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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912.

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Wenn Eisenbahnbedienstete die ihnen nach den gesetzlichen Bestimmungen vermöge ihrer dienstlichen Stellung oder eines besonderen Auftrages obliegende Pflicht der Anordnung, Ausführung oder Überwachung der D. vernachlässigen, werden sie mit Geld-, bzw. Freiheitsstrafen belegt. (§ 5 des deutschen Reichsgesetzes vom 25. Februar 1876, § 12 des österreichischen Gesetzes vom 12. Juli 1879, Art. 22 des belgischen Reglements vom 23. Mai 1879, schweizerische Verordnung vom 22. März 1907 u. s. w.)

B. Hintanhaltung der Verbreitung von ansteckenden Krankheiten, mit denen Personen behaftet sind. In dieser Hinsicht besteht für die Eisenbahnen insofern eine dauernde Verpflichtung zur D., als die Eisenbahnen (zufolge des § 11 des Eisenbahnbetriebsreglements, und des § 11 der deutschen Eisenbahnverkehrsordnung), die Beförderung von erkrankten Personen (mit Ausnahme von Pestkranken) bei Einhaltung bestimmter Vorschriften nicht ablehnen können (vgl. Ausschluß von der Fahrt).

Außerdem tritt eine Verpflichtung zur D. über jeweilige besondere Anordnung der betreffenden Regierung ein, u. zw. anläßlich der Gefahr der Einschleppung von in angrenzenden Ländern herrschenden epidemischen Krankheiten, oder anläßlich des Auftretens solcher Krankheiten im eigenen Land. Die D. erstreckt sich in derlei Fällen im allgemeinen auf die Aborte in den Stationen und Eisenbahnwagen auf Auswurfstoffe, die auf dem Bahnkörper, insbesondere in den Stationen vorgefunden werden, auf verunreinigte Kleider, Wäsche u. s. w., namentlich in den Grenzstationen, wohl auch auf die Personenwagen (Abteile, Gänge), in denen Reisende aus infizierten Gegenden eingelangt sind; dagegen wird in neuerer Zeit von der früher üblich gewesenen D. der aus infizierten ausländischen Orten kommenden Reisenden fast durchweg abgesehen. Die D. der Aborte u. s. w. erfolgt zumeist mit Karbolsäurelösung, Torfmull oder Ätzkalk; Exkremente und sonstige Auswurfstoffe werden mit Chlorkalk behandelt. Teppiche, Läufer, Matten, Polster werden mit strömendem Wasserdampf oder Formaldehyd, bzw. Autandämpfen (ein Formaldehydpräparat) desinfiziert. Wände, Decken, Holzteile, aus Leder hergestellte Gegenstände werden durch Abwaschen mit 3%iger Kaliseifenlösung, mit Ammoniaklösung oder mit Weingeist entseucht und gereinigt.

Wäsche wird unter Luftabschluß gekocht und mit Dampf behandelt; für Kleider werden Wasserdämpfe oder Formaldehyddämpfe verwendet.

Stark verunreinigte Gegenstände, als Polster, Wäsche u. s. w. werden verbrannt.

(In Norwegen werden die Wagen bis 20° C geheizt, alle Öffnungen geschlossen und sodann Autandämpfe durch 7 Stunden in dem Wagen belassen. Hierauf wird der Wagen mit 3%igem Seifenwasser, versetzt mit 4%iger Formalinlösung gewaschen und gelüftet.)

In neuerer Zeit hat sich die Erkenntnis Bahn gebrochen, daß der Staub der Träger zahlreicher Krankheitskeime sei, was die Eisenbahnverwaltungen veranlaßte, der Reinigung der Personenwagen erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen. Dies führte zur Einführung von Entstaubungsanlagen verschiedener Systeme, wobei das Verfahren mit Preßluft als das zweckmäßigste erkannt wurde. Durch dieses Verfahren findet ein Auflockern, Aufsaugen und Sammeln des Staubes in dichten Beuteln statt. Wenn auch durch diese Entstaubungsanlagen sehr bedeutende Staubmengen (bis 1·5 kg aus einem Polsterwagen) entfernt werden können, so ist trotz dieser Entstaubung mit den vollendetsten Werkzeugen (Preßluftsauger System Borsig) keine Gewähr für die vollständige Entfernung von Krankheitserregern (pathogenen Keimen) gegeben. Zur vollständigen Entseuchung eines Wagens und Vernichtung aller Krankheitserreger ist daher ein weiteres Verfahren nötig.

