Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912.

Bild:
<< vorherige Seite

bald nach seinem Tode die erste Konzession für die B. erteilt werden konnte. Die Schwierigkeiten waren verschiedenster, zumeist technischer Art. Die Bahn durchzieht zum Teil gebirgiges Gelände; und es galt, die beste und am wenigsten kostspielige Linie zu finden. Sodann war an eine auch nur einigermaßen befriedigende Rentabilität nicht zu denken; große Einnahmen aus dem Personen- oder aus dem Güterverkehr waren für lange Zeit nicht zu erwarten, nur mit Staatshilfe konnte ein solches Unternehmen zu stände gebracht werden. Hierzu kamen die politischen Schwierigkeiten. Deutsche Gesellschaften unter Führung der Deutschen Bank hatten sich um die Konzession der Bahn beworben und von der Türkei Zusicherungen erhalten, die Deutschland einen vorwiegenden Einfluß bei der Verwaltung und dem Betrieb verbürgten. Bei der großen Bedeutung der Bahn für den internationalen Verkehr wurde die leitende Stellung Deutschlands von der englischen, der russischen und der französischen Regierung beanstandet, dies, obwohl von vornherein die Teilnahme fremden Kapitals an der Herstellung der Bahn zugestanden war. Nach langjährigen Bemühungen, deren Erfolg oft recht zweifelhaft war, scheint es jetzt endlich gelungen zu sein, dieser Schwierigkeiten Herr zu werden.

Ursprünglich sollte die Bahn ihren Anfang in Angora nehmen. Der ungeheuren Geländeschwierigkeiten im armenisch-türkischen Hochlande wegen und auch aus politischen Gründen - Rücksichtnahme auf Rußland - wurde dieser Plan aufgegeben und als Ausgangspunkt der B. die Station Konia bestimmt. Im Winter 1899 auf 1900 wurde von dem damaligen deutschen Generalkonsul in Konstantinopel, Stemrich, und den beiden Erbauern einzelner Strecken der Anatolischen Bahn, Baurat v. Kapp und Geheimem Baurat Mackensen, eine Studienreise unternommen, um die der Bahn zu gebende Richtung zu finden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden den weiteren Verhandlungen über die Konzession zu grunde gelegt.

Nachdem die Linie feststand, ist einer unter der Firma: Societe imperiale ottomane du chemin de fer de Bagdad zu bildenden Gesellschaft durch einen Ferman des Sultans vom 17./30. Juli 1903 die Konzession für eine Bahn von Bagdad bis Bassorah nebst einigen Zweiglinien erteilt worden. Diese Konzession ist ergänzt und zum Teil abgeändert worden durch 3 Nachtragsverträge vom 20. Mai/2. Juni 1908, vom 24. Febr./9. März 1910 und vom 3./19. März 1911. Durch den ersten Nachtrag sind die finanziellen, von der Türkei zu leistenden Garantien im wesentlichen festgesetzt. Der Nachtrag von 1911 verfolgt hauptsächlich den Zweck, die noch bestehenden politischen Hindernisse aus dem Wege zu räumen. Die jetzige Richtung der Bahn ergibt sich aus der Karte (Taf. IV).

