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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915.

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auf der Schiebebühne darf weder Führer noch Heizer seinen Platz auf der Lokomotive verlassen.

IV. Besetzung der Lokomotiven.

Rücksichtlich der Besetzung der Lokomotiven mit Personal ist zu unterscheiden, ob bei einer bestimmten Lokomotive immer ein und dieselbe Mannschaft den Dienst versieht (einfache Besetzung) oder ob die Lokomotive mit wechselndem Personal besetzt wird. Die wechselnde Besetzung kann eine doppelte und auch eine mehrfache sein, wobei fortwährend 2, bzw. mehrere bestimmte Bemannungen in der Dienstleistung bei einer Lokomotive abwechseln, oder eine Gruppenbesetzung, wobei die Dienstleistung abwechselnd, durch eine Anzahl von Bemannungen versehen wird, die kleiner ist als die Anzahl der von diesen Bemannungen zu bedienenden Lokomotiven (amerikanisches System).

Bei den europäischen Bahnen werden die Lokomotiven zumeist entweder einfach oder doppelt und nur zur Zeit des großen Verkehrs oder bei Maschinenmangel mehrfach besetzt. Die Gruppenbesetzung steht bei vielen amerikanischen, jedoch nur bei wenigen europäischen Bahnen in ständiger Anwendung.

Bei einfacher Besetzung bleibt die Lokomotive so lange in Betrieb, als die Dienstleistung der Bemannung dauert; bei wechselnder Besetzung so lange, als dies mit Rücksicht auf das Auswaschen der Kessel und die Vornahme von Ausbesserungen möglich ist.

Bei wechselnder Besetzung kann die Übergabe der Lokomotive sowie die Erstattung von Meldungen durch die jeweilige Lokomotivmannschaft an den diensthabenden Zugförderungsbeamten (Maschinenmeister) erfolgen, der die Lokomotive sodann der betriebübernehmenden Mannschaft weiter zu übergeben hat, oder die zu übergebende Lokomotive wird von der ankommenden Lokomotivmannschaft unter Beisein des Zugförderungsbeamten unmittelbar an die den Dienst übernehmende Mannschaft übergeben.

Für den Zustand der Lokomotive sind bei wechselnder Besetzung stets alle Personalpartien, die auf der betreffenden Lokomotive Dienst leisten, gemeinsam verantwortlich, falls nicht beim Auftreten eines Gebrechens das Verschulden einer Lokomotivmannschaft unzweifelhaft festgestellt werden kann.

In der Regel ist jede Lokomotive nur mit dem Lokomotivführer und einem Heizer besetzt, in den seltensten Fällen, wenn der Heizer infolge besonders langer Dienstdauer und der Beschaffenheit der Strecke ununterbrochen angestrengt in Anspruch genommen wird, sowie bei Minderwertigkeit des Brennstoffs (beispielsweise bei Torf- oder Holzfeuerung) wird ein zweiter Heizer zur Aushilfe beigegeben.

Unter gewissen Verhältnissen kann es bei Sekundärzügen sowie bei Zügen auf Lokal- und Industriebahnen gestattet werden, die Lokomotive nur mit dem Lokomotivführer allein (einmännige Bedienung) zu besetzen, doch darf in diesen Fällen der Lokomotivführer nicht zu sehr durch die Feuerbedienung von der Streckenbeobachtung abgelenkt werden. Die einmännige Bedienung wird daher durch Verwendung flüssiger Brennstoffe begünstigt (vgl. Heizölfeuerungen, Bd. V). Bei dieser Betriebsart ist es erforderlich, daß ein Zugbegleiter auf die Lokomotive gelangen und den Zug zum Stillstande bringen kann und ist daher stets eine Verbindungsbrücke zwischen dem Dienstwagen und der Lokomotive vorzusehen.

