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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915.

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erworben und wurden mittels Übereinkommens vom 27. August 1890 die näheren Bedingungen dieser Mitbenutzung festgestellt. Die Gesamtlänge dieser Strecken beträgt rund 400 km.

Den Zugdienst besorgt jede Verwaltung für ihre Züge. Die mit einem Höchstbetrag festgestellten Zinsen des Anlagekapitals der mitbenutzten Strecken werden von beiden Verwaltungen nach Maßgabe der Personen- und Tonnenkilometer, die Kosten für Erhaltung des Bahnkörpers und der sonstigen Bahnanlagen, der 4%ige Zins der Auslagen für Erweiterungsbauten und die Entschädigungen, welche anläßlich der gemeinschaftlichen Betriebsführung zu zahlen sind, nach Verhältnis der gefahrenen Wagenachskilometer getragen. Die Einnahmen, mit Ausschluß jener aus dem Lokalverkehr, werden zwischen den mitbenutzenden Gesellschaften nach bestimmten Grundsätzen verteilt.

In Deutschland ist der M. von Bahnstrecken nur von geringem Umfang und beschränkt sich auf die Mitbenutzung von Grenzstrecken und Verbindungsbahnen sowie auf die Mitbenutzung kurzer Strecken durch einmündende Neben- und Straßenbahnen. Die längsten Strecken, auf denen ein M. stattfindet, sind jene der preußischen Staatsbahn von Ihrhove nach Leer und von Osnabrück nach Ewersburg (12·3 km), auf denen der oldenburgischen Staatsbahn ein M. eingeräumt ist.

In Österreich betrug die Länge der Bahnstrecken im M. im Jahre 1912 342 km. Unter anderm haben folgende Bahnen M. auf fremden Linien: die österreichischen Staatsbahnen auf der Linie Innsbruck-Wörgl (59·6 km) und Spittal-Villach (35·9 km) der Südbahn, die Eisenbahn Wien-Aspang auf einer Strecke (9·6 km) der Südbahn u. s. w.

In Ungarn üben den M. aus: die Staatsbahnen auf einer Strecke (29 km) der Kaschau-Oderberger Eisenbahn, die Marosludas-Beszterczeer Lokalbahn auf einer Strecke (38 km) der Szamosthalbahn, die Czakathurn-Agramer Lokalbahn auf einer Strecke der Südbahn (13 km), die Szamosthalbahn auf einer Strecke der ungarischen Staatsbahn (12·4 km).

II. Mitbetrieb auf einem Bahnhof (Gemeinschaftsbahnhöfe).

Die Fälle dieses M. sind in allen Staaten sehr zahlreich, sie kommen dort vor, wo eine neue Bahn an eine bestehende anschließt und man es vorzieht, an Stelle der Anlage eines getrennten Bahnhofs für die anschließende Bahn den Dienst in dem bestehenden Bahnhof zu vereinigen.

Gemeinschaftsbahnhöfe kommen sowohl für den Dienst von Bahnen desselben Landes als auch an den Landesgrenzen zur Abwicklung des Dienstes der anschließenden Bahnen der beiderseitigen Staaten vor.

Die Fälle gemeinschaftlicher Grenzbahnhöfe sind in neuerer Zeit seltener geworden und pflegen dieselben nunmehr zumeist getrennt gebaut zu werden.

Die Gestattung des Anschlusses ist durch die Gesetzgebung der meisten Staaten (s. § 10, lit. g des österreichischen Eisenbahnkonzessionsgesetzes, § 45 des preußischen Eisenbahngesetzes vom 3. November 1838, Art. 30 des schweizerischen Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1872 u. s. w.) den Eisenbahnen zur Pflicht gemacht und entscheidet mangels einer Einigung der beteiligten Bahnen die Regierung oder das Gericht über die Bedingungen des Anschlusses. Bei Grenzbahnhöfen wird der Anschluß durch einen Staatsvertrag festgestellt, auf Grund dessen die anschließenden Bahnverwaltungen die näheren Bestimmungen über die gemeinsame Benutzung des Grenzbahnhofs vereinbaren.

Der Dienst in Gemeinschaftsstationen wird entweder von jeder mitbenutzenden Bahnverwaltung für sich besorgt oder von einer derselben für die anderen mitversehen. Im ersteren Fall sind jeder Verwaltung gewisse für ihren Dienst erforderliche Räumlichkeiten in den Stationsgebäuden, Gleise sowie sonstige Stationsanlagen zur ausschließlichen Benutzung zugewiesen; andere Räumlichkeiten in dem Bahnhofsgebäude, wie z. B. Wartesäle, Wirtschaftsräume u. s. w. sowie einzelne Gleise und andere Anlagen werden dagegen zur gemeinschaftlichen Benutzung bestimmt. Jede Verwaltung besorgt ihren Dienst selbständig durch ihr eigenes Personal. Sie gibt Fahrkarten in eigenen Schaltern aus und besitzt eigene Abfertigungsstellen für Gepäck und Frachtgut.

