Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Robins, Benjamin: Neue Grundsätze der Artillerie. Übers. v. Leonhard Euler. Berlin, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite

von 8 Lothen würde also die Kugel aus der
ganzen Canone beynahe 9 mahl höher gestiegen
seyn, als aus der abgekürzten: dahero die Ge-
schwindigkeit, womit die Kugel im ersten Fall
ausgetrieben worden, ungefehr dreymahl grös-
ser gewesen als im letztern. Nach des Hrn. Ro-
bins Theorie
aber hätte dieser Unterscheid
kaum zu merken seyn müssen. Hieraus ist al-
so klar, daß vor der Abkürzung der Canone sich
noch eine gute und so gar die gröste Portion
Pulver erst alsdann müsse entzündet haben,
als die Kugel den letzten Schuh in der Seele
der Canone durchlauffen. Eben dieser Schluß
folget auch aus den kleinern Ladungen, jedoch
ist der Unterscheid so groß nicht, und eben hier-
aus erhellet, daß je grösser die Ladung ist, je
mehr Zeit erfordert werde, ehe sich alles Pulver
entzünde: welcher Umstand an sich selbst be-
greiflich genug ist.

Die gezogenen Röhre, welche wie be-
kannt viel weiter schiessen, als ungezogene, rei-
chen uns auch eine sehr wichtige Probe
dar, daß sich das Pulver nicht auf einmahl
entzünde. Denn, sollte alles Pulver auf ein-
mahl in Brand gerathen, so müßte noth-
wendig ein gezogenes Rohr bey weitem nicht
so weit schiessen als ein ungezogenes. Man
betrachte nur den grossen Wiederstand, wel-
chen eine Kugel in einem gezogenen Rohr
zu überwinden hat, ohne darauf zu sehen,

daß
K 4

von 8 Lothen wuͤrde alſo die Kugel aus der
ganzen Canone beynahe 9 mahl hoͤher geſtiegen
ſeyn, als aus der abgekuͤrzten: dahero die Ge-
ſchwindigkeit, womit die Kugel im erſten Fall
ausgetrieben worden, ungefehr dreymahl groͤſ-
ſer geweſen als im letztern. Nach des Hrn. Ro-
bins Theorie
aber haͤtte dieſer Unterſcheid
kaum zu merken ſeyn muͤſſen. Hieraus iſt al-
ſo klar, daß vor der Abkuͤrzung der Canone ſich
noch eine gute und ſo gar die groͤſte Portion
Pulver erſt alsdann muͤſſe entzuͤndet haben,
als die Kugel den letzten Schuh in der Seele
der Canone durchlauffen. Eben dieſer Schluß
folget auch aus den kleinern Ladungen, jedoch
iſt der Unterſcheid ſo groß nicht, und eben hier-
aus erhellet, daß je groͤſſer die Ladung iſt, je
mehr Zeit erfordert werde, ehe ſich alles Pulver
entzuͤnde: welcher Umſtand an ſich ſelbſt be-
greiflich genug iſt.

Die gezogenen Roͤhre, welche wie be-
kannt viel weiter ſchieſſen, als ungezogene, rei-
chen uns auch eine ſehr wichtige Probe
dar, daß ſich das Pulver nicht auf einmahl
entzuͤnde. Denn, ſollte alles Pulver auf ein-
mahl in Brand gerathen, ſo muͤßte noth-
wendig ein gezogenes Rohr bey weitem nicht
ſo weit ſchieſſen als ein ungezogenes. Man
betrachte nur den groſſen Wiederſtand, wel-
chen eine Kugel in einem gezogenen Rohr
zu uͤberwinden hat, ohne darauf zu ſehen,

