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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921.

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Vorziehen des Schildmantels namentlich dann, wenn das Tunnelmauerwerk keine Eisenhaut erhält. Auch die hinter der Tunnelverkleidung verbleibenden Hohlräume sind schwierig dicht zu schließen.

Bei Verwendung von Preßluft treten noch die Erschwernisse und Gefahren infolge der Unterschiede in den Wasserdrücken an der Sohle und in der First des Tunnels hinzu, die mit dessen Abmessungen zunehmen. Der Einbau und Betrieb der Luftschleusen und der übrigen umfangreichen maschinellen Anlagen, auch die Sicherheitsvorkehrungen für die Arbeiter bei plötzlicher Spannungsabnahme der Preßluft bilden weitere Erschwernisse dieser Bauweise.

Verwendung von Preßluft ohne Brustschild.

Diese Bauweise kam nur ausnahmsweise und dann zur Anwendung, wenn beim gewöhnlichen bergmännischen Vorgang ohne Schild Schichten angefahren wurden, die sich druckhafter und wasserführender herausstellten, als von vornherein angenommen werden konnte, und der nachträgliche Einbau eines Schildes meist auf kurze Tunnellängen zu umständlich, schwierig und kostspielig gewesen wäre. Sie erscheint nur zweckmäßig und möglich, wenn das Gebirge bei genügend hoher Überlagerung des Tunnels so weit dicht zu halten ist, daß zu große Druckverluste durch Ausblasen der Preßluft nicht zu befürchten sind. Da der Brustschild fehlt, so ist nicht nur die Brust, sondern auch die Oberfläche des ganzen Ausbruchs, der vom fertigen Tunnel ebenfalls durch dichte Wände abgeschlossen werden muß, im Gleichgewicht zu halten. In die Abschlußwände sind Luftschleusen für Material- und Arbeiterförderung einzubauen. Der ausgebrochene Raum wird in einer den Druckverhältnissen angepaßten Art und Stärke abgestützt oder verzimmert.

Beispiele dieser Bauweise geben der Bau des Emmersbergtunnels bei Schaffhausen und der Bau des Gatticotunnels auf der italienischen Bahn Santha-Borgomanero-Arona. In dem letztgenannten Tunnel wurden auch einige Strecken von der Oberfläche aus mittels Senkkästen und Preßluft in ähnlicher Weise wie bei Gründung von Brückenpfeilern hergestellt.

Die Bauweisen nach dem Gefrierverfahren.

Das Gefrierverfahren, das vorerst für Schachtabsenkungen zur Anwendung kam, kann auch für den Vortrieb von Stollen und Tunnel in Frage kommen. Es besteht darin, daß das Gebirge auf den Umfang des Tunnels entweder durch Einblasen von kalter Luft oder durch Einführen von Kälteflüssigkeiten mittels Röhren zum Gefrieren daher, in feste Form gebracht wird, wonach in stark wasserführendem und schwimmendem Gebirge der Ausbruch und dessen Abstützung, also der zeitweilige Ausbau erleichtert oder erst ermöglicht wird.

Das Verfahren wird im Tunnelbau vornehmlich dann in Frage kommen, wenn die Schildbauweisen mit Preßluftverwendung nicht mehr anwendbar sind, was namentlich bei größeren Tieflagen des Tunnels infolge hohen Wasserdruckes, der einen für den Arbeitsbetrieb zu hohen Luftdruck erfordert, der Fall ist.

1. Durch Einblasen von kalter Luft (40-60° C) in den Tunnel, der gegen die fertige Strecke durch entsprechend starke Wände abgeschlossen wird, kann das Gebirge auf eine gewisse Tiefe zum Gefrieren gebracht und dann gelöst und abgestützt werden.

Die bis zum Eintritt der Frostwirkung erforderliche Zeitdauer der Einwirkung der kalten Luft auf den Hohlraum, also auf die Wandungen der sog. Gefrierkammer, hängt von deren Größe und der Temperatur der verwendeten Luft ab und ist eine verhältnismäßig lange. Bei größerem Querschnitt findet infolge Senkung der kalten Luft eine weit stärkere Abkühlung der Sohle wie der First des Tunnels statt.

Die Luft ist auch bis auf das durch den vorhandenen Wasserdruck im Gebirge bedingte Maß zu pressen und dann in den bekannten Maschinen abzukühlen. Bei hoher Pressung wird die Luft stark erwärmt, so daß länger dauernde Abkühlung mit hohen Kosten erforderlich wird.

Im Tunnelbau kam dieses Verfahren ausnahmsweise zur Verwendung.

