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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.

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Besonderheit zu Nr. 3 (Ersatzberechtigte und ihre Ansprüche): Die Entschädigung umfaßt a) die Heilungskosten, b) Ersatz für die Unterbrechung der Berufstätigkeit, c) Genugtuung für die erlittenen Schmerzen und die bleibende Verunstaltung.

II. Spezialrecht für die Eisenbahnen.

Die im Artikel H. der Eisenbahnen unter I, Nr. 1 und 2 erwähnten Normen (S. 50) sind für die mit Dampfkraft betriebenen Eisenbahnen (auch die im Bau befindlichen) in dem HPG. vom 12. März 1886 noch einmal besonders ausgesprochen worden (§§ 2, 6, 7, 8 HPG.). Ferner enthält das Gesetz als eisenbahnrechtliche Besonderheiten, die auch für Tötungen und Körperverletzungen gelten, die bereits im genannten Artikel unter II, Nr. 2 und 4 (s. S. 50) dargestellten Bestimmungen.

Außerdem hatte das HPG. in seinen §§ 3 und 4 bei Tötungen und körperlichen Verletzungen von Arbeitern und Bediensteten der Bahn eine verschärfte H. eingeführt. Diese Bestimmungen wurden aber vom 1. Januar 1903 an für das neu zugehende Personal ersetzt durch das Gesetz vom 5. Juli 1901, betreffend den Schadenersatz bei Arbeitsunfällen, das sich an die Grundsätze des französischen Gesetzes vom 9. April 1898 (s. unter Frankreich) anlehnt.

Inhalt des Gesetzes vom 5. Juli 1901:

1. Voraussetzung ist die Tötung oder körperliche Verletzung eines Bahnbediensteten oder Arbeiters infolge eines Unglücksfalles bei der Arbeit (§ 1, Abs. 1 u. 3, § 3, Ziff. 11). Die Beweislast trifft den Kläger. Die Bahn kann sich durch den Nachweis befreien, daß die Verletzung entweder vom Beschädigten selbst vorsätzlich oder grob fahrlässig oder von einem Dritten, der aber nicht zu den Vorgesetzten des Verletzten gehören darf, vorsätzlich herbeigeführt worden ist (§ 1, Abs. 2).

2. Ersatzpflichtig ist die Bahn als Arbeitgeberin (§ 1).

3. Kreis der Ersatzberechtigten und Umfang ihrer Ansprüche: a) Im Falle der Körperverletzung erhält der Verletzte a) bei dauernder völliger Arbeitsunfähigkeit eine jährliche Rente von 300 K; b) bei dauernder teil weiser Arbeitsunfähigkeit, wenn die Verminderung der Erwerbsfähigkeit mindestens 1/10 beträgt, als jährliche Rente einen dem Prozentsatz der Verminderung entsprechenden Bruchteil des Betrages von 300 K; g) bei vorübergehender wesentlicher Minderung der Arbeitsfähigkeit eine Krankenunterstützung von 1 Krone für den Tag. Sämtliche Entschädigungen werden erst für die Zeit vom 61. Tage nach dem Unfall bezahlt; solange noch nicht feststeht, ob dauernder Verlust oder dauernde Verminderung der Arbeitsunfähigkeit eintritt, ist die tägliche Krankenunterstützung zu leisten (§ 4).

b) Im Falle der Tötung gehen a) die von dem Verstorbenen nach a) bereits erwachsenen Rechte auf die Erben über; b) außerdem ist denjenigen, die für das Begräbnis aufkommen, ein Zuschuß von 60 K zu bezahlen; g) ferner erhält die Witwe aus einer schon vor dem Unglücksfall geschlossenen Ehe eine jährliche Rente von 120 K vom Todestage bis zur Wiederverheiratung; d) jedes minderjährige Kind, das vor dem Unglücksfalle bereits, lebte oder nachher in einer vor dem Unfall geschlossenen Ehe geboren wird, erhält eine jährliche Rente von 50 K vom Todestag bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres. Würden die Hinterbliebenenrenten zusammen mehr als 300 K im Jahr betragen, so werden sie verhältnismäßig gekürzt (§ 4).

K. Rußland.

I. Allgemeines bürgerliches Recht.

Die im Artikel Haftpflicht der Eisenbahnen dargestellten allgemeinen Grundsätze des russischen Deliktsrechts finden auch auf Tötungen und Körperverletzungen Anwendung.

Besonderheiten zu Nr. 2 (die Bahn als Trägerin der H.): Versicherungssummen werden auf die Ersatzpflicht angerechnet.

