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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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und in einzelnen Fällen ist sogar die ganze Komposition ent-
schieden von dem scenischen Bilde beeinflusst52). Gewiss ist es
kein Zufall, dass in dieser Zeit die Kunst auch das rein
Technische des Schauspiels in den Kreis der Darstellung zieht, dass
Maler wie Aristeides den Schauspieler im Kostüm darstellen,
und dass z. B. gerade in dieser Zeit die prächtige attische Vase
gefertigt wird, welche Schauspieler und Choreuten im Kostüm
eines Satyrspiels um ihren göttlichen Schutzherrn Dionysos ver-
sammelt zeigt53).

Wie aber verhielt sich diese Zeit zu den älteren bildlichen
Typen? zu den Gestaltungen der epischen und lyrischen Poesie?
Am Anfang des vierten Jahrhunderts begegnen wir mannigfachen
Versuchen mit der bildlichen Tradition zu brechen, vor allem
bei solchen Typen, die in ihrer Naivität dem vorgeschrittenen Ge-
schmack nicht mehr behagten; so wird der alte Ringkampf von

52) Siehe z. B. Wiener Vorlegeblätter Ser. B. Taf. IV. Millingen vases
grecs XXIII. Bull. nap. II 7; namentlich gilt dies von solchen Scenen, wo ein
Flüchtiger sich dem Altar genaht hat und von der einen Seite die Aus-
lieferung verlangt, von der andern verweigert wird. Zuweilen scheint sogar
an der Sitte der Bühne, dass die rechte Seite die Stadt, die linke das Land
bedeutet, festgehalten zu werden; so steht auf den Antigonevasen Kreon
rechts, Antigone, die vom Lande herbeigeführt wird, links.
53) M. d. I. III 31. Wieseler Theatergebäude VI 2. Heydemann Nr. 3240.
Es scheint mir zweifellos, dass wir zehn Choreuten mit dem Chorführer
als elftem, drei Schauspieler: Herakles, der wilde von ihm besiegte König
und Seilenos, endlich ein kophon prosopon, die auf der Kline neben Dionysos
und Ariadne sitzende Frau, wohl die Tochter des Barbarenkönigs, anzunehmen
haben. Wir wissen von der Einrichtung des Satyrspiels zu wenig, um a
priori in Abrede stellen zu dürfen, dass die sehr sorgfältige Vase sich nicht
auch in der Zahl der Choreuten eng an die wirklichen Verhältnisse ange-
schlossen haben könne. Die in Anm. 51 erwähnten Inschriften haben
insofern etwas Klarheit gebracht, als sie zeigen, dass im vierten Jahrhundert
das Satyrspiel, wenn überhaupt ein solches aufgeführt wurde, die Reihe der
Vorstellungen eröffnete. Hierdurch wird auch die viel besprochene und viel
misshandelte Stelle des Zenobios V 40 s. v. ouden pros ton Dionuson verständ-
lich: dia goun touto tous Saturous usteron edoxen autois proeisagein, ina
me dokosin epilanthanesthai tou theou; sie spricht, worauf ja auch usteron
hinweist, von einer Neuerung des vierten Jahrhunderts.

und in einzelnen Fällen ist sogar die ganze Komposition ent-
schieden von dem scenischen Bilde beeinfluſst52). Gewiſs ist es
kein Zufall, daſs in dieser Zeit die Kunst auch das rein
Technische des Schauspiels in den Kreis der Darstellung zieht, daſs
Maler wie Aristeides den Schauspieler im Kostüm darstellen,
und daſs z. B. gerade in dieser Zeit die prächtige attische Vase
gefertigt wird, welche Schauspieler und Choreuten im Kostüm
eines Satyrspiels um ihren göttlichen Schutzherrn Dionysos ver-
sammelt zeigt53).

Wie aber verhielt sich diese Zeit zu den älteren bildlichen
Typen? zu den Gestaltungen der epischen und lyrischen Poesie?
Am Anfang des vierten Jahrhunderts begegnen wir mannigfachen
Versuchen mit der bildlichen Tradition zu brechen, vor allem
bei solchen Typen, die in ihrer Naivität dem vorgeschrittenen Ge-
schmack nicht mehr behagten; so wird der alte Ringkampf von