Bei Herstellung eines Tunnels in Stockholm von etwa 4 m Weite und Höhe, der den unter Gebäuden liegenden, feinen, mit Wasser durchtränkten Kies und Lehm zu durchfahren hatte, wurde auf eine kurze Strecke diese Bauweise verwendet.

Hierbei ist je ein Raum von etwa 6-12 m Länge, also von 100-180 m3 Größe durch eine 20 cm starke Wand vom ausgebauten Tunnel abgeschlossen worden, in den kalte Luft eingeblasen wurde, so daß die Temperatur in dem Gefrierraum -20 bis -31° C betrug. Die Luft wurde vorerst auf 3 Atm. gepreßt, dann auf gewöhnliche Temperatur abgekühlt und schließlich in Kältemaschinen auf -50° C gebracht. Der gefrorene Boden wurde ausgebrochen und der ausgebrochene Raum durch Eisenbögen mit Verpfählung und kräftigem Brustverzug aus Eisenplatten abgestützt, wobei tägliche Fortschritte von etwa 0·15 m erreicht werden konnten.

Die Ausmauerung in Beton blieb so weit zurück, daß eine ungünstige Kälteeinwirkung auf das Mauerwerk nicht mehr zu befürchten war.

Auch auf der Interborough Rapid Transit R. R. in New York hat man das Verfahren, jedoch mit ungünstigem Erfolg verwendet, da bei einem Tunneldurchmesser von 4·6 m die Länge des sog. Gefrierraumes etwa 60 m, daher deren Größe etwa 1000 m3 betrug und die Abkühlvorrichtungen für diesen großen Raum unzulängliche gewesen sind,

Vorziehen des Schildmantels namentlich dann, wenn das Tunnelmauerwerk keine Eisenhaut erhält. Auch die hinter der Tunnelverkleidung verbleibenden Hohlräume sind schwierig dicht zu schließen.

Bei Verwendung von Preßluft treten noch die Erschwernisse und Gefahren infolge der Unterschiede in den Wasserdrücken an der Sohle und in der First des Tunnels hinzu, die mit dessen Abmessungen zunehmen. Der Einbau und Betrieb der Luftschleusen und der übrigen umfangreichen maschinellen Anlagen, auch die Sicherheitsvorkehrungen für die Arbeiter bei plötzlicher Spannungsabnahme der Preßluft bilden weitere Erschwernisse dieser Bauweise.

Verwendung von Preßluft ohne Brustschild.

Diese Bauweise kam nur ausnahmsweise und dann zur Anwendung, wenn beim gewöhnlichen bergmännischen Vorgang ohne Schild Schichten angefahren wurden, die sich druckhafter und wasserführender herausstellten, als von vornherein angenommen werden konnte, und der nachträgliche Einbau eines Schildes meist auf kurze Tunnellängen zu umständlich, schwierig und kostspielig gewesen wäre. Sie erscheint nur zweckmäßig und möglich, wenn das Gebirge bei genügend hoher Überlagerung des Tunnels so weit dicht zu halten ist, daß zu große Druckverluste durch Ausblasen der Preßluft nicht zu befürchten sind. Da der Brustschild fehlt, so ist nicht nur die Brust, sondern auch die Oberfläche des ganzen Ausbruchs, der vom fertigen Tunnel ebenfalls durch dichte Wände abgeschlossen werden muß, im Gleichgewicht zu halten. In die Abschlußwände sind Luftschleusen für Material- und Arbeiterförderung einzubauen. Der ausgebrochene Raum wird in einer den Druckverhältnissen angepaßten Art und Stärke abgestützt oder verzimmert.

Beispiele dieser Bauweise geben der Bau des Emmersbergtunnels bei Schaffhausen und der Bau des Gatticotunnels auf der italienischen Bahn Santhà-Borgomanero-Arona. In dem letztgenannten Tunnel wurden auch einige Strecken von der Oberfläche aus mittels Senkkästen und Preßluft in ähnlicher Weise wie bei Gründung von Brückenpfeilern hergestellt.

Die Bauweisen nach dem Gefrierverfahren.

Das Gefrierverfahren, das vorerst für Schachtabsenkungen zur Anwendung kam, kann auch für den Vortrieb von Stollen und Tunnel in Frage kommen. Es besteht darin, daß das Gebirge auf den Umfang des Tunnels entweder durch Einblasen von kalter Luft oder durch Einführen von Kälteflüssigkeiten mittels Röhren zum Gefrieren daher, in feste Form gebracht wird, wonach in stark wasserführendem und schwimmendem Gebirge der Ausbruch und dessen Abstützung, also der zeitweilige Ausbau erleichtert oder erst ermöglicht wird.