Mit dem Bau der ersten Strecke, Konia-Eregli-Bulgurlu, die technische Schwierigkeiten nicht bereitete, wurde noch im Jahre 1903 begonnen, sie ist am 25. Oktober 1904, dem Geburtstage des Sultans, dem Betriebe übergeben worden. Der Bau der zweiten Strecke von Bulgurlu über Adana nach Helif (840 km) mit einer Zweigbahn von Tel-Habesch nach Aleppo und von Kharbenas nach Urfah ist, sobald durch den Nachtragsvertrag von 1908 die finanziellen Bürgschaften der Türkei festgelegt waren, in Angriff genommen worden. Auf dieser Strecke ist der Taurus 2mal zu überschreiten, was mit großen technischen Schwierigkeiten und Kosten verbunden ist. Durch den Nachtragsvertrag von 1911 sind die Bedingungen für den Bau der Fortsetzung von El Helif über Mossul nach Bagdad festgestellt. Die Gesellschaft hat darin auf die ihr nach der Konzession von 1903 zustehenden Rechte auf die Bahn von Bagdad bis Bassorah und zum Persischen Golf verzichtet. Diese Strecke soll jetzt durch eine neue, unter türkischer Oberhoheit stehende internationale Gesellschaft, an der auch deutsches Kapital angemessen beteiligt sein wird, gebaut werden. Für diesen Verzicht hat die Gesellschaft die Konzession für eine 60 km lange Zweigbahn von Osmanieh nach dem Hafen Alexandrette und für den Ausbau dieses sehr günstig gelegenen Hafens erhalten. Die Bahn gewinnt dadurch einen selbständigen Anschluß an das Meer. Bisher hatte sie einen solchen nur durch die von Adana nach dem Hafen Mersina führende, in englischem Besitz befindliche Eisenbahn. Durch den Nachtragsvertrag wird die Gesellschaft in den Stand gesetzt, den Bau an verschiedenen Punkten in Angriff zu nehmen und damit die Fertigstellung zu beschleunigen. Es betragen die Entfernungen von El Helif nach Mossul 200 km, von Mossul nach Bagdad 400 km, von Bagdad nach dem Persischen Golf etwa 600 km. Man hofft, nunmehr die Bahn bis Bagdad mit den Zweiglinien in etwa 5 Jahren, d. h. bis 1916, soweit fertigzustellen, daß sie dem Betriebe übergeben werden kann.

Die Konzession ist ursprünglich auf 99 Jahre erteilt. Durch die Nachtragskonzessionen ist sie jedesmal entsprechend verlängert. Sie ist mit normaler Spur zunächst eingleisig und mit einem so kräftigen Oberbau herzustellen, daß die Züge mit einer Geschwindigkeit von 75 km in der Stunde fahren können. Das für ein zweites Gleis erforderliche Gelände ist gleichzeitig zu erwerben. Der geringste Krümmungshalbmesser

bald nach seinem Tode die erste Konzession für die B. erteilt werden konnte. Die Schwierigkeiten waren verschiedenster, zumeist technischer Art. Die Bahn durchzieht zum Teil gebirgiges Gelände; und es galt, die beste und am wenigsten kostspielige Linie zu finden. Sodann war an eine auch nur einigermaßen befriedigende Rentabilität nicht zu denken; große Einnahmen aus dem Personen- oder aus dem Güterverkehr waren für lange Zeit nicht zu erwarten, nur mit Staatshilfe konnte ein solches Unternehmen zu stände gebracht werden. Hierzu kamen die politischen Schwierigkeiten. Deutsche Gesellschaften unter Führung der Deutschen Bank hatten sich um die Konzession der Bahn beworben und von der Türkei Zusicherungen erhalten, die Deutschland einen vorwiegenden Einfluß bei der Verwaltung und dem Betrieb verbürgten. Bei der großen Bedeutung der Bahn für den internationalen Verkehr wurde die leitende Stellung Deutschlands von der englischen, der russischen und der französischen Regierung beanstandet, dies, obwohl von vornherein die Teilnahme fremden Kapitals an der Herstellung der Bahn zugestanden war. Nach langjährigen Bemühungen, deren Erfolg oft recht zweifelhaft war, scheint es jetzt endlich gelungen zu sein, dieser Schwierigkeiten Herr zu werden.

Ursprünglich sollte die Bahn ihren Anfang in Angora nehmen. Der ungeheuren Geländeschwierigkeiten im armenisch-türkischen Hochlande wegen und auch aus politischen Gründen – Rücksichtnahme auf Rußland – wurde dieser Plan aufgegeben und als Ausgangspunkt der B. die Station Konia bestimmt. Im Winter 1899 auf 1900 wurde von dem damaligen deutschen Generalkonsul in Konstantinopel, Stemrich, und den beiden Erbauern einzelner Strecken der Anatolischen Bahn, Baurat v. Kapp und Geheimem Baurat Mackensen, eine Studienreise unternommen, um die der Bahn zu gebende Richtung zu finden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden den weiteren Verhandlungen über die Konzession zu grunde gelegt.