Zu Nr. 3 (Ersatzberechtigte und ihre Ansprüche): a) Im Falle der Körperverletzung ist lediglich der Verletzte ersatzberechtigt, u. zw. bekommt er a) die Kosten der Behandlung und Pflege; b) wenn er Familie hat und sie aus eigener Arbeit erhält, die für ihren Unterhalt bis zum Ende der Krankheit aufzuwendenden Beträge; g) bei dauernder Unfähigkeit zum Erwerb in dem bisherigen Beruf den Unterhalt für sich und die Familie in Form einer jährlichen Geldrente in der Höhe, die dem Gericht mit Rücksicht auf den Stand und die Verdienstaussichten des Verletzten einerseits und die Vermögensverhältnisse des Haftpflichtigen anderseits angemessen erscheint; d) wenn ein unverheiratetes Mädchen oder eine Witwe im Gesicht eine nicht zu beseitigende Verunstaltung erleidet und keine Existenzmittel besitzt, bekommt es den ihrem Stand und dem Vermögen des Haftpflichtigen entsprechenden Unterhalt bis zu einer versorgenden Verheiratung.

Als Familienglieder im Falle b und g zählt das Gesetz die Ehefrau, minderjährige Söhne, unverheiratete Töchter und die Eltern des Verletzten auf. Doch sind nach der Rechtsprechung auch alle anderen gesetzlich Unterhaltsberechtigten, sowie die tatsächlich vom

Besonderheit zu Nr. 3 (Ersatzberechtigte und ihre Ansprüche): Die Entschädigung umfaßt a) die Heilungskosten, b) Ersatz für die Unterbrechung der Berufstätigkeit, c) Genugtuung für die erlittenen Schmerzen und die bleibende Verunstaltung.

II. Spezialrecht für die Eisenbahnen.

Die im Artikel H. der Eisenbahnen unter I, Nr. 1 und 2 erwähnten Normen (S. 50) sind für die mit Dampfkraft betriebenen Eisenbahnen (auch die im Bau befindlichen) in dem HPG. vom 12. März 1886 noch einmal besonders ausgesprochen worden (§§ 2, 6, 7, 8 HPG.). Ferner enthält das Gesetz als eisenbahnrechtliche Besonderheiten, die auch für Tötungen und Körperverletzungen gelten, die bereits im genannten Artikel unter II, Nr. 2 und 4 (s. S. 50) dargestellten Bestimmungen.

Außerdem hatte das HPG. in seinen §§ 3 und 4 bei Tötungen und körperlichen Verletzungen von Arbeitern und Bediensteten der Bahn eine verschärfte H. eingeführt. Diese Bestimmungen wurden aber vom 1. Januar 1903 an für das neu zugehende Personal ersetzt durch das Gesetz vom 5. Juli 1901, betreffend den Schadenersatz bei Arbeitsunfällen, das sich an die Grundsätze des französischen Gesetzes vom 9. April 1898 (s. unter Frankreich) anlehnt.

Inhalt des Gesetzes vom 5. Juli 1901:

1. Voraussetzung ist die Tötung oder körperliche Verletzung eines Bahnbediensteten oder Arbeiters infolge eines Unglücksfalles bei der Arbeit (§ 1, Abs. 1 u. 3, § 3, Ziff. 11). Die Beweislast trifft den Kläger. Die Bahn kann sich durch den Nachweis befreien, daß die Verletzung entweder vom Beschädigten selbst vorsätzlich oder grob fahrlässig oder von einem Dritten, der aber nicht zu den Vorgesetzten des Verletzten gehören darf, vorsätzlich herbeigeführt worden ist (§ 1, Abs. 2).

2. Ersatzpflichtig ist die Bahn als Arbeitgeberin (§ 1).

3. Kreis der Ersatzberechtigten und Umfang ihrer Ansprüche: a) Im Falle der Körperverletzung erhält der Verletzte α) bei dauernder völliger Arbeitsunfähigkeit eine jährliche Rente von 300 K; β) bei dauernder teil weiser Arbeitsunfähigkeit, wenn die Verminderung der Erwerbsfähigkeit mindestens 1/10 beträgt, als jährliche Rente einen dem Prozentsatz der Verminderung entsprechenden Bruchteil des Betrages von 300 K; γ) bei vorübergehender wesentlicher Minderung der Arbeitsfähigkeit eine Krankenunterstützung von 1 Krone für den Tag. Sämtliche Entschädigungen werden erst für die Zeit vom 61. Tage nach dem Unfall bezahlt; solange noch nicht feststeht, ob dauernder Verlust oder dauernde Verminderung der Arbeitsunfähigkeit eintritt, ist die tägliche Krankenunterstützung zu leisten (§ 4).

