Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.Unternehmen nicht vernachlässigt werden dürfen. Als weitere wirksame Mittel zur Entwicklung des Reiseverkehres erwiesen sich die verschiedentlichen Maßnahmen zur Erhöhung seiner Sicherheit, Bequemlichkeit und Schnelligkeit. In dieses Gebiet gehören die Erweiterung und moderne Ausgestaltung der Stationen, die Verstärkung des Oberbaues, die Blockierung der Strecken und andere Eisenbahnsicherungsanlagen, die in ihrer genialen Konzeption geradezu Triumphe der Technik darstellen, die Modernisierung des Fahrparkes, insbesondere durch Einführung schwerer Maschinen und langer, mit allem Komfort ausgestatteter Wagen, die Einführung eigener Schlaf- und Speisewagen, die Ausgestaltung des Fahrplanes, die Errichtung von Reisebureaux u. dgl. Allerdings erforderten auch diese Fortschritte des Verkehrswesens sehr große Geldmittel, so daß die Verteuerung des Eisenbahnbetriebs unter der gleichzeitigen Einwirkung der Materialpreissteigerung und vor allem des riesenhaften Anschwellens der Personalauslagen in fast beängstigend steiler Kurve vor sich ging. Es ist begreiflich, daß diese Umstände einen entscheidenden Einfluß auf die Tarifpolitik nehmen mußten. Die Eisenbahnen sahen sich durch die rasch steigenden Betriebsauslagen wiederholt gezwungen, die Tarife zu erhöhen und bestehende Fahrpreisbegünstigungen aufzuheben, um das im Laufe der Jahre immer mehr hervortretende Mißverhältnis zwischen den Kosten des Personenverkehrs und seinen Einnahmen wenigstens einigermaßen zu mildern. Die reiche Erfahrung auf diesem Gebiet hat übrigens erwiesen, daß Tariferhöhungen und selbst unmittelbare Besteuerungen des Reiseverkehrs (wie z. B. durch Fahrkartensteuern) diesen nur in der ersten Zeit zu beeinflussen vermögen und ihre ungünstige Wirkung eigentlich bloß in Form einer zeitweiligen Abdrängung des Verkehrs aus den höheren in die niedrigeren Wagenklassen äußern. Die gewaltige Aufwärtsentwicklung des Personenverkehrs, die ebensosehr ein Kennzeichen des Kulturfortschrittes ist, als sie mit dem raschen Wachstum des Nationalvermögens zusammenhängt, vermochte bisher selbst durch einschneidendere Tarifsteigerungen nicht aufgehalten zu werden. Von besonderer Bedeutung für die Erschließung neuer Verkehrsgebiete und sohin auch für die Zunahme des Reiseverkehrs erwies sich die Gründung von Eisenbahnhotels. Die großen Verkehrsanstalten verfügen über so viele Hilfsmittel zur Förderung des Hotelwesens, daß es nahelag, eigene Schöpfungen damit auszustatten. Insbesondere befaßten sich die englischen und späterhin in großartigem Maßstabe die amerikanischen Bahnen eifrig mit solchen Gründungen. Auch Österreich verdient in dieser Hinsicht hervorgehoben zu werden, da es der Errichtung von Eisenbahnhotels mehrere seiner schönsten und meistbesuchten Fremdenverkehrsorte verdankt. Begreifliche Aufmerksamkeit haben die Eisenbahnen seit jeher dem Gebiete der Reklame im weitesten Sinne des Wortes zugewendet. Insbesondere haben sich jene Verkehrsanstalten, deren Linien durch landschaftlich oder klimatisch bevorzugte Gebiete führen, eifrigst bemüht, die Reklame in Schrift, Bild und Wort zu nutzen, um die Auerkfmsamkeit des Publikums anzuziehen und die Reiselust zu erhöhen. Fahrpläne, Plakate und Broschüren hat es bereits in den Kinderjahren des Eisenbahnwesens gegeben. Auch die Presse wurde schon damals für die Zwecke der Reisepropaganda