Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.bei gleichem Dampfgewicht würde mit H. 30% Arbeit mehr geleistet werden können als mit Naßdampf, wenn beide Dampfarten sich bei ihrer Dehnung gleich verhalten würden. Letzteres ist nicht ganz der Fall. Der H. nimmt bei seiner Dehnung im Dampfzylinder an Druck schneller ab als der Naßdampf; es leistet deshalb bei sonst gleichen Verhältnissen ein gleiches Volumen H. etwas weniger Arbeit als das gleiche Volumen Naßdampf. Die Folge hiervon ist, daß zur Erzielung einer gleichen Arbeit bei einer Heißdampflokomotive die Zylinderfüllung größer sein muß als bei einer Naßdampflokomotive, oder sollen beide mit gleichen Füllungen arbeiten, so muß der Zylinderdurchmesser ersterer größer sein. Aus der Zunahme des spezifischen Volumens ergibt sich, daß das Verhältnis der in Arbeit umgesetzten Wärmemenge zu der gesamten gebrauchten Wärme, d. i. der thermische Wirkungsgrad e einer Dampfmaschine, um so größer ist, je höher der Arbeitsdampf überhitzt wurde. Ist A das Wärmeäquivalent der Arbeitseinheit, A = 1/428 Wärmeeinheiten, L die geleistete Arbeit in m kg und Q die zur Dampferzeugung verbrauchte Menge von Wärmeeinheiten, so ist der thermische Wirkungsgrad Im Gegensatz zum Naßdampf ist H. ein schlechter Wärmeleiter; wenn dieser Umstand auch den Wärmedurchgang im Überhitzer bei der Erzeugung des H. ungünstig beeinflußt, so hat er doch den größeren Vorteil seiner wirtschaftlicheren Ausnutzung in den Dampfzylindern für sich. Die spezifische Wärme des H. cp ändert sich mit der Spannungs- und Überhitzungstemperatur, sie nimmt mit letzterer zu. Während cp für gesättigten Dampf nach Zeuner im Mittel zu 0·48 angenommen wird, nähert sich dieser Wert nach neueren Untersuchungen für H. bis zu 1. Im Mittel kann er für die Untersuchung der Wirtschaftlichkeit des H. für Arbeitsmaschinen zu 0·6 angenommen werden. Die zur Erzeugung von 1 kg überhitzten Dampfes aus Wasser von 0° C nötige Wärmemenge ist W1 = W + cp (t1 - t). W = l - q0 ist die zur Erzeugung von 1 kg gesättigten Dampfes nötige Wärmemenge, wobei l den Wärmewert des gesättigten Dampfes, der aus den Dampftabellen von Regnault entnommen werden kann, und q0 die Flüssigkeitswärme des Speisewassers in Wärmeeinheiten bedeutet. t1 ist die Temperatur des überhitzten Dampfes, t die des gesättigten Dampfes, cp seine spezifische Wärme = 0·6. Für 12 Atm. Überdruck und t1 = 300° C ist W1= 664·6 + 0·6 (300 - 190) = 664·6 + 66 = 730·6 Wärmeeinheiten, sie beträgt in diesem Falle 66/664·6 = 1/10 der zur Verdampfung notwendigen Wärmemenge. Für die Ermittlung der Überhitzeroberflächen ist dieser Nennwert jedoch zu klein, da vom Überhitzer auch noch das vom Kesseldampf mitgerissene Wasser verdampft werden muß. Die Dehnung gesättigten Dampfes kann nach einer Linie angenommen werden, die für praktische Zwecke ausreichend genau durch pv = konstant bestimmt wird. Nach Untersuchungen an Heizdampfmaschinen erfolgt die Dehnung überhitzten Dampfes ebenfalls nach einer Linie, die durch Gleichung pvm = konstant festgesetzt wird. Der Wert m nimmt mit der Temperatur des H. zu, hängt jedoch auch von der Bauart des Zylinders ab. Versuche an Hochdruckzylindern von Dampfmaschinen mit dreifacher Dehnung ergaben bei gleicher Füllung m = 0·82 für gesättigten Dampf und m = 1·26 für H. von 300°. Die wesentlichen, wirtschaftlichen Vorteile des H. gegenüber dem Naßdampf zur Erzeugung von Arbeit in Dampfmaschinen lassen sich zurückführen auf die Vermeidung der Niederschlagsverluste (Zylinderkondensation) und auf die Vergrößerung seines spezifischen Volumens bei steigender Überhitzung. Hieraus ergibt sich eine Ersparnis an Dampf, Wasser und Brennmaterial