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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

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durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen sowie die Milderung der Folgen eingetretener Unfälle durch möglichst vollkommene Einrichtungen des Rettungswesens.

Die eisenbahnpolitische Betätigung umfaßt weiter die Einflußnahme des Staates in bezug auf die Angelegenheiten des Bahnpersonales. Diese erfolgt bei Privatbahnen durch Regelung der Anstellungsbedingungen, der Eignung je nach Verschiedenheit der zu leistenden Dienste, durch Einflußnahme auf die Bahnverwaltungen bei der Alters- und Invalidenversorgung und sonstigen Wohlfahrtseinrichtungen zu gunsten des Personales. Solche Einrichtungen tragen den Stempel der sozialpolitischen Fürsorge in der der Staat den Privatbahnen wegweisend und vorbildlich vorauszugehen berufen ist. Hier kommen in Betracht die Wohnungsfürsorge durch Eigenbau zweckmäßiger Bediensteten- und Arbeiterhäuser, Förderung von Baugenossenschaften, billiger Lebensmittelbezug von Konsumvereinen, Freifahrt zum Einkauf von Bedarfsartikeln, Bezug des Brennstoffs aus den Bahnvorräten, Begünstigungen für den Unterricht und die Erziehung der Kinder, Pflege des Vereinswesens unter den Bahnbediensteten zu Bildungs- und Geselligkeitszwecken. Mustergültige Einrichtungen letzterer Art bestehen namentlich im Bereiche der preußischen Staatsbahn Verwaltungen.

Die Leistungen für Staatsdienstzweige (Post-, Telegraphen-, Militär-, Polizei- und Finanz- einschließlich Zollverwaltung) werden bei Staatsbahnen im Einvernehmen der obersten Verwaltungsbehörden, bei Privatbahnen durch die Betriebsordnung und Konzessionsbestimmungen auf gesetzlicher Grundlage geregelt.

c) Eisenbahnverkehr und Tarifwesen. Von allen das wichtigste, weil in die volkswirtschaftlichen Verhältnisse am tiefsten einschneidende, Betätigungsgebiet der E. ist das Verkehrs- und Tarifwesen.

In ersterer Hinsicht handelt es sich um die Ordnung der Rechtsverhältnisse in bezug auf den Personen- und Güterverkehr. Diese werden durch von der Staatsgewalt mit Gültigkeit auch für die Privatbahnen erlassene Anordnungen (Betriebsreglement, Verkehrsordnung) geregelt, die die Bedingungen fesstellen, unter denen die Eisenbahnen verpflichtet sind, die Beförderung von Personen und Gütern zu übernehmen und durchzuführen1.

Der Eisenbahntarifpolitik fällt die ebenso wichtige als schwierige Aufgabe zu, die im Tarif enthaltenen Beförderungspreise festzustellen. Diese Feststellung muß in einer Weise geschehen, die einerseits den volkswirtschaftlichen Rücksichten und den Bedürfnissen des Verkehrs entspricht, anderseits die Deckung der Betriebskosten und die Erzielung eines Betriebsüberschusses zur Verzinsung und allmählichen Tilgung des Anlagekapitals ermöglicht. Bei Privatbahnen wird die Wahrung der volkswirtschaftlichen und Verkehrsinteressen regelmäßig durch Festsetzung von Höchsttarifen in der Konzession und durch Vorbehalte der Tarifherabsetzung in bestimmten Fällen (Notstand, Lebensmittelteuerung, Grenzwerte für die Aktiendividende) sicherzustellen gesucht. Die Pflege des Ertrages ist schon durch das eigene Erwerbsinteresse der Gesellschaften verbürgt.

