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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.

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der zweiten Hälfte des Jahres 1880 begann der Bau der "Tsurugalinie". Sie geht von Nagahama aus, das auf dem Biwasee von dem andern Eisenbahnendpunkt Otsu erreicht werden konnte, und führt nach Tsuruga, dem Hafen für die Fahrt nach Ostsibirien (Wladiwostok). Die technischen Schwierigkeiten auf dieser Strecke waren erheblich größer als die der Linie Kioto-Otsu (mehrere Tunnel zwischen Janagase und Hikita mit Gefällen bis 1 : 40). 1882 waren je 16 km auf beiden Seiten des Haupttunnels fertig, dessen Vollendung bis 1884 dauerte. Die Gesamtlänge der Bahn beträgt 45 km. Sie erforderte rund 146.600 M. für das km, die Bauleitung lag nur in Händen japanischer Ingenieure mit wenigen europäischen Beratern.

Damit endet die erste Periode, die der staatlichen Unternehmung. Aber der Staat verzichtete darum in der Folgezeit keineswegs auf seine Mitwirkung und richtete seine Arbeitskraft besonders auf Mitteljapan, den Osten und Westen dem Privatunternehmen überlassend. Besonders wichtig mußte namentlich vom militärischen Standpunkt aus die Verbindung der Hauptstadt mit dem Meere am andern Ufer sein. Auch hierfür wurde Tsuruga als Endpunkt vorgesehen. Unter Überwindung erheblichen Widerstandes im Schoße der Regierung gelang es zunächst den Beschluß einer Verlängerung der Tsurugalinie von Nagahama ostwärts über Sekigahara nach Ogaki durchzusetzen (1882/83). Aber erst der Erfolg der privaten Nipponbahn, die ihre Linie bis zu dem nordwestlich Tokio gelegenen Takasaki erstreckt hatte, bewog die Regierung zu dem großen Entschluß, eine Anleihe von 60 Mill. Yen aufzunehmen (23. Dezember 1885), um die Verbindung der Bahnen um Tokio mit den bereits bestehenden westlichen Bahnen zu schließen. Den militärischen Beratern erschien die Verbindung von Tagasaki mit Ogaki als das Gegebene, denn sie führte nach dem Innern des Landes. Sie wurde nach der großen Heerstraße die "Nakasendo"-Linie genannt und die anfänglichen Pläne wurden nach ihr ausgearbeitet. Allmählich aber kam man zur Einsicht, daß das Unternehmen verfehlt sein würde, da die technischen Schwierigkeiten fast unüberwindlich erschienen, hohe Gebirgszüge und breite Flüsse gekreuzt werden mußten, während das Land dünn bevölkert ist. So gewann der Gedanke der "Tokaido"-Linie längs der so genannten Straße nahe dem Meere Anhänger. Diese entbehrte zwar auch nicht aller technischen Schwierigkeiten, war aber viel leichter zu bauen und erschloß vor allem das bevölkerte und betriebsame Küstenland. 1886 wurde der Widerstand der Militärs überwunden, der Bau der Tokaidolinie beschlossen und in den folgenden Jahren ausgeführt. Als der japanische Reichstag 1890 zusammentrat, waren die Verbindungen nach Westen - und Nordwesten - in der Hauptsache fertig, d. h., es bestand von Tokio aus westwärts die Linie über Jokohama-Gotemba-Nagoya-Ogaki-Sekigahara-Nagahama-Otsu-Kioto-Osaka- Kobe und die Linie von Nagahama nach Tsuruga, im ganzen ein Staatsbahnnetz von 550 Meilen, mit einem Kostenaufwand von rund 36 Mill. Yen hergestellt.

