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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912.

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Stoffen, wie Kalk, zermahlenem Torf, Kohlenpulver, Gips, Erde u. dgl. Die D. mit Karbolsäure ist in den meisten Fällen sehr wirksam, hat aber den Nachteil, daß der Karbolgeruch den Wagen oft mehrere Wochen anhaftet, so daß bei Verladung von empfindlichen Waren, wie Getreide, Mehl, Zucker, Eier, Fleisch, Salz, Butter, Gerste, Malz u. s. w. in solche selbst scheinbar geruchlose Wagen ein Verderb der Waren herbeigeführt werden kann.

Gleiche Wirkung wie die Karbolsäure hat auch das Kreosot, das durch Destillation aus dem Holzkohlenteer hergestellt wird; da es aber erheblich teurer ist als die Karbolsäure, so wird es selten zur D. verwendet.

Auch das in Paraffinfabriken als Nebenprodukt gewonnene Kreosotnatron, das meist billig zu haben ist, wird als D. verwendet.

Gegen Milzbrandsporen ist Karbolsäure unwirksam.

Kresol (Kresylsäure), aus den nächsten Homologen des Phenols (Methylphenole und Oxytoluole) bestehend, wird als Lösung in Harzseifen als Kresolin und als Lösung in Ölseifen als Lysol zur D. verwendet. Insbesondere hat das Lysol, eine gelbe, klare, ölartige Flüssigkeit, die mit Wasser verdünnt (2 Teile Lysol in 100 Teilen Wasser) vollkommen klar bleibt, eine große Desinfektionskraft.

Weitere Kresolpräparate sind:

Kresolwasser (1 Teil Kresolseifenlösung in 9 Teilen Wasser);

Kresolseifenlösungen, eine gelbbraune Mischung von 1 Teil Kaliseife und 1 Teil Rohkresol.

Kresolschwefelsäuremischungen, werden hauptsächlich in Deutschland zur D. verwendet. Sie vernichten Milzbrandsporen erst nach fünf Tagen, sind somit bei verseuchten Wagen nicht genügend wirksam.

Saprol wird als Nebenprodukt bei der Aufarbeitung der Teeröle in Gasanstalten gewonnen und gelangt in Mischung mit Schmierseifenlösungen zur Verwendung.

Sublimatlösung (Ätzsublimat, Quecksilberchlorid), ein starkes Gift, wird durch Auflösen von 1 g Quecksilberchlorid in 1 l destilliertem Wasser bereitet. (Quell- und Brunnenwasser ist hierzu infolge des höheren Gehaltes an kohlensaurem Kalk unverwendbar.) Um raschere Lösungen herzustellen, empfiehlt es sich, das Quecksilberchlorid in denaturiertem Alkohol zu lösen und die Lösung in das Wasser oder die Kochsalzlösung u. s. w. zu schütten.

Der allgemeineren Verwendung des Sublimats steht trotz der sehr energischen Wirkung dieses Mittels auf Bakterienkulturen, Kokken und Sporen der Umstand entgegen, daß es durch sehr viele mineralische und organische Verbindungen zersetzt und dadurch unwirksam gemacht wird, daß aber auch die aus dem Sublimat erzeugten Umsetzungsprodukte auf den menschlichen Organismus gesundheitsschädlich einwirken.

Räucherungen mit Chlor oder Bromdämpfen sind infolge ihrer zerstörenden Wirkung auf Infektionsstoffe bei genügender Feuchtigkeit und Konzentration als Desinfektionsmittel verwendbar.

Salpetrige und schweflige Säure sind wenig und unsicher wirkende Desinfektionsmittel.

Salzsäure (Chlorwasserstoffsäure) ist eine stechend riechende Flüssigkeit von sehr ätzenden Eigenschaften. Warme Lösungen (12%ige Verdünnung) entwickeln sehr viel Chlorwasserstoffgas, dem die Desinfektionswirkung zuzuschreiben ist.

Verdünnte Lösungen der Ätz- und kohlensauren Alkalien und insbesondere der Schmierseife (Kaliseife) heben das Wachstum von Sporen auf und besitzen demnach gleichfalls desinfektorische Wirkungen. Diese Desinfektionsmittel verdienen besondere Beachtung, da sie zugleich Reinigungsmittel sind.

