oder Eisen erbaut, doch kommen hölzerne V. nur für


Abb. 65.
provisorische Anlagen in Betracht. Auf den Bahnen der nordamerikanischen Weststaaten bestehen in den hölzernen Gerüstbrücken (Trestleworks) aber noch heute zahlreiche, aus der Zeit des Baues dieser Bahnen stammende Holzviadukte. Diese haben nahe (4–8 m weit) gestellte, einfache Joche mit durchgehendem Längsverband und darüber gelegten Tragbalken (s. Holzbrücken, Bd. VI, S. 229). Eines der bedeutendsten Bauwerke dieser Art war der 260 m lange und 62 m hohe Portageviadukt, der 1875 durch Brand zerstört und durch einen eisernen V. ersetzt wurde.

Hinsichtlich der baulichen Durchbildung der gewölbten und der eisernen V. wird auf die Art. Betonbrücken (Bd. II, S. 271), Eisenbetonbrücken (Bd. IV, S. 158), eiserne Brücken (Bd. IV, S. 176) und Steinbrücken (Bd. IX, S. 153) verwiesen. Hier soll nur deren Anordnung im allgemeinen besprochen werden.

I. Hat man zunächst hinsichtlich des Baustoffs, in dem ein V. zur Ausführung kommen soll, ob in Mauerwerk, Beton oder Eisen, eine Entscheidung getroffen, wobei, wenn nicht ungewöhnliche Verhältnisse bezüglich Baustoffbeschaffung, Größe der Öffnungsweiten u. s. w. vorliegen, dem Massivbau in der Regel der Vorzug zu geben ist, so kommt bei Anordnung einer gewölbten Talbrücke vor allem die Frage der Zahl und Weite der Einzelöffnungen und dann der Form und Höhe der Bogen zu beantworten. Die Stellung der Pfeiler ist hier in der Regel an keine oder nur in beschränktem Maß an äußere Bedingungen gebunden und es kommt für die verschiedenen möglichen Lösungen hauptsächlich nur der Kostenvergleich in Frage. Bei breiter Talsohle wird eine Anzahl gleicher Öffnungen am Platz sein, deren Weite sich nach der Höhe bzw. nach den Kosten der Pfeiler richtet. Eine allgemein verwendbare Regel für die günstigste Öffnungsweite läßt sich aber nicht angeben, da die Abhängigkeit der Kosten der Gewölbekonstruktion von der Spannweite je nach ihrer Ausführungsart verschieden und auch nicht einfach darzustellen ist. Für die gewöhnliche Type der gewölbten Eisenbahnviadukte mit Halbkreisbogen in Bruchsteinmauerwerk (s. die Abb. 1 zum Art. Steinbrücken in Bd. IX, S. 153 und beistehende Abb. 65) kann man bei der Viadukthöhe h für die zu wählende Öffnungsweite etwa setzen l = 6 + 0·4 h (m), doch gibt diese Regel nur eine beiläufige Richtschnur. So werden leichte Gewölbekonstruktionen in Eisenbeton meist eine größere Spannweite als zweckmäßig erscheinen lassen als schwere Steingewölbe; desgleichen können hohe Pfeilerkosten infolge ungünstiger Gründungsverhältnisse zur Anwendung größerer lichter Weiten führen. Anderseits kommen aber auch die Kosten der Gerüstungen mit in Frage, die mit zunehmender Lichtweite sehr anwachsen. Für Weiten bis zu 20 m läßt sich der Holzaufwand im Lehrgerüst mit etwa 1/3 m3 für 1 m3 Gewölbemauerwerk veranschlagen. Es ist dabei ein freitragendes Lehrgerüst (Bd. VII, S. 75 u. 76, Abb. 116 u. 117) vorausgesetzt. Größere Spannweiten erfordern aber beträchtlich mehr Holz. So enthielt das Lehrgerüst der 55 m weiten Öffnung des Wiesener V. (Bd. IX, S. 156, Abb. 152) 0·66 m3 Holz auf 1 m3 Gewölbemauerwerk.

Auch die Frage der zweckmäßigsten Bogenhöhe und Bogenform läßt sich nicht ohneweiters beantworten. Durch Wahl eines hohen Bogens wird das Pfeilervolumen vermindert, jenes der Übermauerung jedoch vergrößert. Gewöhnlich findet man bei gemauerten Talbrücken den Halbkreisbogen angewendet, was wegen der Vereinfachung im Lehrgerüst und in der Ausführung bei nicht allzu großen Spannweiten (bis etwa 25 m) wirtschaftlich ist,

