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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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festgehalten und nur die oberste Aufsicht sowie die Ausübung derjenigen Verwaltungszuständigkeiten, die sich aus den staatsrechtlichen Notwendigkeiten ergeben (der "regiminellen Zuständigkeiten"), der Ministerialinstanz vorbehalten. Als solche Aufgaben der staatlichen Regierungsgewalt sind zu bezeichnen: die oberste Aufsicht im engeren Sinne (s. o.), die Bestimmung der Richtlinien für die staatliche Eisenbahnpolitik, die Feststellung des Haushalts für die Staatseisenbahnen, ihre Vertretung in der Staatsregierung und im Parlament und die Ernennung der oberen Verwaltungsbeamten.

Auch unter dieses Maß kann noch herabgegangen werden, wie dies in Italien geschehen ist; dort hat man in dem Bestreben, die Staatseisenbahnverwaltung von politischen Einflüssen freizuhalten, ihr aber gleichzeitig eine möglichst selbständige Stellung innerhalb des staatlichen Organismus und der Staatsfinanzen zu verleihen, dem Minister selbst das Recht der Haushaltsaufstellung entzogen und ihm lediglich die Vertretung des Haushalts im Parlament übertragen, anderseits auch sein Aufsichtsrecht eingeschränkt. Der Minister kann die Anordnungen des Generaldirektors für nichtig erklären, wenn sie den Gesetzen oder Dienstvorschriften widersprechen, und er kann alle Anordnungen der Staatsbehörden aus wichtigen politischen oder sonstigen wichtigen Gründen vorläufig beanstanden, er hat aber kein positives Anordnungsrecht.

Eine grundsätzliche Freihaltung der Ministerialinstanz von den Geschäften der laufenden Betriebsverwaltung hat zweifellos ihre Berechtigung. Das Ministerium soll über den Parteien stehen. Es ist ein Bestandteil der Gesamtregierung und soll bei dem so häufig auftretenden Zwiespalt der Interessen in der Lage sein, von höherer Warte aus, unvoreingenommen und unbelastet durch die Verkettung in die ausübende V. seine Entscheidung zu treffen. Gleichzeitig handelt es sich darum, die Fachverwaltung den politischen und parlamentarischen Einflüssen zu entziehen und ihre Leitung von dem Wechsel der parteipolitischen Strömungen unabhängig zu machen. Auch die weitgehende Mitwirkung des Finanzministeriums lähmt die Bewegungsfreiheit des Staatseisenbahnunternehmens um so empfindlicher, je stärker die V. selbst in der Ministerialinstanz zentralisiert ist. Die Vereinigung der Geschäfte von Regierung und Betriebsverwaltung belastet den ministeriellen Verwaltungsapparat mit Aufgaben, die ihm seiner Natur nach fremd sind und führt zur Bildung eines Verwaltungskörpers, der sich nach Art und Größe für die Ministerialstelle wenig eignet.

Darum hat sich in der großen Mehrzahl der Länder des Staatseisenbahnsystems die Organisation so entwickelt, daß in Unterordnung unter ein Ressort- (Finanz-, Handels-, Äußeres, Arbeits-) Ministerium für die eigentliche Fachverwaltung eine Generaldirektion eingesetzt wurde. So bis zur Verreichlichungsaktion bei allen deutschen Staaten, mit Ausnahme von Preußen, Bayern und Österreich, ferner heute noch in der Schweiz, in Italien, Ungarn, Schweden, Norwegen, Dänemark, Belgien, Rumänien, Jugoslawien, Bulgarien, Chile.

Bei nicht zu großen Verhältnissen hat sich dieses Verwaltungssystem durchaus bewährt. In Ländern mit ausgedehntem Staatsbahnbesitz haben sich indessen aus dem Bestehen von zwei einander unmittelbar untergeordneten Zentralbehörden Nachteile mannigfacher Art, Doppelarbeit und Reibungen entwickelt. Das Ministerium hat über zahlreiche Fragen verantwortlich zu entscheiden, in die es nicht den genügenden unmittelbaren Einblick besitzt, während die Generaldirektion, die den Dingen sachlich näher steht, zur Entscheidung nicht zuständig ist. Das Ministerium ist dabei vielfach zur formellen Genehmigungsstelle herabgesunken, nach Umständen sogar zu einem Hemmnis der raschen Geschäftserledigung geworden. Vielfach hat man deshalb die Generaldirektion zur Ministerialsektion erhoben. Daß damit eine wirksame Abhilfe nicht zu schaffen war, ergibt sich aus den oben angestellten Erwägungen. Als ein besonderer Nachteil der Unterordnung einer zentralen Verwaltungsstelle unter die andere machte sich insbesondere bei sehr großen Verwaltungen das hemmungslose Anwachsen der Generaldirektion geltend.