Eine solche selbständige Mitbenutzung eines Gemeinschaftsbahnhofs durch die beteiligten Verwaltungen erfordert größere Bahnhofsanlagen und macht auch den Betrieb kostspieliger; man zieht es daher im allgemeinen vor, die Betriebsführung auf dem Gemeinschaftsbahnhof für gemeinsame Rechnung einer Verwaltung, u. zw. in der Regel der Eigentümerin des Bahnhofs zu überlassen. In diesem Fall wird der gesamte Dienst auf dem Gemeinschaftsbahnhof durch ihre Bediensteten versehen und behalten sich die übrigen Verwaltungen lediglich vor, die Wahrung ihrer Interessen durch einen Vertreter zu überwachen.

Die Anzahl und die Bezüge der Bediensteten in dem Gemeinschaftsbahnhof werden durch Vereinbarungen festgesetzt.

Für die Anlagekosten des Gemeinschaftsbahnhofs bezahlt die mitbenutzende Bahn der Eigentümerin einen Anteil der Zinsen des Anlagekapitals, der entweder im vorhinein bestimmt oder nach dem Verhältnis des Verkehrs jeder Verwaltung ermittelt wird.

erworben und wurden mittels Übereinkommens vom 27. August 1890 die näheren Bedingungen dieser Mitbenutzung festgestellt. Die Gesamtlänge dieser Strecken beträgt rund 400 km.

Den Zugdienst besorgt jede Verwaltung für ihre Züge. Die mit einem Höchstbetrag festgestellten Zinsen des Anlagekapitals der mitbenutzten Strecken werden von beiden Verwaltungen nach Maßgabe der Personen- und Tonnenkilometer, die Kosten für Erhaltung des Bahnkörpers und der sonstigen Bahnanlagen, der 4%ige Zins der Auslagen für Erweiterungsbauten und die Entschädigungen, welche anläßlich der gemeinschaftlichen Betriebsführung zu zahlen sind, nach Verhältnis der gefahrenen Wagenachskilometer getragen. Die Einnahmen, mit Ausschluß jener aus dem Lokalverkehr, werden zwischen den mitbenutzenden Gesellschaften nach bestimmten Grundsätzen verteilt.

In Deutschland ist der M. von Bahnstrecken nur von geringem Umfang und beschränkt sich auf die Mitbenutzung von Grenzstrecken und Verbindungsbahnen sowie auf die Mitbenutzung kurzer Strecken durch einmündende Neben- und Straßenbahnen. Die längsten Strecken, auf denen ein M. stattfindet, sind jene der preußischen Staatsbahn von Ihrhove nach Leer und von Osnabrück nach Ewersburg (12·3 km), auf denen der oldenburgischen Staatsbahn ein M. eingeräumt ist.

In Österreich betrug die Länge der Bahnstrecken im M. im Jahre 1912 342 km. Unter anderm haben folgende Bahnen M. auf fremden Linien: die österreichischen Staatsbahnen auf der Linie Innsbruck-Wörgl (59·6 km) und Spittal-Villach (35·9 km) der Südbahn, die Eisenbahn Wien-Aspang auf einer Strecke (9·6 km) der Südbahn u. s. w.

In Ungarn üben den M. aus: die Staatsbahnen auf einer Strecke (29 km) der Kaschau-Oderberger Eisenbahn, die Marosludas-Beszterczeer Lokalbahn auf einer Strecke (38 km) der Szamosthalbahn, die Czakathurn-Agramer Lokalbahn auf einer Strecke der Südbahn (13 km), die Szamosthalbahn auf einer Strecke der ungarischen Staatsbahn (12·4 km).

II. Mitbetrieb auf einem Bahnhof (Gemeinschaftsbahnhöfe).

Die Fälle dieses M. sind in allen Staaten sehr zahlreich, sie kommen dort vor, wo eine neue Bahn an eine bestehende anschließt und man es vorzieht, an Stelle der Anlage eines getrennten Bahnhofs für die anschließende Bahn den Dienst in dem bestehenden Bahnhof zu vereinigen.

Gemeinschaftsbahnhöfe kommen sowohl für den Dienst von Bahnen desselben Landes als auch an den Landesgrenzen zur Abwicklung des Dienstes der anschließenden Bahnen der beiderseitigen Staaten vor.