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[188/0203] Die Frage, ob vorwiegend Dammschüttung oder Viaduktbau zur Anwendung kommen soll, spielt natürlich schon bei den Vorarbeiten einer Bahnanlage eine wichtige Rolle, da sich hiernach auch die Zahl und Lage der Einschnittsstrecken wegen des anzustrebenden Massenausgleichs richtet. Für die eine und für die andere Bauweise finden sich in Österreich Beispiele in der Brenner- und in der Semmeringbahn, wogegen die neueren Bahnbauten im Hoch- und Mittelgebirge zu gunsten der Bauökonomie diese grundsätzliche Wahl vermeiden und die Entscheidung, ob Damm oder V., nur nach den örtlichen Verhältnissen treffen. In dieser Hinsicht ist zu bemerken, daß man es jetzt in vielen Fällen vorzieht, an Stelle eines langen, schlauchartigen Durchlasses oder einer Brücke mit beiderseits anschließenden Erddämmen einen V. zur Ausführung zu bringen, wodurch meist eine Ersparnis, immer aber eine größere Sicherheit in der Anlage erzielt wird. Die V. werden aus Holz, Stein oder Eisen erbaut, doch kommen hölzerne V. nur für [Abbildung Abb. 65. ] provisorische Anlagen in Betracht. Auf den Bahnen der nordamerikanischen Weststaaten bestehen in den hölzernen Gerüstbrücken (Trestleworks) aber noch heute zahlreiche, aus der Zeit des Baues dieser Bahnen stammende Holzviadukte. Diese haben nahe (4–8 m weit) gestellte, einfache Joche mit durchgehendem Längsverband und darüber gelegten Tragbalken (s. Holzbrücken, Bd. VI, S. 229). Eines der bedeutendsten Bauwerke dieser Art war der 260 m lange und 62 m hohe Portageviadukt, der 1875 durch Brand zerstört und durch einen eisernen V. ersetzt wurde. Hinsichtlich der baulichen Durchbildung der gewölbten und der eisernen V. wird auf die Art. Betonbrücken (Bd. II, S. 271), Eisenbetonbrücken (Bd. IV, S. 158), eiserne Brücken (Bd. IV, S. 176) und Steinbrücken (Bd. IX, S. 153) verwiesen. Hier soll nur deren Anordnung im allgemeinen besprochen werden. I. Hat man zunächst hinsichtlich des Baustoffs, in dem ein V. zur Ausführung kommen soll, ob in Mauerwerk, Beton oder Eisen, eine Entscheidung getroffen, wobei, wenn nicht ungewöhnliche Verhältnisse bezüglich Baustoffbeschaffung, Größe der Öffnungsweiten u. s. w. vorliegen, dem Massivbau in der Regel der Vorzug zu geben ist, so kommt bei Anordnung einer gewölbten Talbrücke vor allem die Frage der Zahl und Weite der Einzelöffnungen und dann der Form und Höhe der Bogen zu beantworten. Die Stellung der Pfeiler ist hier in der Regel an keine oder nur in beschränktem Maß an äußere Bedingungen gebunden und es kommt für die verschiedenen möglichen Lösungen hauptsächlich nur der Kostenvergleich in Frage. Bei breiter Talsohle wird eine Anzahl gleicher Öffnungen am Platz sein, deren Weite sich nach der Höhe bzw. nach den Kosten der Pfeiler richtet. Eine allgemein verwendbare Regel für die günstigste Öffnungsweite läßt sich aber nicht angeben, da die Abhängigkeit der Kosten der Gewölbekonstruktion von der Spannweite je nach ihrer Ausführungsart verschieden und auch nicht einfach darzustellen ist. Für die gewöhnliche Type der gewölbten Eisenbahnviadukte mit Halbkreisbogen in Bruchsteinmauerwerk (s. die Abb. 1 zum Art. Steinbrücken in Bd. IX, S. 153 und beistehende Abb. 65) kann man bei der Viadukthöhe h für die zu wählende Öffnungsweite etwa setzen l = 6 + 0·4 h (m), doch gibt diese Regel nur eine beiläufige Richtschnur. So werden leichte Gewölbekonstruktionen in Eisenbeton meist eine größere Spannweite als zweckmäßig erscheinen lassen als schwere Steingewölbe; desgleichen können hohe Pfeilerkosten infolge ungünstiger Gründungsverhältnisse zur Anwendung größerer lichter Weiten führen. Anderseits kommen aber auch die Kosten der Gerüstungen mit in Frage, die mit zunehmender Lichtweite sehr anwachsen. Für Weiten bis zu 20 m läßt sich der Holzaufwand im Lehrgerüst mit etwa 1/3 m3 für 1 m3 Gewölbemauerwerk veranschlagen. Es ist dabei ein freitragendes Lehrgerüst (Bd. VII, S. 75 u. 76, Abb. 116 u. 117) vorausgesetzt. Größere Spannweiten erfordern aber beträchtlich mehr Holz. So enthielt das Lehrgerüst der 55 m weiten Öffnung des Wiesener V. (Bd. IX, S. 156, Abb. 152) 0·66 m3 Holz auf 1 m3 Gewölbemauerwerk. Auch die Frage der zweckmäßigsten Bogenhöhe und Bogenform läßt sich nicht ohneweiters beantworten. Durch Wahl eines hohen Bogens wird das Pfeilervolumen vermindert, jenes der Übermauerung jedoch vergrößert. Gewöhnlich findet man bei gemauerten Talbrücken den Halbkreisbogen angewendet, was wegen der Vereinfachung im Lehrgerüst und in der Ausführung bei nicht allzu großen Spannweiten (bis etwa 25 m) wirtschaftlich ist,

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/203>, abgerufen am 04.07.2024.