gewonnen. Es war weiters naheliegend, daß sich Verkehrsanstalten mit im großen Ganzen gleichen Interessensphären zu gemeinsamen Reklameaktionen verbanden, wiewohl es auch nicht selten vorkam, daß sich gerade solche Unternehmungen mit besonderer Heftigkeit bekämpften. Im allgemeinen blieb diese Tätigkeit den einzelnen Verkehrsanstalten nach Maßgabe ihrer subjektiven Würdigung überlassen, ohne daß der Staat einen unmittelbaren Einfluß darauf genommen hätte. Ein ganz eigenartiger Entwicklungsgang war in Österreich zu beobachten. Hier kam in den Neunzigerjahren des vorigen Jahrhunderts, bald nachdem ein eigenes Ministerium für Eisenbahnen geschaffen war, der Gedanke zur Geltung, die bisher einzeln wirkenden Kräfte zu gemeinsamer Arbeit zu sammeln und die Förderung des Reiseverkehrs, vor allem des internationalen Fremdenverkehrs den staatlichen Verwaltungsaufgaben, zunächst unter dem Gesichtspunkt der hervorragend daran beteiligten Eisenbahninteressen, anzugliedern. Viel mochte zu diesen Bestrebungen, die sich in der Folge als überaus fruchtbar bewährten, die Sorge um die Erhaltung der mit gewaltigen Geldopfern durchgeführten Ordnung der Reichswährung beigetragen haben. Von den Schöpfern der Währungsreform waren als Grundlage der neuen Ordnung die Aktivsaldi der Handelsbilanz betrachtet worden, die nach den Erfahrungen der vorangegangenen Jahrzehnte hinreichten, um dem Aufwand für den auswärtigen Schuldendienst der Monarchie das Gleichgewicht zu halten. Aber die neue Währung war noch kaum eingeführt, als die Handelsbilanz eine von Jahr zu Jahr empfindlichere Verschlechterung erfuhr - eine Erscheinung, die übrigens bei allen Staaten den zunehmenden nationalen Wohlstand begleitet. Da zeigte das Beispiel der Schweiz und Italiens, daß eine sehr wichtige Aktivpost für die Zahlungsbilanz Unternehmen nicht vernachlässigt werden dürfen. Als weitere wirksame Mittel zur Entwicklung des Reiseverkehres erwiesen sich die verschiedentlichen Maßnahmen zur Erhöhung seiner Sicherheit, Bequemlichkeit und Schnelligkeit. In dieses Gebiet gehören die Erweiterung und moderne Ausgestaltung der Stationen, die Verstärkung des Oberbaues, die Blockierung der Strecken und andere Eisenbahnsicherungsanlagen, die in ihrer genialen Konzeption geradezu Triumphe der Technik darstellen, die Modernisierung des Fahrparkes, insbesondere durch Einführung schwerer Maschinen und langer, mit allem Komfort ausgestatteter Wagen, die Einführung eigener Schlaf- und Speisewagen, die Ausgestaltung des Fahrplanes, die Errichtung von Reisebureaux u. dgl. Allerdings erforderten auch diese Fortschritte des Verkehrswesens sehr große Geldmittel, so daß die Verteuerung des Eisenbahnbetriebs unter der gleichzeitigen Einwirkung der Materialpreissteigerung und vor allem des riesenhaften Anschwellens der Personalauslagen in fast beängstigend steiler Kurve vor sich ging. Es ist begreiflich, daß diese Umstände einen entscheidenden Einfluß auf die Tarifpolitik nehmen mußten. Die Eisenbahnen sahen sich durch die rasch steigenden Betriebsauslagen wiederholt gezwungen, die Tarife zu erhöhen und bestehende Fahrpreisbegünstigungen aufzuheben, um das im Laufe der Jahre immer mehr hervortretende Mißverhältnis zwischen den Kosten des Personenverkehrs und seinen Einnahmen wenigstens einigermaßen zu mildern. Die reiche Erfahrung auf diesem Gebiet hat übrigens erwiesen, daß Tariferhöhungen und selbst unmittelbare Besteuerungen