Die Fälle gemeinschaftlicher Grenzbahnhöfe sind in neuerer Zeit seltener geworden und pflegen dieselben nunmehr zumeist getrennt gebaut zu werden.

Die Gestattung des Anschlusses ist durch die Gesetzgebung der meisten Staaten (s. § 10, lit. g des österreichischen Eisenbahnkonzessionsgesetzes, § 45 des preußischen Eisenbahngesetzes vom 3. November 1838, Art. 30 des schweizerischen Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1872 u. s. w.) den Eisenbahnen zur Pflicht gemacht und entscheidet mangels einer Einigung der beteiligten Bahnen die Regierung oder das Gericht über die Bedingungen des Anschlusses. Bei Grenzbahnhöfen wird der Anschluß durch einen Staatsvertrag festgestellt, auf Grund dessen die anschließenden Bahnverwaltungen die näheren Bestimmungen über die gemeinsame Benutzung des Grenzbahnhofs vereinbaren.

Der Dienst in Gemeinschaftsstationen wird entweder von jeder mitbenutzenden Bahnverwaltung für sich besorgt oder von einer derselben für die anderen mitversehen. Im ersteren Fall sind jeder Verwaltung gewisse für ihren Dienst erforderliche Räumlichkeiten in den Stationsgebäuden, Gleise sowie sonstige Stationsanlagen zur ausschließlichen Benutzung zugewiesen; andere Räumlichkeiten in dem Bahnhofsgebäude, wie z. B. Wartesäle, Wirtschaftsräume u. s. w. sowie einzelne Gleise und andere Anlagen werden dagegen zur gemeinschaftlichen Benutzung bestimmt. Jede Verwaltung besorgt ihren Dienst selbständig durch ihr eigenes Personal. Sie gibt Fahrkarten in eigenen Schaltern aus und besitzt eigene Abfertigungsstellen für Gepäck und Frachtgut.

Eine solche selbständige Mitbenutzung eines Gemeinschaftsbahnhofs durch die beteiligten Verwaltungen erfordert größere Bahnhofsanlagen und macht auch den Betrieb kostspieliger; man zieht es daher im allgemeinen vor, die Betriebsführung auf dem Gemeinschaftsbahnhof für gemeinsame Rechnung einer Verwaltung, u. zw. in der Regel der Eigentümerin des Bahnhofs zu überlassen. In diesem Fall wird der gesamte Dienst auf dem Gemeinschaftsbahnhof durch ihre Bediensteten versehen und behalten sich die übrigen Verwaltungen lediglich vor, die Wahrung ihrer Interessen durch einen Vertreter zu überwachen.

Die Anzahl und die Bezüge der Bediensteten in dem Gemeinschaftsbahnhof werden durch Vereinbarungen festgesetzt.

Für die Anlagekosten des Gemeinschaftsbahnhofs bezahlt die mitbenutzende Bahn der Eigentümerin einen Anteil der Zinsen des Anlagekapitals, der entweder im vorhinein bestimmt oder nach dem Verhältnis des Verkehrs jeder Verwaltung ermittelt wird.

