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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

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über die hier 42 km breite, oft stürmische und dem Eisgang ausgesetzte Ostsee in zweistündiger Seefahrt.

Die Einrichtung dieser früher von kleineren Dampfern betriebenen Hauptverkehrslinien zwischen Deutschland und den dänischen Inseln für den Eisenbahnverkehr erforderte den Aufwand großer Geldmittel für den Ausbau der Häfen und Hafenbahnhöfe in Warnemünde und Gjedser.

Die Landungsbrücken bestehen hier aus einfachen, 30 m langen Gitterträgern mit gekrümmter unterer und geradliniger oberer Gurtung.

Die Brücken sind so eingerichtet, daß sie nicht nur den Bewegungen des Schiffes der Länge nach - "der Durung" - sondern auch bei einseitiger Belastung der zweigleisigen Fährschiffe der Querneigung des Schiffes - "der Krängung" - folgen können.

Ein Übelstand bei diesen Brücken ist die tiefe Lage des Untergurtes (der teilweise in das Wasser eintaucht), die eine ungünstige Beanspruchung der Brückenkonstruktion bei Ansammlungen von Eis in den Brückenkammern hervorruft.

Bei außergewöhnlich hohen Wasserständen ergibt sich für die Brückenrampen eine Neigung von 1 : 16. Bei dieser steilen Neigung ist es nicht möglich, Eisenbahnwagen jeder Bauart zu überführen; es mußten vielmehr für den Übergang durchgehender Wagen einschränkende Bestimmungen, die sogenannten "Lübecker Bedingungen", vereinbart werden.

Das seeseitige Ende der Brückentafel wird in einem Ausschnitte des Schiffsdeckes gelagert und mit dem Schiff durch einen kräftigen Bolzen verbunden.

An Fährschiffen wurden für den Dienst der von Mecklenburg und Dänemark gemeinsam betriebenen Linie 2 Räder- und 2 Doppelschraubenschiffe beschafft, die eine Geschwindigkeit von 13 bis 14 Knoten in der Stunde erreichen können.

Die Schiffe sind nach den Regeln des Schiffsbaues besonders kräftig gebaut, mit allen Sicherheitsvorrichtungen der Neuzeit (Schotten, Doppelboden, Unterwasser-Schallsignalapparate, Rettungsboote) ausgestattet und zur Abschwächung des Rollens mit Schlingerkielen, zur Erhöhung der Seetüchtigkeit mit scharfem Vordersteven versehen.

Die mit Heck- und Bugruder ausgestatteten Schiffe können an beiden Enden anlegen und Eisenbahnfahrzeuge aufnehmen. Zu diesem Zwecke sind die Vordersteven wie das Visier eines alten Ritterhelmes aufklappbar eingerichtet.

Die Anordnung der beiden Gleise auf dem Wagendeck ist derart, daß an den Schiffsenden die Weichen mit eingebaut sind, mit Ausnahme der vor den Landungsbrücken angeordneten Zungen.

Hierdurch wird die glatte Linienführung der Gleise erschwert, die nutzbare Gleislänge geschmälert und die Raumausnutzung auf Deck beeinträchtigt.

Die nutzbare Länge der beiden Gleise beträgt zusammen 126·8 m.

Dementsprechend können neben 2-3 D-Zugwagen noch 7-9 Güterwagen oder zusammen 14-15 Güterwagen aufgenommen werden.

Die Eisenbahnwagen werden durch Schienenvorleger und straff angespannte Ketten festgehalten.

Schraubenwinden, zwischen Deck und Wagengestell eingespannt, entlasten die Wagenachsfedern und verhüten so deren Überlastung durch einseitige Beanspruchung bei hohem Seegange.

Für die Verpflegung und Bequemlichkeit der Reisenden, der Offiziere und der Besatzung ist durch vornehm ausgestattete Speise- und Gesellschaftsräume, durch gut geheizte, gelüftete und beleuchtete Wohn- und Schlafräume sowie durch breite und lange Wandeldecks mit Sitzbänken aufs beste gesorgt.

Vier Zylinderkessel von je 180 m2 Heizfläche liefern den erforderlichen Dampf für die beiden Dreifachexpansionsmaschinen.

