daß der Schauplatz in London ist) Jndem ei- ne andre nicht glauben will, daß ein Frauen- zimmer im Ernst gegen mich einen Eid ablegen könnte. Alle werden sich hinter mir versamm- len. Es wird euer Glück seyn, wenn ihr ja ungefähr euch schämen solltet, daß man euch nicht bemerken wird. Man wird mich für den grössesten Verbrecher erkennen, und meine Ret- tung, für welche sich alle Stimmen erklären werden, wird die eurige seyn.
Aber dann kommt der Triumph aller Trium- phe, wo der Angeklagte in die Höhe sehen, und die Ankläger mit Scham werden bedecket werden!
Platz da! - - Zur Seite! - - Zurück! - - Einer bekömmt einen Schlag, der andre einen Lungenhieb, der dritte ein halb Schock Rippen-Stösse.
Nun kommen die Ankläger mit nachläßigen Schritten, verhülltem Angesicht, und nieder- geschlagenen Augen. - -
Zuerst die Witwe, mit kummervollen Geber- den, halb verhüllet, und bedauret ihre Tochter, mehr als sich selbst. Das Volk, vornemlich die Weibsleute, die bei dieser Gelegenheit fünf Sechstheile der Zuschauer ausmachen werden, verweisen es ihnen. - - Jhr werdet euch doch sicher ein Gewissen machen, fünf solche brave Herren um nichts und wie- der nichts henken zu lassen!
Zunächst kömmt das arme Dienstmädgen - - die vielleicht schon zwanzigmal genothzüchtiget
ist
daß der Schauplatz in London iſt) Jndem ei- ne andre nicht glauben will, daß ein Frauen- zimmer im Ernſt gegen mich einen Eid ablegen koͤnnte. Alle werden ſich hinter mir verſamm- len. Es wird euer Gluͤck ſeyn, wenn ihr ja ungefaͤhr euch ſchaͤmen ſolltet, daß man euch nicht bemerken wird. Man wird mich fuͤr den groͤſſeſten Verbrecher erkennen, und meine Ret- tung, fuͤr welche ſich alle Stimmen erklaͤren werden, wird die eurige ſeyn.
Aber dann kommt der Triumph aller Trium- phe, wo der Angeklagte in die Hoͤhe ſehen, und die Anklaͤger mit Scham werden bedecket werden!
Platz da! ‒ ‒ Zur Seite! ‒ ‒ Zuruͤck! ‒ ‒ Einer bekoͤmmt einen Schlag, der andre einen Lungenhieb, der dritte ein halb Schock Rippen-Stoͤſſe.
Nun kommen die Anklaͤger mit nachlaͤßigen Schritten, verhuͤlltem Angeſicht, und nieder- geſchlagenen Augen. ‒ ‒
Zuerſt die Witwe, mit kummervollen Geber- den, halb verhuͤllet, und bedauret ihre Tochter, mehr als ſich ſelbſt. Das Volk, vornemlich die Weibsleute, die bei dieſer Gelegenheit fuͤnf Sechstheile der Zuſchauer ausmachen werden, verweiſen es ihnen. ‒ ‒ Jhr werdet euch doch ſicher ein Gewiſſen machen, fuͤnf ſolche brave Herren um nichts und wie- der nichts henken zu laſſen!
Zunaͤchſt koͤmmt das arme Dienſtmaͤdgen ‒ ‒ die vielleicht ſchon zwanzigmal genothzuͤchtiget
iſt
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daß der Schauplatz in London iſt) Jndem ei-
ne andre nicht glauben will, daß ein Frauen-
zimmer im Ernſt gegen mich einen Eid ablegen
koͤnnte. Alle werden ſich hinter mir verſamm-
len. Es wird euer Gluͤck ſeyn, wenn ihr ja
ungefaͤhr euch ſchaͤmen ſolltet, daß man euch
nicht bemerken wird. Man wird mich fuͤr den
groͤſſeſten Verbrecher erkennen, und meine Ret-
tung, fuͤr welche ſich alle Stimmen erklaͤren
werden, wird die eurige ſeyn.
Aber dann kommt der Triumph aller Trium-
phe, wo der Angeklagte in die Hoͤhe ſehen, und
die Anklaͤger mit Scham werden bedecket werden!
Platz da! ‒ ‒ Zur Seite! ‒ ‒ Zuruͤck!
‒ ‒ Einer bekoͤmmt einen Schlag, der andre
einen Lungenhieb, der dritte ein halb Schock
Rippen-Stoͤſſe.
Nun kommen die Anklaͤger mit nachlaͤßigen
Schritten, verhuͤlltem Angeſicht, und nieder-
geſchlagenen Augen. ‒ ‒
Zuerſt die Witwe, mit kummervollen Geber-
den, halb verhuͤllet, und bedauret ihre Tochter,
mehr als ſich ſelbſt. Das Volk, vornemlich die
Weibsleute, die bei dieſer Gelegenheit fuͤnf
Sechstheile der Zuſchauer ausmachen werden,
verweiſen es ihnen. ‒ ‒ Jhr werdet euch
doch ſicher ein Gewiſſen machen, fuͤnf
ſolche brave Herren um nichts und wie-
der nichts henken zu laſſen!
Zunaͤchſt koͤmmt das arme Dienſtmaͤdgen ‒ ‒
die vielleicht ſchon zwanzigmal genothzuͤchtiget
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/183>, abgerufen am 16.02.2025.
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