Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.4. Rhodisches. lich sind, aber ohne Einfluss des Dipylon. Wenn man vom Mangeleiner figürlichen Darstellung absieht, so repräsentirt Fig. 75 das an- schaulichste Zwischenglied zwischen mykenischer und hellenischer Kunst. Das vollkommenste Beispiel einer fortlaufenden Wellenranke auf [Abbildung]
Fig. 76. Gemalte Verzierung von einem klazomenischen [Abbildung]
Fig. 77. mettenfächer wächst aber nicht aus dem inneren Zwickel heraus, sondernVon einem klazomenischen verläuft concentrisch zum Spiralenkelch, analog dem mykenischen Vor- bilde Fig. 64. Dass dies nicht bloss uns so erscheint, sondern auch bereits den Verfertigern dieses klazomenischen Sarkophags das Motiv der Halbpalmette vorgeschwebt hat, beweist das Ornament in Fig. 77, das sich auf demselben Sarkophag vorfindet. Es ist dies zweifellos ein Ausschnitt aus einem Lotus-Palmettenband (Fig. 79): in der Mitte wächst der Lotus empor, rechts und links davon ist je eine halbe Palmette sicht- bar, die genau dieselbe Form hat wie die Halbpalmetten in Fig. 7680). 79) Ant. Denkm. I. 46. 80) Hier muss auch auf das im Grundschema mit Fig. 77 verwandte,
aber durch seine vorgeschrittene Bildung fast verblüffende Motiv (birnförmige spiralenbekrönte Lotusblüthe zwischen zwei blattartigen Halbpalmetten) zwischen den zwei Sphingen unterhalb des Kopfstücks des Klazomenischen Sarkophags. Mon. ined. XI, 53, hingewiesen werden. Eine Halbpalmette, die einen selbständigen liegenden Zweig krönt, und deren Seltsamkeit auch Furt- wängler aufgefallen ist, findet sich auf einer Berliner Kanne, abgeb. im Arch. Jahrb. 1886, S. 139. 4. Rhodisches. lich sind, aber ohne Einfluss des Dipylon. Wenn man vom Mangeleiner figürlichen Darstellung absieht, so repräsentirt Fig. 75 das an- schaulichste Zwischenglied zwischen mykenischer und hellenischer Kunst. Das vollkommenste Beispiel einer fortlaufenden Wellenranke auf [Abbildung]
Fig. 76. Gemalte Verzierung von einem klazomenischen [Abbildung]
Fig. 77. mettenfächer wächst aber nicht aus dem inneren Zwickel heraus, sondernVon einem klazomenischen verläuft concentrisch zum Spiralenkelch, analog dem mykenischen Vor- bilde Fig. 64. Dass dies nicht bloss uns so erscheint, sondern auch bereits den Verfertigern dieses klazomenischen Sarkophags das Motiv der Halbpalmette vorgeschwebt hat, beweist das Ornament in Fig. 77, das sich auf demselben Sarkophag vorfindet. Es ist dies zweifellos ein Ausschnitt aus einem Lotus-Palmettenband (Fig. 79): in der Mitte wächst der Lotus empor, rechts und links davon ist je eine halbe Palmette sicht- bar, die genau dieselbe Form hat wie die Halbpalmetten in Fig. 7680). 79) Ant. Denkm. I. 46. 80) Hier muss auch auf das im Grundschema mit Fig. 77 verwandte,
aber durch seine vorgeschrittene Bildung fast verblüffende Motiv (birnförmige spiralenbekrönte Lotusblüthe zwischen zwei blattartigen Halbpalmetten) zwischen den zwei Sphingen unterhalb des Kopfstücks des Klazomenischen Sarkophags. Mon. ined. XI, 53, hingewiesen werden. Eine Halbpalmette, die einen selbständigen liegenden Zweig krönt, und deren Seltsamkeit auch Furt- wängler aufgefallen ist, findet sich auf einer Berliner Kanne, abgeb. im Arch. Jahrb. 1886, S. 139. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0195" n="169"/><fw place="top" type="header">4. Rhodisches.</fw><lb/> lich sind, aber ohne Einfluss des Dipylon. Wenn man vom Mangel<lb/> einer figürlichen Darstellung absieht, so repräsentirt Fig. 75 das an-<lb/> schaulichste Zwischenglied zwischen mykenischer und hellenischer Kunst.</p><lb/> <p>Das vollkommenste Beispiel einer fortlaufenden Wellenranke auf<lb/> rhodischem Stilgebiete findet sich an dem einen Berliner Sarkophag aus<lb/> Klazomenä<note place="foot" n="79)">Ant. Denkm. I. 46.</note> (Fig. 76). Die Blumenmotive sind hier nicht mehr<lb/> Zwickelfüllungen, sondern vollendete <hi rendition="#i">Halbpalmetten</hi>. Es wäre dies ein<lb/> plötzlicher Sprung mitten in die reinste griechische Ornamentik, wenn<lb/> wir nicht ein melisches Zwischenglied (S. 158) kennen gelernt hätten,<lb/> das uns auf geradem Wege auf das mykenische Ursprungsgebiet zu-<lb/> rückführt. Der zwischen den Undulirungen der Wellenlinie und den<lb/> spiraligen Einrollungen ihrer Abzweigungen jeweilig freibleibende Raum<lb/> ist vollständig mit einem halben Palmettenfächer gefüllt, dieser Pal-<lb/><figure><head>Fig. 76.