Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.Die Arabeske. bliebe da die Annahme möglich, dass diese Schnitzereien entweder un-mittelbar von Saracenen im Dienste der Byzantiner gefertigt, oder doch unter dem bestimmenden Einflusse einer bereits erstarkten saraceni- schen Kunst entstanden wären; aber gerade im Hinblick auf alles das vorhin Gesagte werden wir keine Nothwendigkeit empfinden, fremde Einflüsse für die Stilisirung in Fig. 151 verantwortlich zu machen. Der eigenthümliche Eindruck wird ja vornehmlich hervorgebracht: erstens durch die rund herausgebohrten Löcher für die Blattkelche, zweitens durch das ausgeschweifte Blattwerk. Das eine wie das andere haben wir bereits an den skulpirten Dekorationen der Justinianischen Zeit festgestellt. Und wie die Neigung zu geschweiften Spitzbogen- formen selbst schon in der griechischen Kunst latent gewesen ist, wie sie bloss eines Anstosses zu schematisirender Bildung bedurft hat, um [Abbildung]
Fig. 152. als maassgebendes Formelement in's Leben zu treten, dafür citire ichOrnamente von pompejanischen Wandmalereien. nach all dem über die gesprengte Palmette, die auswärts geschweiften Spitzenden der Akanthushalbblätter u. s. w. Gesagten noch die drei nebenstehenden Details aus Pompeji (Fig. 152) 33). Für das Aufgehen des Blattes in der Ranke, wofür wir soeben 33) Nicolini, Descrizione generale 90. 34) Salzenberg XVII. 13.
Die Arabeske. bliebe da die Annahme möglich, dass diese Schnitzereien entweder un-mittelbar von Saracenen im Dienste der Byzantiner gefertigt, oder doch unter dem bestimmenden Einflusse einer bereits erstarkten saraceni- schen Kunst entstanden wären; aber gerade im Hinblick auf alles das vorhin Gesagte werden wir keine Nothwendigkeit empfinden, fremde Einflüsse für die Stilisirung in Fig. 151 verantwortlich zu machen. Der eigenthümliche Eindruck wird ja vornehmlich hervorgebracht: erstens durch die rund herausgebohrten Löcher für die Blattkelche, zweitens durch das ausgeschweifte Blattwerk. Das eine wie das andere haben wir bereits an den skulpirten Dekorationen der Justinianischen Zeit festgestellt. Und wie die Neigung zu geschweiften Spitzbogen- formen selbst schon in der griechischen Kunst latent gewesen ist, wie sie bloss eines Anstosses zu schematisirender Bildung bedurft hat, um [Abbildung]
Fig. 152. als maassgebendes Formelement in’s Leben zu treten, dafür citire ichOrnamente von pompejanischen Wandmalereien. nach all dem über die gesprengte Palmette, die auswärts geschweiften Spitzenden der Akanthushalbblätter u. s. w. Gesagten noch die drei nebenstehenden Details aus Pompeji (Fig. 152) 33). Für das Aufgehen des Blattes in der Ranke, wofür wir soeben 33) Nicolini, Descrizione generale 90. 34) Salzenberg XVII. 13.
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Die Arabeske.
bliebe da die Annahme möglich, dass diese Schnitzereien entweder un-
mittelbar von Saracenen im Dienste der Byzantiner gefertigt, oder doch
unter dem bestimmenden Einflusse einer bereits erstarkten saraceni-
schen Kunst entstanden wären; aber gerade im Hinblick auf alles das
vorhin Gesagte werden wir keine Nothwendigkeit empfinden, fremde
Einflüsse für die Stilisirung in Fig. 151 verantwortlich zu machen.
Der eigenthümliche Eindruck wird ja vornehmlich hervorgebracht:
erstens durch die rund herausgebohrten Löcher für die Blattkelche,
zweitens durch das ausgeschweifte Blattwerk. Das eine wie das andere
haben wir bereits an den skulpirten Dekorationen der Justinianischen
Zeit festgestellt. Und wie die Neigung zu geschweiften Spitzbogen-
formen selbst schon in der griechischen Kunst latent gewesen ist, wie
sie bloss eines Anstosses zu schematisirender Bildung bedurft hat, um
[Abbildung Fig. 152.
Ornamente von pompejanischen Wandmalereien.]
als maassgebendes Formelement in’s Leben zu treten, dafür citire ich
nach all dem über die gesprengte Palmette, die auswärts geschweiften
Spitzenden der Akanthushalbblätter u. s. w. Gesagten noch die drei
nebenstehenden Details aus Pompeji (Fig. 152) 33).
Für das Aufgehen des Blattes in der Ranke, wofür wir soeben
ein vollendetes Beispiel im äusseren Kreise links von Fig. 151 kennen
gelernt haben, sind übrigens zweifellose Repräsentanten auch aus früh-
byzantinischer Zeit, von der Hagia-Sophia, nachzuweisen. Fig. 153 34)
zeigt drei Akanthushalbblätter rankenartig in einander übergehend.
Fig. 154 und 155 sind von der musivischen Dekoration entlehnt. Erstere
zeigt eine kapitälartige Zusammenstellung von zwei Halbpalmetten des
gesprengten Typus: der spiralig eingerollte Volutenkelch und die
feinen geschweiften Einzelblätter lassen keinen Zweifel übrig. Die
äussere Blattrippe aber schwingt sich rankenartig nach abwärts um
und dient als Stiel einer Palmette. Aehnlich sehen wir an Fig. 155
33) Nicolini, Descrizione generale 90.
34) Salzenberg XVII. 13.
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