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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

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Kraft, mit der die Schwere es auf der schiefen Ebene nach abwärts zu verschieben sucht, durch den Reibungswiderstand gerade aufgehoben werden.

Wenn hiernach der Begriff des Reibungswinkels streng genommen völlig kohäsionslose Massen voraussetzt, so versteht man doch in der Praxis gewöhnlich hierunter den größten Winkel, unter dem sich die Böschungen eines Erdkörpers dauernd ohne Stützung durch irgendwelche Befestigung der Oberfläche zu halten vermögen. Auf diese meist als natürliche Böschung bezeichnete Neigung ist demnach die Kohäsion der betreffenden Erdart nicht einflußlos und daraus erklärt sich auch, daß die Neigung der natürlichen Böschung derselben Bodenart im Einschnitt und im Damm meist verschiedene Größe besitzt.

Reibung und Kohäsion bedingen demnach die Eignung des Materiales zu Schüttungen wie die zulässige Neigung der unbekleideten oder mit Mutterboden und Flachrasen bedeckten Böschungen.

Zahlentafel 2. Böschungsverhältnisse für mittlere Dammhöhen und Einschnittstiefen.

Vom Wasser durchzogene Schichten und ebenso auch vom Wasser bespülte Böschungen sind flacher - etwa unter 1 : 3 bis 1 : 5, in Ausnahmefällen selbst bis 1 : 20 - zu neigen; trockene Erdarten erheblicher Kohäsion (z. B. Lehm) können dann und wann bei geringen Dammhöhen und Einschnittstiefen in den Böschungen steiler gehalten werden - etwa 1 : 11/4.

Auch Böschungen mit verschiedenen Neigungen finden sich, namentlich bei größeren Schüttungshöhen, bei denen, dem nach unten immer größer werdenden Erddruck und dem natürlichen Abrollen der Massen entsprechend, die unteren Teile flacher - bis etwa 1 : 3 - die oberen steiler - bis 1 : 11/4 und 1 : 1 - gehalten sind.

In zweifelhaften Fällen sind zur Erzielung zuverlässiger Unterlagen stets Versuche größeren Umfanges im Freien anzuraten.

Die Auflockerung der Bodenmassen bei der Gewinnung wechselt innerhalb sehr weiter Grenzen und verschwindet vollständig nie wieder, wenn auch die ursprüngliche bei der Lösung eingetretene Raumvermehrung in der sich setzenden Schüttung nicht in vollem Maße erhalten bleibt. Dementsprechend ist zwischen einer vorübergehenden und einer bleibenden Auflockerung zu unterscheiden. Die erstere beeinflußt die Förderung und die Gestalt der zu bildenden Dämme, die letztere die Verteilung der Erdmassen.

Für mittlere Verhältnisse kann etwa angenommen werden:

Zahlentafel 3.

Geschüttete Steine füllen die bei dem Schütten entstandenen Hohlräume nachträglich nur in geringem Maße wieder aus, bei Steinschüttungen muß daher mit großer bleibender Quellung gerechnet werden.

Mit dem allmählichen Verschwinden der vorübergehenden Auflockerung ändert sich die Gestalt der Dämme, die deshalb nicht nur höher, sondern wegen des zu befürchtenden

Kraft, mit der die Schwere es auf der schiefen Ebene nach abwärts zu verschieben sucht, durch den Reibungswiderstand gerade aufgehoben werden.

Wenn hiernach der Begriff des Reibungswinkels streng genommen völlig kohäsionslose Massen voraussetzt, so versteht man doch in der Praxis gewöhnlich hierunter den größten Winkel, unter dem sich die Böschungen eines Erdkörpers dauernd ohne Stützung durch irgendwelche Befestigung der Oberfläche zu halten vermögen. Auf diese meist als natürliche Böschung bezeichnete Neigung ist demnach die Kohäsion der betreffenden Erdart nicht einflußlos und daraus erklärt sich auch, daß die Neigung der natürlichen Böschung derselben Bodenart im Einschnitt und im Damm meist verschiedene Größe besitzt.

Reibung und Kohäsion bedingen demnach die Eignung des Materiales zu Schüttungen wie die zulässige Neigung der unbekleideten oder mit Mutterboden und Flachrasen bedeckten Böschungen.

Zahlentafel 2. Böschungsverhältnisse für mittlere Dammhöhen und Einschnittstiefen.

Vom Wasser durchzogene Schichten und ebenso auch vom Wasser bespülte Böschungen sind flacher – etwa unter 1 : 3 bis 1 : 5, in Ausnahmefällen selbst bis 1 : 20 – zu neigen; trockene Erdarten erheblicher Kohäsion (z. B. Lehm) können dann und wann bei geringen Dammhöhen und Einschnittstiefen in den Böschungen steiler gehalten werden – etwa 1 : 1¼.