</head><lb/><p>Gemalte Verzierung von einem klazomenischen<lb/> Thonsarkophag.</p></figure><lb/><figure><head>Fig. 77.</head><lb/><p>Von einem klazomenischen<lb/> Sarkophag.</p></figure><lb/> mettenfächer wächst aber nicht aus dem inneren Zwickel heraus, sondern<lb/> verläuft concentrisch zum Spiralenkelch, analog dem mykenischen Vor-<lb/> bilde Fig. 64. Dass dies nicht bloss uns so erscheint, sondern auch<lb/> bereits den Verfertigern dieses klazomenischen Sarkophags das Motiv<lb/> der Halbpalmette vorgeschwebt hat, beweist das Ornament in Fig. 77,<lb/> das sich auf demselben Sarkophag vorfindet. Es ist dies zweifellos ein<lb/> Ausschnitt aus einem Lotus-Palmettenband (Fig. 79): in der Mitte wächst<lb/> der Lotus empor, rechts und links davon ist je eine halbe Palmette sicht-<lb/> bar, die genau dieselbe Form hat wie die Halbpalmetten in Fig. 76<note place="foot" n="80)">Hier muss auch auf das im Grundschema mit Fig. 77 verwandte,<lb/> aber durch seine vorgeschrittene Bildung fast verblüffende Motiv (birnförmige<lb/> spiralenbekrönte Lotusblüthe zwischen zwei blattartigen Halbpalmetten)<lb/> zwischen den zwei Sphingen unterhalb des Kopfstücks des Klazomenischen<lb/> Sarkophags. Mon. ined. XI, 53, hingewiesen werden. Eine Halbpalmette, die<lb/> einen selbständigen liegenden Zweig krönt, und deren Seltsamkeit auch Furt-<lb/> wängler aufgefallen ist, findet sich auf einer Berliner Kanne, abgeb. im Arch.<lb/> Jahrb. 1886, S. 139.</note>.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [169/0195]
4. Rhodisches.
lich sind, aber ohne Einfluss des Dipylon. Wenn man vom Mangel
einer figürlichen Darstellung absieht, so repräsentirt Fig. 75 das an-
schaulichste Zwischenglied zwischen mykenischer und hellenischer Kunst.
Das vollkommenste Beispiel einer fortlaufenden Wellenranke auf
rhodischem Stilgebiete findet sich an dem einen Berliner Sarkophag aus
Klazomenä 79) (Fig. 76). Die Blumenmotive sind hier nicht mehr
Zwickelfüllungen, sondern vollendete Halbpalmetten. Es wäre dies ein
plötzlicher Sprung mitten in die reinste griechische Ornamentik, wenn
wir nicht ein melisches Zwischenglied (S. 158) kennen gelernt hätten,
das uns auf geradem Wege auf das mykenische Ursprungsgebiet zu-
rückführt. Der zwischen den Undulirungen der Wellenlinie und den
spiraligen Einrollungen ihrer Abzweigungen jeweilig freibleibende Raum
ist vollständig mit einem halben Palmettenfächer gefüllt, dieser Pal-
[Abbildung Fig. 76.
Gemalte Verzierung von einem klazomenischen
Thonsarkophag.]
[Abbildung Fig. 77.
Von einem klazomenischen
Sarkophag.]
mettenfächer wächst aber nicht aus dem inneren Zwickel heraus, sondern
verläuft concentrisch zum Spiralenkelch, analog dem mykenischen Vor-
bilde Fig. 64. Dass dies nicht bloss uns so erscheint, sondern auch
bereits den Verfertigern dieses klazomenischen Sarkophags das Motiv
der Halbpalmette vorgeschwebt hat, beweist das Ornament in Fig. 77,
das sich auf demselben Sarkophag vorfindet. Es ist dies zweifellos ein
Ausschnitt aus einem Lotus-Palmettenband (Fig. 79): in der Mitte wächst
der Lotus empor, rechts und links davon ist je eine halbe Palmette sicht-
bar, die genau dieselbe Form hat wie die Halbpalmetten in Fig. 76 80).
79) Ant. Denkm. I. 46.
80) Hier muss auch auf das im Grundschema mit Fig. 77 verwandte,
aber durch seine vorgeschrittene Bildung fast verblüffende Motiv (birnförmige
spiralenbekrönte Lotusblüthe zwischen zwei blattartigen Halbpalmetten)
zwischen den zwei Sphingen unterhalb des Kopfstücks des Klazomenischen
Sarkophags. Mon. ined. XI, 53, hingewiesen werden. Eine Halbpalmette, die
einen selbständigen liegenden Zweig krönt, und deren Seltsamkeit auch Furt-
wängler aufgefallen ist, findet sich auf einer Berliner Kanne, abgeb. im Arch.
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