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Riemann, Johann Friedrich: Praktische Anweisung zum Teichbau. Für Förster, Oekonomen und solche Personen, die sich weniger mit Mathematik abgeben. Leipzig, 1798.

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In Figur 4 stelle a g eine schiefe Ebne im
Durchschnitte vor. Ihre Neigung gegen den Ho-
rizont werde durch die Linie b g angegeben.
Nun erhellt aus der angewandten Mathematik,
daß aus der Schwere eines Körpers, der auf einer
schiefen Ebne liegt, eine Kraft entsteht, welche
den Körper von der schiefen Ebne herab zu treiben
trachtet; Ferner, daß diese Kraft mit der Nei-
gung der schiefen Ebne in Verbindung stehe. Vor-
bemeldete Kraft richtet sich nemlich nach der Höhe,
unter der die schiefe Ebne aufgerichtet ist. Diese
Höhe, z. E. die Linie b g, ist nichts anders als der
Sinus des Winkels b a g. So wie also dieser
Sinus wächst oder kleiner wird, nimmt auch die
Kraft zu oder ab, mit welcher der Körper von der
schiefen Ebne herabfallen will. Es giebt aber ei-
nen Winkel, wo diese Kraft erst sichtbar zu werden
anfängt, da sie vorher unter einem kleinern Win-
kel sich gar nicht geäußert hatte. Dieser Winkel
ist 18 Grad 26 Minuten, und man heißt ihn den
Ruhewinkel. Wird die Neigung einer Ebne
gegen den Horizont größer als 18°26', so fängt
der auf einer solchen Ebne bis dahin ruhende Kör-
per an, seine Ruhe zu verlassen, und herab zu
schurren, man müßte ihn denn durch eine andere
Kraft in seinem Herabgleiten aufhalten. Da nun
diese Kraft des Körpers herab zu gleiten, dem Si-
nus des Neigungswinkels der schiefen Ebne pro-
portionirt ist, so erhellt, daß die Neigung der schie-
fen Ebnen in Ansehung des Herabgleitens immer

vor-

In Figur 4 ſtelle α γ eine ſchiefe Ebne im
Durchſchnitte vor. Ihre Neigung gegen den Ho-
rizont werde durch die Linie β γ angegeben.
Nun erhellt aus der angewandten Mathematik,
daß aus der Schwere eines Koͤrpers, der auf einer
ſchiefen Ebne liegt, eine Kraft entſteht, welche
den Koͤrper von der ſchiefen Ebne herab zu treiben
trachtet; Ferner, daß dieſe Kraft mit der Nei-
gung der ſchiefen Ebne in Verbindung ſtehe. Vor-
bemeldete Kraft richtet ſich nemlich nach der Hoͤhe,
unter der die ſchiefe Ebne aufgerichtet iſt. Dieſe
Hoͤhe, z. E. die Linie β γ, iſt nichts anders als der
Sinus des Winkels β α γ. So wie alſo dieſer
Sinus waͤchſt oder kleiner wird, nimmt auch die
Kraft zu oder ab, mit welcher der Koͤrper von der
ſchiefen Ebne herabfallen will. Es giebt aber ei-
nen Winkel, wo dieſe Kraft erſt ſichtbar zu werden
anfaͤngt, da ſie vorher unter einem kleinern Win-
kel ſich gar nicht geaͤußert hatte. Dieſer Winkel
iſt 18 Grad 26 Minuten, und man heißt ihn den
Ruhewinkel. Wird die Neigung einer Ebne
gegen den Horizont groͤßer als 18°26′, ſo faͤngt
der auf einer ſolchen Ebne bis dahin ruhende Koͤr-
per an, ſeine Ruhe zu verlaſſen, und herab zu
ſchurren, man muͤßte ihn denn durch eine andere
Kraft in ſeinem Herabgleiten aufhalten. Da nun
dieſe Kraft des Koͤrpers herab zu gleiten, dem Si-
nus des Neigungswinkels der ſchiefen Ebne pro-
portionirt iſt, ſo erhellt, daß die Neigung der ſchie-
fen Ebnen in Anſehung des Herabgleitens immer

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[76/0086] In Figur 4 ſtelle α γ eine ſchiefe Ebne im Durchſchnitte vor. Ihre Neigung gegen den Ho- rizont werde durch die Linie β γ angegeben. Nun erhellt aus der angewandten Mathematik, daß aus der Schwere eines Koͤrpers, der auf einer ſchiefen Ebne liegt, eine Kraft entſteht, welche den Koͤrper von der ſchiefen Ebne herab zu treiben trachtet; Ferner, daß dieſe Kraft mit der Nei- gung der ſchiefen Ebne in Verbindung ſtehe. Vor- bemeldete Kraft richtet ſich nemlich nach der Hoͤhe, unter der die ſchiefe Ebne aufgerichtet iſt. Dieſe Hoͤhe, z. E. die Linie β γ, iſt nichts anders als der Sinus des Winkels β α γ. So wie alſo dieſer Sinus waͤchſt oder kleiner wird, nimmt auch die Kraft zu oder ab, mit welcher der Koͤrper von der ſchiefen Ebne herabfallen will. Es giebt aber ei- nen Winkel, wo dieſe Kraft erſt ſichtbar zu werden anfaͤngt, da ſie vorher unter einem kleinern Win- kel ſich gar nicht geaͤußert hatte. Dieſer Winkel iſt 18 Grad 26 Minuten, und man heißt ihn den Ruhewinkel. Wird die Neigung einer Ebne gegen den Horizont groͤßer als 18°26′, ſo faͤngt der auf einer ſolchen Ebne bis dahin ruhende Koͤr- per an, ſeine Ruhe zu verlaſſen, und herab zu ſchurren, man muͤßte ihn denn durch eine andere Kraft in ſeinem Herabgleiten aufhalten. Da nun dieſe Kraft des Koͤrpers herab zu gleiten, dem Si- nus des Neigungswinkels der ſchiefen Ebne pro- portionirt iſt, ſo erhellt, daß die Neigung der ſchie- fen Ebnen in Anſehung des Herabgleitens immer vor-

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Zitationshilfe: Riemann, Johann Friedrich: Praktische Anweisung zum Teichbau. Für Förster, Oekonomen und solche Personen, die sich weniger mit Mathematik abgeben. Leipzig, 1798, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/riemann_teichbau_1798/86>, abgerufen am 03.05.2024.