Bei der Tarifpolitik der Staatsbahnen, die nur ausnahmsweise durch gesetzliche Höchstbeträge beschränkt sind, im übrigen aber bei den Tarifen freie Hand haben, stehen naturgemäß die öffentlichen Rücksichten auf Förderung der Volkswirtschaft an erster Stelle. Von der Staatsbahnverwaltung wird erwartet und gefordert eine die wirtschaftlichen und sonstigen Interessen der Bevölkerung voranstellende, eine "gemeinwirtschaftliche" Tarifpolitik. Anderseits erheischt die Rücksicht auf Erzielung eines ausreichenden Ertrages eine sorgfältige Bedachtnahme auf die finanziellen Wirkungen der Tarife. Wird sie außer acht gelassen, so kann es kommen, daß die Staatsbahnen mit namhaften Zuschüssen aus allgemeinen Staatsmitteln betrieben werden, so daß die Nichtbeteiligten für die Eisenbahninteressenten aufkommen müssen.1

d) Das Bahnwesen niederer Ordnung. Auch dieses bildet einen Gegenstand der E., die die Aufgabe hat, die Entwicklung der Lokal- und Kleinbahnen, die als Zufahrtslinien und Saugadern der Hauptbahnen oder als Hilfsmittel des örtlichen Verkehrs der Volkswirtschaft wichtige Dienste leisten, in zweckmäßiger Weise zu fördern. Es wird mehr und mehr als Ziel der E. erkannt, diese Verkehrsmittel im Gebietsumfange des Staates möglichst gleichmäßig zu verbreiten und ihren Betrieb in geeigneter Art zu unterstützen. Das Bahnwesen niederer Ordnung tritt mit dem Fortschreiten der wirtschaftlichen Entwicklung immer mehr in den Vordergrund,

1 Vgl.: Betriebsreglement. Frachtrecht, Internationales.
1 Vgl. im übrigen: Gütertarife, Personentarife.

durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen sowie die Milderung der Folgen eingetretener Unfälle durch möglichst vollkommene Einrichtungen des Rettungswesens.

Die eisenbahnpolitische Betätigung umfaßt weiter die Einflußnahme des Staates in bezug auf die Angelegenheiten des Bahnpersonales. Diese erfolgt bei Privatbahnen durch Regelung der Anstellungsbedingungen, der Eignung je nach Verschiedenheit der zu leistenden Dienste, durch Einflußnahme auf die Bahnverwaltungen bei der Alters- und Invalidenversorgung und sonstigen Wohlfahrtseinrichtungen zu gunsten des Personales. Solche Einrichtungen tragen den Stempel der sozialpolitischen Fürsorge in der der Staat den Privatbahnen wegweisend und vorbildlich vorauszugehen berufen ist. Hier kommen in Betracht die Wohnungsfürsorge durch Eigenbau zweckmäßiger Bediensteten- und Arbeiterhäuser, Förderung von Baugenossenschaften, billiger Lebensmittelbezug von Konsumvereinen, Freifahrt zum Einkauf von Bedarfsartikeln, Bezug des Brennstoffs aus den Bahnvorräten, Begünstigungen für den Unterricht und die Erziehung der Kinder, Pflege des Vereinswesens unter den Bahnbediensteten zu Bildungs- und Geselligkeitszwecken. Mustergültige Einrichtungen letzterer Art bestehen namentlich im Bereiche der preußischen Staatsbahn Verwaltungen.

Die Leistungen für Staatsdienstzweige (Post-, Telegraphen-, Militär-, Polizei- und Finanz- einschließlich Zollverwaltung) werden bei Staatsbahnen im Einvernehmen der obersten Verwaltungsbehörden, bei Privatbahnen durch die Betriebsordnung und Konzessionsbestimmungen auf gesetzlicher Grundlage geregelt.

c) Eisenbahnverkehr und Tarifwesen. Von allen das wichtigste, weil in die volkswirtschaftlichen Verhältnisse am tiefsten einschneidende, Betätigungsgebiet der E. ist das Verkehrs- und Tarifwesen.

In ersterer Hinsicht handelt es sich um die Ordnung der Rechtsverhältnisse in bezug auf den Personen- und Güterverkehr. Diese werden durch von der Staatsgewalt mit Gültigkeit auch für die Privatbahnen erlassene Anordnungen (Betriebsreglement, Verkehrsordnung) geregelt, die die Bedingungen fesstellen, unter denen die Eisenbahnen verpflichtet sind, die Beförderung von Personen und Gütern zu übernehmen und durchzuführen1.