52) Siehe z. B. Wiener Vorlegeblätter Ser. B. Taf. IV. Millingen vases
grecs XXIII. Bull. nap. II 7; namentlich gilt dies von solchen Scenen, wo ein
Flüchtiger sich dem Altar genaht hat und von der einen Seite die Aus-
lieferung verlangt, von der andern verweigert wird. Zuweilen scheint sogar
an der Sitte der Bühne, daſs die rechte Seite die Stadt, die linke das Land
bedeutet, festgehalten zu werden; so steht auf den Antigonevasen Kreon
rechts, Antigone, die vom Lande herbeigeführt wird, links.
53) M. d. I. III 31. Wieseler Theatergebäude VI 2. Heydemann Nr. 3240.
Es scheint mir zweifellos, daſs wir zehn Choreuten mit dem Chorführer
als elftem, drei Schauspieler: Herakles, der wilde von ihm besiegte König
und Seilenos, endlich ein κωφὸν πρόσωπον, die auf der Kline neben Dionysos
und Ariadne sitzende Frau, wohl die Tochter des Barbarenkönigs, anzunehmen
haben. Wir wissen von der Einrichtung des Satyrspiels zu wenig, um a
priori in Abrede stellen zu dürfen, daſs die sehr sorgfältige Vase sich nicht
auch in der Zahl der Choreuten eng an die wirklichen Verhältnisse ange-
schlossen haben könne. Die in Anm. 51 erwähnten Inschriften haben
insofern etwas Klarheit gebracht, als sie zeigen, daſs im vierten Jahrhundert
das Satyrspiel, wenn überhaupt ein solches aufgeführt wurde, die Reihe der
Vorstellungen eröffnete. Hierdurch wird auch die viel besprochene und viel
miſshandelte Stelle des Zenobios V 40 s. v. οὐδὲν πρὸς τὸν Διόνυσον verständ-
lich: διὰ γοῦν τοῦτο τοὺς Σατύρους ὕστερον ἔδοξεν αὐτοῖς προεισάγειν, ἵνα
μὴ δοκῶσιν ἐπιλανϑάνεσϑαι τοῦ ϑεοῦ; sie spricht, worauf ja auch ὕστερον
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[43/0057] und in einzelnen Fällen ist sogar die ganze Komposition ent- schieden von dem scenischen Bilde beeinfluſst 52). Gewiſs ist es kein Zufall, daſs in dieser Zeit die Kunst auch das rein Technische des Schauspiels in den Kreis der Darstellung zieht, daſs Maler wie Aristeides den Schauspieler im Kostüm darstellen, und daſs z. B. gerade in dieser Zeit die prächtige attische Vase gefertigt wird, welche Schauspieler und Choreuten im Kostüm eines Satyrspiels um ihren göttlichen Schutzherrn Dionysos ver- sammelt zeigt 53). Wie aber verhielt sich diese Zeit zu den älteren bildlichen Typen? zu den Gestaltungen der epischen und lyrischen Poesie? Am Anfang des vierten Jahrhunderts begegnen wir mannigfachen Versuchen mit der bildlichen Tradition zu brechen, vor allem bei solchen Typen, die in ihrer Naivität dem vorgeschrittenen Ge- schmack nicht mehr behagten; so wird der alte Ringkampf von 52) Siehe z. B. Wiener Vorlegeblätter Ser. B. Taf. IV. Millingen vases grecs XXIII. Bull. nap. II 7; namentlich gilt dies von solchen Scenen, wo ein Flüchtiger sich dem Altar genaht hat und von der einen Seite die Aus- lieferung verlangt, von der andern verweigert wird. Zuweilen scheint sogar an der Sitte der Bühne, daſs die rechte Seite die Stadt, die linke das Land bedeutet, festgehalten zu werden; so steht auf den Antigonevasen Kreon rechts, Antigone, die vom Lande herbeigeführt wird, links. 53) M. d. I. III 31. Wieseler Theatergebäude VI 2. Heydemann Nr. 3240. Es scheint mir zweifellos, daſs wir zehn Choreuten mit dem Chorführer als elftem, drei Schauspieler: Herakles, der wilde von ihm besiegte König und Seilenos, endlich ein κωφὸν πρόσωπον, die auf der Kline neben Dionysos und Ariadne sitzende Frau, wohl die Tochter des Barbarenkönigs, anzunehmen haben. Wir wissen von der Einrichtung des Satyrspiels zu wenig, um a priori in Abrede stellen zu dürfen, daſs die sehr sorgfältige Vase sich nicht auch in der Zahl der Choreuten eng an die wirklichen Verhältnisse ange- schlossen haben könne. Die in Anm. 51 erwähnten Inschriften haben insofern etwas Klarheit gebracht, als sie zeigen, daſs im vierten Jahrhundert das Satyrspiel, wenn überhaupt ein solches aufgeführt wurde, die Reihe der Vorstellungen eröffnete. Hierdurch wird auch die viel besprochene und viel miſshandelte Stelle des Zenobios V 40 s. v. οὐδὲν πρὸς τὸν Διόνυσον verständ- lich: διὰ γοῦν τοῦτο τοὺς Σατύρους ὕστερον ἔδοξεν αὐτοῖς προεισάγειν, ἵνα μὴ δοκῶσιν ἐπιλανϑάνεσϑαι τοῦ ϑεοῦ; sie spricht, worauf ja auch ὕστερον hinweist, von einer Neuerung des vierten Jahrhunderts.

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/57>, abgerufen am 24.11.2024.