mich in diesem Falle allzu gelassen, viel zu ge- lassen aufgeführet. - - Die zeitliche Ruhe, wel- che ich in meinem ganzen Leben so sorgfältig zu er- halten gesucht habe, hat mich eine beständige Un- ruhe gekostet! - -
Hier brach sie ab.
Liebste Schwester! Das war alles, was Fr. Hervey sagen konnte.
Jch habe meine Pflicht gegen das liebste und würdigste von allen Kindern nur halb gethan, fing die bekümmerte Mutter wieder an! - - Wie haben wir unsere Herzen gegen sie verhärtet! - -
Jhre Thränen verschlossen von neuem den Worten ihren Weg.
Meine liebste, liebste Schwester! Das war wieder alles, was Fr. Hervey sagen konnte.
Wollte der Himmel, fuhr die arme Mutter fort auszurufen, ich hätte sie nur einmal gesehen! Darauf wandte sie sich zu meinem Vetter Jakob und seiner Schwester - - O mein Sohn! O meine Arabella! wenn wir eben so wenig Barm- herzigkeit erlangen sollten - -
Hier hielte sie wieder inne. Jhre Thränen unterbrachen den Fortgang ihrer Rede. Jeder- mann schwieg alle die Zeit über stille. Jhre Bil- dungen zeigten einen Kummer an, der zu groß war, daß er sich hätte mit Worten ausdrücken lassen.
Nun sehen Sie, Herr Belford, daß man meiner liebsten Base alle ihre Vorzüge zugestehen konnte! - - Was für eine schreckliche Sache ist
es,
mich in dieſem Falle allzu gelaſſen, viel zu ge- laſſen aufgefuͤhret. ‒ ‒ Die zeitliche Ruhe, wel- che ich in meinem ganzen Leben ſo ſorgfaͤltig zu er- halten geſucht habe, hat mich eine beſtaͤndige Un- ruhe gekoſtet! ‒ ‒
Hier brach ſie ab.
Liebſte Schweſter! Das war alles, was Fr. Hervey ſagen konnte.
Jch habe meine Pflicht gegen das liebſte und wuͤrdigſte von allen Kindern nur halb gethan, fing die bekuͤmmerte Mutter wieder an! ‒ ‒ Wie haben wir unſere Herzen gegen ſie verhaͤrtet! ‒ ‒
Jhre Thraͤnen verſchloſſen von neuem den Worten ihren Weg.
Meine liebſte, liebſte Schweſter! Das war wieder alles, was Fr. Hervey ſagen konnte.
Wollte der Himmel, fuhr die arme Mutter fort auszurufen, ich haͤtte ſie nur einmal geſehen! Darauf wandte ſie ſich zu meinem Vetter Jakob und ſeiner Schweſter ‒ ‒ O mein Sohn! O meine Arabella! wenn wir eben ſo wenig Barm- herzigkeit erlangen ſollten ‒ ‒
Hier hielte ſie wieder inne. Jhre Thraͤnen unterbrachen den Fortgang ihrer Rede. Jeder- mann ſchwieg alle die Zeit uͤber ſtille. Jhre Bil- dungen zeigten einen Kummer an, der zu groß war, daß er ſich haͤtte mit Worten ausdruͤcken laſſen.