Preußen hat bei seiner Neuordnung von 1895 den dort auch durch die historische Entwicklung vorgezeichneten Weg beschritten, die gesamte V. ohne Zwischenschaltung einer Generaldirektion unmittelbar im Ministerium selbst als oberste Aufsichts- und Verwaltungsbehörde zusammenzufassen. Es hat dabei der Ministerialstelle zunächst nur ein verhältnismäßig eng begrenztes Maß von Zuständigkeiten vorbehalten, im wesentlichen nur die oben erwähnten regiminellen Zuständigkeiten und daneben auf dem Gebiete der laufenden Betriebsverwaltung nur die Vorbescheidung von Beschwerden, die Regelung der Personalangelegenheiten der höheren Beamten, ausnahmlich ihrer Versetzung, endlich die Genehmigung der Tarife und Fahrpläne des öffentlichen Verkehrs sowie bestimmter wichtiger Verwaltungsvorgänge (Betriebseröffnungen und -einstellungen, größerer Bauentwürfe, umfangreicherer Vergebungen, Gewährung höherer Remunerationen und größerer Urlaube). Die gesamte übrige V. wurde den Eisenbahndirektionen übertragen. Sie vertreten die V. nach innen und außen und sind die eigentlichen "Eisenbahn Verwaltungen".

f) Die ausführende V.

Unter einfachen Verhältnissen genügt für die Aufgaben der ausführenden V. eine Direktion, bei größerer Ausdehnung des Netzes schieben sich zwischen die Direktion und die äußeren Vollzugsstellen noch weitere Verwaltungsorgane ein. Es kommt zu einer örtlichen, instanziellen und sachlichen Gliederung der V., wie dies unter d ausgeführt ist.

festgehalten und nur die oberste Aufsicht sowie die Ausübung derjenigen Verwaltungszuständigkeiten, die sich aus den staatsrechtlichen Notwendigkeiten ergeben (der „regiminellen Zuständigkeiten“), der Ministerialinstanz vorbehalten. Als solche Aufgaben der staatlichen Regierungsgewalt sind zu bezeichnen: die oberste Aufsicht im engeren Sinne (s. o.), die Bestimmung der Richtlinien für die staatliche Eisenbahnpolitik, die Feststellung des Haushalts für die Staatseisenbahnen, ihre Vertretung in der Staatsregierung und im Parlament und die Ernennung der oberen Verwaltungsbeamten.

Auch unter dieses Maß kann noch herabgegangen werden, wie dies in Italien geschehen ist; dort hat man in dem Bestreben, die Staatseisenbahnverwaltung von politischen Einflüssen freizuhalten, ihr aber gleichzeitig eine möglichst selbständige Stellung innerhalb des staatlichen Organismus und der Staatsfinanzen zu verleihen, dem Minister selbst das Recht der Haushaltsaufstellung entzogen und ihm lediglich die Vertretung des Haushalts im Parlament übertragen, anderseits auch sein Aufsichtsrecht eingeschränkt. Der Minister kann die Anordnungen des Generaldirektors für nichtig erklären, wenn sie den Gesetzen oder Dienstvorschriften widersprechen, und er kann alle Anordnungen der Staatsbehörden aus wichtigen politischen oder sonstigen wichtigen Gründen vorläufig beanstanden, er hat aber kein positives Anordnungsrecht.

Eine grundsätzliche Freihaltung der Ministerialinstanz von den Geschäften der laufenden Betriebsverwaltung hat zweifellos ihre Berechtigung. Das Ministerium soll über den Parteien stehen. Es ist ein Bestandteil der Gesamtregierung und soll bei dem so häufig auftretenden Zwiespalt der Interessen in der Lage sein, von höherer Warte aus, unvoreingenommen und unbelastet durch die Verkettung in die ausübende V. seine Entscheidung zu treffen. Gleichzeitig handelt es sich darum, die Fachverwaltung den politischen und parlamentarischen Einflüssen zu entziehen und ihre Leitung von dem Wechsel der parteipolitischen Strömungen unabhängig zu machen. Auch die weitgehende Mitwirkung des Finanzministeriums lähmt die Bewegungsfreiheit des Staatseisenbahnunternehmens um so empfindlicher, je stärker die V. selbst in der Ministerialinstanz zentralisiert ist. Die Vereinigung der Geschäfte von Regierung und Betriebsverwaltung belastet den ministeriellen Verwaltungsapparat mit Aufgaben, die ihm seiner Natur nach fremd sind und führt zur Bildung eines Verwaltungskörpers, der sich nach Art und Größe für die Ministerialstelle wenig eignet.

