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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915.

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Binnentarif und den direkten oder Verbandstarifen. Die Fahrpreise sind in den Binnentarifen häufig, in den direkten Tarifen beinahe immer in der Form von sog. "Stationspreistafeln" enthalten. Für die Binnentarife - namentlich der kleineren Verwaltungen - ist es nicht selten einfacher, an Stelle der Stationspreistafeln eine für alle Entfernungen und Wagenklassen ausgerechnete "Preistabelle" anzufertigen, aus der in Verbindung mit dem "Stationsentfernungszeiger" die Preise für jede Stationsverbindung (Relation) entnommen werden können.

Gemeinsam ist beiden Arten der Tarifdarstellung, daß sie nur die ausgerechneten Fahrpreise enthalten; dagegen geben sie keinen ausdrücklichen Aufschluß darüber, auf Grund welcher Einheitssätze und nach welchen Berechnungsregeln diese Preise gebildet sind. Der Tarif im engeren Sinn, d. h. die Gesamtheit dieser Einheitssätze und Berechnungsregeln, ist also in den veröffentlichten Tarifen oft gar nicht oder nur teilweise angegeben; er bildet die Grundlage der dort bekanntgemachten Fahrpreise.

Die P. in dem vorstehend erläuterten engeren Sinne sind in der Regel derart gebildet, daß mit der wachsenden Länge des Beförderungsweges auch der Fahrpreis wächst, u. zw. wird in der Regel ein bestimmter Einheitssatz für eine Einheitsentfernung (km, Meile, Werst u. dgl.) festgesetzt, dessen Vervielfältigung mit der Zahl der zurückzulegenden Einheitsentfernungen den Preis für die Beförderungsleistung bildet. Man pflegt diese Art der Preisermittlung als Entfernungstarif zu bezeichnen. Der Entfernungstarif ist bei vielen Bahnen für alle Entfernungen gleichmäßig gebildet; es kommen aber auch nicht selten Staffeltarife vor, indem, um weite Reisen zu begünstigen, bei größeren Entfernungen niedrigere Einheitssätze eingerechnet oder von einer bestimmten Entfernung an angestoßen werden (durchlaufende bzw. aufgesetzte Staffel). Von dem Entfernungstarif unterscheidet sich der Stationstarif dadurch, daß die Einheit für die Tarifbildung nicht ein bestimmtes Entfernungsmaß, sondern der - in seiner Länge meist von Station zu Station wechselnde - Stationsabstand ist.

In Gegensatz zu den Entfernungstarifen stellt man in der Regel den sog. Zonentarif, d. h. einen Tarif, der bei Bemessung des Fahrpreises die Länge der Beförderungsstrecke mehr oder minder außer acht läßt. Dies kann in verschieden großem Umfang geschehen. Entweder so, daß die Einheitsentfernung, mit der der Beförderungspreis wächst, über das gewöhnliche Maß hinaus (z. B. auf 20 oder 50 km oder auch auf mehrere Stationsabstände) vergrößert ist, oder aber auch so, daß man nur wenige Entfernungszonen - sei es von gleicher, sei es von ungleicher Länge - mit gleichmäßig oder ungleichmäßig ansteigenden Fahrpreisen bildet und schließlich über eine bestimmte Entfernung hinaus den Fahrpreis überhaupt nicht weiter erhöht. Das Ende dieser Entwicklung ist der bei Straßenbahnen, Bergbahnen u. dgl. häufig vorkommende Einzonen- oder Einheitstarif, der nur einen Fahrpreis für alle Entfernungen kennt. Der erste der erwähnten Fälle - Ausdehnung der Einheitsentfernung über das gewöhnliche Maß hinaus - ist vom Entfernungstarif grundsätzlich nicht verschieden. Denn wenn auch innerhalb der einzelnen Zonen die Entfernung bei der Preisbemessung außer acht bleibt, so wächst doch der Preis regelmäßig von Zone zu Zone, und es ist grundsätzlich gleichgültig, ob der Fahrpreis von km zu km oder aus Zweckmäßigkeitsgründen erst von 20 zu 20 km ansteigt. Anders liegen dagegen die Verhältnisse, wenn nur wenige Entfernungsstufen bestehen - noch dazu solche von ungleicher Länge oder mit ungleichmäßig gebildeten Fahrpreisen - und über eine bestimmte Entfernung hinaus der Fahrpreis überhaupt nicht mehr wächst. Dies ist der wirkliche Zonentarif, der sich vom Entfernungstarif grundsätzlich dadurch unterscheidet, daß die Entfernung nur in sehr beschränktem Umfang und über eine bestimmte Entfernung hinaus überhaupt nicht mehr auf den Beförderungspreis einwirkt. Das Hauptanwendungsgebiet der Zonentarife ist bekanntlich der Postverkehr, und alle Vorschläge, die von der Einführung von Zonentarifen im Eisenbahnpersonenverkehr einerseits eine große Vereinfachung der Abfertigung, anderseits aber auch eine bedeutende Verbilligung des Verkehrs auf große Entfernungen und damit zugleich ein gewaltiges Anschwellen der Reiselust erhofften, haben von dem Vorbild der Post ihren Ausgang genommen. Das Schlagwort vom Zonentarif hat Jahrzehnte hindurch in der Tages- und Fachpresse eine große Rolle gespielt. Die ersten Vorschläge auf Einführung solcher Zonentarife datieren - von der Rowland-Hillschen Postreform des Jahres 1840 ausgehend - aus dem Ende der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Ihre Verfechter waren der Däne Dr. Scharling, der Engländer Brandon und der Deutsche Dr. Perrot. Später sind Hertzka in Wien und Dr. Ed. Engel in Berlin in gleichem Sinne tätig gewesen. Praktische Versuche größeren Stiles sind namentlich in Österreich und Ungarn mit solchen Tarifen gemacht worden. Indessen hat die Erfahrung gelehrt, daß die im Aufbau jedes echten Zonentarifs

