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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912.

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die in Österreich sehr zahlreich vorkommenden langen und steilen Gefällstrecken erweisen sollten. Die Versuche fielen zu gunsten der selbsttätigen Vakuumschnellbremse aus, deren Einführung hierauf in Österreich beschlossen wurde.

Um auch bei Güterzügen die Vorteile einer durchgehenden selbsttätigen B. nutzbar zu machen, werden im VDEV. seit 1903 Versuche mit verschiedenen Bremssystemen an langen Güterzügen unternommen, um die für diese am besten anwendbare B. zu finden.

Im Jahre 1903 begannen die Versuche der bayerischen Staatsbahnen mit einem aus 59 Wagen zusammengesetzten, mit der Westinghouse-Schnellbremse ausgerüsteten Güterzug. Im Jahre 1904 wurden die Versuche in Bayern fortgesetzt und außerdem von den Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen und den ungarischen Staatsbahnen mit demselben Bremssystem aufgenommen. Das Jahr 1905 brachte Versuche der preußischen Staatsbahnen mit der Knorr-Schnellbremse und solche der ehemaligen Pfalzbahn mit der Zweikammer-Carpenterbremse unter Verwendung eines Schlußventils. Auch die österreichischen Staatsbahnen begannen im Jahre 1904 Vorversuche mit aus 60-70 Personenwagen bestehenden, mit der selbsttätigen Vakuumschnellbremse ausgerüsteten Zügen.

Im Mai 1906 stellte der vom VDEV. zum Studium der Frage der Einführung einer durchgehenden selbsttätigen B. bei Güterzügen eingesetzte Unterausschuß in Riva ein Programm auf, nach dem die weiteren Versuche mit den Güterzugsbremsen durchzuführen seien. Die österreichische Staatsbahnverwaltung hatte bereits im Oktober desselben Jahres Versuche mit einem aus 70 Kohlen- und 5 Personenwagen zusammengesetzten, mit der selbsttätigen Vakuum-Güterzugsbremse ausgerüsteten und teilweise beladenen Zug vorgeführt, die besondere Vorzüge dieses Bremssystems gegenüber den Druckluftbremsen ergaben. Im Frühjahr 1907 wurden die Versuche auf dem Arlberg fortgesetzt, die auch bei langen Zügen die volle Eignung der Vakuumbremse selbst bei Zugslängen von 150 Achsen und Gefällen von 31%0 erwiesen. Im Juli und September desselben Jahres folgten Versuche der ungarischen Staatsbahnen mit einer abgeänderten Westinghouse-Schnellbremse. Die Änderung bestand in einer starken Drosselung für die Einströmung der Druckluft in den Bremszylinder bei einer Schnellbremsung, und aus einer ebensolchen für die Ausströmung der verbrauchten Druckluft aus dem Bremszylinder. Durch diese Änderung war es gelungen, lange Güterzüge stoßlos zu bremsen und die Bergabfahrten mit mehr Sicherheit zu bewerkstelligen.

Im Mai 1908 führten die pfälzischen Eisenbahnen dem genannten Unterausschuß weitere Versuche mit der Zweikammer-Carpenterbremse unter Verwendung eines abgeänderten Schlußventils vor. Diese Versuche fielen weniger günstig aus als die vorausgegangenen. Bald darauf, Juni 1908, hatten die österreichischen Staatsbahnen Gelegenheit, Bremsversuche dem Unterausschuß und internationalen Gästen mit einem leeren, aus 150 und 200 Achsen bestehenden Güterzuge zu zeigen, die sehr günstig verliefen. Der Monat Juli desselben Jahres brachte die Erprobung der Zweikammer-Carpenterbremse der pfälzischen Eisenbahnen auf der lange Gefälle, bis 20%0, aufweisenden badischen Schwarzwaldstrecke. Bei diesen Versuchen erwies sich die Regulierfähigkeit dieser B. als ziemlich mangelhaft. Die ungarischen Staatsbahnen folgten im September und Oktober desselben Jahres mit Versuchen sowohl auf Flachland- als auch Gebirgsstrecken mit 25%0 Gefälle mit der abermals abgeänderten Westinghouse-Schnellbremse, deren Funktionsventil eine ganz neue Bauart aufwies. Ferner war der Probezug mit einer zweiten Leitung, wie bei der Henry-Bremse, für das Fahren im Gefälle ausgerüstet. Die Versuche verliefen günstig.

