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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912.

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zunächst die frühere Oranje-Kolonie und Transvaal, sodann Betschuanaland und Rhodesia dem Verkehr erschloß.

Die Bahnen von B., die mit wenigen Ausnahmen Staatsbahnen sind, zerfallen in folgende Hauptgruppen:

1. die Kapländischen Staatsbahnen (Cape Government Railways) in der Kapkolonie,

2. die Natal-Staatsbahnen (Natal-Government Railways) in Natal einschließlich Zululand,

3. die Zentral-Südafrikanischen Bahnen (Central South African Railways), d. s. die Bahnen des früheren Oranje-Freistaates (mit Basutoland) und der früheren Republik Transvaal (mit Swaziland),

4. die Rhodesischen Bahnen (Rhodesian Railways) im Protektorat von Britisch-Betschuanaland, Matabele- und Maschonaland oder Rhodesia.

Durch den im Jahre 1909 verwirklichten Zusammenschluß der südafrikanischen Kolonien, d. h. der Kapkolonie, Natals, der früheren Oranjefluß-Kolonie und Transvaals zur Union von Südafrika (420.000 englische Quadratmeilen) sind diese verschiedenen Eisenbahnverwaltungen (im ganzen 11325 km Bahnen) mit Wirkung vom 31. Mai 1910 zu einer gemeinschaftlichen Verwaltung verschmolzen worden. Die Rhodesischen Eisenbahnen sind der Südafrikanischen Union einstweilen noch nicht beigetreten.

Außerdem sind noch zu nennen: die Beira and Mashonaland Railways zur Verbindung von Salisbury und Beira, zum Teil im Portugiesischen Mosambik liegend, und die Caminho de ferro de Lourenco Marques, eine rein portugiesische Bahn (vgl. Portugiesisch-Ostafrika).

Infolge der Bildung des Staatenbundes der Südafrikanischen Union vom Jahre 1910 mit dem Sitz der Regierung in Pretoria ist in die Eisenbahnangelegenheiten von Südafrika ein neues Moment der Vereinheitlichung und des Zusammenschlusses hineingetragen, durch das zunächst den bisherigen Tarifstreitigkeiten und unersprießlichen Wettbewerbsbestrebungen ein Ziel gesetzt wurde.

Indem die Union alle Vermögenswerte und Schulden der bisherigen Kolonien, darunter auch alle Eisenbahnschulden übernahm, ging das Eigentum aller Eisenbahnen und Häfen, mit einem Anlagekapital von etwa 2 Milliarden Mark, und sämtliche Betriebseinnahmen dieser Verkehrsanlagen - für das Jahr 1910 etwa 240 Mill. M. - an die Bundesregierung über. In der neuen Eisenbahnorganisation ist die Schaffung eines besonderen Eisenbahn- und Hafenfonds von großer Bedeutung, der unabhängig von den allgemeinen Staatsfinanzen verwaltet werden soll. Die Bundesbahnen sollen als "Commercial Concern", als ein kaufmännisches Unternehmen betrachtet werden. Überschüsse der Verkehrsanlagen über die Verzinsung und Tilgung der Eisenbahnschuld hinaus sollen zu Tarifherabsetzungen verwendet werden, so daß die Verbilligung der Frachten der landwirtschaftlichen und gewerblichen Entwicklung des Landes zu gute kommt.

Mehrerträge der Verkehrsanlagen können auf Befürworten des Generalgouverneurs vom Parlament zur Verwendung für allgemeine Staatszwecke bestimmt werden. Ferner soll ein besonderer Ausgleichsfonds gebildet und die Tarifgebarung von den Schwankungen des Verkehrs unabhängig gemacht werden.

Für Eisenbahnlinien, die auf Beschluß des Parlaments etwa gegen die Stimme der Eisenbahnverwaltung gebaut werden, ist der im voraus zu schätzende Betriebsfehlbetrag aus dem allgemeinen Reichsfonds dem Eisenbahn- und Hafenfonds zu erstatten. Die Bundesregierung hat also für solche Nebenbahnen gewissermaßen eine Zinsbürgschaft gegenüber der Eisenbahnverwaltung zu übernehmen. Ebenso soll bei Notstandstarifen, die das Parlament beschließt, der Einnahmenausfall dem Eisenbahnfonds aus dem allgemeinen Reichsfonds ersetzt werden.