daß
K 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0171" n="151"/>
von 8 Lothen wu&#x0364;rde al&#x017F;o die Kugel aus der<lb/>
ganzen Canone beynahe 9 mahl ho&#x0364;her ge&#x017F;tiegen<lb/>
&#x017F;eyn, als aus der abgeku&#x0364;rzten: dahero die Ge-<lb/>
&#x017F;chwindigkeit, womit die Kugel im er&#x017F;ten Fall<lb/>
ausgetrieben worden, ungefehr dreymahl gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er gewe&#x017F;en als im letztern. Nach des Hrn. <hi rendition="#aq">Ro-<lb/>
bins Theorie</hi> aber ha&#x0364;tte die&#x017F;er Unter&#x017F;cheid<lb/>
kaum zu merken &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Hieraus i&#x017F;t al-<lb/>
&#x017F;o klar, daß vor der Abku&#x0364;rzung der Canone &#x017F;ich<lb/>
noch eine gute und &#x017F;o gar die gro&#x0364;&#x017F;te <hi rendition="#aq">Portion</hi><lb/>
Pulver er&#x017F;t alsdann mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e entzu&#x0364;ndet haben,<lb/>
als die Kugel den letzten Schuh in der Seele<lb/>
der Canone durchlauffen. Eben die&#x017F;er Schluß<lb/>
folget auch aus den kleinern Ladungen, jedoch<lb/>
i&#x017F;t der Unter&#x017F;cheid &#x017F;o groß nicht, und eben hier-<lb/>
aus erhellet, daß je gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er die Ladung i&#x017F;t, je<lb/>
mehr Zeit erfordert werde, ehe &#x017F;ich alles Pulver<lb/>
entzu&#x0364;nde: welcher Um&#x017F;tand an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t be-<lb/>
greiflich genug i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Die gezogenen Ro&#x0364;hre, welche wie be-<lb/>
kannt viel weiter &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en, als ungezogene, rei-<lb/>
chen uns auch eine &#x017F;ehr wichtige Probe<lb/>
dar, daß &#x017F;ich das Pulver nicht auf einmahl<lb/>
entzu&#x0364;nde. Denn, &#x017F;ollte alles Pulver auf ein-<lb/>
mahl in Brand gerathen, &#x017F;o mu&#x0364;ßte noth-<lb/>
wendig ein gezogenes Rohr bey weitem nicht<lb/>
&#x017F;o weit &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en als ein ungezogenes. Man<lb/>
betrachte nur den gro&#x017F;&#x017F;en Wieder&#x017F;tand, wel-<lb/>
chen eine Kugel in einem gezogenen Rohr<lb/>
zu u&#x0364;berwinden hat, ohne darauf zu &#x017F;ehen,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 4</fw><fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[151/0171] von 8 Lothen wuͤrde alſo die Kugel aus der ganzen Canone beynahe 9 mahl hoͤher geſtiegen ſeyn, als aus der abgekuͤrzten: dahero die Ge- ſchwindigkeit, womit die Kugel im erſten Fall ausgetrieben worden, ungefehr dreymahl groͤſ- ſer geweſen als im letztern. Nach des Hrn. Ro- bins Theorie aber haͤtte dieſer Unterſcheid kaum zu merken ſeyn muͤſſen. Hieraus iſt al- ſo klar, daß vor der Abkuͤrzung der Canone ſich noch eine gute und ſo gar die groͤſte Portion Pulver erſt alsdann muͤſſe entzuͤndet haben, als die Kugel den letzten Schuh in der Seele der Canone durchlauffen. Eben dieſer Schluß folget auch aus den kleinern Ladungen, jedoch iſt der Unterſcheid ſo groß nicht, und eben hier- aus erhellet, daß je groͤſſer die Ladung iſt, je mehr Zeit erfordert werde, ehe ſich alles Pulver entzuͤnde: welcher Umſtand an ſich ſelbſt be- greiflich genug iſt. Die gezogenen Roͤhre, welche wie be- kannt viel weiter ſchieſſen, als ungezogene, rei- chen uns auch eine ſehr wichtige Probe dar, daß ſich das Pulver nicht auf einmahl entzuͤnde. Denn, ſollte alles Pulver auf ein- mahl in Brand gerathen, ſo muͤßte noth- wendig ein gezogenes Rohr bey weitem nicht ſo weit ſchieſſen als ein ungezogenes. Man betrachte nur den groſſen Wiederſtand, wel- chen eine Kugel in einem gezogenen Rohr zu uͤberwinden hat, ohne darauf zu ſehen, daß K 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/robins_artillerie_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/robins_artillerie_1745/171
Zitationshilfe: Robins, Benjamin: Neue Grundsätze der Artillerie. Übers. v. Leonhard Euler. Berlin, 1745, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robins_artillerie_1745/171>, abgerufen am 22.11.2024.