Bis zur allgemeinen Verstaatlichung vergrößerte der Staat sein eigenes Bahnnetz auf der Insel Hondo auf mehr als das Doppelte. Die wichtigsten staatlichen Unternehmungen aus jener Zeit waren die Hokuriku-, O-U- und Shinyetsulinien. Die Hokurikulinie bedeutet den mittleren Teil einer großen zukünftigen Küstengürtelbahn und führt von Tsuruga mit 120 km nach Toyama. Sie wurde am 20. März 1899 eröffnet. Die Shinyetsulinie stellt den zweiten Querweg von Küste zu Küste dar, knüpft an die Nipponbahn im Orte Takasaki an und führt nordwärts nach dem Hafenort Naoetsu. Durch eine Privatbahn ist eine nördliche Verlängerung bis Niigita hergestellt. Die Shinyetsulinie wurde am 1. April 1893 in der ganzen Länge von 188·36 km eröffnet; sie stellte wohl die bedeutendsten Anforderungen an japanische Ingenieurkunst. Es mußten die Usuipässe (941 m hoch) zwischen Jokogawa und Karuizawa überwunden werden; es geschah dies in Nachbildung deutscher Technik auf der Harzbahn, mit einer 8 km langen Zahnschienenstrecke mit Lokomotiven nach dem Abtschen System des gemischten Reibungs- und Zahnradbetriebes. Die O-U-Linie war das zweitgrößte Staatsunternehmen. Beginnend bei einer Station der privaten Nipponbahn "Fukushima", 220 km nördlich Tokios, bildet die Bahn mit rd. 500 km Länge heute einen zweiten Zuweg zum äußersten Norden Hondos (Aomori) und läuft durch die westliche Hälfte, während die private Nipponbahn an der östlichen Küste und durch die östliche Hälfte führt. Gleich der erste Abschnitt (40 km) von Fukushima bis Yonezawa bildete ein großes technisches Hindernis, da der Itayapaß mit Steigung bis 1 : 30 überwunden werden mußte. Von Yonezawa biegt die Bahn stark nach Norden ein, geht über Shinjo, den Knotenpunkt mit einerweiteren geplanten Querbahn, nach Akita am Westmeer, das sie bei Hataori (Noshiro) nochmals berührt, um dann nordwestwärts über Shirasawa-Hirosaki den Endpunkt Aomori zu erreichen.

der zweiten Hälfte des Jahres 1880 begann der Bau der „Tsurugalinie“. Sie geht von Nagahama aus, das auf dem Biwasee von dem andern Eisenbahnendpunkt Otsu erreicht werden konnte, und führt nach Tsuruga, dem Hafen für die Fahrt nach Ostsibirien (Wladiwostok). Die technischen Schwierigkeiten auf dieser Strecke waren erheblich größer als die der Linie Kioto-Otsu (mehrere Tunnel zwischen Janagase und Hikita mit Gefällen bis 1 : 40). 1882 waren je 16 km auf beiden Seiten des Haupttunnels fertig, dessen Vollendung bis 1884 dauerte. Die Gesamtlänge der Bahn beträgt 45 km. Sie erforderte rund 146.600 M. für das km, die Bauleitung lag nur in Händen japanischer Ingenieure mit wenigen europäischen Beratern.

Damit endet die erste Periode, die der staatlichen Unternehmung. Aber der Staat verzichtete darum in der Folgezeit keineswegs auf seine Mitwirkung und richtete seine Arbeitskraft besonders auf Mitteljapan, den Osten und Westen dem Privatunternehmen überlassend. Besonders wichtig mußte namentlich vom militärischen Standpunkt aus die Verbindung der Hauptstadt mit dem Meere am andern Ufer sein. Auch hierfür wurde Tsuruga als Endpunkt vorgesehen. Unter Überwindung erheblichen Widerstandes im Schoße der Regierung gelang es zunächst den Beschluß einer Verlängerung der Tsurugalinie von Nagahama ostwärts über Sekigahara nach Ogaki durchzusetzen (1882/83). Aber erst der Erfolg der privaten Nipponbahn, die ihre Linie bis zu dem nordwestlich Tokio gelegenen Takasaki erstreckt hatte, bewog die Regierung zu dem großen Entschluß, eine Anleihe von 60 Mill. Yen aufzunehmen (23. Dezember 1885), um die Verbindung der Bahnen um Tokio mit den bereits bestehenden westlichen Bahnen zu schließen. Den militärischen Beratern erschien die Verbindung von Tagasaki mit Ogaki als das Gegebene, denn sie führte nach dem Innern des Landes. Sie wurde nach der großen Heerstraße die „Nakasendo“-Linie genannt und die anfänglichen Pläne wurden nach ihr ausgearbeitet. Allmählich aber kam man zur Einsicht, daß das Unternehmen verfehlt sein würde, da die technischen Schwierigkeiten fast unüberwindlich erschienen, hohe Gebirgszüge und breite Flüsse gekreuzt werden mußten, während das Land dünn bevölkert ist. So gewann der Gedanke der „Tokaido“-Linie längs der so genannten Straße nahe dem Meere Anhänger. Diese entbehrte zwar auch nicht aller technischen Schwierigkeiten, war aber viel leichter zu bauen und erschloß vor allem das bevölkerte und betriebsame Küstenland. 1886 wurde der Widerstand der Militärs überwunden, der Bau der Tokaidolinie beschlossen und in den folgenden Jahren ausgeführt. Als der japanische Reichstag 1890 zusammentrat, waren die Verbindungen nach Westen – und Nordwesten – in der Hauptsache fertig, d. h., es bestand von Tokio aus westwärts die Linie über Jokohama-Gotemba-Nagoya-Ogaki-Sekigahara-Nagahama-Otsu-Kioto-Osaka- Kobe und die Linie von Nagahama nach Tsuruga, im ganzen ein Staatsbahnnetz von 550 Meilen, mit einem Kostenaufwand von rund 36 Mill. Yen hergestellt.