Das Verfahren wird im Tunnelbau vornehmlich dann in Frage kommen, wenn die Schildbauweisen mit Preßluftverwendung nicht mehr anwendbar sind, was namentlich bei größeren Tieflagen des Tunnels infolge hohen Wasserdruckes, der einen für den Arbeitsbetrieb zu hohen Luftdruck erfordert, der Fall ist.

1. Durch Einblasen von kalter Luft (40–60° C) in den Tunnel, der gegen die fertige Strecke durch entsprechend starke Wände abgeschlossen wird, kann das Gebirge auf eine gewisse Tiefe zum Gefrieren gebracht und dann gelöst und abgestützt werden.

Die bis zum Eintritt der Frostwirkung erforderliche Zeitdauer der Einwirkung der kalten Luft auf den Hohlraum, also auf die Wandungen der sog. Gefrierkammer, hängt von deren Größe und der Temperatur der verwendeten Luft ab und ist eine verhältnismäßig lange. Bei größerem Querschnitt findet infolge Senkung der kalten Luft eine weit stärkere Abkühlung der Sohle wie der First des Tunnels statt.

Die Luft ist auch bis auf das durch den vorhandenen Wasserdruck im Gebirge bedingte Maß zu pressen und dann in den bekannten Maschinen abzukühlen. Bei hoher Pressung wird die Luft stark erwärmt, so daß länger dauernde Abkühlung mit hohen Kosten erforderlich wird.

Im Tunnelbau kam dieses Verfahren ausnahmsweise zur Verwendung.

Bei Herstellung eines Tunnels in Stockholm von etwa 4 m Weite und Höhe, der den unter Gebäuden liegenden, feinen, mit Wasser durchtränkten Kies und Lehm zu durchfahren hatte, wurde auf eine kurze Strecke diese Bauweise verwendet.

Hierbei ist je ein Raum von etwa 6–12 m Länge, also von 100–180 m3 Größe durch eine 20 cm starke Wand vom ausgebauten Tunnel abgeschlossen worden, in den kalte Luft eingeblasen wurde, so daß die Temperatur in dem Gefrierraum –20 bis –31° C betrug. Die Luft wurde vorerst auf 3 Atm. gepreßt, dann auf gewöhnliche Temperatur abgekühlt und schließlich in Kältemaschinen auf –50° C gebracht. Der gefrorene Boden wurde ausgebrochen und der ausgebrochene Raum durch Eisenbögen mit Verpfählung und kräftigem Brustverzug aus Eisenplatten abgestützt, wobei tägliche Fortschritte von etwa 0·15 m erreicht werden konnten.

Die Ausmauerung in Beton blieb so weit zurück, daß eine ungünstige Kälteeinwirkung auf das Mauerwerk nicht mehr zu befürchten war.

Auch auf der Interborough Rapid Transit R. R. in New York hat man das Verfahren, jedoch mit ungünstigem Erfolg verwendet, da bei einem Tunneldurchmesser von 4·6 m die Länge des sog. Gefrierraumes etwa 60 m, daher deren Größe etwa 1000 m3 betrug und die Abkühlvorrichtungen für diesen großen Raum unzulängliche gewesen sind,