Der Eisenbahntarifpolitik fällt die ebenso wichtige als schwierige Aufgabe zu, die im Tarif enthaltenen Beförderungspreise festzustellen. Diese Feststellung muß in einer Weise geschehen, die einerseits den volkswirtschaftlichen Rücksichten und den Bedürfnissen des Verkehrs entspricht, anderseits die Deckung der Betriebskosten und die Erzielung eines Betriebsüberschusses zur Verzinsung und allmählichen Tilgung des Anlagekapitals ermöglicht. Bei Privatbahnen wird die Wahrung der volkswirtschaftlichen und Verkehrsinteressen regelmäßig durch Festsetzung von Höchsttarifen in der Konzession und durch Vorbehalte der Tarifherabsetzung in bestimmten Fällen (Notstand, Lebensmittelteuerung, Grenzwerte für die Aktiendividende) sicherzustellen gesucht. Die Pflege des Ertrages ist schon durch das eigene Erwerbsinteresse der Gesellschaften verbürgt.

Bei der Tarifpolitik der Staatsbahnen, die nur ausnahmsweise durch gesetzliche Höchstbeträge beschränkt sind, im übrigen aber bei den Tarifen freie Hand haben, stehen naturgemäß die öffentlichen Rücksichten auf Förderung der Volkswirtschaft an erster Stelle. Von der Staatsbahnverwaltung wird erwartet und gefordert eine die wirtschaftlichen und sonstigen Interessen der Bevölkerung voranstellende, eine „gemeinwirtschaftliche“ Tarifpolitik. Anderseits erheischt die Rücksicht auf Erzielung eines ausreichenden Ertrages eine sorgfältige Bedachtnahme auf die finanziellen Wirkungen der Tarife. Wird sie außer acht gelassen, so kann es kommen, daß die Staatsbahnen mit namhaften Zuschüssen aus allgemeinen Staatsmitteln betrieben werden, so daß die Nichtbeteiligten für die Eisenbahninteressenten aufkommen müssen.1

d) Das Bahnwesen niederer Ordnung. Auch dieses bildet einen Gegenstand der E., die die Aufgabe hat, die Entwicklung der Lokal- und Kleinbahnen, die als Zufahrtslinien und Saugadern der Hauptbahnen oder als Hilfsmittel des örtlichen Verkehrs der Volkswirtschaft wichtige Dienste leisten, in zweckmäßiger Weise zu fördern. Es wird mehr und mehr als Ziel der E. erkannt, diese Verkehrsmittel im Gebietsumfange des Staates möglichst gleichmäßig zu verbreiten und ihren Betrieb in geeigneter Art zu unterstützen. Das Bahnwesen niederer Ordnung tritt mit dem Fortschreiten der wirtschaftlichen Entwicklung immer mehr in den Vordergrund,