Nachdem die Linie feststand, ist einer unter der Firma: Société impériale ottomane du chemin de fer de Bagdad zu bildenden Gesellschaft durch einen Ferman des Sultans vom 17./30. Juli 1903 die Konzession für eine Bahn von Bagdad bis Bassorah nebst einigen Zweiglinien erteilt worden. Diese Konzession ist ergänzt und zum Teil abgeändert worden durch 3 Nachtragsverträge vom 20. Mai/2. Juni 1908, vom 24. Febr./9. März 1910 und vom 3./19. März 1911. Durch den ersten Nachtrag sind die finanziellen, von der Türkei zu leistenden Garantien im wesentlichen festgesetzt. Der Nachtrag von 1911 verfolgt hauptsächlich den Zweck, die noch bestehenden politischen Hindernisse aus dem Wege zu räumen. Die jetzige Richtung der Bahn ergibt sich aus der Karte (Taf. IV).

Mit dem Bau der ersten Strecke, Konia-Eregli-Bulgurlu, die technische Schwierigkeiten nicht bereitete, wurde noch im Jahre 1903 begonnen, sie ist am 25. Oktober 1904, dem Geburtstage des Sultans, dem Betriebe übergeben worden. Der Bau der zweiten Strecke von Bulgurlu über Adana nach Helif (840 km) mit einer Zweigbahn von Tel-Habesch nach Aleppo und von Kharbenas nach Urfah ist, sobald durch den Nachtragsvertrag von 1908 die finanziellen Bürgschaften der Türkei festgelegt waren, in Angriff genommen worden. Auf dieser Strecke ist der Taurus 2mal zu überschreiten, was mit großen technischen Schwierigkeiten und Kosten verbunden ist. Durch den Nachtragsvertrag von 1911 sind die Bedingungen für den Bau der Fortsetzung von El Helif über Mossul nach Bagdad festgestellt. Die Gesellschaft hat darin auf die ihr nach der Konzession von 1903 zustehenden Rechte auf die Bahn von Bagdad bis Bassorah und zum Persischen Golf verzichtet. Diese Strecke soll jetzt durch eine neue, unter türkischer Oberhoheit stehende internationale Gesellschaft, an der auch deutsches Kapital angemessen beteiligt sein wird, gebaut werden. Für diesen Verzicht hat die Gesellschaft die Konzession für eine 60 km lange Zweigbahn von Osmanieh nach dem Hafen Alexandrette und für den Ausbau dieses sehr günstig gelegenen Hafens erhalten. Die Bahn gewinnt dadurch einen selbständigen Anschluß an das Meer. Bisher hatte sie einen solchen nur durch die von Adana nach dem Hafen Mersina führende, in englischem Besitz befindliche Eisenbahn. Durch den Nachtragsvertrag wird die Gesellschaft in den Stand gesetzt, den Bau an verschiedenen Punkten in Angriff zu nehmen und damit die Fertigstellung zu beschleunigen. Es betragen die Entfernungen von El Helif nach Mossul 200 km, von Mossul nach Bagdad 400 km, von Bagdad nach dem Persischen Golf etwa 600 km. Man hofft, nunmehr die Bahn bis Bagdad mit den Zweiglinien in etwa 5 Jahren, d. h. bis 1916, soweit fertigzustellen, daß sie dem Betriebe übergeben werden kann.

Die Konzession ist ursprünglich auf 99 Jahre erteilt. Durch die Nachtragskonzessionen ist sie jedesmal entsprechend verlängert. Sie ist mit normaler Spur zunächst eingleisig und mit einem so kräftigen Oberbau herzustellen, daß die Züge mit einer Geschwindigkeit von 75 km in der Stunde fahren können. Das für ein zweites Gleis erforderliche Gelände ist gleichzeitig zu erwerben. Der geringste Krümmungshalbmesser

