Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

selbst kleinerer Gebäude in die Hand von Architekten; bei größeren Bauaufgaben werden Wettbewerbe veranstaltet.

Während früher allgemein Ziegelrohbau verwendet wurde, gibt man neuerdings dem Bruch- oder Werkstein den Vorzug. Dieser ist nicht nur in den Gebirgsgegenden Österreichs, wo Werksteine leicht zu erhalten sind (so beim Semmering, Brenner, Arlberg und den neuen Alpenbahnen), sondern auch in der norddeutschen Tiefebene viel angewendet worden, wo die Steine von weit her bezogen werden müssen. Auch Putzbau wird bisweilen gewählt,


Abb. 213. Bahnhof Bombay.
obwohl er infolge der Einwirkung der Rauchgase hohe Unterhaltungskosten verursacht (Wiener Stadtbahn); sein Anwendungsgebiet wird daher stets ein beschränktes bleiben.

Eine gute Beleuchtung aller Räume durch Tageslicht ist von Wichtigkeit. Kann dies nicht durch gewöhnliche Fenster geschehen, so ist, wenn irgend möglich, hohes Seitenlicht zu wählen. Oberlichter mit schwach geneigten oder gar wagerechten Glasflächen sind zu vermeiden, da sie infolge des Rauches und Rußes der Lokomotiven schnell undurchsichtig werden und häufig gereinigt werden müssen. Deswegen sind Lichthöfe (glasüberdeckte Höfe) nicht erwünscht und durch offene Höfe zu ersetzen. Von solchen offenen Höfen ist reichlich Gebrauch zu machen, wenn die Räume nicht alle an die Außenwände gelegt werden können. Farbige Verglasung sollte man nicht anwenden, da sie verdunkelt. Im Innern der Räume ist die Anordnung von Säulen und Mauerpfeilern tunlichst zu vermeiden, weil sie die Übersicht stören. Große Spannweiten der Decken und Dächer sind vorzuziehen.

Die Ausstattung soll einfach aber gediegen sein, um möglichst geringe Unterhaltungskosten zu verursachen. Es empfiehlt sich, den Fußboden in den Hallen und Gängen aus Fliesen, in den Wartesälen aus Eichenholz herzustellen oder mit starkem Linoleum zu belegen. Für die Wandbekleidungen in Wartesälen und Gepäckräumen sind bis 2 m Höhe Fliesen oder Holztäfelung zu verwenden. Die Felder der Täfelung können in den Wartesälen auch mit Stoff oder Linoleum ausgefüllt werden. In den Hallen und Gängen kann Steinbekleidung in Frage kommen. Putz ist hier zu vermeiden. Sonst sind Wände und Decken hell zu streichen, womöglich mit Ölfarbe; in den Wartesälen sind dunklere Farben zulässig, die zur Behaglichkeit beitragen. Reklamen sollten vermieden werden, da sie zum Stehenbleiben einladen. In den Wartesälen wirken sie außerdem sehr unschön. Bei der Wahl der Möbel in den Wartesälen soll außer der Rücksicht auf Gediegenheit auch die auf eine gewisse Behaglichkeit maßgebend sein. Das Gebäude wird häufig mit einer Sammelheizung versehen (s. Heizung von Gebäuden).

selbst kleinerer Gebäude in die Hand von Architekten; bei größeren Bauaufgaben werden Wettbewerbe veranstaltet.

Während früher allgemein Ziegelrohbau verwendet wurde, gibt man neuerdings dem Bruch- oder Werkstein den Vorzug. Dieser ist nicht nur in den Gebirgsgegenden Österreichs, wo Werksteine leicht zu erhalten sind (so beim Semmering, Brenner, Arlberg und den neuen Alpenbahnen), sondern auch in der norddeutschen Tiefebene viel angewendet worden, wo die Steine von weit her bezogen werden müssen. Auch Putzbau wird bisweilen gewählt,


Abb. 213. Bahnhof Bombay.
obwohl er infolge der Einwirkung der Rauchgase hohe Unterhaltungskosten verursacht (Wiener Stadtbahn); sein Anwendungsgebiet wird daher stets ein beschränktes bleiben.