Weitere Versuche wurden im November 1908 von den preußischen Staatsbahnen mit der Knorr-Bremse ausgeführt. Die Funktionsventile waren derart umgeändert, daß das Ansteigen des Druckes im Bremszylinder nur sehr langsam vor sich gehen konnte. Ferner war am letzten Wagen eine von Hand aus einzuschaltende Streckvorrichtung angebracht. Auf einer Gefällsstrecke von 20%0 bewährte sich diese Einrichtung nicht.

Die Blankenburg-Halberstädter Eisenbahngesellschaft, die für ihren Fahrpark die selbsttätige Vakuumbremse angenommen hat, veranstaltete im Februar 1909 Versuchsfahrten mit einem, einschließlich einer Tenderlokomotive, 1450 t wiegenden, aus 120 Achsen bestehenden und mit der österreichischen Vakuum-Güterzugsschnellbremse ausgerüsteten Zuge. Mit ebenso schweren Zügen (1399·3 t ausschließlich Lokomotive und Tender) führten die österreichischen Staatsbahnen im April desselben Jahres Versuche durch, die sehr befriedigend ausfielen.

Im Juni 1909 erprobten die ungarischen Staatsbahnen ebenfalls die Westinghouse-Güterzugsbremse an leeren, bis 201 Achsen

die in Österreich sehr zahlreich vorkommenden langen und steilen Gefällstrecken erweisen sollten. Die Versuche fielen zu gunsten der selbsttätigen Vakuumschnellbremse aus, deren Einführung hierauf in Österreich beschlossen wurde.

Um auch bei Güterzügen die Vorteile einer durchgehenden selbsttätigen B. nutzbar zu machen, werden im VDEV. seit 1903 Versuche mit verschiedenen Bremssystemen an langen Güterzügen unternommen, um die für diese am besten anwendbare B. zu finden.

Im Jahre 1903 begannen die Versuche der bayerischen Staatsbahnen mit einem aus 59 Wagen zusammengesetzten, mit der Westinghouse-Schnellbremse ausgerüsteten Güterzug. Im Jahre 1904 wurden die Versuche in Bayern fortgesetzt und außerdem von den Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen und den ungarischen Staatsbahnen mit demselben Bremssystem aufgenommen. Das Jahr 1905 brachte Versuche der preußischen Staatsbahnen mit der Knorr-Schnellbremse und solche der ehemaligen Pfalzbahn mit der Zweikammer-Carpenterbremse unter Verwendung eines Schlußventils. Auch die österreichischen Staatsbahnen begannen im Jahre 1904 Vorversuche mit aus 60–70 Personenwagen bestehenden, mit der selbsttätigen Vakuumschnellbremse ausgerüsteten Zügen.

Im Mai 1906 stellte der vom VDEV. zum Studium der Frage der Einführung einer durchgehenden selbsttätigen B. bei Güterzügen eingesetzte Unterausschuß in Riva ein Programm auf, nach dem die weiteren Versuche mit den Güterzugsbremsen durchzuführen seien. Die österreichische Staatsbahnverwaltung hatte bereits im Oktober desselben Jahres Versuche mit einem aus 70 Kohlen- und 5 Personenwagen zusammengesetzten, mit der selbsttätigen Vakuum-Güterzugsbremse ausgerüsteten und teilweise beladenen Zug vorgeführt, die besondere Vorzüge dieses Bremssystems gegenüber den Druckluftbremsen ergaben. Im Frühjahr 1907 wurden die Versuche auf dem Arlberg fortgesetzt, die auch bei langen Zügen die volle Eignung der Vakuumbremse selbst bei Zugslängen von 150 Achsen und Gefällen von 31 erwiesen. Im Juli und September desselben Jahres folgten Versuche der ungarischen Staatsbahnen mit einer abgeänderten Westinghouse-Schnellbremse. Die Änderung bestand in einer starken Drosselung für die Einströmung der Druckluft in den Bremszylinder bei einer Schnellbremsung, und aus einer ebensolchen für die Ausströmung der verbrauchten Druckluft aus dem Bremszylinder. Durch diese Änderung war es gelungen, lange Güterzüge stoßlos zu bremsen und die Bergabfahrten mit mehr Sicherheit zu bewerkstelligen.