Die Hauptabmessungen des Doppelschraubenfährschiffes "Prins Christian" sind folgende:


Länge zwischen den Loten86·86 m
Größte Breite über den Spanten13·70 m
Größte Breite über den Scheuerleisten17·68 m
Ladefähigkeit240 t
Tiefgang, beladen4·39 m
Schienenhöhe über Wasser3·52 m
Wasserverdrängung bei voller Last2065 t
Maschinenleistung2600 t

Die Geschwindigkeit beträgt 14 Knoten in der Stunde.

4. Die Fährverbindung Saßnitz-Trelleborg (Taf. IX), 1909 eröffnet, stellt eine unmittelbare Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und Stockholm einerseits und zwischen Berlin und Göteborg-Kristiania anderseits her.

Die Seestrecke zwischen Saßnitz und Trelleborg ist 107 km lang.

Die Seefahrt dauert 4 Stunden.

Für Seereisen von so langer Dauer konnten nur sehr große und sehr schnelle Fährschiffe in Frage kommen, die in einen erfolgreichen Wettbewerb mit den vorhandenen Dampferlinien eintreten konnten.

Die großen Abmessungen der Fährschiffe wirkten auf die Abmessungen und den Ausbau der Hafen-, Landungs- und Bahnhofsanlagen ein, so daß eine Fährverbindung entstanden

über die hier 42 km breite, oft stürmische und dem Eisgang ausgesetzte Ostsee in zweistündiger Seefahrt.

Die Einrichtung dieser früher von kleineren Dampfern betriebenen Hauptverkehrslinien zwischen Deutschland und den dänischen Inseln für den Eisenbahnverkehr erforderte den Aufwand großer Geldmittel für den Ausbau der Häfen und Hafenbahnhöfe in Warnemünde und Gjedser.

Die Landungsbrücken bestehen hier aus einfachen, 30 m langen Gitterträgern mit gekrümmter unterer und geradliniger oberer Gurtung.

Die Brücken sind so eingerichtet, daß sie nicht nur den Bewegungen des Schiffes der Länge nach – „der Durung“ – sondern auch bei einseitiger Belastung der zweigleisigen Fährschiffe der Querneigung des Schiffes – „der Krängung“ – folgen können.

Ein Übelstand bei diesen Brücken ist die tiefe Lage des Untergurtes (der teilweise in das Wasser eintaucht), die eine ungünstige Beanspruchung der Brückenkonstruktion bei Ansammlungen von Eis in den Brückenkammern hervorruft.

Bei außergewöhnlich hohen Wasserständen ergibt sich für die Brückenrampen eine Neigung von 1 : 16. Bei dieser steilen Neigung ist es nicht möglich, Eisenbahnwagen jeder Bauart zu überführen; es mußten vielmehr für den Übergang durchgehender Wagen einschränkende Bestimmungen, die sogenannten „Lübecker Bedingungen“, vereinbart werden.

Das seeseitige Ende der Brückentafel wird in einem Ausschnitte des Schiffsdeckes gelagert und mit dem Schiff durch einen kräftigen Bolzen verbunden.

An Fährschiffen wurden für den Dienst der von Mecklenburg und Dänemark gemeinsam betriebenen Linie 2 Räder- und 2 Doppelschraubenschiffe beschafft, die eine Geschwindigkeit von 13 bis 14 Knoten in der Stunde erreichen können.

Die Schiffe sind nach den Regeln des Schiffsbaues besonders kräftig gebaut, mit allen Sicherheitsvorrichtungen der Neuzeit (Schotten, Doppelboden, Unterwasser-Schallsignalapparate, Rettungsboote) ausgestattet und zur Abschwächung des Rollens mit Schlingerkielen, zur Erhöhung der Seetüchtigkeit mit scharfem Vordersteven versehen.

Die mit Heck- und Bugruder ausgestatteten Schiffe können an beiden Enden anlegen und Eisenbahnfahrzeuge aufnehmen. Zu diesem Zwecke sind die Vordersteven wie das Visier eines alten Ritterhelmes aufklappbar eingerichtet.