Auch Böschungen mit verschiedenen Neigungen finden sich, namentlich bei größeren Schüttungshöhen, bei denen, dem nach unten immer größer werdenden Erddruck und dem natürlichen Abrollen der Massen entsprechend, die unteren Teile flacher – bis etwa 1 : 3 – die oberen steiler – bis 1 : 1¼ und 1 : 1 – gehalten sind.

In zweifelhaften Fällen sind zur Erzielung zuverlässiger Unterlagen stets Versuche größeren Umfanges im Freien anzuraten.

Die Auflockerung der Bodenmassen bei der Gewinnung wechselt innerhalb sehr weiter Grenzen und verschwindet vollständig nie wieder, wenn auch die ursprüngliche bei der Lösung eingetretene Raumvermehrung in der sich setzenden Schüttung nicht in vollem Maße erhalten bleibt. Dementsprechend ist zwischen einer vorübergehenden und einer bleibenden Auflockerung zu unterscheiden. Die erstere beeinflußt die Förderung und die Gestalt der zu bildenden Dämme, die letztere die Verteilung der Erdmassen.

Für mittlere Verhältnisse kann etwa angenommen werden:

Zahlentafel 3.

Geschüttete Steine füllen die bei dem Schütten entstandenen Hohlräume nachträglich nur in geringem Maße wieder aus, bei Steinschüttungen muß daher mit großer bleibender Quellung gerechnet werden.

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[368/0384] Kraft, mit der die Schwere es auf der schiefen Ebene nach abwärts zu verschieben sucht, durch den Reibungswiderstand gerade aufgehoben werden. Wenn hiernach der Begriff des Reibungswinkels streng genommen völlig kohäsionslose Massen voraussetzt, so versteht man doch in der Praxis gewöhnlich hierunter den größten Winkel, unter dem sich die Böschungen eines Erdkörpers dauernd ohne Stützung durch irgendwelche Befestigung der Oberfläche zu halten vermögen. Auf diese meist als natürliche Böschung bezeichnete Neigung ist demnach die Kohäsion der betreffenden Erdart nicht einflußlos und daraus erklärt sich auch, daß die Neigung der natürlichen Böschung derselben Bodenart im Einschnitt und im Damm meist verschiedene Größe besitzt. Reibung und Kohäsion bedingen demnach die Eignung des Materiales zu Schüttungen wie die zulässige Neigung der unbekleideten oder mit Mutterboden und Flachrasen bedeckten Böschungen. Zahlentafel 2. Böschungsverhältnisse für mittlere Dammhöhen und Einschnittstiefen. Vom Wasser durchzogene Schichten und ebenso auch vom Wasser bespülte Böschungen sind flacher – etwa unter 1 : 3 bis 1 : 5, in Ausnahmefällen selbst bis 1 : 20 – zu neigen; trockene Erdarten erheblicher Kohäsion (z. B. Lehm) können dann und wann bei geringen Dammhöhen und Einschnittstiefen in den Böschungen steiler gehalten werden – etwa 1 : 1¼. Auch Böschungen mit verschiedenen Neigungen finden sich, namentlich bei größeren Schüttungshöhen, bei denen, dem nach unten immer größer werdenden Erddruck und dem natürlichen Abrollen der Massen entsprechend, die unteren Teile flacher – bis etwa 1 : 3 – die oberen steiler – bis 1 : 1¼ und 1 : 1 – gehalten sind. In zweifelhaften Fällen sind zur Erzielung zuverlässiger Unterlagen stets Versuche größeren Umfanges im Freien anzuraten. Die Auflockerung der Bodenmassen bei der Gewinnung wechselt innerhalb sehr weiter Grenzen und verschwindet vollständig nie wieder, wenn auch die ursprüngliche bei der Lösung eingetretene Raumvermehrung in der sich setzenden Schüttung nicht in vollem Maße erhalten bleibt. Dementsprechend ist zwischen einer vorübergehenden und einer bleibenden Auflockerung zu unterscheiden. Die erstere beeinflußt die Förderung und die Gestalt der zu bildenden Dämme, die letztere die Verteilung der Erdmassen. Für mittlere Verhältnisse kann etwa angenommen werden: Zahlentafel 3. Geschüttete Steine füllen die bei dem Schütten entstandenen Hohlräume nachträglich nur in geringem Maße wieder aus, bei Steinschüttungen muß daher mit großer bleibender Quellung gerechnet werden. Mit dem allmählichen Verschwinden der vorübergehenden Auflockerung ändert sich die Gestalt der Dämme, die deshalb nicht nur höher, sondern wegen des zu befürchtenden

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/384>, abgerufen am 25.08.2024.