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0365" n="354"/>
bald nach seinem Tode die erste Konzession für die B. erteilt werden konnte. Die Schwierigkeiten waren verschiedenster, zumeist technischer Art. Die Bahn durchzieht zum Teil gebirgiges Gelände; und es galt, die beste und am wenigsten kostspielige Linie zu finden. Sodann war an eine auch nur einigermaßen befriedigende Rentabilität nicht zu denken; große Einnahmen aus dem Personen- oder aus dem Güterverkehr waren für lange Zeit nicht zu erwarten, nur mit Staatshilfe konnte ein solches Unternehmen zu stände gebracht werden. Hierzu kamen die politischen Schwierigkeiten. Deutsche Gesellschaften unter Führung der Deutschen Bank hatten sich um die Konzession der Bahn beworben und von der Türkei Zusicherungen erhalten, die Deutschland einen vorwiegenden Einfluß bei der Verwaltung und dem Betrieb verbürgten. Bei der großen Bedeutung der Bahn für den internationalen Verkehr wurde die leitende Stellung Deutschlands von der englischen, der russischen und der französischen Regierung beanstandet, dies, obwohl von vornherein die Teilnahme fremden Kapitals an der Herstellung der Bahn zugestanden war. Nach langjährigen Bemühungen, deren Erfolg oft recht zweifelhaft war, scheint es jetzt endlich gelungen zu sein, dieser Schwierigkeiten Herr zu werden.</p><lb/>
          <p>Ursprünglich sollte die Bahn ihren Anfang in Angora nehmen. Der ungeheuren Geländeschwierigkeiten im armenisch-türkischen Hochlande wegen und auch aus politischen Gründen &#x2013; Rücksichtnahme auf Rußland &#x2013; wurde dieser Plan aufgegeben und als Ausgangspunkt der B. die Station <hi rendition="#g">Konia</hi> bestimmt. Im Winter 1899 auf 1900 wurde von dem damaligen deutschen Generalkonsul in Konstantinopel, Stemrich, und den beiden Erbauern einzelner Strecken der Anatolischen Bahn, Baurat v. Kapp und Geheimem Baurat Mackensen, eine Studienreise unternommen, um die der Bahn zu gebende Richtung zu finden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden den weiteren Verhandlungen über die Konzession zu grunde gelegt.</p><lb/>
          <p>Nachdem die Linie feststand, ist einer unter der Firma: <hi rendition="#g">Société impériale ottomane du chemin de fer de Bagdad</hi> zu bildenden Gesellschaft durch einen Ferman des Sultans vom 17./30. Juli 1903 die Konzession für eine Bahn von Bagdad bis Bassorah nebst einigen Zweiglinien erteilt worden. Diese Konzession ist ergänzt und zum Teil abgeändert worden durch 3 Nachtragsverträge vom 20. Mai/2. Juni 1908, vom 24. Febr./9. März 1910 und vom 3./19. März 1911. Durch den ersten Nachtrag sind die finanziellen, von der Türkei zu leistenden Garantien im wesentlichen festgesetzt. Der Nachtrag von 1911 verfolgt hauptsächlich den Zweck, die noch bestehenden politischen Hindernisse aus dem Wege zu räumen. Die jetzige Richtung der Bahn ergibt sich aus der Karte (Taf. IV).</p><lb/>
          <p>Mit dem Bau der ersten Strecke, Konia-Eregli-Bulgurlu, die technische Schwierigkeiten nicht bereitete, wurde noch im Jahre 1903 begonnen, sie ist am 25. Oktober 1904, dem Geburtstage des Sultans, dem Betriebe übergeben worden. Der Bau der zweiten Strecke von Bulgurlu über Adana nach Helif (840 <hi rendition="#i">km</hi>) mit einer Zweigbahn von Tel-Habesch nach Aleppo und von Kharbenas nach Urfah ist, sobald durch den Nachtragsvertrag von 1908 die finanziellen Bürgschaften der Türkei festgelegt waren, in Angriff genommen worden. Auf dieser Strecke ist der Taurus 2mal zu überschreiten, was mit großen technischen Schwierigkeiten und Kosten verbunden ist. Durch den Nachtragsvertrag von 1911 sind die Bedingungen für den Bau der Fortsetzung von El Helif über Mossul nach Bagdad festgestellt. Die Gesellschaft hat darin auf die