des Reiseverkehrs (wie z. B. durch Fahrkartensteuern) diesen nur in der ersten Zeit zu beeinflussen vermögen und ihre ungünstige Wirkung eigentlich bloß in Form einer zeitweiligen Abdrängung des Verkehrs aus den höheren in die niedrigeren Wagenklassen äußern. Die gewaltige Aufwärtsentwicklung des Personenverkehrs, die ebensosehr ein Kennzeichen des Kulturfortschrittes ist, als sie mit dem raschen Wachstum des Nationalvermögens zusammenhängt, vermochte bisher selbst durch einschneidendere Tarifsteigerungen nicht aufgehalten zu werden. Von besonderer Bedeutung für die Erschließung neuer Verkehrsgebiete und sohin auch für die Zunahme des Reiseverkehrs erwies sich die Gründung von Eisenbahnhotels. Die großen Verkehrsanstalten verfügen über so viele Hilfsmittel zur Förderung des Hotelwesens, daß es nahelag, eigene Schöpfungen damit auszustatten. Insbesondere befaßten sich die englischen und späterhin in großartigem Maßstabe die amerikanischen Bahnen eifrig mit solchen Gründungen. Auch Österreich verdient in dieser Hinsicht hervorgehoben zu werden, da es der Errichtung von Eisenbahnhotels mehrere seiner schönsten und meistbesuchten Fremdenverkehrsorte verdankt. Begreifliche Aufmerksamkeit haben die Eisenbahnen seit jeher dem Gebiete der Reklame im weitesten Sinne des Wortes zugewendet. Insbesondere haben sich jene Verkehrsanstalten, deren Linien durch landschaftlich oder klimatisch bevorzugte Gebiete führen, eifrigst bemüht, die Reklame in Schrift, Bild und Wort zu nutzen, um die Auerkfmsamkeit des Publikums anzuziehen und die Reiselust zu erhöhen. Fahrpläne, Plakate und Broschüren hat es bereits in den Kinderjahren des Eisenbahnwesens gegeben. Auch die Presse wurde schon damals für die Zwecke der Reisepropaganda gewonnen. Es war weiters naheliegend, daß sich Verkehrsanstalten mit im großen Ganzen gleichen Interessensphären zu gemeinsamen Reklameaktionen verbanden, wiewohl es auch nicht selten vorkam, daß sich gerade solche Unternehmungen mit besonderer Heftigkeit bekämpften. Im allgemeinen blieb diese Tätigkeit den einzelnen Verkehrsanstalten nach Maßgabe ihrer subjektiven Würdigung überlassen, ohne daß der Staat einen unmittelbaren Einfluß darauf genommen hätte. Ein ganz eigenartiger Entwicklungsgang war in Österreich zu beobachten. Hier kam in den Neunzigerjahren des vorigen Jahrhunderts, bald nachdem ein eigenes Ministerium für Eisenbahnen geschaffen war, der Gedanke zur Geltung, die bisher einzeln wirkenden Kräfte zu gemeinsamer Arbeit zu sammeln und die Förderung des Reiseverkehrs, vor allem des internationalen Fremdenverkehrs den staatlichen Verwaltungsaufgaben, zunächst unter dem Gesichtspunkt der hervorragend daran beteiligten Eisenbahninteressen, anzugliedern. Viel mochte zu diesen Bestrebungen, die sich in der Folge als überaus fruchtbar bewährten, die Sorge um die Erhaltung der mit gewaltigen Geldopfern durchgeführten Ordnung der Reichswährung beigetragen haben. Von den Schöpfern der Währungsreform waren als Grundlage der neuen Ordnung die Aktivsaldi der Handelsbilanz betrachtet worden, die nach den Erfahrungen der vorangegangenen Jahrzehnte hinreichten, um dem Aufwand für den auswärtigen Schuldendienst der Monarchie das Gleichgewicht zu halten. Aber die neue Währung war noch kaum eingeführt, als die Handelsbilanz eine von Jahr zu Jahr empfindlichere Verschlechterung erfuhr – eine Erscheinung, die übrigens bei allen Staaten den zunehmenden nationalen Wohlstand begleitet. 