1 Vgl.: Betriebsreglement. Frachtrecht, Internationales.
1 Vgl. im übrigen: Gütertarife, Personentarife.
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[102/0111] durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen sowie die Milderung der Folgen eingetretener Unfälle durch möglichst vollkommene Einrichtungen des Rettungswesens. Die eisenbahnpolitische Betätigung umfaßt weiter die Einflußnahme des Staates in bezug auf die Angelegenheiten des Bahnpersonales. Diese erfolgt bei Privatbahnen durch Regelung der Anstellungsbedingungen, der Eignung je nach Verschiedenheit der zu leistenden Dienste, durch Einflußnahme auf die Bahnverwaltungen bei der Alters- und Invalidenversorgung und sonstigen Wohlfahrtseinrichtungen zu gunsten des Personales. Solche Einrichtungen tragen den Stempel der sozialpolitischen Fürsorge in der der Staat den Privatbahnen wegweisend und vorbildlich vorauszugehen berufen ist. Hier kommen in Betracht die Wohnungsfürsorge durch Eigenbau zweckmäßiger Bediensteten- und Arbeiterhäuser, Förderung von Baugenossenschaften, billiger Lebensmittelbezug von Konsumvereinen, Freifahrt zum Einkauf von Bedarfsartikeln, Bezug des Brennstoffs aus den Bahnvorräten, Begünstigungen für den Unterricht und die Erziehung der Kinder, Pflege des Vereinswesens unter den Bahnbediensteten zu Bildungs- und Geselligkeitszwecken. Mustergültige Einrichtungen letzterer Art bestehen namentlich im Bereiche der preußischen Staatsbahn Verwaltungen. Die Leistungen für Staatsdienstzweige (Post-, Telegraphen-, Militär-, Polizei- und Finanz- einschließlich Zollverwaltung) werden bei Staatsbahnen im Einvernehmen der obersten Verwaltungsbehörden, bei Privatbahnen durch die Betriebsordnung und Konzessionsbestimmungen auf gesetzlicher Grundlage geregelt. c) Eisenbahnverkehr und Tarifwesen. Von allen das wichtigste, weil in die volkswirtschaftlichen Verhältnisse am tiefsten einschneidende, Betätigungsgebiet der E. ist das Verkehrs- und Tarifwesen. In ersterer Hinsicht handelt es sich um die Ordnung der Rechtsverhältnisse in bezug auf den Personen- und Güterverkehr. Diese werden durch von der Staatsgewalt mit Gültigkeit auch für die Privatbahnen erlassene Anordnungen (Betriebsreglement, Verkehrsordnung) geregelt, die die Bedingungen fesstellen, unter denen die Eisenbahnen verpflichtet sind, die Beförderung von Personen und Gütern zu übernehmen und durchzuführen 1. Der Eisenbahntarifpolitik fällt die ebenso wichtige als schwierige Aufgabe zu, die im Tarif enthaltenen Beförderungspreise festzustellen. Diese Feststellung muß in einer Weise geschehen, die einerseits den volkswirtschaftlichen Rücksichten und den Bedürfnissen des Verkehrs entspricht, anderseits die Deckung der Betriebskosten und die Erzielung eines Betriebsüberschusses zur Verzinsung und allmählichen Tilgung des Anlagekapitals ermöglicht. Bei Privatbahnen wird die Wahrung der volkswirtschaftlichen und Verkehrsinteressen regelmäßig durch Festsetzung von Höchsttarifen in der Konzession und durch Vorbehalte der Tarifherabsetzung in bestimmten Fällen (Notstand, Lebensmittelteuerung, Grenzwerte für die Aktiendividende) sicherzustellen gesucht. Die Pflege des Ertrages ist schon durch das eigene Erwerbsinteresse der Gesellschaften verbürgt. Bei der Tarifpolitik der Staatsbahnen, die nur ausnahmsweise durch gesetzliche Höchstbeträge beschränkt sind, im übrigen aber bei den Tarifen freie Hand haben, stehen naturgemäß die öffentlichen Rücksichten auf Förderung der Volkswirtschaft an erster Stelle. Von der Staatsbahnverwaltung wird erwartet und gefordert eine die wirtschaftlichen und sonstigen Interessen der Bevölkerung voranstellende, eine „gemeinwirtschaftliche“ Tarifpolitik. Anderseits erheischt die Rücksicht auf Erzielung eines ausreichenden Ertrages eine sorgfältige Bedachtnahme auf die finanziellen Wirkungen der Tarife. Wird sie außer acht gelassen, so kann es kommen, daß die Staatsbahnen mit namhaften Zuschüssen aus allgemeinen Staatsmitteln betrieben werden, so daß die Nichtbeteiligten für die Eisenbahninteressenten aufkommen müssen. 1 d) Das Bahnwesen niederer Ordnung. Auch dieses bildet einen Gegenstand der E., die die Aufgabe hat, die Entwicklung der Lokal- und Kleinbahnen, die als Zufahrtslinien und Saugadern der Hauptbahnen oder als Hilfsmittel des örtlichen Verkehrs der Volkswirtschaft wichtige Dienste leisten, in zweckmäßiger Weise zu fördern. Es wird mehr und mehr als Ziel der E. erkannt, diese Verkehrsmittel im Gebietsumfange des Staates möglichst gleichmäßig zu verbreiten und ihren Betrieb in geeigneter Art zu unterstützen. Das Bahnwesen niederer Ordnung tritt mit dem Fortschreiten der wirtschaftlichen Entwicklung immer mehr in den Vordergrund, 1 Vgl.: Betriebsreglement. Frachtrecht, Internationales. 1 Vgl. im übrigen: Gütertarife, Personentarife.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/111>, abgerufen am 25.11.2024.