Eine gute Beleuchtung aller Räume durch Tageslicht ist von Wichtigkeit. Kann dies nicht durch gewöhnliche Fenster geschehen, so ist, wenn irgend möglich, hohes Seitenlicht zu wählen. Oberlichter mit schwach geneigten oder gar wagerechten Glasflächen sind zu vermeiden, da sie infolge des Rauches und Rußes der Lokomotiven schnell undurchsichtig werden und häufig gereinigt werden müssen. Deswegen sind Lichthöfe (glasüberdeckte Höfe) nicht erwünscht und durch offene Höfe zu ersetzen. Von solchen offenen Höfen ist reichlich Gebrauch zu machen, wenn die Räume nicht alle an die Außenwände gelegt werden können. Farbige Verglasung sollte man nicht anwenden, da sie verdunkelt. Im Innern der Räume ist die Anordnung von Säulen und Mauerpfeilern tunlichst zu vermeiden, weil sie die Übersicht stören. Große Spannweiten der Decken und Dächer sind vorzuziehen.

Die Ausstattung soll einfach aber gediegen sein, um möglichst geringe Unterhaltungskosten zu verursachen. Es empfiehlt sich, den Fußboden in den Hallen und Gängen aus Fliesen, in den Wartesälen aus Eichenholz herzustellen oder mit starkem Linoleum zu belegen. Für die Wandbekleidungen in Wartesälen und Gepäckräumen sind bis 2 m Höhe Fliesen oder Holztäfelung zu verwenden. Die Felder der Täfelung können in den Wartesälen auch mit Stoff oder Linoleum ausgefüllt werden. In den Hallen und Gängen kann Steinbekleidung in Frage kommen. Putz ist hier zu vermeiden. Sonst sind Wände und Decken hell zu streichen, womöglich mit Ölfarbe; in den Wartesälen sind dunklere Farben zulässig, die zur Behaglichkeit beitragen. Reklamen sollten vermieden werden, da sie zum Stehenbleiben einladen. In den Wartesälen wirken sie außerdem sehr unschön. Bei der Wahl der Möbel in den Wartesälen soll außer der Rücksicht auf Gediegenheit auch die auf eine gewisse Behaglichkeit maßgebend sein. Das Gebäude wird häufig mit einer Sammelheizung versehen (s. Heizung von Gebäuden).