Diesbezüglich sind in neuester Zeit eigene Desinfektionsanlagen mit so großen liegenden zylindrischen Kesseln erbaut worden, daß die Personenwagen in diese ganz eingeschoben werden können. Der Kesselraum mit dem Wagen kann unter vollständiger Abdichtung gegen die Außenluft einem Unterdrucke von 700 bis 740 mm Quecksilber ausgesetzt und zugleich auf 45 bis 55° C erwärmt werden. Unter diesen Verhältnissen beginnt Wasser in dem Raum zu sieden und wird daher auch den Lebewesen in dem zu entseuchenden Wagen ganz entzogen. Zugleich wird Formalin zu schneller Verdampfung gebracht, wodurch alle Lebewesen, Keime und auch Eier sicher abgetötet werden.

Die Entseuchung eines großen Schlafwagens, der auf 55° C erwärmt und mit 5 kg Formalin durch 6 Stunden behandelt wurde, kostet einschließlich Tilgung der Kosten des Apparates etwa 35 M.

Ungeziefer und Milzbrandsporen, die in der Mitte einer 10 cm starken Roßhaarmatratze untergebracht wurden, waren getötet und vollständig ausgetrocknet.

Es muß daher dieses Verfahren als zweckentsprechend bezeichnet werden. (Organ 1912, Heft 3.)

Wenn Eisenbahnbedienstete die ihnen nach den gesetzlichen Bestimmungen vermöge ihrer dienstlichen Stellung oder eines besonderen Auftrages obliegende Pflicht der Anordnung, Ausführung oder Überwachung der D. vernachlässigen, werden sie mit Geld-, bzw. Freiheitsstrafen belegt. (§ 5 des deutschen Reichsgesetzes vom 25. Februar 1876, § 12 des österreichischen Gesetzes vom 12. Juli 1879, Art. 22 des belgischen Reglements vom 23. Mai 1879, schweizerische Verordnung vom 22. März 1907 u. s. w.)

B. Hintanhaltung der Verbreitung von ansteckenden Krankheiten, mit denen Personen behaftet sind. In dieser Hinsicht besteht für die Eisenbahnen insofern eine dauernde Verpflichtung zur D., als die Eisenbahnen (zufolge des § 11 des Eisenbahnbetriebsreglements, und des § 11 der deutschen Eisenbahnverkehrsordnung), die Beförderung von erkrankten Personen (mit Ausnahme von Pestkranken) bei Einhaltung bestimmter Vorschriften nicht ablehnen können (vgl. Ausschluß von der Fahrt).

Außerdem tritt eine Verpflichtung zur D. über jeweilige besondere Anordnung der betreffenden Regierung ein, u. zw. anläßlich der Gefahr der Einschleppung von in angrenzenden Ländern herrschenden epidemischen Krankheiten, oder anläßlich des Auftretens solcher Krankheiten im eigenen Land. Die D. erstreckt sich in derlei Fällen im allgemeinen auf die Aborte in den Stationen und Eisenbahnwagen auf Auswurfstoffe, die auf dem Bahnkörper, insbesondere in den Stationen vorgefunden werden, auf verunreinigte Kleider, Wäsche u. s. w., namentlich in den Grenzstationen, wohl auch auf die Personenwagen (Abteile, Gänge), in denen Reisende aus infizierten Gegenden eingelangt sind; dagegen wird in neuerer Zeit von der früher üblich gewesenen D. der aus infizierten ausländischen Orten kommenden Reisenden fast durchweg abgesehen. Die D. der Aborte u. s. w. erfolgt zumeist mit Karbolsäurelösung, Torfmull oder Ätzkalk; Exkremente und sonstige Auswurfstoffe werden mit Chlorkalk behandelt. Teppiche, Läufer, Matten, Polster werden mit strömendem Wasserdampf oder Formaldehyd, bzw. Autandämpfen (ein Formaldehydpräparat) desinfiziert. Wände, Decken, Holzteile, aus Leder hergestellte Gegenstände werden durch Abwaschen mit 3%iger Kaliseifenlösung, mit Ammoniaklösung oder mit Weingeist entseucht und gereinigt.