ihr nach der Konzession von 1903 zustehenden Rechte auf die Bahn von Bagdad bis Bassorah und zum Persischen Golf verzichtet. Diese Strecke soll jetzt durch eine neue, unter türkischer Oberhoheit stehende internationale Gesellschaft, an der auch deutsches Kapital angemessen beteiligt sein wird, gebaut werden. Für diesen Verzicht hat die Gesellschaft die Konzession für eine 60 <hi rendition="#i">km</hi> lange Zweigbahn von Osmanieh nach dem Hafen Alexandrette und für den Ausbau dieses sehr günstig gelegenen Hafens erhalten. Die Bahn gewinnt dadurch einen selbständigen Anschluß an das Meer. Bisher hatte sie einen solchen nur durch die von Adana nach dem Hafen Mersina führende, in englischem Besitz befindliche Eisenbahn. Durch den Nachtragsvertrag wird die Gesellschaft in den Stand gesetzt, den Bau an verschiedenen Punkten in Angriff zu nehmen und damit die Fertigstellung zu beschleunigen. Es betragen die Entfernungen von El Helif nach Mossul 200 <hi rendition="#i">km,</hi> von Mossul nach Bagdad 400 <hi rendition="#i">km,</hi> von Bagdad nach dem Persischen Golf etwa 600 <hi rendition="#i">km.</hi> Man hofft, nunmehr die Bahn bis Bagdad mit den Zweiglinien in etwa 5 Jahren, d. h. bis 1916, soweit fertigzustellen, daß sie dem Betriebe übergeben werden kann.</p><lb/>
          <p>Die Konzession ist ursprünglich auf 99 Jahre erteilt. Durch die Nachtragskonzessionen ist sie jedesmal entsprechend verlängert. Sie ist mit normaler Spur zunächst eingleisig und mit einem so kräftigen Oberbau herzustellen, daß die Züge mit einer Geschwindigkeit von 75 <hi rendition="#i">km</hi> in der Stunde fahren können. Das für ein zweites Gleis erforderliche Gelände ist gleichzeitig zu erwerben. Der geringste Krümmungshalbmesser
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[354/0365] bald nach seinem Tode die erste Konzession für die B. erteilt werden konnte. Die Schwierigkeiten waren verschiedenster, zumeist technischer Art. Die Bahn durchzieht zum Teil gebirgiges Gelände; und es galt, die beste und am wenigsten kostspielige Linie zu finden. Sodann war an eine auch nur einigermaßen befriedigende Rentabilität nicht zu denken; große Einnahmen aus dem Personen- oder aus dem Güterverkehr waren für lange Zeit nicht zu erwarten, nur mit Staatshilfe konnte ein solches Unternehmen zu stände gebracht werden. Hierzu kamen die politischen Schwierigkeiten. Deutsche Gesellschaften unter Führung der Deutschen Bank hatten sich um die Konzession der Bahn beworben und von der Türkei Zusicherungen erhalten, die Deutschland einen vorwiegenden Einfluß bei der Verwaltung und dem Betrieb verbürgten. Bei der großen Bedeutung der Bahn für den internationalen Verkehr wurde die leitende Stellung Deutschlands von der englischen, der russischen und der französischen Regierung beanstandet, dies, obwohl von vornherein die Teilnahme fremden Kapitals an der Herstellung der Bahn zugestanden war. Nach langjährigen Bemühungen, deren Erfolg oft recht zweifelhaft war, scheint es jetzt endlich gelungen zu sein, dieser Schwierigkeiten Herr zu werden. Ursprünglich sollte die Bahn ihren Anfang in Angora nehmen. Der ungeheuren Geländeschwierigkeiten im armenisch-türkischen Hochlande wegen und auch aus politischen Gründen – Rücksichtnahme auf Rußland – wurde dieser Plan aufgegeben und als Ausgangspunkt der B. die Station Konia bestimmt. Im Winter 1899 auf 1900 wurde von dem damaligen deutschen Generalkonsul in Konstantinopel, Stemrich, und den beiden Erbauern einzelner Strecken der Anatolischen Bahn, Baurat v. Kapp und Geheimem Baurat Mackensen, eine Studienreise unternommen, um die der Bahn zu gebende Richtung zu finden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden den weiteren Verhandlungen über die Konzession zu grunde