im Vergleich gleicher Naßdampfarbeit oder eine Vergrößerung der Arbeit, bei den Lokomotiven somit der Zugkraft, bei gleichem Dampfgewicht würde mit H. 30% Arbeit mehr geleistet werden können als mit Naßdampf, wenn beide Dampfarten sich bei ihrer Dehnung gleich verhalten würden. Letzteres ist nicht ganz der Fall. Der H. nimmt bei seiner Dehnung im Dampfzylinder an Druck schneller ab als der Naßdampf; es leistet deshalb bei sonst gleichen Verhältnissen ein gleiches Volumen H. etwas weniger Arbeit als das gleiche Volumen Naßdampf. Die Folge hiervon ist, daß zur Erzielung einer gleichen Arbeit bei einer Heißdampflokomotive die Zylinderfüllung größer sein muß als bei einer Naßdampflokomotive, oder sollen beide mit gleichen Füllungen arbeiten, so muß der Zylinderdurchmesser ersterer größer sein. Aus der Zunahme des spezifischen Volumens ergibt sich, daß das Verhältnis der in Arbeit umgesetzten Wärmemenge zu der gesamten gebrauchten Wärme, d. i. der thermische Wirkungsgrad η einer Dampfmaschine, um so größer ist, je höher der Arbeitsdampf überhitzt wurde. Ist A das Wärmeäquivalent der Arbeitseinheit, A = 1/428 Wärmeeinheiten, L die geleistete Arbeit in m kg und Q die zur Dampferzeugung verbrauchte Menge von Wärmeeinheiten, so ist der thermische Wirkungsgrad Im Gegensatz zum Naßdampf ist H. ein schlechter Wärmeleiter; wenn dieser Umstand auch den Wärmedurchgang im Überhitzer bei der Erzeugung des H. ungünstig beeinflußt, so hat er doch den größeren Vorteil seiner wirtschaftlicheren Ausnutzung in den Dampfzylindern für sich. Die spezifische Wärme des H. cp ändert sich mit der Spannungs- und Überhitzungstemperatur, sie nimmt mit letzterer zu. Während cp für gesättigten Dampf nach Zeuner im Mittel zu 0·48 angenommen wird, nähert sich dieser Wert nach neueren Untersuchungen für H. bis zu 1. Im Mittel kann er für die Untersuchung der Wirtschaftlichkeit des H. für Arbeitsmaschinen zu 0·6 angenommen werden. Die zur Erzeugung von 1 kg überhitzten Dampfes aus Wasser von 0° C nötige Wärmemenge ist W1 = W + cp (t1 – t). W = λ – q0 ist die zur Erzeugung von 1 kg gesättigten Dampfes nötige Wärmemenge, wobei λ den Wärmewert des gesättigten Dampfes, der aus den Dampftabellen von Regnault entnommen werden kann, und q0 die Flüssigkeitswärme des Speisewassers in Wärmeeinheiten bedeutet. t1 ist die Temperatur des überhitzten Dampfes, t die des gesättigten Dampfes, cp seine spezifische Wärme = 0·6. Für 12 Atm. Überdruck und t1 = 300° C ist W1= 664·6 + 0·6 (300 – 190) = 664·6 + 66 = 730·6 Wärmeeinheiten, sie beträgt in diesem Falle 66/664·6 = 1/10 der zur Verdampfung notwendigen Wärmemenge. Für die Ermittlung der Überhitzeroberflächen ist dieser Nennwert jedoch zu klein, da vom Überhitzer auch noch das vom Kesseldampf mitgerissene Wasser verdampft werden muß. Die Dehnung gesättigten Dampfes kann nach einer Linie angenommen werden, die für praktische Zwecke ausreichend genau durch pv = konstant bestimmt wird. Nach Untersuchungen an Heizdampfmaschinen erfolgt die Dehnung überhitzten Dampfes ebenfalls nach einer Linie, die durch Gleichung pvμ = konstant festgesetzt wird. Der Wert μ nimmt mit der Temperatur des H. zu, hängt jedoch auch von der Bauart des Zylinders ab. Versuche an Hochdruckzylindern von Dampfmaschinen mit dreifacher Dehnung ergaben bei gleicher Füllung μ = 0·82 für gesättigten Dampf und μ = 1·26 für H. von 300°. Die wesentlichen, wirtschaftlichen Vorteile des H. gegenüber dem Naßdampf zur Erzeugung von Arbeit in Dampfmaschinen lassen sich zurückführen auf die Vermeidung der Niederschlagsverluste (Zylinderkondensation) und auf die Vergrößerung seines spezifischen Volumens bei steigender Überhitzung. Hieraus