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[295/0310] erworben und wurden mittels Übereinkommens vom 27. August 1890 die näheren Bedingungen dieser Mitbenutzung festgestellt. Die Gesamtlänge dieser Strecken beträgt rund 400 km. Den Zugdienst besorgt jede Verwaltung für ihre Züge. Die mit einem Höchstbetrag festgestellten Zinsen des Anlagekapitals der mitbenutzten Strecken werden von beiden Verwaltungen nach Maßgabe der Personen- und Tonnenkilometer, die Kosten für Erhaltung des Bahnkörpers und der sonstigen Bahnanlagen, der 4%ige Zins der Auslagen für Erweiterungsbauten und die Entschädigungen, welche anläßlich der gemeinschaftlichen Betriebsführung zu zahlen sind, nach Verhältnis der gefahrenen Wagenachskilometer getragen. Die Einnahmen, mit Ausschluß jener aus dem Lokalverkehr, werden zwischen den mitbenutzenden Gesellschaften nach bestimmten Grundsätzen verteilt. In Deutschland ist der M. von Bahnstrecken nur von geringem Umfang und beschränkt sich auf die Mitbenutzung von Grenzstrecken und Verbindungsbahnen sowie auf die Mitbenutzung kurzer Strecken durch einmündende Neben- und Straßenbahnen. Die längsten Strecken, auf denen ein M. stattfindet, sind jene der preußischen Staatsbahn von Ihrhove nach Leer und von Osnabrück nach Ewersburg (12·3 km), auf denen der oldenburgischen Staatsbahn ein M. eingeräumt ist. In Österreich betrug die Länge der Bahnstrecken im M. im Jahre 1912 342 km. Unter anderm haben folgende Bahnen M. auf fremden Linien: die österreichischen Staatsbahnen auf der Linie Innsbruck-Wörgl (59·6 km) und Spittal-Villach (35·9 km) der Südbahn, die Eisenbahn Wien-Aspang auf einer Strecke (9·6 km) der Südbahn u. s. w. In Ungarn üben den M. aus: die Staatsbahnen auf einer Strecke (29 km) der Kaschau-Oderberger Eisenbahn, die Marosludas-Beszterczeer Lokalbahn auf einer Strecke (38 km) der Szamosthalbahn, die Czakathurn-Agramer Lokalbahn auf einer Strecke der Südbahn (13 km), die Szamosthalbahn auf einer Strecke der ungarischen Staatsbahn (12·4 km). II. Mitbetrieb auf einem Bahnhof (Gemeinschaftsbahnhöfe). Die Fälle dieses M. sind in allen Staaten sehr zahlreich, sie kommen dort vor, wo eine neue Bahn an eine bestehende anschließt und man es vorzieht, an Stelle der Anlage eines getrennten Bahnhofs für die anschließende Bahn den Dienst in dem bestehenden Bahnhof zu vereinigen. Gemeinschaftsbahnhöfe kommen sowohl für den Dienst von Bahnen desselben Landes als auch an den Landesgrenzen zur Abwicklung des Dienstes der anschließenden Bahnen der beiderseitigen Staaten vor. Die Fälle gemeinschaftlicher Grenzbahnhöfe sind in neuerer Zeit seltener geworden und pflegen dieselben nunmehr zumeist getrennt gebaut zu werden. Die Gestattung des Anschlusses ist durch die Gesetzgebung der meisten Staaten (s. § 10, lit. g des österreichischen Eisenbahnkonzessionsgesetzes, § 45 des preußischen Eisenbahngesetzes vom 3. November 1838, Art. 30 des schweizerischen Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1872 u. s. w.) den Eisenbahnen zur Pflicht gemacht und entscheidet mangels einer Einigung der beteiligten Bahnen die Regierung oder das Gericht über die Bedingungen des Anschlusses. Bei Grenzbahnhöfen wird der Anschluß durch einen Staatsvertrag festgestellt, auf Grund dessen die anschließenden Bahnverwaltungen die näheren Bestimmungen über die gemeinsame Benutzung des Grenzbahnhofs vereinbaren. Der Dienst in Gemeinschaftsstationen wird entweder von jeder mitbenutzenden Bahnverwaltung für sich besorgt oder von einer derselben für die anderen mitversehen. Im ersteren Fall sind jeder Verwaltung gewisse für ihren Dienst erforderliche Räumlichkeiten in den Stationsgebäuden, Gleise sowie sonstige Stationsanlagen zur ausschließlichen Benutzung zugewiesen; andere Räumlichkeiten in dem Bahnhofsgebäude, wie z. B. Wartesäle, Wirtschaftsräume u. s. w. sowie einzelne Gleise und andere Anlagen werden dagegen zur gemeinschaftlichen Benutzung bestimmt. Jede Verwaltung besorgt ihren Dienst selbständig durch ihr eigenes Personal. Sie gibt Fahrkarten in eigenen Schaltern aus und besitzt eigene Abfertigungsstellen für Gepäck und Frachtgut. Eine solche selbständige Mitbenutzung eines Gemeinschaftsbahnhofs durch die beteiligten Verwaltungen erfordert größere Bahnhofsanlagen und macht auch den Betrieb kostspieliger; man zieht es daher im allgemeinen vor, die Betriebsführung auf dem Gemeinschaftsbahnhof für gemeinsame Rechnung einer Verwaltung, u. zw. in der Regel der Eigentümerin des Bahnhofs zu überlassen. In diesem Fall wird der gesamte Dienst auf dem Gemeinschaftsbahnhof durch ihre Bediensteten versehen und behalten sich die übrigen Verwaltungen lediglich vor, die Wahrung ihrer Interessen durch einen Vertreter zu überwachen. Die Anzahl und die Bezüge der Bediensteten in dem Gemeinschaftsbahnhof werden durch Vereinbarungen festgesetzt. Für die Anlagekosten des Gemeinschaftsbahnhofs bezahlt die mitbenutzende Bahn der Eigentümerin einen Anteil der Zinsen des Anlagekapitals, der entweder im vorhinein bestimmt oder nach dem Verhältnis des Verkehrs jeder Verwaltung ermittelt wird.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen07_1915/310>, abgerufen am 22.11.2024.