Im Mai 1908 führten die pfälzischen Eisenbahnen dem genannten Unterausschuß weitere Versuche mit der Zweikammer-Carpenterbremse unter Verwendung eines abgeänderten Schlußventils vor. Diese Versuche fielen weniger günstig aus als die vorausgegangenen. Bald darauf, Juni 1908, hatten die österreichischen Staatsbahnen Gelegenheit, Bremsversuche dem Unterausschuß und internationalen Gästen mit einem leeren, aus 150 und 200 Achsen bestehenden Güterzuge zu zeigen, die sehr günstig verliefen. Der Monat Juli desselben Jahres brachte die Erprobung der Zweikammer-Carpenterbremse der pfälzischen Eisenbahnen auf der lange Gefälle, bis 20‰, aufweisenden badischen Schwarzwaldstrecke. Bei diesen Versuchen erwies sich die Regulierfähigkeit dieser B. als ziemlich mangelhaft. Die ungarischen Staatsbahnen folgten im September und Oktober desselben Jahres mit Versuchen sowohl auf Flachland- als auch Gebirgsstrecken mit 25 Gefälle mit der abermals abgeänderten Westinghouse-Schnellbremse, deren Funktionsventil eine ganz neue Bauart aufwies. Ferner war der Probezug mit einer zweiten Leitung, wie bei der Henry-Bremse, für das Fahren im Gefälle ausgerüstet. Die Versuche verliefen günstig.

Weitere Versuche wurden im November 1908 von den preußischen Staatsbahnen mit der Knorr-Bremse ausgeführt. Die Funktionsventile waren derart umgeändert, daß das Ansteigen des Druckes im Bremszylinder nur sehr langsam vor sich gehen konnte. Ferner war am letzten Wagen eine von Hand aus einzuschaltende Streckvorrichtung angebracht. Auf einer Gefällsstrecke von 20 bewährte sich diese Einrichtung nicht.

Die Blankenburg-Halberstädter Eisenbahngesellschaft, die für ihren Fahrpark die selbsttätige Vakuumbremse angenommen hat, veranstaltete im Februar 1909 Versuchsfahrten mit einem, einschließlich einer Tenderlokomotive, 1450 t wiegenden, aus 120 Achsen bestehenden und mit der österreichischen Vakuum-Güterzugsschnellbremse ausgerüsteten Zuge. Mit ebenso schweren Zügen (1399·3 t ausschließlich Lokomotive und Tender) führten die österreichischen Staatsbahnen im April desselben Jahres Versuche durch, die sehr befriedigend ausfielen.

Im Juni 1909 erprobten die ungarischen Staatsbahnen ebenfalls die Westinghouse-Güterzugsbremse an leeren, bis 201 Achsen