b) Im Falle der Tötung gehen α) die von dem Verstorbenen nach a) bereits erwachsenen Rechte auf die Erben über; β) außerdem ist denjenigen, die für das Begräbnis aufkommen, ein Zuschuß von 60 K zu bezahlen; γ) ferner erhält die Witwe aus einer schon vor dem Unglücksfall geschlossenen Ehe eine jährliche Rente von 120 K vom Todestage bis zur Wiederverheiratung; δ) jedes minderjährige Kind, das vor dem Unglücksfalle bereits, lebte oder nachher in einer vor dem Unfall geschlossenen Ehe geboren wird, erhält eine jährliche Rente von 50 K vom Todestag bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres. Würden die Hinterbliebenenrenten zusammen mehr als 300 K im Jahr betragen, so werden sie verhältnismäßig gekürzt (§ 4).

K. Rußland.

I. Allgemeines bürgerliches Recht.

Die im Artikel Haftpflicht der Eisenbahnen dargestellten allgemeinen Grundsätze des russischen Deliktsrechts finden auch auf Tötungen und Körperverletzungen Anwendung.

Besonderheiten zu Nr. 2 (die Bahn als Trägerin der H.): Versicherungssummen werden auf die Ersatzpflicht angerechnet.

Zu Nr. 3 (Ersatzberechtigte und ihre Ansprüche): a) Im Falle der Körperverletzung ist lediglich der Verletzte ersatzberechtigt, u. zw. bekommt er α) die Kosten der Behandlung und Pflege; β) wenn er Familie hat und sie aus eigener Arbeit erhält, die für ihren Unterhalt bis zum Ende der Krankheit aufzuwendenden Beträge; γ) bei dauernder Unfähigkeit zum Erwerb in dem bisherigen Beruf den Unterhalt für sich und die Familie in Form einer jährlichen Geldrente in der Höhe, die dem Gericht mit Rücksicht auf den Stand und die Verdienstaussichten des Verletzten einerseits und die Vermögensverhältnisse des Haftpflichtigen anderseits angemessen erscheint; δ) wenn ein unverheiratetes Mädchen oder eine Witwe im Gesicht eine nicht zu beseitigende Verunstaltung erleidet und keine Existenzmittel besitzt, bekommt es den ihrem Stand und dem Vermögen des Haftpflichtigen entsprechenden Unterhalt bis zu einer versorgenden Verheiratung.

Als Familienglieder im Falle β und γ zählt das Gesetz die Ehefrau, minderjährige Söhne, unverheiratete Töchter und die Eltern des Verletzten auf. Doch sind nach der Rechtsprechung auch alle anderen gesetzlich Unterhaltsberechtigten, sowie die tatsächlich vom