gelegt. Nachdem die Linie feststand, ist einer unter der Firma: Société impériale ottomane du chemin de fer de Bagdad zu bildenden Gesellschaft durch einen Ferman des Sultans vom 17./30. Juli 1903 die Konzession für eine Bahn von Bagdad bis Bassorah nebst einigen Zweiglinien erteilt worden. Diese Konzession ist ergänzt und zum Teil abgeändert worden durch 3 Nachtragsverträge vom 20. Mai/2. Juni 1908, vom 24. Febr./9. März 1910 und vom 3./19. März 1911. Durch den ersten Nachtrag sind die finanziellen, von der Türkei zu leistenden Garantien im wesentlichen festgesetzt. Der Nachtrag von 1911 verfolgt hauptsächlich den Zweck, die noch bestehenden politischen Hindernisse aus dem Wege zu räumen. Die jetzige Richtung der Bahn ergibt sich aus der Karte (Taf. IV). Mit dem Bau der ersten Strecke, Konia-Eregli-Bulgurlu, die technische Schwierigkeiten nicht bereitete, wurde noch im Jahre 1903 begonnen, sie ist am 25. Oktober 1904, dem Geburtstage des Sultans, dem Betriebe übergeben worden. Der Bau der zweiten Strecke von Bulgurlu über Adana nach Helif (840 km) mit einer Zweigbahn von Tel-Habesch nach Aleppo und von Kharbenas nach Urfah ist, sobald durch den Nachtragsvertrag von 1908 die finanziellen Bürgschaften der Türkei festgelegt waren, in Angriff genommen worden. Auf dieser Strecke ist der Taurus 2mal zu überschreiten, was mit großen technischen Schwierigkeiten und Kosten verbunden ist. Durch den Nachtragsvertrag von 1911 sind die Bedingungen für den Bau der Fortsetzung von El Helif über Mossul nach Bagdad festgestellt. Die Gesellschaft hat darin auf die ihr nach der Konzession von 1903 zustehenden Rechte auf die Bahn von Bagdad bis Bassorah und zum Persischen Golf verzichtet. Diese Strecke soll jetzt durch eine neue, unter türkischer Oberhoheit stehende internationale Gesellschaft, an der auch deutsches Kapital angemessen beteiligt sein wird, gebaut werden. Für diesen Verzicht hat die Gesellschaft die Konzession für eine 60 km lange Zweigbahn von Osmanieh nach dem Hafen Alexandrette und für den Ausbau dieses sehr günstig gelegenen Hafens erhalten. Die Bahn gewinnt dadurch einen selbständigen Anschluß an das Meer. Bisher hatte sie einen solchen nur durch die von Adana nach dem Hafen Mersina führende, in englischem Besitz befindliche Eisenbahn. Durch den Nachtragsvertrag wird die Gesellschaft in den Stand gesetzt, den Bau an verschiedenen Punkten in Angriff zu nehmen und damit die Fertigstellung zu beschleunigen. Es betragen die Entfernungen von El Helif nach Mossul 200 km, von Mossul nach Bagdad 400 km, von Bagdad nach dem Persischen Golf etwa 600 km. Man hofft, nunmehr die Bahn bis Bagdad mit den Zweiglinien in etwa 5 Jahren, d. h. bis 1916, soweit fertigzustellen, daß sie dem Betriebe übergeben werden kann. Die Konzession ist ursprünglich auf 99 Jahre erteilt. Durch die Nachtragskonzessionen ist sie jedesmal entsprechend verlängert. Sie ist mit normaler Spur zunächst eingleisig und mit einem so kräftigen Oberbau herzustellen, daß die Züge mit einer Geschwindigkeit von 75 km in der Stunde fahren können. Das für ein zweites Gleis erforderliche Gelände ist gleichzeitig zu erwerben. Der geringste Krümmungshalbmesser

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-06-17T17:32:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T17:32:39Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Spaltenumbrüche sind nicht markiert. Wiederholungszeichen (") wurden aufgelöst. Komplexe Formeln und Tabellen sind als Grafiken wiedergegeben.

Die Abbildungen im Text stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen01_1912
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen01_1912/365
Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen01_1912/365>, abgerufen am 03.12.2024.