Die Verwaltung der Bundesbahnen wird durch eine Behörde geführt, die aus drei Bevollmächtigten und einem Vorsitzenden, vom Generalgouverneur ernannten Staatsminister, besteht; die Amtsdauer beträgt 5 Jahre. Die Oberaufsicht über diese Eisenbahnbehörde übt die Bundesregierung aus.

Die Übertragung aller südafrikanischen einzelstaatlichen Bahnen auf die Union bedeutet eine Erfüllung des Reichsbahngedankens in eigenartiger Form, deren bedeutende wirtschaftliche Wirkungen nicht ausbleiben können.

Die Spurweite der südafrikanischen Eisenbahnen ist überwiegend die sog. Kapspur, d. s. 31/2 Fuß englisch = 1·067 m. Die 1873 von der britischen Regierung übernommene 101 km lange westliche Linie von Kapstadt über Stellenbosch und Wynberg nach Wellington hatte ursprünglich die europäische Vollspur von 1·435 m; sie wurde später in Kapspur umgebaut und ist letztere heute als die südafrikanische Vollspur anzusehen, deren Anwendung neben der Meterspur in Afrika durchaus überwiegt. Daneben kommen in B. die Schmalspurweiten von 2 Fuß englisch = 0·61 m und von 21/2 Fuß = 0·76 m nur vereinzelt vor. Von dem im

zunächst die frühere Oranje-Kolonie und Transvaal, sodann Betschuanaland und Rhodesia dem Verkehr erschloß.

Die Bahnen von B., die mit wenigen Ausnahmen Staatsbahnen sind, zerfallen in folgende Hauptgruppen:

1. die Kapländischen Staatsbahnen (Cape Government Railways) in der Kapkolonie,

2. die Natal-Staatsbahnen (Natal-Government Railways) in Natal einschließlich Zululand,

3. die Zentral-Südafrikanischen Bahnen (Central South African Railways), d. s. die Bahnen des früheren Oranje-Freistaates (mit Basutoland) und der früheren Republik Transvaal (mit Swaziland),

4. die Rhodesischen Bahnen (Rhodesian Railways) im Protektorat von Britisch-Betschuanaland, Matabele- und Maschonaland oder Rhodesia.

Durch den im Jahre 1909 verwirklichten Zusammenschluß der südafrikanischen Kolonien, d. h. der Kapkolonie, Natals, der früheren Oranjefluß-Kolonie und Transvaals zur Union von Südafrika (420.000 englische Quadratmeilen) sind diese verschiedenen Eisenbahnverwaltungen (im ganzen 11325 km Bahnen) mit Wirkung vom 31. Mai 1910 zu einer gemeinschaftlichen Verwaltung verschmolzen worden. Die Rhodesischen Eisenbahnen sind der Südafrikanischen Union einstweilen noch nicht beigetreten.

Außerdem sind noch zu nennen: die Beira and Mashonaland Railways zur Verbindung von Salisbury und Beira, zum Teil im Portugiesischen Mosambik liegend, und die Caminho de ferro de Lourenço Marques, eine rein portugiesische Bahn (vgl. Portugiesisch-Ostafrika).

Infolge der Bildung des Staatenbundes der Südafrikanischen Union vom Jahre 1910 mit dem Sitz der Regierung in Pretoria ist in die Eisenbahnangelegenheiten von Südafrika ein neues Moment der Vereinheitlichung und des Zusammenschlusses hineingetragen, durch das zunächst den bisherigen Tarifstreitigkeiten und unersprießlichen Wettbewerbsbestrebungen ein Ziel gesetzt wurde.

Indem die Union alle Vermögenswerte und Schulden der bisherigen Kolonien, darunter auch alle Eisenbahnschulden übernahm, ging das Eigentum aller Eisenbahnen und Häfen, mit einem Anlagekapital von etwa 2 Milliarden Mark, und sämtliche Betriebseinnahmen dieser Verkehrsanlagen – für das Jahr 1910 etwa 240 Mill. M. – an die Bundesregierung über. In der neuen Eisenbahnorganisation ist die Schaffung eines besonderen Eisenbahn- und Hafenfonds von großer Bedeutung, der unabhängig von den allgemeinen Staatsfinanzen verwaltet werden soll. Die Bundesbahnen sollen als „Commercial Concern“, als ein kaufmännisches Unternehmen betrachtet werden. Überschüsse der Verkehrsanlagen über die Verzinsung und Tilgung der Eisenbahnschuld hinaus sollen zu Tarifherabsetzungen verwendet werden, so daß die Verbilligung der Frachten der landwirtschaftlichen und gewerblichen Entwicklung des Landes zu gute kommt.