Nun ſehen Sie, Herr Belford, daß man meiner liebſten Baſe alle ihre Vorzuͤge zugeſtehen konnte! ‒ ‒ Was fuͤr eine ſchreckliche Sache iſt
es,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0578"n="572"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
mich in dieſem Falle allzu gelaſſen, viel zu ge-<lb/>
laſſen aufgefuͤhret. ‒‒ Die zeitliche Ruhe, wel-<lb/>
che ich in meinem ganzen Leben ſo ſorgfaͤltig zu er-<lb/>
halten geſucht habe, hat mich eine beſtaͤndige Un-<lb/>
ruhe gekoſtet! ‒‒</p><lb/><p>Hier brach ſie ab.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Liebſte Schweſter!</hi> Das war alles, was<lb/>
Fr. Hervey ſagen konnte.</p><lb/><p>Jch habe meine Pflicht gegen das liebſte und<lb/>
wuͤrdigſte von allen Kindern nur halb gethan,<lb/>
fing die bekuͤmmerte Mutter wieder an! ‒‒ Wie<lb/>
haben wir unſere Herzen gegen ſie verhaͤrtet! ‒‒</p><lb/><p>Jhre Thraͤnen verſchloſſen von neuem den<lb/>
Worten ihren Weg.</p><lb/><p>Meine <hirendition="#fr">liebſte, liebſte Schweſter!</hi> Das<lb/>
war wieder alles, was Fr. Hervey ſagen konnte.</p><lb/><p>Wollte der Himmel, fuhr die arme Mutter<lb/>
fort auszurufen, ich haͤtte ſie nur einmal geſehen!<lb/>
Darauf wandte ſie ſich zu meinem Vetter Jakob<lb/>
und ſeiner Schweſter ‒‒ O mein Sohn! O<lb/>
meine Arabella! wenn <hirendition="#fr">wir</hi> eben ſo wenig Barm-<lb/>
herzigkeit erlangen ſollten ‒‒</p><lb/><p>Hier hielte ſie wieder inne. Jhre Thraͤnen<lb/>
unterbrachen den Fortgang ihrer Rede. Jeder-<lb/>
mann ſchwieg alle die Zeit uͤber ſtille. Jhre Bil-<lb/>
dungen zeigten einen Kummer an, der zu groß<lb/>
war, daß er ſich haͤtte mit Worten ausdruͤcken<lb/>
laſſen.</p><lb/><p>Nun ſehen Sie, Herr Belford, daß man<lb/>
meiner liebſten Baſe alle ihre Vorzuͤge zugeſtehen<lb/>
konnte! ‒‒ Was fuͤr eine ſchreckliche Sache iſt<lb/><fwplace="bottom"type="catch">es,</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[572/0578]
mich in dieſem Falle allzu gelaſſen, viel zu ge-
laſſen aufgefuͤhret. ‒ ‒ Die zeitliche Ruhe, wel-
che ich in meinem ganzen Leben ſo ſorgfaͤltig zu er-
halten geſucht habe, hat mich eine beſtaͤndige Un-
ruhe gekoſtet! ‒ ‒
Hier brach ſie ab.
Liebſte Schweſter! Das war alles, was
Fr. Hervey ſagen konnte.
Jch habe meine Pflicht gegen das liebſte und
wuͤrdigſte von allen Kindern nur halb gethan,
fing die bekuͤmmerte Mutter wieder an! ‒ ‒ Wie
haben wir unſere Herzen gegen ſie verhaͤrtet! ‒ ‒
Jhre Thraͤnen verſchloſſen von neuem den
Worten ihren Weg.
Meine liebſte, liebſte Schweſter! Das
war wieder alles, was Fr. Hervey ſagen konnte.
Wollte der Himmel, fuhr die arme Mutter
fort auszurufen, ich haͤtte ſie nur einmal geſehen!
Darauf wandte ſie ſich zu meinem Vetter Jakob
und ſeiner Schweſter ‒ ‒ O mein Sohn! O
meine Arabella! wenn wir eben ſo wenig Barm-
herzigkeit erlangen ſollten ‒ ‒
Hier hielte ſie wieder inne. Jhre Thraͤnen
unterbrachen den Fortgang ihrer Rede. Jeder-
mann ſchwieg alle die Zeit uͤber ſtille. Jhre Bil-
dungen zeigten einen Kummer an, der zu groß
war, daß er ſich haͤtte mit Worten ausdruͤcken
laſſen.
Nun ſehen Sie, Herr Belford, daß man
meiner liebſten Baſe alle ihre Vorzuͤge zugeſtehen
konnte! ‒ ‒ Was fuͤr eine ſchreckliche Sache iſt
es,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 572. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/578>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.