Doch wo gerathe ich hin! Wenn ich auf ge- lehrte Materien komme, so kann ich nie ein Ende finden. Und bei dem allen kann ich Jh- nen den Namen eines Gelehrten nicht zuge- stehen. Jndessen sind Sie ein Mann, der Ge- fühl hat, und müssen (als ein solcher) an Ge- lehrten und ihren Schriften ein Vergnügen finden.
Jn diesem Zutrauen, mein Herr Walton, unter meiner ergebnen Empfelung an die wer- thesten Damen (Dero Frau Gemahlin und Frau Schwester) bin ich in Hofnung, der jun- gen Fräulein zum besten, diesem langen, lan- gen Briefe bald, in Person, zu folgen
Dero ergebner und treuer Freund, Elias Brand.
P. S. Vielleicht werden Sie sich, werther Herr Walton, wundern, was die Striche unter vielen Worten und Sentenzen zu bedeuten haben, und wenn meine Briefe gedruckt werden sollten, so müßten diese in andere Lettern ge- setzet werden. Sie müssen aber wissen, mein Herr, wir Gelehrten thun dies, um die Le- ser, die nicht so gelehrt sind, auf den Haupt- Grund zu weisen, worauf unser Beweis ge- bauet ist, und ihm den Nachdruck zu zeigen, den er, im Lesen, diesen Worten geben muß, wodurch er desto leichter unsre Meinung und die Bündigkeir des Beweises fassen wird. Ge- wisse pragmatische Leute haben gesagt, daß ein Autor, der dies häufig thut, entweder seinen
Leser
Doch wo gerathe ich hin! Wenn ich auf ge- lehrte Materien komme, ſo kann ich nie ein Ende finden. Und bei dem allen kann ich Jh- nen den Namen eines Gelehrten nicht zuge- ſtehen. Jndeſſen ſind Sie ein Mann, der Ge- fuͤhl hat, und muͤſſen (als ein ſolcher) an Ge- lehrten und ihren Schriften ein Vergnuͤgen finden.
Jn dieſem Zutrauen, mein Herr Walton, unter meiner ergebnen Empfelung an die wer- theſten Damen (Dero Frau Gemahlin und Frau Schweſter) bin ich in Hofnung, der jun- gen Fraͤulein zum beſten, dieſem langen, lan- gen Briefe bald, in Perſon, zu folgen
Dero ergebner und treuer Freund, Elias Brand.
P. S. Vielleicht werden Sie ſich, werther Herr Walton, wundern, was die Striche unter vielen Worten und Sentenzen zu bedeuten haben, und wenn meine Briefe gedruckt werden ſollten, ſo muͤßten dieſe in andere Lettern ge- ſetzet werden. Sie muͤſſen aber wiſſen, mein Herr, wir Gelehrten thun dies, um die Le- ſer, die nicht ſo gelehrt ſind, auf den Haupt- Grund zu weiſen, worauf unſer Beweis ge- bauet iſt, und ihm den Nachdruck zu zeigen, den er, im Leſen, dieſen Worten geben muß, wodurch er deſto leichter unſre Meinung und die Buͤndigkeir des Beweiſes faſſen wird. Ge- wiſſe pragmatiſche Leute haben geſagt, daß ein Autor, der dies haͤufig thut, entweder ſeinen
Leſer
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Doch wo gerathe ich hin! Wenn ich auf ge-
lehrte Materien komme, ſo kann ich nie ein
Ende finden. Und bei dem allen kann ich Jh-
nen den Namen eines Gelehrten nicht zuge-
ſtehen. Jndeſſen ſind Sie ein Mann, der Ge-
fuͤhl hat, und muͤſſen (als ein ſolcher) an Ge-
lehrten und ihren Schriften ein Vergnuͤgen
finden.
Jn dieſem Zutrauen, mein Herr Walton,
unter meiner ergebnen Empfelung an die wer-
theſten Damen (Dero Frau Gemahlin und
Frau Schweſter) bin ich in Hofnung, der jun-
gen Fraͤulein zum beſten, dieſem langen, lan-
gen Briefe bald, in Perſon, zu folgen
Dero
ergebner und treuer Freund,
Elias Brand.
P. S. Vielleicht werden Sie ſich, werther Herr
Walton, wundern, was die Striche unter
vielen Worten und Sentenzen zu bedeuten
haben, und wenn meine Briefe gedruckt werden
ſollten, ſo muͤßten dieſe in andere Lettern ge-
ſetzet werden. Sie muͤſſen aber wiſſen, mein
Herr, wir Gelehrten thun dies, um die Le-
ſer, die nicht ſo gelehrt ſind, auf den Haupt-
Grund zu weiſen, worauf unſer Beweis ge-
bauet iſt, und ihm den Nachdruck zu zeigen,
den er, im Leſen, dieſen Worten geben muß,
wodurch er deſto leichter unſre Meinung und
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/254>, abgerufen am 16.02.2025.
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