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Allerdings erforderten auch diese Fortschritte des Verkehrswesens sehr große Geldmittel, so daß die Verteuerung des Eisenbahnbetriebs unter der gleichzeitigen Einwirkung der Materialpreissteigerung und vor allem des riesenhaften Anschwellens der Personalauslagen in fast beängstigend steiler Kurve vor sich ging.</p><lb/> <p>Es ist begreiflich, daß diese Umstände einen entscheidenden Einfluß auf die Tarifpolitik nehmen mußten. Die Eisenbahnen sahen sich durch die rasch steigenden Betriebsauslagen wiederholt gezwungen, die Tarife zu erhöhen und bestehende Fahrpreisbegünstigungen aufzuheben, um das im Laufe der Jahre immer mehr hervortretende Mißverhältnis zwischen den Kosten des Personenverkehrs und seinen Einnahmen wenigstens einigermaßen zu mildern. Die reiche Erfahrung auf diesem Gebiet hat übrigens erwiesen, daß Tariferhöhungen und selbst unmittelbare Besteuerungen des Reiseverkehrs (wie z. B. durch Fahrkartensteuern) diesen nur in der ersten Zeit zu beeinflussen vermögen und ihre ungünstige Wirkung eigentlich bloß in Form einer zeitweiligen Abdrängung des Verkehrs aus den höheren in die niedrigeren Wagenklassen äußern. Die gewaltige Aufwärtsentwicklung des Personenverkehrs, die ebensosehr ein Kennzeichen des Kulturfortschrittes ist, als sie mit dem raschen Wachstum des Nationalvermögens zusammenhängt, vermochte bisher selbst durch einschneidendere Tarifsteigerungen nicht aufgehalten zu werden.</p><lb/> <p>Von besonderer Bedeutung für die Erschließung neuer Verkehrsgebiete und sohin auch für die Zunahme des Reiseverkehrs erwies sich die Gründung von Eisenbahnhotels. Die großen Verkehrsanstalten verfügen über so viele Hilfsmittel zur Förderung des Hotelwesens, daß es nahelag, eigene Schöpfungen damit auszustatten. Insbesondere befaßten sich die englischen und späterhin in großartigem Maßstabe die amerikanischen Bahnen eifrig mit solchen Gründungen. Auch Österreich verdient in dieser Hinsicht hervorgehoben zu werden, da es der Errichtung von Eisenbahnhotels mehrere seiner schönsten und meistbesuchten Fremdenverkehrsorte verdankt.</p><lb/> <p>Begreifliche Aufmerksamkeit haben die Eisenbahnen seit jeher dem Gebiete der Reklame im weitesten Sinne des Wortes zugewendet. Insbesondere haben sich jene Verkehrsanstalten, deren Linien durch landschaftlich oder klimatisch bevorzugte Gebiete führen, eifrigst bemüht, die Reklame in Schrift, Bild und Wort zu nutzen, um die Auerkfmsamkeit des Publikums anzuziehen und die Reiselust zu erhöhen.</p><lb/> <p>Fahrpläne, Plakate und Broschüren hat es bereits in den Kinderjahren des Eisenbahnwesens gegeben. Auch die Presse wurde schon damals für die Zwecke der Reisepropaganda gewonnen. Es war weiters naheliegend, daß sich Verkehrsanstalten mit im großen Ganzen gleichen Interessensphären zu gemeinsamen Reklameaktionen verbanden, wiewohl es auch nicht selten vorkam, daß sich gerade solche Unternehmungen mit besonderer Heftigkeit bekämpften. Im allgemeinen blieb diese Tätigkeit den einzelnen Verkehrsanstalten nach Maßgabe ihrer subjektiven Würdigung überlassen, ohne daß der Staat einen unmittelbaren Einfluß darauf genommen hätte.