Bis zur allgemeinen Verstaatlichung vergrößerte der Staat sein eigenes Bahnnetz auf der Insel Hondo auf mehr als das Doppelte. Die wichtigsten staatlichen Unternehmungen aus jener Zeit waren die Hokuriku-, O-U- und Shinyetsulinien. Die Hokurikulinie bedeutet den mittleren Teil einer großen zukünftigen Küstengürtelbahn und führt von Tsuruga mit 120 km nach Toyama. Sie wurde am 20. März 1899 eröffnet. Die Shinyetsulinie stellt den zweiten Querweg von Küste zu Küste dar, knüpft an die Nipponbahn im Orte Takasaki an und führt nordwärts nach dem Hafenort Naoetsu. Durch eine Privatbahn ist eine nördliche Verlängerung bis Niigita hergestellt. Die Shinyetsulinie wurde am 1. April 1893 in der ganzen Länge von 188·36 km eröffnet; sie stellte wohl die bedeutendsten Anforderungen an japanische Ingenieurkunst. Es mußten die Usuipässe (941 m hoch) zwischen Jokogawa und Karuizawa überwunden werden; es geschah dies in Nachbildung deutscher Technik auf der Harzbahn, mit einer 8 km langen Zahnschienenstrecke mit Lokomotiven nach dem Abtschen System des gemischten Reibungs- und Zahnradbetriebes. Die O-U-Linie war das zweitgrößte Staatsunternehmen. Beginnend bei einer Station der privaten Nipponbahn „Fukushima“, 220 km nördlich Tokios, bildet die Bahn mit rd. 500 km Länge heute einen zweiten Zuweg zum äußersten Norden Hondos (Aomori) und läuft durch die westliche Hälfte, während die private Nipponbahn an der östlichen Küste und durch die östliche Hälfte führt. Gleich der erste Abschnitt (40 km) von Fukushima bis Yonezawa bildete ein großes technisches Hindernis, da der Itayapaß mit Steigung bis 1 : 30 überwunden werden mußte. Von Yonezawa biegt die Bahn stark nach Norden ein, geht über Shinjo, den Knotenpunkt mit einerweiteren geplanten Querbahn, nach Akita am Westmeer, das sie bei Hataori (Noshiro) nochmals berührt, um dann nordwestwärts über Shirasawa-Hirosaki den Endpunkt Aomori zu erreichen.

