Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite



ist so wol sein Nutzen, wenigstens sollte er so
denken, als der meinige, daß er den beobachtet.
Jch bin zu sehr in seiner Gewalt, und durch
die Grausamkeit meiner Verwandten ihm in
die Arme geworfen. Jch habe keinen andern
Schutz, zu dem ich fliehen könnte, als den
seinigen. Es ist ein ebener Weg vor uns;
und doch solche Hindernisse, solche Schwierig-
keiten, solche Ursachen zum Zweifel, zu Spitz-
findigkeiten, zur Unruhe! Wenn eine gehoben
ist, so kommt eine andre, und nicht durch mei-
ne Schuld. - - Jch weiß nicht, wie sie kommt.
- - Was für Vergnügen kann ich hoffen, wenn
ich einen solchen Bösewicht bekomme.

Bringen Sie doch, meine allerliebste Fräu-
lein Howe, den freundschaftlichen Vorschlag
mit der Frau Townsend zu Stande; so will
ich den Menschen verlassen.

Mein Temperament hat sich, wie ich glau-
be, verschlimmert; es wäre auch kein Wunder.
Jch zweifle, ob ich jemals wieder so munter
werde, als ich gewesen bin. Doch ich kann
ihn durch diese Veränderung nicht halb so un-
ruhig machen, als ich selber bin. Sehen Sie
nicht, wie er mir Schrit vor Schrit näher
kommt? - - Jch zittere, wenn ich auf seine
Freiheiten zurück sehe, die er sich bereits genom-
men hat. Und jetzt giebt er mir Ursache, noch
mehr Böses von ihm zu fürchten, als
mein Unmuth mir auszudrücken erlaubt!

- - O bringen Sie doch, mein Kind, Jhren

Entwurf
Zusätze zur Cl. L



iſt ſo wol ſein Nutzen, wenigſtens ſollte er ſo
denken, als der meinige, daß er den beobachtet.
Jch bin zu ſehr in ſeiner Gewalt, und durch
die Grauſamkeit meiner Verwandten ihm in
die Arme geworfen. Jch habe keinen andern
Schutz, zu dem ich fliehen koͤnnte, als den
ſeinigen. Es iſt ein ebener Weg vor uns;
und doch ſolche Hinderniſſe, ſolche Schwierig-
keiten, ſolche Urſachen zum Zweifel, zu Spitz-
findigkeiten, zur Unruhe! Wenn eine gehoben
iſt, ſo kommt eine andre, und nicht durch mei-
ne Schuld. ‒ ‒ Jch weiß nicht, wie ſie kommt.
‒ ‒ Was fuͤr Vergnuͤgen kann ich hoffen, wenn
ich einen ſolchen Boͤſewicht bekomme.

Bringen Sie doch, meine allerliebſte Fraͤu-
lein Howe, den freundſchaftlichen Vorſchlag
mit der Frau Townsend zu Stande; ſo will
ich den Menſchen verlaſſen.

Mein Temperament hat ſich, wie ich glau-
be, verſchlimmert; es waͤre auch kein Wunder.
Jch zweifle, ob ich jemals wieder ſo munter
werde, als ich geweſen bin. Doch ich kann
ihn durch dieſe Veraͤnderung nicht halb ſo un-
ruhig machen, als ich ſelber bin. Sehen Sie
nicht, wie er mir Schrit vor Schrit naͤher
kommt? ‒ ‒ Jch zittere, wenn ich auf ſeine
Freiheiten zuruͤck ſehe, die er ſich bereits genom-
men hat. Und jetzt giebt er mir Urſache, noch
mehr Boͤſes von ihm zu fuͤrchten, als
mein Unmuth mir auszudruͤcken erlaubt!