Mehrerträge der Verkehrsanlagen können auf Befürworten des Generalgouverneurs vom Parlament zur Verwendung für allgemeine Staatszwecke bestimmt werden. Ferner soll ein besonderer Ausgleichsfonds gebildet und die Tarifgebarung von den Schwankungen des Verkehrs unabhängig gemacht werden.

Für Eisenbahnlinien, die auf Beschluß des Parlaments etwa gegen die Stimme der Eisenbahnverwaltung gebaut werden, ist der im voraus zu schätzende Betriebsfehlbetrag aus dem allgemeinen Reichsfonds dem Eisenbahn- und Hafenfonds zu erstatten. Die Bundesregierung hat also für solche Nebenbahnen gewissermaßen eine Zinsbürgschaft gegenüber der Eisenbahnverwaltung zu übernehmen. Ebenso soll bei Notstandstarifen, die das Parlament beschließt, der Einnahmenausfall dem Eisenbahnfonds aus dem allgemeinen Reichsfonds ersetzt werden.

Die Verwaltung der Bundesbahnen wird durch eine Behörde geführt, die aus drei Bevollmächtigten und einem Vorsitzenden, vom Generalgouverneur ernannten Staatsminister, besteht; die Amtsdauer beträgt 5 Jahre. Die Oberaufsicht über diese Eisenbahnbehörde übt die Bundesregierung aus.

Die Übertragung aller südafrikanischen einzelstaatlichen Bahnen auf die Union bedeutet eine Erfüllung des Reichsbahngedankens in eigenartiger Form, deren bedeutende wirtschaftliche Wirkungen nicht ausbleiben können.

Die Spurweite der südafrikanischen Eisenbahnen ist überwiegend die sog. Kapspur, d. s. 31/2 Fuß englisch = 1·067 m. Die 1873 von der britischen Regierung übernommene 101 km lange westliche Linie von Kapstadt über Stellenbosch und Wynberg nach Wellington hatte ursprünglich die europäische Vollspur von 1·435 m; sie wurde später in Kapspur umgebaut und ist letztere heute als die südafrikanische Vollspur anzusehen, deren Anwendung neben der Meterspur in Afrika durchaus überwiegt. Daneben kommen in B. die Schmalspurweiten von 2 Fuß englisch = 0·61 m und von 21/2 Fuß = 0·76 m nur vereinzelt vor. Von dem im