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0317" n="304"/>
selbst kleinerer Gebäude in die Hand von Architekten; bei größeren Bauaufgaben werden Wettbewerbe veranstaltet.</p><lb/>
          <p>Während früher allgemein Ziegelrohbau verwendet wurde, gibt man neuerdings dem Bruch- oder Werkstein den Vorzug. Dieser ist nicht nur in den Gebirgsgegenden Österreichs, wo Werksteine leicht zu erhalten sind (so beim Semmering, Brenner, Arlberg und den neuen Alpenbahnen), sondern auch in der norddeutschen Tiefebene viel angewendet worden, wo die Steine von weit her bezogen werden müssen. Auch Putzbau wird bisweilen gewählt,<lb/><figure facs="https://media.dwds.de/dta/images/roell_eisenbahnwesen04_1913/figures/roell_eisenbahnwesen04_1913_figure-0252.jpg" rendition="#c"><head>Abb. 213. Bahnhof Bombay.</head><lb/></figure><lb/>
obwohl er infolge der Einwirkung der Rauchgase hohe Unterhaltungskosten verursacht (Wiener Stadtbahn); sein Anwendungsgebiet wird daher stets ein beschränktes bleiben.</p><lb/>
          <p>Eine gute Beleuchtung aller Räume durch Tageslicht ist von Wichtigkeit. Kann dies nicht durch gewöhnliche Fenster geschehen, so ist, wenn irgend möglich, hohes Seitenlicht zu wählen. Oberlichter mit schwach geneigten oder gar wagerechten Glasflächen sind zu vermeiden, da sie infolge des Rauches und Rußes der Lokomotiven schnell undurchsichtig werden und häufig gereinigt werden müssen. Deswegen sind Lichthöfe (glasüberdeckte Höfe) nicht erwünscht und durch offene Höfe zu ersetzen. Von solchen offenen Höfen ist reichlich Gebrauch zu machen, wenn die Räume nicht alle an die Außenwände gelegt werden können. Farbige Verglasung sollte man nicht anwenden, da sie verdunkelt. Im Innern der Räume ist die Anordnung von Säulen und Mauerpfeilern tunlichst zu vermeiden, weil sie die Übersicht stören. Große Spannweiten der Decken und Dächer sind vorzuziehen.</p><lb/>
          <p>Die Ausstattung soll einfach aber gediegen sein, um möglichst geringe Unterhaltungskosten zu verursachen. Es empfiehlt sich, den Fußboden in den Hallen und Gängen aus Fliesen, in den Wartesälen aus Eichenholz herzustellen oder mit starkem Linoleum zu belegen. Für die Wandbekleidungen in Wartesälen und Gepäckräumen sind bis 2 <hi rendition="#i">m</hi> Höhe Fliesen oder Holztäfelung zu verwenden. Die Felder der Täfelung können in den Wartesälen auch mit Stoff oder Linoleum ausgefüllt werden. In den Hallen und Gängen kann Steinbekleidung in Frage kommen. Putz ist hier zu vermeiden. Sonst sind Wände und Decken hell zu streichen, womöglich mit Ölfarbe; in den Wartesälen sind dunklere Farben zulässig, die zur Behaglichkeit beitragen. Reklamen sollten vermieden werden, da sie zum Stehenbleiben einladen. In den Wartesälen wirken sie außerdem sehr unschön. Bei der Wahl der Möbel in den Wartesälen soll außer der Rücksicht auf Gediegenheit auch die auf eine gewisse Behaglichkeit maßgebend sein. Das Gebäude wird häufig mit einer Sammelheizung versehen (s. Heizung von Gebäuden).
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[304/0317] selbst kleinerer Gebäude in die Hand von Architekten; bei größeren Bauaufgaben werden Wettbewerbe veranstaltet. Während früher allgemein Ziegelrohbau verwendet wurde, gibt man neuerdings dem Bruch- oder Werkstein den Vorzug. Dieser ist nicht nur in den Gebirgsgegenden Österreichs, wo Werksteine leicht zu erhalten sind (so beim Semmering, Brenner, Arlberg und den neuen Alpenbahnen), sondern auch in der norddeutschen Tiefebene viel angewendet worden, wo die Steine von weit her bezogen werden müssen. Auch Putzbau wird bisweilen gewählt, [Abbildung Abb. 213. Bahnhof Bombay. ] obwohl er infolge der Einwirkung der Rauchgase hohe Unterhaltungskosten verursacht (Wiener Stadtbahn); sein Anwendungsgebiet wird daher stets ein beschränktes bleiben. Eine gute Beleuchtung aller Räume durch Tageslicht ist von Wichtigkeit. Kann dies nicht durch gewöhnliche Fenster geschehen, so ist, wenn irgend möglich, hohes Seitenlicht zu wählen. Oberlichter mit schwach geneigten oder gar wagerechten Glasflächen sind zu vermeiden, da sie infolge des Rauches und Rußes der Lokomotiven schnell undurchsichtig werden und häufig gereinigt werden müssen. Deswegen sind Lichthöfe (glasüberdeckte Höfe) nicht erwünscht und durch offene Höfe zu ersetzen. Von solchen offenen Höfen ist reichlich Gebrauch zu machen, wenn die Räume nicht alle an die Außenwände gelegt werden können. Farbige Verglasung sollte man nicht anwenden, da sie verdunkelt. Im Innern der Räume ist die Anordnung von Säulen und Mauerpfeilern tunlichst zu vermeiden, weil sie die Übersicht stören. Große Spannweiten der Decken und Dächer sind vorzuziehen. Die Ausstattung soll einfach aber gediegen sein, um möglichst geringe Unterhaltungskosten zu verursachen. Es empfiehlt sich, den Fußboden in den Hallen und Gängen aus Fliesen, in den Wartesälen aus Eichenholz herzustellen oder mit starkem Linoleum zu belegen. Für die Wandbekleidungen in Wartesälen und Gepäckräumen sind bis 2 m Höhe Fliesen oder Holztäfelung zu verwenden. Die Felder der Täfelung können in den Wartesälen auch mit Stoff oder Linoleum ausgefüllt werden. In den Hallen und Gängen kann Steinbekleidung in Frage kommen. Putz ist hier zu vermeiden. Sonst sind Wände und Decken hell zu streichen, womöglich mit Ölfarbe; in den Wartesälen sind dunklere Farben zulässig, die zur Behaglichkeit beitragen. Reklamen sollten vermieden werden, da sie zum Stehenbleiben einladen. In den Wartesälen wirken sie außerdem sehr unschön. Bei der Wahl der Möbel in den Wartesälen soll außer der Rücksicht auf Gediegenheit auch die auf eine gewisse Behaglichkeit maßgebend sein. Das Gebäude wird häufig mit einer Sammelheizung versehen (s. Heizung von Gebäuden).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-06-17T17:32:48Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T17:32:48Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Spaltenumbrüche sind nicht markiert. Wiederholungszeichen (") wurden aufgelöst. Komplexe Formeln und Tabellen sind als Grafiken wiedergegeben.

Die Abbildungen im Text stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/317
Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/317>, abgerufen am 25.08.2024.