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[428/0442] Vorziehen des Schildmantels namentlich dann, wenn das Tunnelmauerwerk keine Eisenhaut erhält. Auch die hinter der Tunnelverkleidung verbleibenden Hohlräume sind schwierig dicht zu schließen. Bei Verwendung von Preßluft treten noch die Erschwernisse und Gefahren infolge der Unterschiede in den Wasserdrücken an der Sohle und in der First des Tunnels hinzu, die mit dessen Abmessungen zunehmen. Der Einbau und Betrieb der Luftschleusen und der übrigen umfangreichen maschinellen Anlagen, auch die Sicherheitsvorkehrungen für die Arbeiter bei plötzlicher Spannungsabnahme der Preßluft bilden weitere Erschwernisse dieser Bauweise. Verwendung von Preßluft ohne Brustschild. Diese Bauweise kam nur ausnahmsweise und dann zur Anwendung, wenn beim gewöhnlichen bergmännischen Vorgang ohne Schild Schichten angefahren wurden, die sich druckhafter und wasserführender herausstellten, als von vornherein angenommen werden konnte, und der nachträgliche Einbau eines Schildes meist auf kurze Tunnellängen zu umständlich, schwierig und kostspielig gewesen wäre. Sie erscheint nur zweckmäßig und möglich, wenn das Gebirge bei genügend hoher Überlagerung des Tunnels so weit dicht zu halten ist, daß zu große Druckverluste durch Ausblasen der Preßluft nicht zu befürchten sind. Da der Brustschild fehlt, so ist nicht nur die Brust, sondern auch die Oberfläche des ganzen Ausbruchs, der vom fertigen Tunnel ebenfalls durch dichte Wände abgeschlossen werden muß, im Gleichgewicht zu halten. In die Abschlußwände sind Luftschleusen für Material- und Arbeiterförderung einzubauen. Der ausgebrochene Raum wird in einer den Druckverhältnissen angepaßten Art und Stärke abgestützt oder verzimmert. Beispiele dieser Bauweise geben der Bau des Emmersbergtunnels bei Schaffhausen und der Bau des Gatticotunnels auf der italienischen Bahn Santhà-Borgomanero-Arona. In dem letztgenannten Tunnel wurden auch einige Strecken von der Oberfläche aus mittels Senkkästen und Preßluft in ähnlicher Weise wie bei Gründung von Brückenpfeilern hergestellt. Die Bauweisen nach dem Gefrierverfahren. Das Gefrierverfahren, das vorerst für Schachtabsenkungen zur Anwendung kam, kann auch für den Vortrieb von Stollen und Tunnel in Frage kommen. Es besteht darin, daß das Gebirge auf den Umfang des Tunnels entweder durch Einblasen von kalter Luft oder durch Einführen von Kälteflüssigkeiten mittels Röhren zum Gefrieren daher, in feste Form gebracht wird, wonach in stark wasserführendem und schwimmendem Gebirge der Ausbruch und dessen Abstützung, also der zeitweilige Ausbau erleichtert oder erst ermöglicht wird. Das Verfahren wird im Tunnelbau vornehmlich dann in Frage kommen, wenn die Schildbauweisen mit Preßluftverwendung nicht mehr anwendbar sind, was namentlich bei größeren Tieflagen des Tunnels infolge hohen Wasserdruckes, der einen für den Arbeitsbetrieb zu hohen Luftdruck erfordert, der Fall ist. 1. Durch Einblasen von kalter Luft (40–60° C) in den Tunnel, der gegen die fertige Strecke durch entsprechend starke Wände abgeschlossen wird, kann das Gebirge auf eine gewisse Tiefe zum Gefrieren gebracht und dann gelöst und abgestützt werden. Die bis zum Eintritt der Frostwirkung erforderliche Zeitdauer der Einwirkung der kalten Luft auf den Hohlraum, also auf die Wandungen der sog. Gefrierkammer, hängt von deren Größe und der Temperatur der verwendeten Luft ab und ist eine verhältnismäßig lange. Bei größerem Querschnitt findet infolge Senkung der kalten Luft eine weit stärkere Abkühlung der Sohle wie der First des Tunnels statt. Die Luft ist auch bis auf das durch den vorhandenen Wasserdruck im Gebirge bedingte Maß zu pressen und dann in den bekannten Maschinen abzukühlen. Bei hoher Pressung wird die Luft stark erwärmt, so daß länger dauernde Abkühlung mit hohen Kosten erforderlich wird. Im Tunnelbau kam dieses Verfahren ausnahmsweise zur Verwendung. Bei Herstellung eines Tunnels in Stockholm von etwa 4 m Weite und Höhe, der den unter Gebäuden liegenden, feinen, mit Wasser durchtränkten Kies und Lehm zu durchfahren hatte, wurde auf eine kurze Strecke diese Bauweise verwendet. Hierbei ist je ein Raum von etwa 6–12 m Länge, also von 100–180 m3 Größe durch eine 20 cm starke Wand vom ausgebauten Tunnel abgeschlossen worden, in den kalte Luft eingeblasen wurde, so daß die Temperatur in dem Gefrierraum –20 bis –31° C betrug. Die Luft wurde vorerst auf 3 Atm. gepreßt, dann auf gewöhnliche Temperatur abgekühlt und schließlich in Kältemaschinen auf –50° C gebracht. Der gefrorene Boden wurde ausgebrochen und der ausgebrochene Raum durch Eisenbögen mit Verpfählung und kräftigem Brustverzug aus Eisenplatten abgestützt, wobei tägliche Fortschritte von etwa 0·15 m erreicht werden konnten. Die Ausmauerung in Beton blieb so weit zurück, daß eine ungünstige Kälteeinwirkung auf das Mauerwerk nicht mehr zu befürchten war. Auch auf der Interborough Rapid Transit R. R. in New York hat man das Verfahren, jedoch mit ungünstigem Erfolg verwendet, da bei einem Tunneldurchmesser von 4·6 m die Länge des sog. Gefrierraumes etwa 60 m, daher deren Größe etwa 1000 m3 betrug und die Abkühlvorrichtungen für diesen großen Raum unzulängliche gewesen sind,

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen09_1921/442>, abgerufen am 28.09.2024.