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[68/0079] Besonderheit zu Nr. 3 (Ersatzberechtigte und ihre Ansprüche): Die Entschädigung umfaßt a) die Heilungskosten, b) Ersatz für die Unterbrechung der Berufstätigkeit, c) Genugtuung für die erlittenen Schmerzen und die bleibende Verunstaltung. II. Spezialrecht für die Eisenbahnen. Die im Artikel H. der Eisenbahnen unter I, Nr. 1 und 2 erwähnten Normen (S. 50) sind für die mit Dampfkraft betriebenen Eisenbahnen (auch die im Bau befindlichen) in dem HPG. vom 12. März 1886 noch einmal besonders ausgesprochen worden (§§ 2, 6, 7, 8 HPG.). Ferner enthält das Gesetz als eisenbahnrechtliche Besonderheiten, die auch für Tötungen und Körperverletzungen gelten, die bereits im genannten Artikel unter II, Nr. 2 und 4 (s. S. 50) dargestellten Bestimmungen. Außerdem hatte das HPG. in seinen §§ 3 und 4 bei Tötungen und körperlichen Verletzungen von Arbeitern und Bediensteten der Bahn eine verschärfte H. eingeführt. Diese Bestimmungen wurden aber vom 1. Januar 1903 an für das neu zugehende Personal ersetzt durch das Gesetz vom 5. Juli 1901, betreffend den Schadenersatz bei Arbeitsunfällen, das sich an die Grundsätze des französischen Gesetzes vom 9. April 1898 (s. unter Frankreich) anlehnt. Inhalt des Gesetzes vom 5. Juli 1901: 1. Voraussetzung ist die Tötung oder körperliche Verletzung eines Bahnbediensteten oder Arbeiters infolge eines Unglücksfalles bei der Arbeit (§ 1, Abs. 1 u. 3, § 3, Ziff. 11). Die Beweislast trifft den Kläger. Die Bahn kann sich durch den Nachweis befreien, daß die Verletzung entweder vom Beschädigten selbst vorsätzlich oder grob fahrlässig oder von einem Dritten, der aber nicht zu den Vorgesetzten des Verletzten gehören darf, vorsätzlich herbeigeführt worden ist (§ 1, Abs. 2). 2. Ersatzpflichtig ist die Bahn als Arbeitgeberin (§ 1). 3. Kreis der Ersatzberechtigten und Umfang ihrer Ansprüche: a) Im Falle der Körperverletzung erhält der Verletzte α) bei dauernder völliger Arbeitsunfähigkeit eine jährliche Rente von 300 K; β) bei dauernder teil weiser Arbeitsunfähigkeit, wenn die Verminderung der Erwerbsfähigkeit mindestens 1/10 beträgt, als jährliche Rente einen dem Prozentsatz der Verminderung entsprechenden Bruchteil des Betrages von 300 K; γ) bei vorübergehender wesentlicher Minderung der Arbeitsfähigkeit eine Krankenunterstützung von 1 Krone für den Tag. Sämtliche Entschädigungen werden erst für die Zeit vom 61. Tage nach dem Unfall bezahlt; solange noch nicht feststeht, ob dauernder Verlust oder dauernde Verminderung der Arbeitsunfähigkeit eintritt, ist die tägliche Krankenunterstützung zu leisten (§ 4). b) Im Falle der Tötung gehen α) die von dem Verstorbenen nach a) bereits erwachsenen Rechte auf die Erben über; β) außerdem ist denjenigen, die für das Begräbnis aufkommen, ein Zuschuß von 60 K zu bezahlen; γ) ferner erhält die Witwe aus einer schon vor dem Unglücksfall geschlossenen Ehe eine jährliche Rente von 120 K vom Todestage bis zur Wiederverheiratung; δ) jedes minderjährige Kind, das vor dem Unglücksfalle bereits, lebte oder nachher in einer vor dem Unfall geschlossenen Ehe geboren wird, erhält eine jährliche Rente von 50 K vom Todestag bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres. Würden die Hinterbliebenenrenten zusammen mehr als 300 K im Jahr betragen, so werden sie verhältnismäßig gekürzt (§ 4). K. Rußland. I. Allgemeines bürgerliches Recht. Die im Artikel Haftpflicht der Eisenbahnen dargestellten allgemeinen Grundsätze des russischen Deliktsrechts finden auch auf Tötungen und Körperverletzungen Anwendung. Besonderheiten zu Nr. 2 (die Bahn als Trägerin der H.): Versicherungssummen werden auf die Ersatzpflicht angerechnet. Zu Nr. 3 (Ersatzberechtigte und ihre Ansprüche): a) Im Falle der Körperverletzung ist lediglich der Verletzte ersatzberechtigt, u. zw. bekommt er α) die Kosten der Behandlung und Pflege; β) wenn er Familie hat und sie aus eigener Arbeit erhält, die für ihren Unterhalt bis zum Ende der Krankheit aufzuwendenden Beträge; γ) bei dauernder Unfähigkeit zum Erwerb in dem bisherigen Beruf den Unterhalt für sich und die Familie in Form einer jährlichen Geldrente in der Höhe, die dem Gericht mit Rücksicht auf den Stand und die Verdienstaussichten des Verletzten einerseits und die Vermögensverhältnisse des Haftpflichtigen anderseits angemessen erscheint; δ) wenn ein unverheiratetes Mädchen oder eine Witwe im Gesicht eine nicht zu beseitigende Verunstaltung erleidet und keine Existenzmittel besitzt, bekommt es den ihrem Stand und dem Vermögen des Haftpflichtigen entsprechenden Unterhalt bis zu einer versorgenden Verheiratung. Als Familienglieder im Falle β und γ zählt das Gesetz die Ehefrau, minderjährige Söhne, unverheiratete Töchter und die Eltern des Verletzten auf. Doch sind nach der Rechtsprechung auch alle anderen gesetzlich Unterhaltsberechtigten, sowie die tatsächlich vom

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen06_1914/79>, abgerufen am 24.11.2024.