Darum hat sich in der großen Mehrzahl der Länder des Staatseisenbahnsystems die Organisation so entwickelt, daß in Unterordnung unter ein Ressort- (Finanz-, Handels-, Äußeres, Arbeits-) Ministerium für die eigentliche Fachverwaltung eine Generaldirektion eingesetzt wurde. So bis zur Verreichlichungsaktion bei allen deutschen Staaten, mit Ausnahme von Preußen, Bayern und Österreich, ferner heute noch in der Schweiz, in Italien, Ungarn, Schweden, Norwegen, Dänemark, Belgien, Rumänien, Jugoslawien, Bulgarien, Chile.

Bei nicht zu großen Verhältnissen hat sich dieses Verwaltungssystem durchaus bewährt. In Ländern mit ausgedehntem Staatsbahnbesitz haben sich indessen aus dem Bestehen von zwei einander unmittelbar untergeordneten Zentralbehörden Nachteile mannigfacher Art, Doppelarbeit und Reibungen entwickelt. Das Ministerium hat über zahlreiche Fragen verantwortlich zu entscheiden, in die es nicht den genügenden unmittelbaren Einblick besitzt, während die Generaldirektion, die den Dingen sachlich näher steht, zur Entscheidung nicht zuständig ist. Das Ministerium ist dabei vielfach zur formellen Genehmigungsstelle herabgesunken, nach Umständen sogar zu einem Hemmnis der raschen Geschäftserledigung geworden. Vielfach hat man deshalb die Generaldirektion zur Ministerialsektion erhoben. Daß damit eine wirksame Abhilfe nicht zu schaffen war, ergibt sich aus den oben angestellten Erwägungen. Als ein besonderer Nachteil der Unterordnung einer zentralen Verwaltungsstelle unter die andere machte sich insbesondere bei sehr großen Verwaltungen das hemmungslose Anwachsen der Generaldirektion geltend.

Preußen hat bei seiner Neuordnung von 1895 den dort auch durch die historische Entwicklung vorgezeichneten Weg beschritten, die gesamte V. ohne Zwischenschaltung einer Generaldirektion unmittelbar im Ministerium selbst als oberste Aufsichts- und Verwaltungsbehörde zusammenzufassen. Es hat dabei der Ministerialstelle zunächst nur ein verhältnismäßig eng begrenztes Maß von Zuständigkeiten vorbehalten, im wesentlichen nur die oben erwähnten regiminellen Zuständigkeiten und daneben auf dem Gebiete der laufenden Betriebsverwaltung nur die Vorbescheidung von Beschwerden, die Regelung der Personalangelegenheiten der höheren Beamten, ausnahmlich ihrer Versetzung, endlich die Genehmigung der Tarife und Fahrpläne des öffentlichen Verkehrs sowie bestimmter wichtiger Verwaltungsvorgänge (Betriebseröffnungen und -einstellungen, größerer Bauentwürfe, umfangreicherer Vergebungen, Gewährung höherer Remunerationen und größerer Urlaube). Die gesamte übrige V. wurde den Eisenbahndirektionen übertragen. Sie vertreten die V. nach innen und außen und sind die eigentlichen „Eisenbahn Verwaltungen“.

f) Die ausführende V.

Unter einfachen Verhältnissen genügt für die Aufgaben der ausführenden V. eine Direktion, bei größerer Ausdehnung des Netzes schieben sich zwischen die Direktion und die äußeren Vollzugsstellen noch weitere Verwaltungsorgane ein. Es kommt zu einer örtlichen, instanziellen und sachlichen Gliederung der V., wie dies unter d ausgeführt ist.