Die Anordnung der beiden Gleise auf dem Wagendeck ist derart, daß an den Schiffsenden die Weichen mit eingebaut sind, mit Ausnahme der vor den Landungsbrücken angeordneten Zungen.

Hierdurch wird die glatte Linienführung der Gleise erschwert, die nutzbare Gleislänge geschmälert und die Raumausnutzung auf Deck beeinträchtigt.

Die nutzbare Länge der beiden Gleise beträgt zusammen 126·8 m.

Dementsprechend können neben 2–3 D-Zugwagen noch 7–9 Güterwagen oder zusammen 14–15 Güterwagen aufgenommen werden.

Die Eisenbahnwagen werden durch Schienenvorleger und straff angespannte Ketten festgehalten.

Schraubenwinden, zwischen Deck und Wagengestell eingespannt, entlasten die Wagenachsfedern und verhüten so deren Überlastung durch einseitige Beanspruchung bei hohem Seegange.

Für die Verpflegung und Bequemlichkeit der Reisenden, der Offiziere und der Besatzung ist durch vornehm ausgestattete Speise- und Gesellschaftsräume, durch gut geheizte, gelüftete und beleuchtete Wohn- und Schlafräume sowie durch breite und lange Wandeldecks mit Sitzbänken aufs beste gesorgt.

Vier Zylinderkessel von je 180 m2 Heizfläche liefern den erforderlichen Dampf für die beiden Dreifachexpansionsmaschinen.

Die Hauptabmessungen des Doppelschraubenfährschiffes „Prins Christian“ sind folgende:


Länge zwischen den Loten86·86 m
Größte Breite über den Spanten13·70 m
Größte Breite über den Scheuerleisten17·68 m
Ladefähigkeit240 t
Tiefgang, beladen4·39 m
Schienenhöhe über Wasser3·52 m
Wasserverdrängung bei voller Last2065 t
Maschinenleistung2600 t

Die Geschwindigkeit beträgt 14 Knoten in der Stunde.

4. Die Fährverbindung Saßnitz-Trelleborg (Taf. IX), 1909 eröffnet, stellt eine unmittelbare Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und Stockholm einerseits und zwischen Berlin und Göteborg-Kristiania anderseits her.

Die Seestrecke zwischen Saßnitz und Trelleborg ist 107 km lang.

Die Seefahrt dauert 4 Stunden.

Für Seereisen von so langer Dauer konnten nur sehr große und sehr schnelle Fährschiffe in Frage kommen, die in einen erfolgreichen Wettbewerb mit den vorhandenen Dampferlinien eintreten konnten.

Die großen Abmessungen der Fährschiffe wirkten auf die Abmessungen und den Ausbau der Hafen-, Landungs- und Bahnhofsanlagen ein, so daß eine Fährverbindung entstanden