ergibt sich eine Ersparnis an Dampf, Wasser und Brennmaterial im Vergleich gleicher Naßdampfarbeit oder eine Vergrößerung der Arbeit, bei den Lokomotiven somit der Zugkraft, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0147" n="136"/> bei gleichem Dampfgewicht würde mit H. 30<hi rendition="#i">%</hi> Arbeit mehr geleistet werden können als mit Naßdampf, wenn beide Dampfarten sich bei ihrer Dehnung gleich verhalten würden. Letzteres ist nicht ganz der Fall. Der H. nimmt bei seiner Dehnung im Dampfzylinder an Druck schneller ab als der Naßdampf; es leistet deshalb bei sonst gleichen Verhältnissen ein gleiches Volumen H. etwas weniger Arbeit als das gleiche Volumen Naßdampf. Die Folge hiervon ist, daß zur Erzielung einer gleichen Arbeit bei einer Heißdampflokomotive die Zylinderfüllung größer sein muß als bei einer Naßdampflokomotive, oder sollen beide mit gleichen Füllungen arbeiten, so muß der Zylinderdurchmesser ersterer größer sein.</p><lb/> <p>Aus der Zunahme des spezifischen Volumens ergibt sich, daß das Verhältnis der in Arbeit umgesetzten Wärmemenge zu der gesamten gebrauchten Wärme, d. i. der thermische Wirkungsgrad <hi rendition="#i">η</hi> einer Dampfmaschine, um so größer ist, je höher der Arbeitsdampf überhitzt wurde. 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Hieraus folgt, daß der theoretische Dampf- und Kohlenverbrauch mit zunehmender Überhitzung abnimmt. Es tritt eine <hi rendition="#g">Dampf- und Kohlenersparnis</hi> ein (s. Dampfarbeit).</p><lb/> <p>Im Gegensatz zum Naßdampf ist H. ein schlechter Wärmeleiter; wenn dieser Umstand auch den Wärmedurchgang im Überhitzer bei der Erzeugung des H. ungünstig beeinflußt, so hat er doch den größeren Vorteil seiner wirtschaftlicheren Ausnutzung in den Dampfzylindern für sich.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">spezifische Wärme</hi> des H. <hi rendition="#i">c<hi rendition="#sub">p</hi></hi> ändert sich mit der Spannungs- und Überhitzungstemperatur, sie nimmt mit letzterer zu. Während <hi rendition="#i">c<hi rendition="#sub">p</hi></hi> für gesättigten Dampf nach Zeuner im Mittel zu 0·48 angenommen wird, nähert sich dieser Wert nach neueren Untersuchungen für H. bis zu 1. 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Versuche an Hochdruckzylindern von Dampfmaschinen mit dreifacher Dehnung ergaben bei gleicher Füllung μ = 0·82 für gesättigten Dampf und μ = 1·26 für H. von 300°.</p><lb/> <p>Die wesentlichen, wirtschaftlichen Vorteile des H. gegenüber dem Naßdampf zur Erzeugung von Arbeit in Dampfmaschinen lassen sich zurückführen auf die Vermeidung der Niederschlagsverluste (Zylinderkondensation) und auf die Vergrößerung seines spezifischen Volumens bei steigender Überhitzung. Hieraus ergibt sich eine Ersparnis an Dampf, Wasser und Brennmaterial im Vergleich gleicher Naßdampfarbeit oder eine Vergrößerung der Arbeit, bei den Lokomotiven somit der Zugkraft, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [136/0147]
bei gleichem Dampfgewicht würde mit H. 30% Arbeit mehr geleistet werden können als mit Naßdampf, wenn beide Dampfarten sich bei ihrer Dehnung gleich verhalten würden. Letzteres ist nicht ganz der Fall. Der H. nimmt bei seiner Dehnung im Dampfzylinder an Druck schneller ab als der Naßdampf; es leistet deshalb bei sonst gleichen Verhältnissen ein gleiches Volumen H. etwas weniger Arbeit als das gleiche Volumen Naßdampf. Die Folge hiervon ist, daß zur Erzielung einer gleichen Arbeit bei einer Heißdampflokomotive die Zylinderfüllung größer sein muß als bei einer Naßdampflokomotive, oder sollen beide mit gleichen Füllungen arbeiten, so muß der Zylinderdurchmesser ersterer größer sein.
