Jch habe versprochen, den Aufsatz des Herrn Lovelace zu beantworten, so bald ich Jhre Meinung darüber gehöret.
Jn meinem nächsten Briefe hoffe ich, Ur- sache zu haben, diesen günstigen Anschein zu be- kräftigen. Günstigen Anschein muß ich wol sagen, da ich einmal Schifbruch erlitten!
Jch hoffe in dem Kampfe, den ich ihrer Meinung nach mit mir selbst anstellen muß, (wie Sie sich ausdrücken) wenn mich seine Auf- führung nicht nöthiget, ihn zu verlassen, mich so bezeigen zu können, daß ich mich in Jhren Augen nicht heruntersetze. Und das ist alles, was ich jetzo wünschen kann. Aber, wenn ich ihn würk- lich so hoch halte, wie Sie so gütig sind, zu behaupten, so wird doch, denke ich, der Kampf mir so schwer nicht seyn, als Sie sich einbil- den, wenn ich von ihm gehe; im Fall mir nur die Mittel zu meiner Entweichung gegeben wer- den. Aber wie werde ich mich betragen, wenn ich von ihm gegangen, und schwach genug bin, mich gleich den ehemaligen Jsraeliten nach meiner Egyptischen Gefangenschaft zu sehnen!
Es wird, denke ich, dieses günstigen An- scheins ungeachtet, nicht schaden, daß Sie den Entwurf (er sei beschaffen wie er wolle) ausführen, den Sie für mich ausgedacht ha- ben, mir im Fall der Noth eine Freistadt aus- zumachen. Herr Lovelace ist in der That ein unergründlicher und gefährlicher Mensch. Die Klugheit erfordert es also, wachsam zu seyn,
und
Jch habe verſprochen, den Aufſatz des Herrn Lovelace zu beantworten, ſo bald ich Jhre Meinung daruͤber gehoͤret.
Jn meinem naͤchſten Briefe hoffe ich, Ur- ſache zu haben, dieſen guͤnſtigen Anſchein zu be- kraͤftigen. Guͤnſtigen Anſchein muß ich wol ſagen, da ich einmal Schifbruch erlitten!
Jch hoffe in dem Kampfe, den ich ihrer Meinung nach mit mir ſelbſt anſtellen muß, (wie Sie ſich ausdruͤcken) wenn mich ſeine Auf- fuͤhrung nicht noͤthiget, ihn zu verlaſſen, mich ſo bezeigen zu koͤnnen, daß ich mich in Jhren Augen nicht herunterſetze. Und das iſt alles, was ich jetzo wuͤnſchen kann. Aber, wenn ich ihn wuͤrk- lich ſo hoch halte, wie Sie ſo guͤtig ſind, zu behaupten, ſo wird doch, denke ich, der Kampf mir ſo ſchwer nicht ſeyn, als Sie ſich einbil- den, wenn ich von ihm gehe; im Fall mir nur die Mittel zu meiner Entweichung gegeben wer- den. Aber wie werde ich mich betragen, wenn ich von ihm gegangen, und ſchwach genug bin, mich gleich den ehemaligen Jſraeliten nach meiner Egyptiſchen Gefangenſchaft zu ſehnen!
Es wird, denke ich, dieſes guͤnſtigen An- ſcheins ungeachtet, nicht ſchaden, daß Sie den Entwurf (er ſei beſchaffen wie er wolle) ausfuͤhren, den Sie fuͤr mich ausgedacht ha- ben, mir im Fall der Noth eine Freiſtadt aus- zumachen. Herr Lovelace iſt in der That ein unergruͤndlicher und gefaͤhrlicher Menſch. Die Klugheit erfordert es alſo, wachſam zu ſeyn,
und
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Jch habe verſprochen, den Aufſatz des Herrn
Lovelace zu beantworten, ſo bald ich Jhre
Meinung daruͤber gehoͤret.
Jn meinem naͤchſten Briefe hoffe ich, Ur-
ſache zu haben, dieſen guͤnſtigen Anſchein zu be-
kraͤftigen. Guͤnſtigen Anſchein muß ich wol
ſagen, da ich einmal Schifbruch erlitten!
Jch hoffe in dem Kampfe, den ich ihrer
Meinung nach mit mir ſelbſt anſtellen muß,
(wie Sie ſich ausdruͤcken) wenn mich ſeine Auf-
fuͤhrung nicht noͤthiget, ihn zu verlaſſen, mich ſo
bezeigen zu koͤnnen, daß ich mich in Jhren Augen
nicht herunterſetze. Und das iſt alles, was ich
jetzo wuͤnſchen kann. Aber, wenn ich ihn wuͤrk-
lich ſo hoch halte, wie Sie ſo guͤtig ſind, zu
behaupten, ſo wird doch, denke ich, der Kampf
mir ſo ſchwer nicht ſeyn, als Sie ſich einbil-
den, wenn ich von ihm gehe; im Fall mir nur
die Mittel zu meiner Entweichung gegeben wer-
den. Aber wie werde ich mich betragen, wenn
ich von ihm gegangen, und ſchwach genug bin,
mich gleich den ehemaligen Jſraeliten nach
meiner Egyptiſchen Gefangenſchaft zu ſehnen!
Es wird, denke ich, dieſes guͤnſtigen An-
ſcheins ungeachtet, nicht ſchaden, daß Sie
den Entwurf (er ſei beſchaffen wie er wolle)
ausfuͤhren, den Sie fuͤr mich ausgedacht ha-
ben, mir im Fall der Noth eine Freiſtadt aus-
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unergruͤndlicher und gefaͤhrlicher Menſch. Die
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/165>, abgerufen am 23.11.2024.
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