Binnentarif und den direkten oder Verbandstarifen. Die Fahrpreise sind in den Binnentarifen häufig, in den direkten Tarifen beinahe immer in der Form von sog. „Stationspreistafeln“ enthalten. Für die Binnentarife – namentlich der kleineren Verwaltungen – ist es nicht selten einfacher, an Stelle der Stationspreistafeln eine für alle Entfernungen und Wagenklassen ausgerechnete „Preistabelle“ anzufertigen, aus der in Verbindung mit dem „Stationsentfernungszeiger“ die Preise für jede Stationsverbindung (Relation) entnommen werden können.

Gemeinsam ist beiden Arten der Tarifdarstellung, daß sie nur die ausgerechneten Fahrpreise enthalten; dagegen geben sie keinen ausdrücklichen Aufschluß darüber, auf Grund welcher Einheitssätze und nach welchen Berechnungsregeln diese Preise gebildet sind. Der Tarif im engeren Sinn, d. h. die Gesamtheit dieser Einheitssätze und Berechnungsregeln, ist also in den veröffentlichten Tarifen oft gar nicht oder nur teilweise angegeben; er bildet die Grundlage der dort bekanntgemachten Fahrpreise.

Die P. in dem vorstehend erläuterten engeren Sinne sind in der Regel derart gebildet, daß mit der wachsenden Länge des Beförderungsweges auch der Fahrpreis wächst, u. zw. wird in der Regel ein bestimmter Einheitssatz für eine Einheitsentfernung (km, Meile, Werst u. dgl.) festgesetzt, dessen Vervielfältigung mit der Zahl der zurückzulegenden Einheitsentfernungen den Preis für die Beförderungsleistung bildet. Man pflegt diese Art der Preisermittlung als Entfernungstarif zu bezeichnen. Der Entfernungstarif ist bei vielen Bahnen für alle Entfernungen gleichmäßig gebildet; es kommen aber auch nicht selten Staffeltarife vor, indem, um weite Reisen zu begünstigen, bei größeren Entfernungen niedrigere Einheitssätze eingerechnet oder von einer bestimmten Entfernung an angestoßen werden (durchlaufende bzw. aufgesetzte Staffel). Von dem Entfernungstarif unterscheidet sich der Stationstarif dadurch, daß die Einheit für die Tarifbildung nicht ein bestimmtes Entfernungsmaß, sondern der – in seiner Länge meist von Station zu Station wechselnde – Stationsabstand ist.