</p><lb/> <p>Ein ganz eigenartiger Entwicklungsgang war in <hi rendition="#g">Österreich</hi> zu beobachten. Hier kam in den Neunzigerjahren des vorigen Jahrhunderts, bald nachdem ein eigenes Ministerium für Eisenbahnen geschaffen war, der Gedanke zur Geltung, die bisher einzeln wirkenden Kräfte zu gemeinsamer Arbeit zu sammeln und die Förderung des Reiseverkehrs, vor allem des internationalen Fremdenverkehrs den staatlichen Verwaltungsaufgaben, zunächst unter dem Gesichtspunkt der hervorragend daran beteiligten Eisenbahninteressen, anzugliedern. Viel mochte zu diesen Bestrebungen, die sich in der Folge als überaus fruchtbar bewährten, die Sorge um die Erhaltung der mit gewaltigen Geldopfern durchgeführten Ordnung der Reichswährung beigetragen haben. Von den Schöpfern der Währungsreform waren als Grundlage der neuen Ordnung die Aktivsaldi der Handelsbilanz betrachtet worden, die nach den Erfahrungen der vorangegangenen Jahrzehnte hinreichten, um dem Aufwand für den auswärtigen Schuldendienst der Monarchie das Gleichgewicht zu halten. Aber die neue Währung war noch kaum eingeführt, als die Handelsbilanz eine von Jahr zu Jahr empfindlichere Verschlechterung erfuhr – eine Erscheinung, die übrigens bei allen Staaten den zunehmenden nationalen Wohlstand begleitet. Da zeigte das Beispiel der Schweiz und Italiens, daß eine sehr wichtige Aktivpost für die Zahlungsbilanz </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [220/0229]
Unternehmen nicht vernachlässigt werden dürfen.
Als weitere wirksame Mittel zur Entwicklung des Reiseverkehres erwiesen sich die verschiedentlichen Maßnahmen zur Erhöhung seiner Sicherheit, Bequemlichkeit und Schnelligkeit. In dieses Gebiet gehören die Erweiterung und moderne Ausgestaltung der Stationen, die Verstärkung des Oberbaues, die Blockierung der Strecken und andere Eisenbahnsicherungsanlagen, die in ihrer genialen Konzeption geradezu Triumphe der Technik darstellen, die Modernisierung des Fahrparkes, insbesondere durch Einführung schwerer Maschinen und langer, mit allem Komfort ausgestatteter Wagen, die Einführung eigener Schlaf- und Speisewagen, die Ausgestaltung des Fahrplanes, die Errichtung von Reisebureaux u. dgl. Allerdings erforderten auch diese Fortschritte des Verkehrswesens sehr große Geldmittel, so daß die Verteuerung des Eisenbahnbetriebs unter der gleichzeitigen Einwirkung der Materialpreissteigerung und vor allem des riesenhaften Anschwellens der Personalauslagen in fast beängstigend steiler Kurve vor sich ging.
Es ist begreiflich, daß diese Umstände einen entscheidenden Einfluß auf die Tarifpolitik nehmen mußten. Die Eisenbahnen sahen sich durch die rasch steigenden Betriebsauslagen wiederholt gezwungen, die Tarife zu erhöhen und bestehende Fahrpreisbegünstigungen aufzuheben, um das im Laufe der Jahre immer mehr hervortretende Mißverhältnis zwischen den Kosten des Personenverkehrs und seinen Einnahmen wenigstens einigermaßen zu mildern. Die reiche Erfahrung auf diesem Gebiet hat übrigens erwiesen, daß Tariferhöhungen und selbst unmittelbare Besteuerungen des Reiseverkehrs (wie z. B. durch Fahrkartensteuern) diesen nur in der ersten Zeit zu beeinflussen vermögen und ihre ungünstige Wirkung eigentlich bloß in Form einer zeitweiligen Abdrängung des Verkehrs aus den höheren in die niedrigeren Wagenklassen äußern. Die gewaltige Aufwärtsentwicklung des Personenverkehrs, die ebensosehr ein Kennzeichen des Kulturfortschrittes ist, als sie mit dem raschen Wachstum des Nationalvermögens zusammenhängt, vermochte bisher selbst durch einschneidendere Tarifsteigerungen nicht aufgehalten zu werden.