V. Lokomotivmannschaft.

a) Befähigung, Ausbildung, Prüfung. Da von der sorgfältigen und gewissenhaften Ausführung des L. die Sicherheit und Regelmäßigkeit des Verkehrs in erster Linie abhängig sind, ist dieser Dienst seitens der Eisenbahnverwaltungen genauestens geregelt, und wird auch bei der Aufnahme der Lokomotivmannschaft mit besonderer Strenge vorgegangen. Außer einer kräftigen, gesunden Körperbeschaffenheit, ausgezeichneten Sinnesorganen und einer allgemeinen Vorbildung muß die Lokomotivmannschaft noch entsprechende Charaktereigenschaften, wie: Geistesgegenwart, Pflichttreue, Wachsamkeit, Mut und Nüchternheit besitzen. Zunächst wird der Anfänger in den Verrichtungen des Heizers eingeschult und erst dann, wenn er im stände ist, die Feuerung und Schmierung der Lokomotive, ferner das Anhalten zu besorgen, wird er zur selbständigen Dienstleistung als Heizer herangezogen. Bis dahin muß er sich auch die genaue Kenntnis der Signalvorschriften angeeignet haben.

Zur selbständigen Führung einer Lokomotive ist der Lokomotivheizer erst dann berechtigt, wenn er sowohl die gesetzlich vorgeschriebene als auch die etwa besondere amtliche Prüfung abgelegt hat. Zur Lokomotivführerprüfung werden in der Regel nur jene Heizer zugelassen, die das Staatsbürgerrecht besitzen, der Heerespflicht Genüge geleistet haben, im Alter zwischen dem 18. und 32. Jahre stehen, ein ehrenhaftes Vorleben aufweisen und bei denen ferner auf Grund bahnärztlicher Untersuchung eine kräftige Körperbeschaffenheit nachgewiesen wird. (Die

auf der Schiebebühne darf weder Führer noch Heizer seinen Platz auf der Lokomotive verlassen.

IV. Besetzung der Lokomotiven.

Rücksichtlich der Besetzung der Lokomotiven mit Personal ist zu unterscheiden, ob bei einer bestimmten Lokomotive immer ein und dieselbe Mannschaft den Dienst versieht (einfache Besetzung) oder ob die Lokomotive mit wechselndem Personal besetzt wird. Die wechselnde Besetzung kann eine doppelte und auch eine mehrfache sein, wobei fortwährend 2, bzw. mehrere bestimmte Bemannungen in der Dienstleistung bei einer Lokomotive abwechseln, oder eine Gruppenbesetzung, wobei die Dienstleistung abwechselnd, durch eine Anzahl von Bemannungen versehen wird, die kleiner ist als die Anzahl der von diesen Bemannungen zu bedienenden Lokomotiven (amerikanisches System).

Bei den europäischen Bahnen werden die Lokomotiven zumeist entweder einfach oder doppelt und nur zur Zeit des großen Verkehrs oder bei Maschinenmangel mehrfach besetzt. Die Gruppenbesetzung steht bei vielen amerikanischen, jedoch nur bei wenigen europäischen Bahnen in ständiger Anwendung.

Bei einfacher Besetzung bleibt die Lokomotive so lange in Betrieb, als die Dienstleistung der Bemannung dauert; bei wechselnder Besetzung so lange, als dies mit Rücksicht auf das Auswaschen der Kessel und die Vornahme von Ausbesserungen möglich ist.

Bei wechselnder Besetzung kann die Übergabe der Lokomotive sowie die Erstattung von Meldungen durch die jeweilige Lokomotivmannschaft an den diensthabenden Zugförderungsbeamten (Maschinenmeister) erfolgen, der die Lokomotive sodann der betriebübernehmenden Mannschaft weiter zu übergeben hat, oder die zu übergebende Lokomotive wird von der ankommenden Lokomotivmannschaft unter Beisein des Zugförderungsbeamten unmittelbar an die den Dienst übernehmende Mannschaft übergeben.

Für den Zustand der Lokomotive sind bei wechselnder Besetzung stets alle Personalpartien, die auf der betreffenden Lokomotive Dienst leisten, gemeinsam verantwortlich, falls nicht beim Auftreten eines Gebrechens das Verschulden einer Lokomotivmannschaft unzweifelhaft festgestellt werden kann.

In der Regel ist jede Lokomotive nur mit dem Lokomotivführer und einem Heizer besetzt, in den seltensten Fällen, wenn der Heizer infolge besonders langer Dienstdauer und der Beschaffenheit der Strecke ununterbrochen angestrengt in Anspruch genommen wird, sowie bei Minderwertigkeit des Brennstoffs (beispielsweise bei Torf- oder Holzfeuerung) wird ein zweiter Heizer zur Aushilfe beigegeben.

