Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.Die Arabeske. Die Konturen dieser Motive bewegen sich gleichfalls in Kurven. Wirunterscheiden darunter einige wenige Haupttypen, die in mehrfachen Varianten2) immer wiederkehren: a, b, ein zweispältiges Motiv; c, d, ein in seiner einfachsten Form fast tropfenähnliches, öfter aber mit einem oder selbst mehreren Ansätzen versehenes Motiv, in welch letztem Falle es sich in der Grundform dem Motiv a nähert; e, f, g, reicher gegliederte Gebilde, zum Theil (f, g) streng sym- metrisch. Das Motiv g erscheint im Allgemeinen als Verdoppelung von d3). Welche Grundbedeutung haben wir den Motiven a-g beizumessen? Vergleichen wir mit dem gegebenen Beispiel aus dem 19. Jahrh. 2) Nur die wichtigsten und am meisten charakteristischen unter diesen Varianten finden sich oben in Zeichnung reproducirt. Die übrigen lassen sich hiernach leicht feststellen. 3) Die Kugeln, in welche die meisten Enden auslaufen, sind als solche nur für das vorliegende Beispiel charakteristisch. Sie sind entweder als kleine Spiralschösslinge oder als schematische Umschreibungen von kleinen Blatt- [Abbildung] figuren in Vollansicht (auf das Dreiblatt reducirte Palmetten) oder in Profil (Halbpalmetten) aufzufassen, wie nebenstehende Beispiele aus einem kairenischen Manuskript vom J. 1411 beweisen, woraus auch unsere Fig. 139 mit den gleichen kugeligen Rankenenden genommen ist. 4) Bourgoin, Precis de l'art arabe IV, 27.
Die Arabeske. Die Konturen dieser Motive bewegen sich gleichfalls in Kurven. Wirunterscheiden darunter einige wenige Haupttypen, die in mehrfachen Varianten2) immer wiederkehren: a, b, ein zweispältiges Motiv; c, d, ein in seiner einfachsten Form fast tropfenähnliches, öfter aber mit einem oder selbst mehreren Ansätzen versehenes Motiv, in welch letztem Falle es sich in der Grundform dem Motiv a nähert; e, f, g, reicher gegliederte Gebilde, zum Theil (f, g) streng sym- metrisch. Das Motiv g erscheint im Allgemeinen als Verdoppelung von d3). Welche Grundbedeutung haben wir den Motiven a-g beizumessen? Vergleichen wir mit dem gegebenen Beispiel aus dem 19. Jahrh. 2) Nur die wichtigsten und am meisten charakteristischen unter diesen Varianten finden sich oben in Zeichnung reproducirt. Die übrigen lassen sich hiernach leicht feststellen. 3) Die Kugeln, in welche die meisten Enden auslaufen, sind als solche nur für das vorliegende Beispiel charakteristisch. Sie sind entweder als kleine Spiralschösslinge oder als schematische Umschreibungen von kleinen Blatt- [Abbildung] figuren in Vollansicht (auf das Dreiblatt reducirte Palmetten) oder in Profil (Halbpalmetten) aufzufassen, wie nebenstehende Beispiele aus einem kairenischen Manuskript vom J. 1411 beweisen, woraus auch unsere Fig. 139 mit den gleichen kugeligen Rankenenden genommen ist. 4) Bourgoin, Précis de l’art arabe IV, 27.
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Die Arabeske.
Die Konturen dieser Motive bewegen sich gleichfalls in Kurven. Wir
unterscheiden darunter einige wenige Haupttypen, die in mehrfachen
Varianten 2) immer wiederkehren:
a, b, ein zweispältiges Motiv;
c, d, ein in seiner einfachsten Form fast tropfenähnliches, öfter
aber mit einem oder selbst mehreren Ansätzen versehenes Motiv, in
welch letztem Falle es sich in der Grundform dem Motiv a nähert;
e, f, g, reicher gegliederte Gebilde, zum Theil (f, g) streng sym-
metrisch. Das Motiv g erscheint im Allgemeinen als Verdoppelung
von d 3).
Welche Grundbedeutung haben wir den Motiven a-g beizumessen?
Naturalistische Nachbildungen realer Wesen oder Dinge sind es gewiss
nicht; die Stilisirung giebt sich vielmehr als eine ausgesprochen und be-
wusst abstrakte. Dies geht aber doch wieder nicht so weit, dass wir
die Motive dem Bereiche des geometrischen Stils zuzählen dürften.
In solchem Falle wäre streng symmetrische Bildung oberstes Gesetz,
das wir aber bloss an f und g befolgt sehen. Der Schluss ist somit
unabweisbar, dass ein Bezug zu gewissen realen Dingen als Vorbildern
dennoch obwalten muss.
Vergleichen wir mit dem gegebenen Beispiel aus dem 19. Jahrh.
ein solches etwa aus der Mitte der Entwicklung. Fig. 139 giebt die
Randleiste einer Miniaturhandschrift 4) wieder, die laut inschriftlicher
Datirung im Jahre 1411 am Hofe eines der egyptischen Mameluken-
Sultane vollendet worden ist. Die geschwungenen Linien, die hier
ebenso wie in Fig. 138 das Gerippe des Gesammtornaments bilden, sind
in diesem Falle etwas stärker gezeichnet. Die kreisförmigen Ein-
2) Nur die wichtigsten und am meisten charakteristischen unter diesen
Varianten finden sich oben in Zeichnung reproducirt. Die übrigen lassen sich
hiernach leicht feststellen.
3) Die Kugeln, in welche die meisten Enden auslaufen, sind als solche
nur für das vorliegende Beispiel charakteristisch. Sie sind entweder als kleine
Spiralschösslinge oder als schematische Umschreibungen von kleinen Blatt-
[Abbildung]
figuren in Vollansicht (auf das Dreiblatt reducirte Palmetten) oder in Profil
(Halbpalmetten) aufzufassen, wie nebenstehende Beispiele aus einem kairenischen
Manuskript vom J. 1411 beweisen, woraus auch unsere Fig. 139 mit den gleichen
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