Karbolseifelösung. Eine Lösung von Kaliseife (3 Teile Seife in 1CO Teilen heißem Wasser) wird mit 1 Teil 100%iger Karbolsäure vermischt. Diese Lösung ist lange Zeit haltbar und wirkt schneller desinfizierend als einfache Kaliseifenlösung.

Eisenvitriol (schwefelsaures Eisenoxydul) dient zur D. von Aborten, weil es die übelriechenden Gase, Schwefelwasserstoff und Ammoniak, in feste Verbindungen überführt. Es vermag jedoch nicht das Wachstum der Pilze und Bakterien zu verhüten, so daß es als Desinfektionsmittel, wie die Versuche des deutschen Gesundheitsamtes klargelegt haben, keinen hohen Wert hat. Wirksamer ist es in Verbindung mit Karbolsäure. Man rechnet bei Aborten für eine Person und einen Tag 25 g, in Wasser gelöst. Setzt man etwa 2 kg Karbolsäure zu, so kann man das Eisenvitriol um ein Drittel vermindern.

Kalk in möglichst frisch gebranntem Zustande, also Ätzkalk in gepulvertem Zustande, aber auch als Kalkmilch (Mischung von 1 l gebranntem Kalk mit 4 l Wasser) wirkt nach angestellten Versuchen auf Typhus- und Cholerabazillen im Laufe weniger Stunden vernichtend. Dieses Desinfektionsmittel ist in allen Fällen in Betracht zu ziehen, in denen vermöge der erschwerten Verkehrs- und Lokalverhältnisse die rasche Herbeischaffung und Verwendung anderer Desinfektionsmittel auf Schwierigkeiten stößt.

Neuestens wurde durch Versuche im deutschen Reichsgesundheitsamt festgestellt, daß der Kalk eine ganze Reihe von Organismen, u. zw. zum Teil ziemlich widerstandsfähige, zu vernichten vermag (Rot auf, Schweineseuche und Rotz).

Sodalauge, Lösung von Soda in Wasser (1CO Teile Wasser, 2-16 Teile Soda), wird meist nur zur vorbereitenden D. gebraucht, um die Infektionsstoffe für die eigentlichen Desinfektionsmittel zugänglicher zu machen; eine desinfizierende Eigenschatt kommt der Sodalauge nicht zu.

Chlorkalk ist ein Gemenge von unterchlorigsaurem Kalk mit Chlorkalzium und enthält in reinem Zustand 39·7% Chlor, das der wirksamste Bestandteil ist.

Bei größeren Desinfektionsanstalten ist die Verwendung von Chlorkalklösung nicht zu empfehlen, da bei Herstellung der Lösung mindestens 50% der ursprünglich verwendeten Chlorkalkmenge sich als wertloser Abfall ergeben, dessen Beseitigung erhebliche Kosten verursacht. Chlorkalklösung greift auch Metalle und Dichtungen an und macht in kurzer Zeit die Desinfektionsapparate untauglich.

Seine Wirkung auf Milzbrandsporen ist sehr gering.

Javellesche Lauge (Eau de Javelle) die durch Einleiten von Chlor in Sodalösungen hergestellt wird, ist eine klare, farblose oder grünlichgelbe Flüssigkeit, riecht wie Chlorkalk und enthält hauptsächlich unterchlorigsaures Natron. Sie muß in gut verschlossenen, im Dunkeln aufzustellenden Gefäßen aufbewahrt werden.

Der Formaldehyd (Methylaldehyd, Methanol) ist der Aldehyd der Ameisensäure. Das nicht giftige Formaldehydgas ist farblos, im Wasser leicht löslich, riecht stechend und übt auf die Atmungsorgane heftige Reizwirkungen aus. Die wässerigen Lösungen

Stoffen, wie Kalk, zermahlenem Torf, Kohlenpulver, Gips, Erde u. dgl. Die D. mit Karbolsäure ist in den meisten Fällen sehr wirksam, hat aber den Nachteil, daß der Karbolgeruch den Wagen oft mehrere Wochen anhaftet, so daß bei Verladung von empfindlichen Waren, wie Getreide, Mehl, Zucker, Eier, Fleisch, Salz, Butter, Gerste, Malz u. s. w. in solche selbst scheinbar geruchlose Wagen ein Verderb der Waren herbeigeführt werden kann.