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[427/0443] über die hier 42 km breite, oft stürmische und dem Eisgang ausgesetzte Ostsee in zweistündiger Seefahrt. Die Einrichtung dieser früher von kleineren Dampfern betriebenen Hauptverkehrslinien zwischen Deutschland und den dänischen Inseln für den Eisenbahnverkehr erforderte den Aufwand großer Geldmittel für den Ausbau der Häfen und Hafenbahnhöfe in Warnemünde und Gjedser. Die Landungsbrücken bestehen hier aus einfachen, 30 m langen Gitterträgern mit gekrümmter unterer und geradliniger oberer Gurtung. Die Brücken sind so eingerichtet, daß sie nicht nur den Bewegungen des Schiffes der Länge nach – „der Durung“ – sondern auch bei einseitiger Belastung der zweigleisigen Fährschiffe der Querneigung des Schiffes – „der Krängung“ – folgen können. Ein Übelstand bei diesen Brücken ist die tiefe Lage des Untergurtes (der teilweise in das Wasser eintaucht), die eine ungünstige Beanspruchung der Brückenkonstruktion bei Ansammlungen von Eis in den Brückenkammern hervorruft. Bei außergewöhnlich hohen Wasserständen ergibt sich für die Brückenrampen eine Neigung von 1 : 16. Bei dieser steilen Neigung ist es nicht möglich, Eisenbahnwagen jeder Bauart zu überführen; es mußten vielmehr für den Übergang durchgehender Wagen einschränkende Bestimmungen, die sogenannten „Lübecker Bedingungen“, vereinbart werden. Das seeseitige Ende der Brückentafel wird in einem Ausschnitte des Schiffsdeckes gelagert und mit dem Schiff durch einen kräftigen Bolzen verbunden. An Fährschiffen wurden für den Dienst der von Mecklenburg und Dänemark gemeinsam betriebenen Linie 2 Räder- und 2 Doppelschraubenschiffe beschafft, die eine Geschwindigkeit von 13 bis 14 Knoten in der Stunde erreichen können. Die Schiffe sind nach den Regeln des Schiffsbaues besonders kräftig gebaut, mit allen Sicherheitsvorrichtungen der Neuzeit (Schotten, Doppelboden, Unterwasser-Schallsignalapparate, Rettungsboote) ausgestattet und zur Abschwächung des Rollens mit Schlingerkielen, zur Erhöhung der Seetüchtigkeit mit scharfem Vordersteven versehen. Die mit Heck- und Bugruder ausgestatteten Schiffe können an beiden Enden anlegen und Eisenbahnfahrzeuge aufnehmen. Zu diesem Zwecke sind die Vordersteven wie das Visier eines alten Ritterhelmes aufklappbar eingerichtet. Die Anordnung der beiden Gleise auf dem Wagendeck ist derart, daß an den Schiffsenden die Weichen mit eingebaut sind, mit Ausnahme der vor den Landungsbrücken angeordneten Zungen. Hierdurch wird die glatte Linienführung der Gleise erschwert, die nutzbare Gleislänge geschmälert und die Raumausnutzung auf Deck beeinträchtigt. Die nutzbare Länge der beiden Gleise beträgt zusammen 126·8 m. Dementsprechend können neben 2–3 D-Zugwagen noch 7–9 Güterwagen oder zusammen 14–15 Güterwagen aufgenommen werden. Die Eisenbahnwagen werden durch Schienenvorleger und straff angespannte Ketten festgehalten. Schraubenwinden, zwischen Deck und Wagengestell eingespannt, entlasten die Wagenachsfedern und verhüten so deren Überlastung durch einseitige Beanspruchung bei hohem Seegange. Für die Verpflegung und Bequemlichkeit der Reisenden, der Offiziere und der Besatzung ist durch vornehm ausgestattete Speise- und Gesellschaftsräume, durch gut geheizte, gelüftete und beleuchtete Wohn- und Schlafräume sowie durch breite und lange Wandeldecks mit Sitzbänken aufs beste gesorgt. Vier Zylinderkessel von je 180 m2 Heizfläche liefern den erforderlichen Dampf für die beiden Dreifachexpansionsmaschinen. Die Hauptabmessungen des Doppelschraubenfährschiffes „Prins Christian“ sind folgende: Länge zwischen den Loten 86·86 m Größte Breite über den Spanten 13·70 m Größte Breite über den Scheuerleisten 17·68 m Ladefähigkeit 240 t Tiefgang, beladen 4·39 m Schienenhöhe über Wasser 3·52 m Wasserverdrängung bei voller Last 2065 t Maschinenleistung 2600 t Die Geschwindigkeit beträgt 14 Knoten in der Stunde. 4. Die Fährverbindung Saßnitz-Trelleborg (Taf. IX), 1909 eröffnet, stellt eine unmittelbare Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und Stockholm einerseits und zwischen Berlin und Göteborg-Kristiania anderseits her. Die Seestrecke zwischen Saßnitz und Trelleborg ist 107 km lang. Die Seefahrt dauert 4 Stunden. Für Seereisen von so langer Dauer konnten nur sehr große und sehr schnelle Fährschiffe in Frage kommen, die in einen erfolgreichen Wettbewerb mit den vorhandenen Dampferlinien eintreten konnten. Die großen Abmessungen der Fährschiffe wirkten auf die Abmessungen und den Ausbau der Hafen-, Landungs- und Bahnhofsanlagen ein, so daß eine Fährverbindung entstanden

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/443>, abgerufen am 23.11.2024.