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[163/0178] festgehalten und nur die oberste Aufsicht sowie die Ausübung derjenigen Verwaltungszuständigkeiten, die sich aus den staatsrechtlichen Notwendigkeiten ergeben (der „regiminellen Zuständigkeiten“), der Ministerialinstanz vorbehalten. Als solche Aufgaben der staatlichen Regierungsgewalt sind zu bezeichnen: die oberste Aufsicht im engeren Sinne (s. o.), die Bestimmung der Richtlinien für die staatliche Eisenbahnpolitik, die Feststellung des Haushalts für die Staatseisenbahnen, ihre Vertretung in der Staatsregierung und im Parlament und die Ernennung der oberen Verwaltungsbeamten. 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Das Ministerium soll über den Parteien stehen. Es ist ein Bestandteil der Gesamtregierung und soll bei dem so häufig auftretenden Zwiespalt der Interessen in der Lage sein, von höherer Warte aus, unvoreingenommen und unbelastet durch die Verkettung in die ausübende V. seine Entscheidung zu treffen. Gleichzeitig handelt es sich darum, die Fachverwaltung den politischen und parlamentarischen Einflüssen zu entziehen und ihre Leitung von dem Wechsel der parteipolitischen Strömungen unabhängig zu machen. Auch die weitgehende Mitwirkung des Finanzministeriums lähmt die Bewegungsfreiheit des Staatseisenbahnunternehmens um so empfindlicher, je stärker die V. selbst in der Ministerialinstanz zentralisiert ist. Die Vereinigung der Geschäfte von Regierung und Betriebsverwaltung belastet den ministeriellen Verwaltungsapparat mit Aufgaben, die ihm seiner Natur nach fremd sind und führt zur Bildung eines Verwaltungskörpers, der sich nach Art und Größe für die Ministerialstelle wenig eignet. Darum hat sich in der großen Mehrzahl der Länder des Staatseisenbahnsystems die Organisation so entwickelt, daß in Unterordnung unter ein Ressort- (Finanz-, Handels-, Äußeres, Arbeits-) Ministerium für die eigentliche Fachverwaltung eine Generaldirektion eingesetzt wurde. So bis zur Verreichlichungsaktion bei allen deutschen Staaten, mit Ausnahme von Preußen, Bayern und Österreich, ferner heute noch in der Schweiz, in Italien, Ungarn, Schweden, Norwegen, Dänemark, Belgien, Rumänien, Jugoslawien, Bulgarien, Chile. Bei nicht zu großen Verhältnissen hat sich dieses Verwaltungssystem durchaus bewährt. In Ländern mit ausgedehntem Staatsbahnbesitz haben sich indessen aus dem Bestehen von zwei einander unmittelbar untergeordneten Zentralbehörden Nachteile mannigfacher Art, Doppelarbeit und Reibungen entwickelt. Das Ministerium hat über zahlreiche Fragen verantwortlich zu entscheiden, in die es nicht den genügenden unmittelbaren Einblick besitzt, während die Generaldirektion, die den Dingen sachlich näher steht, zur Entscheidung nicht zuständig ist. Das Ministerium ist dabei vielfach zur formellen Genehmigungsstelle herabgesunken, nach Umständen sogar zu einem Hemmnis der raschen Geschäftserledigung geworden. Vielfach hat man deshalb die Generaldirektion zur Ministerialsektion erhoben. Daß damit eine wirksame Abhilfe nicht zu schaffen war, ergibt sich aus den oben angestellten Erwägungen. Als ein besonderer Nachteil der Unterordnung einer zentralen Verwaltungsstelle unter die andere machte sich insbesondere bei sehr großen Verwaltungen das hemmungslose Anwachsen der Generaldirektion geltend. Preußen hat bei seiner Neuordnung von 1895 den dort auch durch die historische Entwicklung vorgezeichneten Weg beschritten, die gesamte V. ohne Zwischenschaltung einer Generaldirektion unmittelbar im Ministerium selbst als oberste Aufsichts- und Verwaltungsbehörde zusammenzufassen. Es hat dabei der Ministerialstelle zunächst nur ein verhältnismäßig eng begrenztes Maß von Zuständigkeiten vorbehalten, im wesentlichen nur die oben erwähnten regiminellen Zuständigkeiten und daneben auf dem Gebiete der laufenden Betriebsverwaltung nur die Vorbescheidung von Beschwerden, die Regelung der Personalangelegenheiten der höheren Beamten, ausnahmlich ihrer Versetzung, endlich die Genehmigung der Tarife und Fahrpläne des öffentlichen Verkehrs sowie bestimmter wichtiger Verwaltungsvorgänge (Betriebseröffnungen und -einstellungen, größerer Bauentwürfe, umfangreicherer Vergebungen, Gewährung höherer Remunerationen und größerer Urlaube). Die gesamte übrige V. wurde den Eisenbahndirektionen übertragen. Sie vertreten die V. nach innen und außen und sind die eigentlichen „Eisenbahn Verwaltungen“. f) Die ausführende V. Unter einfachen Verhältnissen genügt für die Aufgaben der ausführenden V. eine Direktion, bei größerer Ausdehnung des Netzes schieben sich zwischen die Direktion und die äußeren Vollzugsstellen noch weitere Verwaltungsorgane ein. Es kommt zu einer örtlichen, instanziellen und sachlichen Gliederung der V., wie dies unter d ausgeführt ist.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/178>, abgerufen am 24.07.2024.