Gleiche Wirkung wie die Karbolsäure hat auch das Kreosot, das durch Destillation aus dem Holzkohlenteer hergestellt wird; da es aber erheblich teurer ist als die Karbolsäure, so wird es selten zur D. verwendet.

Auch das in Paraffinfabriken als Nebenprodukt gewonnene Kreosotnatron, das meist billig zu haben ist, wird als D. verwendet.

Gegen Milzbrandsporen ist Karbolsäure unwirksam.

Kresol (Kresylsäure), aus den nächsten Homologen des Phenols (Methylphenole und Oxytoluole) bestehend, wird als Lösung in Harzseifen als Kresolin und als Lösung in Ölseifen als Lysol zur D. verwendet. Insbesondere hat das Lysol, eine gelbe, klare, ölartige Flüssigkeit, die mit Wasser verdünnt (2 Teile Lysol in 100 Teilen Wasser) vollkommen klar bleibt, eine große Desinfektionskraft.

Weitere Kresolpräparate sind:

Kresolwasser (1 Teil Kresolseifenlösung in 9 Teilen Wasser);

Kresolseifenlösungen, eine gelbbraune Mischung von 1 Teil Kaliseife und 1 Teil Rohkresol.

Kresolschwefelsäuremischungen, werden hauptsächlich in Deutschland zur D. verwendet. Sie vernichten Milzbrandsporen erst nach fünf Tagen, sind somit bei verseuchten Wagen nicht genügend wirksam.

Saprol wird als Nebenprodukt bei der Aufarbeitung der Teeröle in Gasanstalten gewonnen und gelangt in Mischung mit Schmierseifenlösungen zur Verwendung.

Sublimatlösung (Ätzsublimat, Quecksilberchlorid), ein starkes Gift, wird durch Auflösen von 1 g Quecksilberchlorid in 1 l destilliertem Wasser bereitet. (Quell- und Brunnenwasser ist hierzu infolge des höheren Gehaltes an kohlensaurem Kalk unverwendbar.) Um raschere Lösungen herzustellen, empfiehlt es sich, das Quecksilberchlorid in denaturiertem Alkohol zu lösen und die Lösung in das Wasser oder die Kochsalzlösung u. s. w. zu schütten.

Der allgemeineren Verwendung des Sublimats steht trotz der sehr energischen Wirkung dieses Mittels auf Bakterienkulturen, Kokken und Sporen der Umstand entgegen, daß es durch sehr viele mineralische und organische Verbindungen zersetzt und dadurch unwirksam gemacht wird, daß aber auch die aus dem Sublimat erzeugten Umsetzungsprodukte auf den menschlichen Organismus gesundheitsschädlich einwirken.

Räucherungen mit Chlor oder Bromdämpfen sind infolge ihrer zerstörenden Wirkung auf Infektionsstoffe bei genügender Feuchtigkeit und Konzentration als Desinfektionsmittel verwendbar.

Salpetrige und schweflige Säure sind wenig und unsicher wirkende Desinfektionsmittel.

Salzsäure (Chlorwasserstoffsäure) ist eine stechend riechende Flüssigkeit von sehr ätzenden Eigenschaften. Warme Lösungen (12%ige Verdünnung) entwickeln sehr viel Chlorwasserstoffgas, dem die Desinfektionswirkung zuzuschreiben ist.

Verdünnte Lösungen der Ätz- und kohlensauren Alkalien und insbesondere der Schmierseife (Kaliseife) heben das Wachstum von Sporen auf und besitzen demnach gleichfalls desinfektorische Wirkungen. Diese Desinfektionsmittel verdienen besondere Beachtung, da sie zugleich Reinigungsmittel sind.