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[301/0317] der zweiten Hälfte des Jahres 1880 begann der Bau der „Tsurugalinie“. Sie geht von Nagahama aus, das auf dem Biwasee von dem andern Eisenbahnendpunkt Otsu erreicht werden konnte, und führt nach Tsuruga, dem Hafen für die Fahrt nach Ostsibirien (Wladiwostok). Die technischen Schwierigkeiten auf dieser Strecke waren erheblich größer als die der Linie Kioto-Otsu (mehrere Tunnel zwischen Janagase und Hikita mit Gefällen bis 1 : 40). 1882 waren je 16 km auf beiden Seiten des Haupttunnels fertig, dessen Vollendung bis 1884 dauerte. Die Gesamtlänge der Bahn beträgt 45 km. Sie erforderte rund 146.600 M. für das km, die Bauleitung lag nur in Händen japanischer Ingenieure mit wenigen europäischen Beratern. Damit endet die erste Periode, die der staatlichen Unternehmung. Aber der Staat verzichtete darum in der Folgezeit keineswegs auf seine Mitwirkung und richtete seine Arbeitskraft besonders auf Mitteljapan, den Osten und Westen dem Privatunternehmen überlassend. Besonders wichtig mußte namentlich vom militärischen Standpunkt aus die Verbindung der Hauptstadt mit dem Meere am andern Ufer sein. Auch hierfür wurde Tsuruga als Endpunkt vorgesehen. Unter Überwindung erheblichen Widerstandes im Schoße der Regierung gelang es zunächst den Beschluß einer Verlängerung der Tsurugalinie von Nagahama ostwärts über Sekigahara nach Ogaki durchzusetzen (1882/83). Aber erst der Erfolg der privaten Nipponbahn, die ihre Linie bis zu dem nordwestlich Tokio gelegenen Takasaki erstreckt hatte, bewog die Regierung zu dem großen Entschluß, eine Anleihe von 60 Mill. Yen aufzunehmen (23. Dezember 1885), um die Verbindung der Bahnen um Tokio mit den bereits bestehenden westlichen Bahnen zu schließen. Den militärischen Beratern erschien die Verbindung von Tagasaki mit Ogaki als das Gegebene, denn sie führte nach dem Innern des Landes. Sie wurde nach der großen Heerstraße die „Nakasendo“-Linie genannt und die anfänglichen Pläne wurden nach ihr ausgearbeitet. Allmählich aber kam man zur Einsicht, daß das Unternehmen verfehlt sein würde, da die technischen Schwierigkeiten fast unüberwindlich erschienen, hohe Gebirgszüge und breite Flüsse gekreuzt werden mußten, während das Land dünn bevölkert ist. So gewann der Gedanke der „Tokaido“-Linie längs der so genannten Straße nahe dem Meere Anhänger. Diese entbehrte zwar auch nicht aller technischen Schwierigkeiten, war aber viel leichter zu bauen und erschloß vor allem das bevölkerte und betriebsame Küstenland. 1886 wurde der Widerstand der Militärs überwunden, der Bau der Tokaidolinie beschlossen und in den folgenden Jahren ausgeführt. Als der japanische Reichstag 1890 zusammentrat, waren die Verbindungen nach Westen – und Nordwesten – in der Hauptsache fertig, d. h., es bestand von Tokio aus westwärts die Linie über Jokohama-Gotemba-Nagoya-Ogaki-Sekigahara-Nagahama-Otsu-Kioto-Osaka- Kobe und die Linie von Nagahama nach Tsuruga, im ganzen ein Staatsbahnnetz von 550 Meilen, mit einem Kostenaufwand von rund 36 Mill. Yen hergestellt. Bis zur allgemeinen Verstaatlichung vergrößerte der Staat sein eigenes Bahnnetz auf der Insel Hondo auf mehr als das Doppelte. Die wichtigsten staatlichen Unternehmungen aus jener Zeit waren die Hokuriku-, O-U- und Shinyetsulinien. Die Hokurikulinie bedeutet den mittleren Teil einer großen zukünftigen Küstengürtelbahn und führt von Tsuruga mit 120 km nach Toyama. Sie wurde am 20. März 1899 eröffnet. Die Shinyetsulinie stellt den zweiten Querweg von Küste zu Küste dar, knüpft an die Nipponbahn im Orte Takasaki an und führt nordwärts nach dem Hafenort Naoetsu. Durch eine Privatbahn ist eine nördliche Verlängerung bis Niigita hergestellt. Die Shinyetsulinie wurde am 1. April 1893 in der ganzen Länge von 188·36 km eröffnet; sie stellte wohl die bedeutendsten Anforderungen an japanische Ingenieurkunst. Es mußten die Usuipässe (941 m hoch) zwischen Jokogawa und Karuizawa überwunden werden; es geschah dies in Nachbildung deutscher Technik auf der Harzbahn, mit einer 8 km langen Zahnschienenstrecke mit Lokomotiven nach dem Abtschen System des gemischten Reibungs- und Zahnradbetriebes. Die O-U-Linie war das zweitgrößte Staatsunternehmen. Beginnend bei einer Station der privaten Nipponbahn „Fukushima“, 220 km nördlich Tokios, bildet die Bahn mit rd. 500 km Länge heute einen zweiten Zuweg zum äußersten Norden Hondos (Aomori) und läuft durch die westliche Hälfte, während die private Nipponbahn an der östlichen Küste und durch die östliche Hälfte führt. Gleich der erste Abschnitt (40 km) von Fukushima bis Yonezawa bildete ein großes technisches Hindernis, da der Itayapaß mit Steigung bis 1 : 30 überwunden werden mußte. Von Yonezawa biegt die Bahn stark nach Norden ein, geht über Shinjo, den Knotenpunkt mit einerweiteren geplanten Querbahn, nach Akita am Westmeer, das sie bei Hataori (Noshiro) nochmals berührt, um dann nordwestwärts über Shirasawa-Hirosaki den Endpunkt Aomori zu erreichen.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen06_1914/317>, abgerufen am 22.11.2024.