‒ ‒ O bringen Sie doch, mein Kind, Jhren

Entwurf
Zuſaͤtze zur Cl. L
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0169" n="161"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
i&#x017F;t &#x017F;o wol &#x017F;ein Nutzen, wenig&#x017F;tens &#x017F;ollte er &#x017F;o<lb/>
denken, als der meinige, daß er den beobachtet.<lb/>
Jch bin zu &#x017F;ehr in &#x017F;einer Gewalt, und durch<lb/>
die Grau&#x017F;amkeit meiner Verwandten ihm in<lb/>
die Arme geworfen. Jch habe keinen andern<lb/>
Schutz, zu dem ich fliehen ko&#x0364;nnte, als den<lb/>
&#x017F;einigen. Es i&#x017F;t ein ebener Weg vor uns;<lb/>
und doch &#x017F;olche Hinderni&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;olche Schwierig-<lb/>
keiten, &#x017F;olche Ur&#x017F;achen zum Zweifel, zu Spitz-<lb/>
findigkeiten, zur Unruhe! Wenn eine gehoben<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;o kommt eine andre, und nicht durch mei-<lb/>
ne Schuld. &#x2012; &#x2012; Jch weiß nicht, wie &#x017F;ie kommt.<lb/>
&#x2012; &#x2012; Was fu&#x0364;r Vergnu&#x0364;gen kann ich hoffen, wenn<lb/>
ich einen &#x017F;olchen Bo&#x0364;&#x017F;ewicht bekomme.</p><lb/>
          <p>Bringen Sie doch, meine allerlieb&#x017F;te Fra&#x0364;u-<lb/>
lein <hi rendition="#fr">Howe,</hi> den freund&#x017F;chaftlichen Vor&#x017F;chlag<lb/>
mit der Frau <hi rendition="#fr">Townsend</hi> zu Stande; &#x017F;o will<lb/>
ich den Men&#x017F;chen verla&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Mein Temperament hat &#x017F;ich, wie ich glau-<lb/>
be, ver&#x017F;chlimmert; es wa&#x0364;re auch kein Wunder.<lb/>
Jch zweifle, ob ich jemals wieder &#x017F;o munter<lb/>
werde, als ich gewe&#x017F;en bin. Doch ich kann<lb/>
ihn durch die&#x017F;e Vera&#x0364;nderung nicht halb &#x017F;o un-<lb/>
ruhig machen, als ich &#x017F;elber bin. Sehen Sie<lb/>
nicht, wie er mir Schrit vor Schrit na&#x0364;her<lb/>
kommt? &#x2012; &#x2012; Jch zittere, wenn ich auf &#x017F;eine<lb/>
Freiheiten zuru&#x0364;ck &#x017F;ehe, die er &#x017F;ich bereits genom-<lb/>
men hat. Und jetzt giebt er mir Ur&#x017F;ache, <hi rendition="#fr">noch<lb/>
mehr Bo&#x0364;&#x017F;es von ihm zu fu&#x0364;rchten, als<lb/>
mein Unmuth mir auszudru&#x0364;cken erlaubt!</hi><lb/>
&#x2012; &#x2012; O bringen Sie doch, mein Kind, Jhren<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Zu&#x017F;a&#x0364;tze zur Cl.</hi> L</fw><fw place="bottom" type="catch">Entwurf</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0169] iſt ſo wol ſein Nutzen, wenigſtens ſollte er ſo denken, als der meinige, daß er den beobachtet. Jch bin zu ſehr in ſeiner Gewalt, und durch die Grauſamkeit meiner Verwandten ihm in die Arme geworfen. Jch habe keinen andern Schutz, zu dem ich fliehen koͤnnte, als den ſeinigen. Es iſt ein ebener Weg vor uns; und doch ſolche Hinderniſſe, ſolche Schwierig- keiten, ſolche Urſachen zum Zweifel, zu Spitz- findigkeiten, zur Unruhe! Wenn eine gehoben iſt, ſo kommt eine andre, und nicht durch mei- ne Schuld. ‒ ‒ Jch weiß nicht, wie ſie kommt. ‒ ‒ Was fuͤr Vergnuͤgen kann ich hoffen, wenn ich einen ſolchen Boͤſewicht bekomme. Bringen Sie doch, meine allerliebſte Fraͤu- lein Howe, den freundſchaftlichen Vorſchlag mit der Frau Townsend zu Stande; ſo will ich den Menſchen verlaſſen. Mein Temperament hat ſich, wie ich glau- be, verſchlimmert; es waͤre auch kein Wunder. Jch zweifle, ob ich jemals wieder ſo munter werde, als ich geweſen bin. Doch ich kann ihn durch dieſe Veraͤnderung nicht halb ſo un- ruhig machen, als ich ſelber bin. Sehen Sie nicht, wie er mir Schrit vor Schrit naͤher kommt? ‒ ‒ Jch zittere, wenn ich auf ſeine Freiheiten zuruͤck ſehe, die er ſich bereits genom- men hat. Und jetzt giebt er mir Urſache, noch mehr Boͤſes von ihm zu fuͤrchten, als mein Unmuth mir auszudruͤcken erlaubt! ‒ ‒ O bringen Sie doch, mein Kind, Jhren Entwurf Zuſaͤtze zur Cl. L

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/169
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/169>, abgerufen am 25.04.2024.