Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



sehen geben und von dem Jhrigen Ehrerbietung
fordern wollen, sich selbst werden geringschätzig
machen, und vielleicht für ihre Bescheidenheit
und ihr geringes Zutrauen zu sich selbst mit Spott
und Schimpf bezahlt werden.

Allein den Spott will ich mich bemühen
nicht zu verdienen: und die Beschimpfung werde
ich nicht leiden.

Jn einigen von den Papieren meiner lieben
Freundinn, die Sie in Jhrem Besitz gehabt ha-
ben und zur Abschrift wieder haben müssen, wer-
den Sie verschiedne freundschaftliche, aber harte
Vorwürfe gegen mich finden: wegen einer natür-
lichen oder wenigstens zur Gewohnheit gewor-
denen Hitze, die es ihr gefiel mir zuzurechnen.

Jch gedachte, Jhnen ihren Vorwurf gegen
mich mit ihren eignen Worten aus einem ihrer
Briefe zu eröffnen, den sie mir selbst bey dem letz-
ten Besuch, womit ich von ihr beehret ward, als
sie Abschied nahm, überreichte. Allein ich will
ihn durch ein Bekenntniß, das mehr in sich schlies-
set, ersetzen: nämlich "daß ich hochmüthig, durch
"keine Einrede zu regieren, und hitzig von Ge-
"müthsart bin." Das sage ich. "Daß ich
"keinen Widerspruch leiden könnte," war der
Vorwurf, den mir meine Geliebte machte;

von irgend jemand, außer ihr selbst, die mir so
werth war, hätte sie billig sagen sollen; "und
"daß ich nicht die gesprächige und gelinde Ge-
"müthsart suchte, die der Sanftmuth nahe käme,
"und, wie sie mir in dem Briefe, den ich Jhnen

"mit-



ſehen geben und von dem Jhrigen Ehrerbietung
fordern wollen, ſich ſelbſt werden geringſchaͤtzig
machen, und vielleicht fuͤr ihre Beſcheidenheit
und ihr geringes Zutrauen zu ſich ſelbſt mit Spott
und Schimpf bezahlt werden.

Allein den Spott will ich mich bemuͤhen
nicht zu verdienen: und die Beſchimpfung werde
ich nicht leiden.

Jn einigen von den Papieren meiner lieben
Freundinn, die Sie in Jhrem Beſitz gehabt ha-
ben und zur Abſchrift wieder haben muͤſſen, wer-
den Sie verſchiedne freundſchaftliche, aber harte
Vorwuͤrfe gegen mich finden: wegen einer natuͤr-
lichen oder wenigſtens zur Gewohnheit gewor-
denen Hitze, die es ihr gefiel mir zuzurechnen.

Jch gedachte, Jhnen ihren Vorwurf gegen
mich mit ihren eignen Worten aus einem ihrer
Briefe zu eroͤffnen, den ſie mir ſelbſt bey dem letz-
ten Beſuch, womit ich von ihr beehret ward, als
ſie Abſchied nahm, uͤberreichte. Allein ich will
ihn durch ein Bekenntniß, das mehr in ſich ſchlieſ-
ſet, erſetzen: naͤmlich „daß ich hochmuͤthig, durch
„keine Einrede zu regieren, und hitzig von Ge-
„muͤthsart bin.“ Das ſage ich. „Daß ich
„keinen Widerſpruch leiden koͤnnte,“ war der
Vorwurf, den mir meine Geliebte machte;

von irgend jemand, außer ihr ſelbſt, die mir ſo
werth war, haͤtte ſie billig ſagen ſollen; „und
„daß ich nicht die geſpraͤchige und gelinde Ge-
„muͤthsart ſuchte, die der Sanftmuth nahe kaͤme,
„und, wie ſie mir in dem Briefe, den ich Jhnen