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[49/0060] die in Österreich sehr zahlreich vorkommenden langen und steilen Gefällstrecken erweisen sollten. Die Versuche fielen zu gunsten der selbsttätigen Vakuumschnellbremse aus, deren Einführung hierauf in Österreich beschlossen wurde. Um auch bei Güterzügen die Vorteile einer durchgehenden selbsttätigen B. nutzbar zu machen, werden im VDEV. seit 1903 Versuche mit verschiedenen Bremssystemen an langen Güterzügen unternommen, um die für diese am besten anwendbare B. zu finden. Im Jahre 1903 begannen die Versuche der bayerischen Staatsbahnen mit einem aus 59 Wagen zusammengesetzten, mit der Westinghouse-Schnellbremse ausgerüsteten Güterzug. Im Jahre 1904 wurden die Versuche in Bayern fortgesetzt und außerdem von den Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen und den ungarischen Staatsbahnen mit demselben Bremssystem aufgenommen. Das Jahr 1905 brachte Versuche der preußischen Staatsbahnen mit der Knorr-Schnellbremse und solche der ehemaligen Pfalzbahn mit der Zweikammer-Carpenterbremse unter Verwendung eines Schlußventils. Auch die österreichischen Staatsbahnen begannen im Jahre 1904 Vorversuche mit aus 60–70 Personenwagen bestehenden, mit der selbsttätigen Vakuumschnellbremse ausgerüsteten Zügen. Im Mai 1906 stellte der vom VDEV. zum Studium der Frage der Einführung einer durchgehenden selbsttätigen B. bei Güterzügen eingesetzte Unterausschuß in Riva ein Programm auf, nach dem die weiteren Versuche mit den Güterzugsbremsen durchzuführen seien. Die österreichische Staatsbahnverwaltung hatte bereits im Oktober desselben Jahres Versuche mit einem aus 70 Kohlen- und 5 Personenwagen zusammengesetzten, mit der selbsttätigen Vakuum-Güterzugsbremse ausgerüsteten und teilweise beladenen Zug vorgeführt, die besondere Vorzüge dieses Bremssystems gegenüber den Druckluftbremsen ergaben. Im Frühjahr 1907 wurden die Versuche auf dem Arlberg fortgesetzt, die auch bei langen Zügen die volle Eignung der Vakuumbremse selbst bei Zugslängen von 150 Achsen und Gefällen von 31‰ erwiesen. Im Juli und September desselben Jahres folgten Versuche der ungarischen Staatsbahnen mit einer abgeänderten Westinghouse-Schnellbremse. Die Änderung bestand in einer starken Drosselung für die Einströmung der Druckluft in den Bremszylinder bei einer Schnellbremsung, und aus einer ebensolchen für die Ausströmung der verbrauchten Druckluft aus dem Bremszylinder. Durch diese Änderung war es gelungen, lange Güterzüge stoßlos zu bremsen und die Bergabfahrten mit mehr Sicherheit zu bewerkstelligen. Im Mai 1908 führten die pfälzischen Eisenbahnen dem genannten Unterausschuß weitere Versuche mit der Zweikammer-Carpenterbremse unter Verwendung eines abgeänderten Schlußventils vor. Diese Versuche fielen weniger günstig aus als die vorausgegangenen. Bald darauf, Juni 1908, hatten die österreichischen Staatsbahnen Gelegenheit, Bremsversuche dem Unterausschuß und internationalen Gästen mit einem leeren, aus 150 und 200 Achsen bestehenden Güterzuge zu zeigen, die sehr günstig verliefen. Der Monat Juli desselben Jahres brachte die Erprobung der Zweikammer-Carpenterbremse der pfälzischen Eisenbahnen auf der lange Gefälle, bis 20‰, aufweisenden badischen Schwarzwaldstrecke. Bei diesen Versuchen erwies sich die Regulierfähigkeit dieser B. als ziemlich mangelhaft. Die ungarischen Staatsbahnen folgten im September und Oktober desselben Jahres mit Versuchen sowohl auf Flachland- als auch Gebirgsstrecken mit 25‰ Gefälle mit der abermals abgeänderten Westinghouse-Schnellbremse, deren Funktionsventil eine ganz neue Bauart aufwies. Ferner war der Probezug mit einer zweiten Leitung, wie bei der Henry-Bremse, für das Fahren im Gefälle ausgerüstet. Die Versuche verliefen günstig. Weitere Versuche wurden im November 1908 von den preußischen Staatsbahnen mit der Knorr-Bremse ausgeführt. Die Funktionsventile waren derart umgeändert, daß das Ansteigen des Druckes im Bremszylinder nur sehr langsam vor sich gehen konnte. Ferner war am letzten Wagen eine von Hand aus einzuschaltende Streckvorrichtung angebracht. Auf einer Gefällsstrecke von 20‰ bewährte sich diese Einrichtung nicht. Die Blankenburg-Halberstädter Eisenbahngesellschaft, die für ihren Fahrpark die selbsttätige Vakuumbremse angenommen hat, veranstaltete im Februar 1909 Versuchsfahrten mit einem, einschließlich einer Tenderlokomotive, 1450 t wiegenden, aus 120 Achsen bestehenden und mit der österreichischen Vakuum-Güterzugsschnellbremse ausgerüsteten Zuge. Mit ebenso schweren Zügen (1399·3 t ausschließlich Lokomotive und Tender) führten die österreichischen Staatsbahnen im April desselben Jahres Versuche durch, die sehr befriedigend ausfielen. Im Juni 1909 erprobten die ungarischen Staatsbahnen ebenfalls die Westinghouse-Güterzugsbremse an leeren, bis 201 Achsen

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen03_1912/60>, abgerufen am 20.09.2024.