Karbolseifelösung. Eine Lösung von Kaliseife (3 Teile Seife in 1CO Teilen heißem Wasser) wird mit 1 Teil 100%iger Karbolsäure vermischt. Diese Lösung ist lange Zeit haltbar und wirkt schneller desinfizierend als einfache Kaliseifenlösung.

Eisenvitriol (schwefelsaures Eisenoxydul) dient zur D. von Aborten, weil es die übelriechenden Gase, Schwefelwasserstoff und Ammoniak, in feste Verbindungen überführt. Es vermag jedoch nicht das Wachstum der Pilze und Bakterien zu verhüten, so daß es als Desinfektionsmittel, wie die Versuche des deutschen Gesundheitsamtes klargelegt haben, keinen hohen Wert hat. Wirksamer ist es in Verbindung mit Karbolsäure. Man rechnet bei Aborten für eine Person und einen Tag 25 g, in Wasser gelöst. Setzt man etwa 2 kg Karbolsäure zu, so kann man das Eisenvitriol um ein Drittel vermindern.

Kalk in möglichst frisch gebranntem Zustande, also Ätzkalk in gepulvertem Zustande, aber auch als Kalkmilch (Mischung von 1 l gebranntem Kalk mit 4 l Wasser) wirkt nach angestellten Versuchen auf Typhus- und Cholerabazillen im Laufe weniger Stunden vernichtend. Dieses Desinfektionsmittel ist in allen Fällen in Betracht zu ziehen, in denen vermöge der erschwerten Verkehrs- und Lokalverhältnisse die rasche Herbeischaffung und Verwendung anderer Desinfektionsmittel auf Schwierigkeiten stößt.

Neuestens wurde durch Versuche im deutschen Reichsgesundheitsamt festgestellt, daß der Kalk eine ganze Reihe von Organismen, u. zw. zum Teil ziemlich widerstandsfähige, zu vernichten vermag (Rot auf, Schweineseuche und Rotz).

Sodalauge, Lösung von Soda in Wasser (1CO Teile Wasser, 2–16 Teile Soda), wird meist nur zur vorbereitenden D. gebraucht, um die Infektionsstoffe für die eigentlichen Desinfektionsmittel zugänglicher zu machen; eine desinfizierende Eigenschatt kommt der Sodalauge nicht zu.

Chlorkalk ist ein Gemenge von unterchlorigsaurem Kalk mit Chlorkalzium und enthält in reinem Zustand 39·7% Chlor, das der wirksamste Bestandteil ist.

Bei größeren Desinfektionsanstalten ist die Verwendung von Chlorkalklösung nicht zu empfehlen, da bei Herstellung der Lösung mindestens 50% der ursprünglich verwendeten Chlorkalkmenge sich als wertloser Abfall ergeben, dessen Beseitigung erhebliche Kosten verursacht. Chlorkalklösung greift auch Metalle und Dichtungen an und macht in kurzer Zeit die Desinfektionsapparate untauglich.

Seine Wirkung auf Milzbrandsporen ist sehr gering.

Javellesche Lauge (Eau de Javelle) die durch Einleiten von Chlor in Sodalösungen hergestellt wird, ist eine klare, farblose oder grünlichgelbe Flüssigkeit, riecht wie Chlorkalk und enthält hauptsächlich unterchlorigsaures Natron. Sie muß in gut verschlossenen, im Dunkeln aufzustellenden Gefäßen aufbewahrt werden.

Der Formaldehyd (Methylaldehyd, Methanol) ist der Aldehyd der Ameisensäure. Das nicht giftige Formaldehydgas ist farblos, im Wasser leicht löslich, riecht stechend und übt auf die Atmungsorgane heftige Reizwirkungen aus. Die wässerigen Lösungen