Unter gewissen Verhältnissen kann es bei Sekundärzügen sowie bei Zügen auf Lokal- und Industriebahnen gestattet werden, die Lokomotive nur mit dem Lokomotivführer allein (einmännige Bedienung) zu besetzen, doch darf in diesen Fällen der Lokomotivführer nicht zu sehr durch die Feuerbedienung von der Streckenbeobachtung abgelenkt werden. Die einmännige Bedienung wird daher durch Verwendung flüssiger Brennstoffe begünstigt (vgl. Heizölfeuerungen, Bd. V). Bei dieser Betriebsart ist es erforderlich, daß ein Zugbegleiter auf die Lokomotive gelangen und den Zug zum Stillstande bringen kann und ist daher stets eine Verbindungsbrücke zwischen dem Dienstwagen und der Lokomotive vorzusehen.

V. Lokomotivmannschaft.

a) Befähigung, Ausbildung, Prüfung. Da von der sorgfältigen und gewissenhaften Ausführung des L. die Sicherheit und Regelmäßigkeit des Verkehrs in erster Linie abhängig sind, ist dieser Dienst seitens der Eisenbahnverwaltungen genauestens geregelt, und wird auch bei der Aufnahme der Lokomotivmannschaft mit besonderer Strenge vorgegangen. Außer einer kräftigen, gesunden Körperbeschaffenheit, ausgezeichneten Sinnesorganen und einer allgemeinen Vorbildung muß die Lokomotivmannschaft noch entsprechende Charaktereigenschaften, wie: Geistesgegenwart, Pflichttreue, Wachsamkeit, Mut und Nüchternheit besitzen. Zunächst wird der Anfänger in den Verrichtungen des Heizers eingeschult und erst dann, wenn er im stände ist, die Feuerung und Schmierung der Lokomotive, ferner das Anhalten zu besorgen, wird er zur selbständigen Dienstleistung als Heizer herangezogen. Bis dahin muß er sich auch die genaue Kenntnis der Signalvorschriften angeeignet haben.

Zur selbständigen Führung einer Lokomotive ist der Lokomotivheizer erst dann berechtigt, wenn er sowohl die gesetzlich vorgeschriebene als auch die etwa besondere amtliche Prüfung abgelegt hat. Zur Lokomotivführerprüfung werden in der Regel nur jene Heizer zugelassen, die das Staatsbürgerrecht besitzen, der Heerespflicht Genüge geleistet haben, im Alter zwischen dem 18. und 32. Jahre stehen, ein ehrenhaftes Vorleben aufweisen und bei denen ferner auf Grund bahnärztlicher Untersuchung eine kräftige Körperbeschaffenheit nachgewiesen wird. (Die