Von besonderer Bedeutung für die Erschließung neuer Verkehrsgebiete und sohin auch für die Zunahme des Reiseverkehrs erwies sich die Gründung von Eisenbahnhotels. Die großen Verkehrsanstalten verfügen über so viele Hilfsmittel zur Förderung des Hotelwesens, daß es nahelag, eigene Schöpfungen damit auszustatten. Insbesondere befaßten sich die englischen und späterhin in großartigem Maßstabe die amerikanischen Bahnen eifrig mit solchen Gründungen. Auch Österreich verdient in dieser Hinsicht hervorgehoben zu werden, da es der Errichtung von Eisenbahnhotels mehrere seiner schönsten und meistbesuchten Fremdenverkehrsorte verdankt.
Begreifliche Aufmerksamkeit haben die Eisenbahnen seit jeher dem Gebiete der Reklame im weitesten Sinne des Wortes zugewendet. Insbesondere haben sich jene Verkehrsanstalten, deren Linien durch landschaftlich oder klimatisch bevorzugte Gebiete führen, eifrigst bemüht, die Reklame in Schrift, Bild und Wort zu nutzen, um die Auerkfmsamkeit des Publikums anzuziehen und die Reiselust zu erhöhen.
Fahrpläne, Plakate und Broschüren hat es bereits in den Kinderjahren des Eisenbahnwesens gegeben. Auch die Presse wurde schon damals für die Zwecke der Reisepropaganda gewonnen. Es war weiters naheliegend, daß sich Verkehrsanstalten mit im großen Ganzen gleichen Interessensphären zu gemeinsamen Reklameaktionen verbanden, wiewohl es auch nicht selten vorkam, daß sich gerade solche Unternehmungen mit besonderer Heftigkeit bekämpften. Im allgemeinen blieb diese Tätigkeit den einzelnen Verkehrsanstalten nach Maßgabe ihrer subjektiven Würdigung überlassen, ohne daß der Staat einen unmittelbaren Einfluß darauf genommen hätte.
Ein ganz eigenartiger Entwicklungsgang war in Österreich zu beobachten. Hier kam in den Neunzigerjahren des vorigen Jahrhunderts, bald nachdem ein eigenes Ministerium für Eisenbahnen geschaffen war, der Gedanke zur Geltung, die bisher einzeln wirkenden Kräfte zu gemeinsamer Arbeit zu sammeln und die Förderung des Reiseverkehrs, vor allem des internationalen Fremdenverkehrs den staatlichen Verwaltungsaufgaben, zunächst unter dem Gesichtspunkt der hervorragend daran beteiligten Eisenbahninteressen, anzugliedern. Viel mochte zu diesen Bestrebungen, die sich in der Folge als überaus fruchtbar bewährten, die Sorge um die Erhaltung der mit gewaltigen Geldopfern durchgeführten Ordnung der Reichswährung beigetragen haben. Von den Schöpfern der Währungsreform waren als Grundlage der neuen Ordnung die Aktivsaldi der Handelsbilanz betrachtet worden, die nach den Erfahrungen der vorangegangenen Jahrzehnte hinreichten, um dem Aufwand für den auswärtigen Schuldendienst der Monarchie das Gleichgewicht zu halten. Aber die neue Währung war noch kaum eingeführt, als die Handelsbilanz eine von Jahr zu Jahr empfindlichere Verschlechterung erfuhr – eine Erscheinung, die übrigens bei allen Staaten den zunehmenden nationalen Wohlstand begleitet. Da zeigte das Beispiel der Schweiz und Italiens, daß eine sehr wichtige Aktivpost für die Zahlungsbilanz
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