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[83/0094] zunächst die frühere Oranje-Kolonie und Transvaal, sodann Betschuanaland und Rhodesia dem Verkehr erschloß. Die Bahnen von B., die mit wenigen Ausnahmen Staatsbahnen sind, zerfallen in folgende Hauptgruppen: 1. die Kapländischen Staatsbahnen (Cape Government Railways) in der Kapkolonie, 2. die Natal-Staatsbahnen (Natal-Government Railways) in Natal einschließlich Zululand, 3. die Zentral-Südafrikanischen Bahnen (Central South African Railways), d. s. die Bahnen des früheren Oranje-Freistaates (mit Basutoland) und der früheren Republik Transvaal (mit Swaziland), 4. die Rhodesischen Bahnen (Rhodesian Railways) im Protektorat von Britisch-Betschuanaland, Matabele- und Maschonaland oder Rhodesia. Durch den im Jahre 1909 verwirklichten Zusammenschluß der südafrikanischen Kolonien, d. h. der Kapkolonie, Natals, der früheren Oranjefluß-Kolonie und Transvaals zur Union von Südafrika (420.000 englische Quadratmeilen) sind diese verschiedenen Eisenbahnverwaltungen (im ganzen 11325 km Bahnen) mit Wirkung vom 31. Mai 1910 zu einer gemeinschaftlichen Verwaltung verschmolzen worden. Die Rhodesischen Eisenbahnen sind der Südafrikanischen Union einstweilen noch nicht beigetreten. Außerdem sind noch zu nennen: die Beira and Mashonaland Railways zur Verbindung von Salisbury und Beira, zum Teil im Portugiesischen Mosambik liegend, und die Caminho de ferro de Lourenço Marques, eine rein portugiesische Bahn (vgl. Portugiesisch-Ostafrika). Infolge der Bildung des Staatenbundes der Südafrikanischen Union vom Jahre 1910 mit dem Sitz der Regierung in Pretoria ist in die Eisenbahnangelegenheiten von Südafrika ein neues Moment der Vereinheitlichung und des Zusammenschlusses hineingetragen, durch das zunächst den bisherigen Tarifstreitigkeiten und unersprießlichen Wettbewerbsbestrebungen ein Ziel gesetzt wurde. Indem die Union alle Vermögenswerte und Schulden der bisherigen Kolonien, darunter auch alle Eisenbahnschulden übernahm, ging das Eigentum aller Eisenbahnen und Häfen, mit einem Anlagekapital von etwa 2 Milliarden Mark, und sämtliche Betriebseinnahmen dieser Verkehrsanlagen – für das Jahr 1910 etwa 240 Mill. M. – an die Bundesregierung über. In der neuen Eisenbahnorganisation ist die Schaffung eines besonderen Eisenbahn- und Hafenfonds von großer Bedeutung, der unabhängig von den allgemeinen Staatsfinanzen verwaltet werden soll. Die Bundesbahnen sollen als „Commercial Concern“, als ein kaufmännisches Unternehmen betrachtet werden. Überschüsse der Verkehrsanlagen über die Verzinsung und Tilgung der Eisenbahnschuld hinaus sollen zu Tarifherabsetzungen verwendet werden, so daß die Verbilligung der Frachten der landwirtschaftlichen und gewerblichen Entwicklung des Landes zu gute kommt. Mehrerträge der Verkehrsanlagen können auf Befürworten des Generalgouverneurs vom Parlament zur Verwendung für allgemeine Staatszwecke bestimmt werden. Ferner soll ein besonderer Ausgleichsfonds gebildet und die Tarifgebarung von den Schwankungen des Verkehrs unabhängig gemacht werden. Für Eisenbahnlinien, die auf Beschluß des Parlaments etwa gegen die Stimme der Eisenbahnverwaltung gebaut werden, ist der im voraus zu schätzende Betriebsfehlbetrag aus dem allgemeinen Reichsfonds dem Eisenbahn- und Hafenfonds zu erstatten. Die Bundesregierung hat also für solche Nebenbahnen gewissermaßen eine Zinsbürgschaft gegenüber der Eisenbahnverwaltung zu übernehmen. Ebenso soll bei Notstandstarifen, die das Parlament beschließt, der Einnahmenausfall dem Eisenbahnfonds aus dem allgemeinen Reichsfonds ersetzt werden. Die Verwaltung der Bundesbahnen wird durch eine Behörde geführt, die aus drei Bevollmächtigten und einem Vorsitzenden, vom Generalgouverneur ernannten Staatsminister, besteht; die Amtsdauer beträgt 5 Jahre. Die Oberaufsicht über diese Eisenbahnbehörde übt die Bundesregierung aus. Die Übertragung aller südafrikanischen einzelstaatlichen Bahnen auf die Union bedeutet eine Erfüllung des Reichsbahngedankens in eigenartiger Form, deren bedeutende wirtschaftliche Wirkungen nicht ausbleiben können. Die Spurweite der südafrikanischen Eisenbahnen ist überwiegend die sog. Kapspur, d. s. 31/2 Fuß englisch = 1·067 m. Die 1873 von der britischen Regierung übernommene 101 km lange westliche Linie von Kapstadt über Stellenbosch und Wynberg nach Wellington hatte ursprünglich die europäische Vollspur von 1·435 m; sie wurde später in Kapspur umgebaut und ist letztere heute als die südafrikanische Vollspur anzusehen, deren Anwendung neben der Meterspur in Afrika durchaus überwiegt. Daneben kommen in B. die Schmalspurweiten von 2 Fuß englisch = 0·61 m und von 21/2 Fuß = 0·76 m nur vereinzelt vor. Von dem im

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen03_1912/94>, abgerufen am 27.06.2024.