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[182/0194] auf der Schiebebühne darf weder Führer noch Heizer seinen Platz auf der Lokomotive verlassen. IV. Besetzung der Lokomotiven. Rücksichtlich der Besetzung der Lokomotiven mit Personal ist zu unterscheiden, ob bei einer bestimmten Lokomotive immer ein und dieselbe Mannschaft den Dienst versieht (einfache Besetzung) oder ob die Lokomotive mit wechselndem Personal besetzt wird. Die wechselnde Besetzung kann eine doppelte und auch eine mehrfache sein, wobei fortwährend 2, bzw. mehrere bestimmte Bemannungen in der Dienstleistung bei einer Lokomotive abwechseln, oder eine Gruppenbesetzung, wobei die Dienstleistung abwechselnd, durch eine Anzahl von Bemannungen versehen wird, die kleiner ist als die Anzahl der von diesen Bemannungen zu bedienenden Lokomotiven (amerikanisches System). Bei den europäischen Bahnen werden die Lokomotiven zumeist entweder einfach oder doppelt und nur zur Zeit des großen Verkehrs oder bei Maschinenmangel mehrfach besetzt. Die Gruppenbesetzung steht bei vielen amerikanischen, jedoch nur bei wenigen europäischen Bahnen in ständiger Anwendung. Bei einfacher Besetzung bleibt die Lokomotive so lange in Betrieb, als die Dienstleistung der Bemannung dauert; bei wechselnder Besetzung so lange, als dies mit Rücksicht auf das Auswaschen der Kessel und die Vornahme von Ausbesserungen möglich ist. Bei wechselnder Besetzung kann die Übergabe der Lokomotive sowie die Erstattung von Meldungen durch die jeweilige Lokomotivmannschaft an den diensthabenden Zugförderungsbeamten (Maschinenmeister) erfolgen, der die Lokomotive sodann der betriebübernehmenden Mannschaft weiter zu übergeben hat, oder die zu übergebende Lokomotive wird von der ankommenden Lokomotivmannschaft unter Beisein des Zugförderungsbeamten unmittelbar an die den Dienst übernehmende Mannschaft übergeben. Für den Zustand der Lokomotive sind bei wechselnder Besetzung stets alle Personalpartien, die auf der betreffenden Lokomotive Dienst leisten, gemeinsam verantwortlich, falls nicht beim Auftreten eines Gebrechens das Verschulden einer Lokomotivmannschaft unzweifelhaft festgestellt werden kann. In der Regel ist jede Lokomotive nur mit dem Lokomotivführer und einem Heizer besetzt, in den seltensten Fällen, wenn der Heizer infolge besonders langer Dienstdauer und der Beschaffenheit der Strecke ununterbrochen angestrengt in Anspruch genommen wird, sowie bei Minderwertigkeit des Brennstoffs (beispielsweise bei Torf- oder Holzfeuerung) wird ein zweiter Heizer zur Aushilfe beigegeben. Unter gewissen Verhältnissen kann es bei Sekundärzügen sowie bei Zügen auf Lokal- und Industriebahnen gestattet werden, die Lokomotive nur mit dem Lokomotivführer allein (einmännige Bedienung) zu besetzen, doch darf in diesen Fällen der Lokomotivführer nicht zu sehr durch die Feuerbedienung von der Streckenbeobachtung abgelenkt werden. Die einmännige Bedienung wird daher durch Verwendung flüssiger Brennstoffe begünstigt (vgl. Heizölfeuerungen, Bd. V). Bei dieser Betriebsart ist es erforderlich, daß ein Zugbegleiter auf die Lokomotive gelangen und den Zug zum Stillstande bringen kann und ist daher stets eine Verbindungsbrücke zwischen dem Dienstwagen und der Lokomotive vorzusehen. V. Lokomotivmannschaft. a) Befähigung, Ausbildung, Prüfung. Da von der sorgfältigen und gewissenhaften Ausführung des L. die Sicherheit und Regelmäßigkeit des Verkehrs in erster Linie abhängig sind, ist dieser Dienst seitens der Eisenbahnverwaltungen genauestens geregelt, und wird auch bei der Aufnahme der Lokomotivmannschaft mit besonderer Strenge vorgegangen. Außer einer kräftigen, gesunden Körperbeschaffenheit, ausgezeichneten Sinnesorganen und einer allgemeinen Vorbildung muß die Lokomotivmannschaft noch entsprechende Charaktereigenschaften, wie: Geistesgegenwart, Pflichttreue, Wachsamkeit, Mut und Nüchternheit besitzen. Zunächst wird der Anfänger in den Verrichtungen des Heizers eingeschult und erst dann, wenn er im stände ist, die Feuerung und Schmierung der Lokomotive, ferner das Anhalten zu besorgen, wird er zur selbständigen Dienstleistung als Heizer herangezogen. Bis dahin muß er sich auch die genaue Kenntnis der Signalvorschriften angeeignet haben. Zur selbständigen Führung einer Lokomotive ist der Lokomotivheizer erst dann berechtigt, wenn er sowohl die gesetzlich vorgeschriebene als auch die etwa besondere amtliche Prüfung abgelegt hat. Zur Lokomotivführerprüfung werden in der Regel nur jene Heizer zugelassen, die das Staatsbürgerrecht besitzen, der Heerespflicht Genüge geleistet haben, im Alter zwischen dem 18. und 32. Jahre stehen, ein ehrenhaftes Vorleben aufweisen und bei denen ferner auf Grund bahnärztlicher Untersuchung eine kräftige Körperbeschaffenheit nachgewiesen wird. (Die

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen07_1915/194>, abgerufen am 24.11.2024.