In Gegensatz zu den Entfernungstarifen stellt man in der Regel den sog. Zonentarif, d. h. einen Tarif, der bei Bemessung des Fahrpreises die Länge der Beförderungsstrecke mehr oder minder außer acht läßt. Dies kann in verschieden großem Umfang geschehen. Entweder so, daß die Einheitsentfernung, mit der der Beförderungspreis wächst, über das gewöhnliche Maß hinaus (z. B. auf 20 oder 50 km oder auch auf mehrere Stationsabstände) vergrößert ist, oder aber auch so, daß man nur wenige Entfernungszonen – sei es von gleicher, sei es von ungleicher Länge – mit gleichmäßig oder ungleichmäßig ansteigenden Fahrpreisen bildet und schließlich über eine bestimmte Entfernung hinaus den Fahrpreis überhaupt nicht weiter erhöht. Das Ende dieser Entwicklung ist der bei Straßenbahnen, Bergbahnen u. dgl. häufig vorkommende Einzonen- oder Einheitstarif, der nur einen Fahrpreis für alle Entfernungen kennt. Der erste der erwähnten Fälle – Ausdehnung der Einheitsentfernung über das gewöhnliche Maß hinaus – ist vom Entfernungstarif grundsätzlich nicht verschieden. Denn wenn auch innerhalb der einzelnen Zonen die Entfernung bei der Preisbemessung außer acht bleibt, so wächst doch der Preis regelmäßig von Zone zu Zone, und es ist grundsätzlich gleichgültig, ob der Fahrpreis von km zu km oder aus Zweckmäßigkeitsgründen erst von 20 zu 20 km ansteigt. Anders liegen dagegen die Verhältnisse, wenn nur wenige Entfernungsstufen bestehen – noch dazu solche von ungleicher Länge oder mit ungleichmäßig gebildeten Fahrpreisen – und über eine bestimmte Entfernung hinaus der Fahrpreis überhaupt nicht mehr wächst. Dies ist der wirkliche Zonentarif, der sich vom Entfernungstarif grundsätzlich dadurch unterscheidet, daß die Entfernung nur in sehr beschränktem Umfang und über eine bestimmte Entfernung hinaus überhaupt nicht mehr auf den Beförderungspreis einwirkt. Das Hauptanwendungsgebiet der Zonentarife ist bekanntlich der Postverkehr, und alle Vorschläge, die von der Einführung von Zonentarifen im Eisenbahnpersonenverkehr einerseits eine große Vereinfachung der Abfertigung, anderseits aber auch eine bedeutende Verbilligung des Verkehrs auf große Entfernungen und damit zugleich ein gewaltiges Anschwellen der Reiselust erhofften, haben von dem Vorbild der Post ihren Ausgang genommen. Das Schlagwort vom Zonentarif hat Jahrzehnte hindurch in der Tages- und Fachpresse eine große Rolle gespielt. Die ersten Vorschläge auf Einführung solcher Zonentarife datieren – von der Rowland-Hillschen Postreform des Jahres 1840 ausgehend – aus dem Ende der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Ihre Verfechter waren der Däne Dr. Scharling, der Engländer Brandon und der Deutsche Dr. Perrot. Später sind Hertzka in Wien und Dr. Ed. Engel in Berlin in gleichem Sinne tätig gewesen. Praktische Versuche größeren Stiles sind namentlich in Österreich und Ungarn mit solchen Tarifen gemacht worden. Indessen hat die Erfahrung gelehrt, daß die im Aufbau jedes echten Zonentarifs