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[276/0290] Stoffen, wie Kalk, zermahlenem Torf, Kohlenpulver, Gips, Erde u. dgl. Die D. mit Karbolsäure ist in den meisten Fällen sehr wirksam, hat aber den Nachteil, daß der Karbolgeruch den Wagen oft mehrere Wochen anhaftet, so daß bei Verladung von empfindlichen Waren, wie Getreide, Mehl, Zucker, Eier, Fleisch, Salz, Butter, Gerste, Malz u. s. w. in solche selbst scheinbar geruchlose Wagen ein Verderb der Waren herbeigeführt werden kann. Gleiche Wirkung wie die Karbolsäure hat auch das Kreosot, das durch Destillation aus dem Holzkohlenteer hergestellt wird; da es aber erheblich teurer ist als die Karbolsäure, so wird es selten zur D. verwendet. Auch das in Paraffinfabriken als Nebenprodukt gewonnene Kreosotnatron, das meist billig zu haben ist, wird als D. verwendet. Gegen Milzbrandsporen ist Karbolsäure unwirksam. 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Sublimatlösung (Ätzsublimat, Quecksilberchlorid), ein starkes Gift, wird durch Auflösen von 1 g Quecksilberchlorid in 1 l destilliertem Wasser bereitet. (Quell- und Brunnenwasser ist hierzu infolge des höheren Gehaltes an kohlensaurem Kalk unverwendbar.) Um raschere Lösungen herzustellen, empfiehlt es sich, das Quecksilberchlorid in denaturiertem Alkohol zu lösen und die Lösung in das Wasser oder die Kochsalzlösung u. s. w. zu schütten. Der allgemeineren Verwendung des Sublimats steht trotz der sehr energischen Wirkung dieses Mittels auf Bakterienkulturen, Kokken und Sporen der Umstand entgegen, daß es durch sehr viele mineralische und organische Verbindungen zersetzt und dadurch unwirksam gemacht wird, daß aber auch die aus dem Sublimat erzeugten Umsetzungsprodukte auf den menschlichen Organismus gesundheitsschädlich einwirken. 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Dieses Desinfektionsmittel ist in allen Fällen in Betracht zu ziehen, in denen vermöge der erschwerten Verkehrs- und Lokalverhältnisse die rasche Herbeischaffung und Verwendung anderer Desinfektionsmittel auf Schwierigkeiten stößt. Neuestens wurde durch Versuche im deutschen Reichsgesundheitsamt festgestellt, daß der Kalk eine ganze Reihe von Organismen, u. zw. zum Teil ziemlich widerstandsfähige, zu vernichten vermag (Rot auf, Schweineseuche und Rotz). Sodalauge, Lösung von Soda in Wasser (1CO Teile Wasser, 2–16 Teile Soda), wird meist nur zur vorbereitenden D. gebraucht, um die Infektionsstoffe für die eigentlichen Desinfektionsmittel zugänglicher zu machen; eine desinfizierende Eigenschatt kommt der Sodalauge nicht zu. Chlorkalk ist ein Gemenge von unterchlorigsaurem Kalk mit Chlorkalzium und enthält in reinem Zustand 39·7% Chlor, das der wirksamste Bestandteil ist. Bei größeren Desinfektionsanstalten ist die Verwendung von Chlorkalklösung nicht zu empfehlen, da bei Herstellung der Lösung mindestens 50% der ursprünglich verwendeten Chlorkalkmenge sich als wertloser Abfall ergeben, dessen Beseitigung erhebliche Kosten verursacht. Chlorkalklösung greift auch Metalle und Dichtungen an und macht in kurzer Zeit die Desinfektionsapparate untauglich. Seine Wirkung auf Milzbrandsporen ist sehr gering. Javellesche Lauge (Eau de Javelle) die durch Einleiten von Chlor in Sodalösungen hergestellt wird, ist eine klare, farblose oder grünlichgelbe Flüssigkeit, riecht wie Chlorkalk und enthält hauptsächlich unterchlorigsaures Natron. Sie muß in gut verschlossenen, im Dunkeln aufzustellenden Gefäßen aufbewahrt werden. Der Formaldehyd (Methylaldehyd, Methanol) ist der Aldehyd der Ameisensäure. Das nicht giftige Formaldehydgas ist farblos, im Wasser leicht löslich, riecht stechend und übt auf die Atmungsorgane heftige Reizwirkungen aus. Die wässerigen Lösungen

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen03_1912/290>, abgerufen am 27.09.2024.