Wäsche wird unter Luftabschluß gekocht und mit Dampf behandelt; für Kleider werden Wasserdämpfe oder Formaldehyddämpfe verwendet.

Stark verunreinigte Gegenstände, als Polster, Wäsche u. s. w. werden verbrannt.

(In Norwegen werden die Wagen bis 20° C geheizt, alle Öffnungen geschlossen und sodann Autandämpfe durch 7 Stunden in dem Wagen belassen. Hierauf wird der Wagen mit 3%igem Seifenwasser, versetzt mit 4%iger Formalinlösung gewaschen und gelüftet.)

In neuerer Zeit hat sich die Erkenntnis Bahn gebrochen, daß der Staub der Träger zahlreicher Krankheitskeime sei, was die Eisenbahnverwaltungen veranlaßte, der Reinigung der Personenwagen erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen. Dies führte zur Einführung von Entstaubungsanlagen verschiedener Systeme, wobei das Verfahren mit Preßluft als das zweckmäßigste erkannt wurde. Durch dieses Verfahren findet ein Auflockern, Aufsaugen und Sammeln des Staubes in dichten Beuteln statt. Wenn auch durch diese Entstaubungsanlagen sehr bedeutende Staubmengen (bis 1·5 kg aus einem Polsterwagen) entfernt werden können, so ist trotz dieser Entstaubung mit den vollendetsten Werkzeugen (Preßluftsauger System Borsig) keine Gewähr für die vollständige Entfernung von Krankheitserregern (pathogenen Keimen) gegeben. Zur vollständigen Entseuchung eines Wagens und Vernichtung aller Krankheitserreger ist daher ein weiteres Verfahren nötig.

Diesbezüglich sind in neuester Zeit eigene Desinfektionsanlagen mit so großen liegenden zylindrischen Kesseln erbaut worden, daß die Personenwagen in diese ganz eingeschoben werden können. Der Kesselraum mit dem Wagen kann unter vollständiger Abdichtung gegen die Außenluft einem Unterdrucke von 700 bis 740 mm Quecksilber ausgesetzt und zugleich auf 45 bis 55° C erwärmt werden. Unter diesen Verhältnissen beginnt Wasser in dem Raum zu sieden und wird daher auch den Lebewesen in dem zu entseuchenden Wagen ganz entzogen. Zugleich wird Formalin zu schneller Verdampfung gebracht, wodurch alle Lebewesen, Keime und auch Eier sicher abgetötet werden.

Die Entseuchung eines großen Schlafwagens, der auf 55° C erwärmt und mit 5 kg Formalin durch 6 Stunden behandelt wurde, kostet einschließlich Tilgung der Kosten des Apparates etwa 35 M.

Ungeziefer und Milzbrandsporen, die in der Mitte einer 10 cm starken Roßhaarmatratze untergebracht wurden, waren getötet und vollständig ausgetrocknet.