„mit-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0776" n="770"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;ehen geben und von dem Jhrigen Ehrerbietung<lb/>
fordern wollen, &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t werden gering&#x017F;cha&#x0364;tzig<lb/>
machen, und vielleicht fu&#x0364;r ihre Be&#x017F;cheidenheit<lb/>
und ihr geringes Zutrauen zu &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t mit Spott<lb/>
und Schimpf bezahlt werden.</p><lb/>
          <p>Allein den Spott will ich mich bemu&#x0364;hen<lb/>
nicht zu verdienen: und die Be&#x017F;chimpfung werde<lb/>
ich nicht leiden.</p><lb/>
          <p>Jn einigen von den Papieren meiner lieben<lb/>
Freundinn, die Sie in Jhrem Be&#x017F;itz gehabt ha-<lb/>
ben und zur Ab&#x017F;chrift wieder haben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, wer-<lb/>
den Sie ver&#x017F;chiedne freund&#x017F;chaftliche, aber harte<lb/>
Vorwu&#x0364;rfe gegen mich finden: wegen einer natu&#x0364;r-<lb/>
lichen oder wenig&#x017F;tens zur <hi rendition="#fr">Gewohnheit</hi> gewor-<lb/>
denen Hitze, die es ihr gefiel mir zuzurechnen.</p><lb/>
          <p>Jch gedachte, Jhnen ihren Vorwurf gegen<lb/>
mich mit ihren eignen Worten aus einem ihrer<lb/>
Briefe zu ero&#x0364;ffnen, den &#x017F;ie mir &#x017F;elb&#x017F;t bey dem letz-<lb/>
ten Be&#x017F;uch, womit ich von ihr beehret ward, als<lb/>
&#x017F;ie Ab&#x017F;chied nahm, u&#x0364;berreichte. Allein ich will<lb/>
ihn durch ein Bekenntniß, das mehr in &#x017F;ich &#x017F;chlie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et, er&#x017F;etzen: na&#x0364;mlich &#x201E;daß ich hochmu&#x0364;thig, durch<lb/>
&#x201E;keine Einrede zu regieren, und hitzig von Ge-<lb/>
&#x201E;mu&#x0364;thsart bin.&#x201C; <hi rendition="#fr">Das &#x017F;age ich.</hi> &#x201E;Daß ich<lb/>
&#x201E;keinen Wider&#x017F;pruch leiden ko&#x0364;nnte,&#x201C; <hi rendition="#fr">war der<lb/>
Vorwurf, den mir meine Geliebte machte;</hi><lb/>
von irgend jemand, außer ihr &#x017F;elb&#x017F;t, die mir &#x017F;o<lb/>
werth war, <hi rendition="#fr">ha&#x0364;tte &#x017F;ie billig &#x017F;agen &#x017F;ollen;</hi> &#x201E;und<lb/>
&#x201E;daß ich nicht die ge&#x017F;pra&#x0364;chige und gelinde Ge-<lb/>
&#x201E;mu&#x0364;thsart &#x017F;uchte, die der Sanftmuth nahe ka&#x0364;me,<lb/>
&#x201E;und, wie &#x017F;ie mir in dem Briefe, den ich Jhnen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;mit-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[770/0776] ſehen geben und von dem Jhrigen Ehrerbietung fordern wollen, ſich ſelbſt werden geringſchaͤtzig machen, und vielleicht fuͤr ihre Beſcheidenheit und ihr geringes Zutrauen zu ſich ſelbſt mit Spott und Schimpf bezahlt werden. Allein den Spott will ich mich bemuͤhen nicht zu verdienen: und die Beſchimpfung werde ich nicht leiden. Jn einigen von den Papieren meiner lieben Freundinn, die Sie in Jhrem Beſitz gehabt ha- ben und zur Abſchrift wieder haben muͤſſen, wer- den Sie verſchiedne freundſchaftliche, aber harte Vorwuͤrfe gegen mich finden: wegen einer natuͤr- lichen oder wenigſtens zur Gewohnheit gewor- denen Hitze, die es ihr gefiel mir zuzurechnen. Jch gedachte, Jhnen ihren Vorwurf gegen mich mit ihren eignen Worten aus einem ihrer Briefe zu eroͤffnen, den ſie mir ſelbſt bey dem letz- ten Beſuch, womit ich von ihr beehret ward, als ſie Abſchied nahm, uͤberreichte. Allein ich will ihn durch ein Bekenntniß, das mehr in ſich ſchlieſ- ſet, erſetzen: naͤmlich „daß ich hochmuͤthig, durch „keine Einrede zu regieren, und hitzig von Ge- „muͤthsart bin.“ Das ſage ich. „Daß ich „keinen Widerſpruch leiden koͤnnte,“ war der Vorwurf, den mir meine Geliebte machte; von irgend jemand, außer ihr ſelbſt, die mir ſo werth war, haͤtte ſie billig ſagen ſollen; „und „daß ich nicht die geſpraͤchige und gelinde Ge- „muͤthsart ſuchte, die der Sanftmuth nahe kaͤme, „und, wie ſie mir in dem Briefe, den ich Jhnen „mit-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/776
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 770. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/776>, abgerufen am 23.11.2024.