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[484/0502] Binnentarif und den direkten oder Verbandstarifen. Die Fahrpreise sind in den Binnentarifen häufig, in den direkten Tarifen beinahe immer in der Form von sog. „Stationspreistafeln“ enthalten. Für die Binnentarife – namentlich der kleineren Verwaltungen – ist es nicht selten einfacher, an Stelle der Stationspreistafeln eine für alle Entfernungen und Wagenklassen ausgerechnete „Preistabelle“ anzufertigen, aus der in Verbindung mit dem „Stationsentfernungszeiger“ die Preise für jede Stationsverbindung (Relation) entnommen werden können. Gemeinsam ist beiden Arten der Tarifdarstellung, daß sie nur die ausgerechneten Fahrpreise enthalten; dagegen geben sie keinen ausdrücklichen Aufschluß darüber, auf Grund welcher Einheitssätze und nach welchen Berechnungsregeln diese Preise gebildet sind. Der Tarif im engeren Sinn, d. h. die Gesamtheit dieser Einheitssätze und Berechnungsregeln, ist also in den veröffentlichten Tarifen oft gar nicht oder nur teilweise angegeben; er bildet die Grundlage der dort bekanntgemachten Fahrpreise. Die P. in dem vorstehend erläuterten engeren Sinne sind in der Regel derart gebildet, daß mit der wachsenden Länge des Beförderungsweges auch der Fahrpreis wächst, u. zw. wird in der Regel ein bestimmter Einheitssatz für eine Einheitsentfernung (km, Meile, Werst u. dgl.) festgesetzt, dessen Vervielfältigung mit der Zahl der zurückzulegenden Einheitsentfernungen den Preis für die Beförderungsleistung bildet. Man pflegt diese Art der Preisermittlung als Entfernungstarif zu bezeichnen. Der Entfernungstarif ist bei vielen Bahnen für alle Entfernungen gleichmäßig gebildet; es kommen aber auch nicht selten Staffeltarife vor, indem, um weite Reisen zu begünstigen, bei größeren Entfernungen niedrigere Einheitssätze eingerechnet oder von einer bestimmten Entfernung an angestoßen werden (durchlaufende bzw. aufgesetzte Staffel). Von dem Entfernungstarif unterscheidet sich der Stationstarif dadurch, daß die Einheit für die Tarifbildung nicht ein bestimmtes Entfernungsmaß, sondern der – in seiner Länge meist von Station zu Station wechselnde – Stationsabstand ist. In Gegensatz zu den Entfernungstarifen stellt man in der Regel den sog. Zonentarif, d. h. einen Tarif, der bei Bemessung des Fahrpreises die Länge der Beförderungsstrecke mehr oder minder außer acht läßt. Dies kann in verschieden großem Umfang geschehen. Entweder so, daß die Einheitsentfernung, mit der der Beförderungspreis wächst, über das gewöhnliche Maß hinaus (z. B. auf 20 oder 50 km oder auch auf mehrere Stationsabstände) vergrößert ist, oder aber auch so, daß man nur wenige Entfernungszonen – sei es von gleicher, sei es von ungleicher Länge – mit gleichmäßig oder ungleichmäßig ansteigenden Fahrpreisen bildet und schließlich über eine bestimmte Entfernung hinaus den Fahrpreis überhaupt nicht weiter erhöht. Das Ende dieser Entwicklung ist der bei Straßenbahnen, Bergbahnen u. dgl. häufig vorkommende Einzonen- oder Einheitstarif, der nur einen Fahrpreis für alle Entfernungen kennt. Der erste der erwähnten Fälle – Ausdehnung der Einheitsentfernung über das gewöhnliche Maß hinaus – ist vom Entfernungstarif grundsätzlich nicht verschieden. Denn wenn auch innerhalb der einzelnen Zonen die Entfernung bei der Preisbemessung außer acht bleibt, so wächst doch der Preis regelmäßig von Zone zu Zone, und es ist grundsätzlich gleichgültig, ob der Fahrpreis von km zu km oder aus Zweckmäßigkeitsgründen erst von 20 zu 20 km ansteigt. Anders liegen dagegen die Verhältnisse, wenn nur wenige Entfernungsstufen bestehen – noch dazu solche von ungleicher Länge oder mit ungleichmäßig gebildeten Fahrpreisen – und über eine bestimmte Entfernung hinaus der Fahrpreis überhaupt nicht mehr wächst. Dies ist der wirkliche Zonentarif, der sich vom Entfernungstarif grundsätzlich dadurch unterscheidet, daß die Entfernung nur in sehr beschränktem Umfang und über eine bestimmte Entfernung hinaus überhaupt nicht mehr auf den Beförderungspreis einwirkt. Das Hauptanwendungsgebiet der Zonentarife ist bekanntlich der Postverkehr, und alle Vorschläge, die von der Einführung von Zonentarifen im Eisenbahnpersonenverkehr einerseits eine große Vereinfachung der Abfertigung, anderseits aber auch eine bedeutende Verbilligung des Verkehrs auf große Entfernungen und damit zugleich ein gewaltiges Anschwellen der Reiselust erhofften, haben von dem Vorbild der Post ihren Ausgang genommen. Das Schlagwort vom Zonentarif hat Jahrzehnte hindurch in der Tages- und Fachpresse eine große Rolle gespielt. Die ersten Vorschläge auf Einführung solcher Zonentarife datieren – von der Rowland-Hillschen Postreform des Jahres 1840 ausgehend – aus dem Ende der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Ihre Verfechter waren der Däne Dr. Scharling, der Engländer Brandon und der Deutsche Dr. Perrot. Später sind Hertzka in Wien und Dr. Ed. Engel in Berlin in gleichem Sinne tätig gewesen. Praktische Versuche größeren Stiles sind namentlich in Österreich und Ungarn mit solchen Tarifen gemacht worden. Indessen hat die Erfahrung gelehrt, daß die im Aufbau jedes echten Zonentarifs

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen07_1915/502>, abgerufen am 03.12.2024.