Aus der Zunahme des spezifischen Volumens ergibt sich, daß das Verhältnis der in Arbeit umgesetzten Wärmemenge zu der gesamten gebrauchten Wärme, d. i. der thermische Wirkungsgrad η einer Dampfmaschine, um so größer ist, je höher der Arbeitsdampf überhitzt wurde. Ist A das Wärmeäquivalent der Arbeitseinheit, A = 1/428 Wärmeeinheiten, L die geleistete Arbeit in m kg und Q die zur Dampferzeugung verbrauchte Menge von Wärmeeinheiten, so ist der thermische Wirkungsgrad
[FORMEL]
Ist w der Wärmewert von 1 kg Dampf, v das zur Erzeugung der Arbeit L nötige Dampfvolumen vom spezifischen Gewichte γ, so ist
[FORMEL]
Nimmt man bei den gleichen Leistungen L für Naßdampf und H. gleichartigen Verlauf der Dampfdehnung an, so ist
[FORMEL]
Die thermischen Wirkungsgrade verhalten sich umgekehrt, wie die Produkte aus spezifischem Gewichte und Wärmewert, sie wachsen nahezu proportional mit der Dampftemperatur. Hieraus folgt, daß der theoretische Dampf- und Kohlenverbrauch mit zunehmender Überhitzung abnimmt. Es tritt eine Dampf- und Kohlenersparnis ein (s. Dampfarbeit).
Im Gegensatz zum Naßdampf ist H. ein schlechter Wärmeleiter; wenn dieser Umstand auch den Wärmedurchgang im Überhitzer bei der Erzeugung des H. ungünstig beeinflußt, so hat er doch den größeren Vorteil seiner wirtschaftlicheren Ausnutzung in den Dampfzylindern für sich.
Die spezifische Wärme des H. cp ändert sich mit der Spannungs- und Überhitzungstemperatur, sie nimmt mit letzterer zu. Während cp für gesättigten Dampf nach Zeuner im Mittel zu 0·48 angenommen wird, nähert sich dieser Wert nach neueren Untersuchungen für H. bis zu 1. Im Mittel kann er für die Untersuchung der Wirtschaftlichkeit des H. für Arbeitsmaschinen zu 0·6 angenommen werden.
Die zur Erzeugung von 1 kg überhitzten Dampfes aus Wasser von 0° C nötige Wärmemenge ist W1 = W + cp (t1 – t).
W = λ – q0 ist die zur Erzeugung von 1 kg gesättigten Dampfes nötige Wärmemenge, wobei λ den Wärmewert des gesättigten Dampfes, der aus den Dampftabellen von Regnault entnommen werden kann, und q0 die Flüssigkeitswärme des Speisewassers in Wärmeeinheiten bedeutet. t1 ist die Temperatur des überhitzten Dampfes, t die des gesättigten Dampfes, cp seine spezifische Wärme = 0·6. Für 12 Atm. Überdruck und t1 = 300° C ist W1= 664·6 + 0·6 (300 – 190) = 664·6 + 66 = 730·6 Wärmeeinheiten, sie beträgt in diesem Falle 66/664·6 = 1/10 der zur Verdampfung notwendigen Wärmemenge.
Für die Ermittlung der Überhitzeroberflächen ist dieser Nennwert jedoch zu klein, da vom Überhitzer auch noch das vom Kesseldampf mitgerissene Wasser verdampft werden muß.
Die Dehnung gesättigten Dampfes kann nach einer Linie angenommen werden, die für praktische Zwecke ausreichend genau durch pv = konstant bestimmt wird. Nach Untersuchungen an Heizdampfmaschinen erfolgt die Dehnung überhitzten Dampfes ebenfalls nach einer Linie, die durch Gleichung pvμ = konstant festgesetzt wird. Der Wert μ nimmt mit der Temperatur des H. zu, hängt jedoch auch von der Bauart des Zylinders ab. Versuche an Hochdruckzylindern von Dampfmaschinen mit dreifacher Dehnung ergaben bei gleicher Füllung μ = 0·82 für gesättigten Dampf und μ = 1·26 für H. von 300°.
Die wesentlichen, wirtschaftlichen Vorteile des H. gegenüber dem Naßdampf zur Erzeugung von Arbeit in Dampfmaschinen lassen sich zurückführen auf die Vermeidung der Niederschlagsverluste (Zylinderkondensation) und auf die Vergrößerung seines spezifischen Volumens bei steigender Überhitzung. Hieraus ergibt sich eine Ersparnis an Dampf, Wasser und Brennmaterial im Vergleich gleicher Naßdampfarbeit oder eine Vergrößerung der Arbeit, bei den Lokomotiven somit der Zugkraft,
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