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[274/0288] Wenn Eisenbahnbedienstete die ihnen nach den gesetzlichen Bestimmungen vermöge ihrer dienstlichen Stellung oder eines besonderen Auftrages obliegende Pflicht der Anordnung, Ausführung oder Überwachung der D. vernachlässigen, werden sie mit Geld-, bzw. Freiheitsstrafen belegt. (§ 5 des deutschen Reichsgesetzes vom 25. Februar 1876, § 12 des österreichischen Gesetzes vom 12. Juli 1879, Art. 22 des belgischen Reglements vom 23. Mai 1879, schweizerische Verordnung vom 22. März 1907 u. s. w.) B. Hintanhaltung der Verbreitung von ansteckenden Krankheiten, mit denen Personen behaftet sind. In dieser Hinsicht besteht für die Eisenbahnen insofern eine dauernde Verpflichtung zur D., als die Eisenbahnen (zufolge des § 11 des Eisenbahnbetriebsreglements, und des § 11 der deutschen Eisenbahnverkehrsordnung), die Beförderung von erkrankten Personen (mit Ausnahme von Pestkranken) bei Einhaltung bestimmter Vorschriften nicht ablehnen können (vgl. Ausschluß von der Fahrt). Außerdem tritt eine Verpflichtung zur D. über jeweilige besondere Anordnung der betreffenden Regierung ein, u. zw. anläßlich der Gefahr der Einschleppung von in angrenzenden Ländern herrschenden epidemischen Krankheiten, oder anläßlich des Auftretens solcher Krankheiten im eigenen Land. Die D. erstreckt sich in derlei Fällen im allgemeinen auf die Aborte in den Stationen und Eisenbahnwagen auf Auswurfstoffe, die auf dem Bahnkörper, insbesondere in den Stationen vorgefunden werden, auf verunreinigte Kleider, Wäsche u. s. w., namentlich in den Grenzstationen, wohl auch auf die Personenwagen (Abteile, Gänge), in denen Reisende aus infizierten Gegenden eingelangt sind; dagegen wird in neuerer Zeit von der früher üblich gewesenen D. der aus infizierten ausländischen Orten kommenden Reisenden fast durchweg abgesehen. Die D. der Aborte u. s. w. erfolgt zumeist mit Karbolsäurelösung, Torfmull oder Ätzkalk; Exkremente und sonstige Auswurfstoffe werden mit Chlorkalk behandelt. Teppiche, Läufer, Matten, Polster werden mit strömendem Wasserdampf oder Formaldehyd, bzw. Autandämpfen (ein Formaldehydpräparat) desinfiziert. Wände, Decken, Holzteile, aus Leder hergestellte Gegenstände werden durch Abwaschen mit 3%iger Kaliseifenlösung, mit Ammoniaklösung oder mit Weingeist entseucht und gereinigt. Wäsche wird unter Luftabschluß gekocht und mit Dampf behandelt; für Kleider werden Wasserdämpfe oder Formaldehyddämpfe verwendet. Stark verunreinigte Gegenstände, als Polster, Wäsche u. s. w. werden verbrannt. (In Norwegen werden die Wagen bis 20° C geheizt, alle Öffnungen geschlossen und sodann Autandämpfe durch 7 Stunden in dem Wagen belassen. Hierauf wird der Wagen mit 3%igem Seifenwasser, versetzt mit 4%iger Formalinlösung gewaschen und gelüftet.) In neuerer Zeit hat sich die Erkenntnis Bahn gebrochen, daß der Staub der Träger zahlreicher Krankheitskeime sei, was die Eisenbahnverwaltungen veranlaßte, der Reinigung der Personenwagen erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen. Dies führte zur Einführung von Entstaubungsanlagen verschiedener Systeme, wobei das Verfahren mit Preßluft als das zweckmäßigste erkannt wurde. Durch dieses Verfahren findet ein Auflockern, Aufsaugen und Sammeln des Staubes in dichten Beuteln statt. Wenn auch durch diese Entstaubungsanlagen sehr bedeutende Staubmengen (bis 1·5 kg aus einem Polsterwagen) entfernt werden können, so ist trotz dieser Entstaubung mit den vollendetsten Werkzeugen (Preßluftsauger System Borsig) keine Gewähr für die vollständige Entfernung von Krankheitserregern (pathogenen Keimen) gegeben. Zur vollständigen Entseuchung eines Wagens und Vernichtung aller Krankheitserreger ist daher ein weiteres Verfahren nötig. Diesbezüglich sind in neuester Zeit eigene Desinfektionsanlagen mit so großen liegenden zylindrischen Kesseln erbaut worden, daß die Personenwagen in diese ganz eingeschoben werden können. Der Kesselraum mit dem Wagen kann unter vollständiger Abdichtung gegen die Außenluft einem Unterdrucke von 700 bis 740 mm Quecksilber ausgesetzt und zugleich auf 45 bis 55° C erwärmt werden. Unter diesen Verhältnissen beginnt Wasser in dem Raum zu sieden und wird daher auch den Lebewesen in dem zu entseuchenden Wagen ganz entzogen. Zugleich wird Formalin zu schneller Verdampfung gebracht, wodurch alle Lebewesen, Keime und auch Eier sicher abgetötet werden. Die Entseuchung eines großen Schlafwagens, der auf 55° C erwärmt und mit 5 kg Formalin durch 6 Stunden behandelt wurde, kostet einschließlich Tilgung der Kosten des Apparates etwa 35 M. Ungeziefer und Milzbrandsporen, die in der Mitte einer 10 cm starken Roßhaarmatratze untergebracht wurden, waren getötet und vollständig ausgetrocknet. Es muß daher dieses Verfahren als zweckentsprechend bezeichnet werden. (Organ 1912, Heft 3.)

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen03_1912/288>, abgerufen am 24.11.2024.